Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 188/98 Verkündet am:
17. Mai 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
KO § 30 Nr. 1
Zur Feststellung der Zahlungseinstellung und der Kenntnis hiervon.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Stodolkowitz, Dr. Zugehör, Dr. Ganter und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. März 1998 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der klagende Konkursverwalter verlangt im Wege der Anfechtung die Auszahlung einer Überweisung von 1 Million DM zur Masse, welche die beklagte Bank am 10. April 1996 dem Kontokorrentkonto (Rahmenkreditkonto) der - späteren - Gemeinschuldnerin gutgebracht und gegen den dortigen Debetsaldo verrechnet hatte.
Die Gemeinschuldnerin geriet im Jahre 1995 in finanzielle Schwierigkeiten , die sich in den nächsten Monaten verstärkten. Ihre Hauptgesellschafterin befürchtete erhebliche Konzernhaftungsrisiken und beschloß am 29. März 1996, die Beteiligung an der Gemeinschuldnerin zu veräußern. Die Hauptgesellschafterin leistete hierfür der Erwerberin, mit der ein symbolischer Kaufpreis
von 1 DM vereinbart wurde, eine Zahlung von 1 Million DM und legte eine weitere Million DM in die Gemeinschuldnerin als Rücklage ein. Diese - im Überweisungsträger für das Rahmenkreditkonto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten - so bezeichnete "augmentation de capital" vom 10. April 1996 (Anlage K 2) glich das Tagessoll des Rahmenkredits annähernd aus. Die Verrechnung des Überweisungsbetrages ist Gegenstand der mit der Klage geltend gemachten Konkursanfechtung.
Die Gemeinschuldnerin leistete auch nach dem 10. April 1996 noch einzelne Zahlungen. Am 17. Juni 1996 beantragte sie den Vergleich; am 30. September 1996 wurde der Anschlußkonkurs wegen Überschuldung eröffnet.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Klagabweisung des Landgerichts bestätigt, weil der Kläger nicht ausreichend dargelegt habe, daß die spätere Gemeinschuldnerin am Tage der angefochtenen Rechtshandlung der Beklagten schon objektiv zahlungsunfähig gewesen sei. Denn aus der Forderungsaufstellung des Klägers (Anlage K 5) lasse sich insbesondere zur Berechtigung und zu den Fälligkeitsterminen der Schuldposten nichts entnehmen.
Mit dieser Begründung kann der Anfechtungstatbestand des § 30 Nr. 1 Fall 2 KO im Streitfall nicht verneint werden.

II.


1. Eine Bank, die ihrem Kunden (Gemeinschuldner) zwischen Zahlungseinstellung und Konkurseröffnung auf sein Girokonto überwiesene Beträge mit eigenen Forderungen verrechnet, muß diese Beträge auf Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO dem Konkursverwalter herausgeben, sofern ihr bei der Gutschrift die Zahlungseinstellung bekannt war (vgl. BGHZ 58, 108). Die Feststellung der Voraussetzungen der Zahlungseinstellung im Einzelfall liegt im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Ihre Nachprüfung ist daher der Revision nur in beschränktem Umfange zugänglich (vgl. BGH, Urt. v. 27. November 1974 - VIII ZR 21/73, WM 1975, 6; v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, WM 1984, 1309, 1310; v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, WM 1991, 1570, 1573). Auch ohne
Verfahrensrüge prüft das Revisionsgericht aber, ob der Tatrichter die im materiellen Recht angelegten Anforderungen an eine substantiierte Darlegung der Zahlungseinstellung überspannt hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl. § 559 Rn. 13). So liegt es hier. Das Berufungsgericht ist von einem unzutreffenden Begriff der Zahlungseinstellung ausgegangen.
2. Zahlungseinstellung im Sinne des § 30 KO besteht, wenn - mindestens - für die beteiligten Verkehrskreise nach außen hin erkennbar geworden ist, daß der spätere Gemeinschuldner wegen eines voraussichtlich dauernden Mangels an Zahlungsmitteln seine fälligen und vom jeweiligen Gläubiger ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann (vgl. BGH, Urt. v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, aaO; v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, aaO, 1571; v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, WM 1995, 1113, 1114; v. 9. Januar 1997 - IX ZR 1/96, WM 1997, 432, 435; vgl. zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO außerdem BGH, Urt. v. 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080, 2082; v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008, 2009; v. 13. April 2000 - IX ZR 144/99, WM 2000, 1207, 1208; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 690 f). Der Annahme der Zahlungseinstellung steht nicht entgegen, daß der Schuldner vereinzelt noch Zahlungen - sei es auch in beachtlicher Höhe - leistet. Es genügt , daß der Schuldner außerstande ist, den wesentlichen Teil seiner Verbindlichkeiten zu erfüllen (BGH, Urt. v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, aaO; v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, aaO; v. 13. April 2000 - IX ZR 144/99, aaO; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, aaO).
Die Zahlungseinstellung der späteren Gemeinschuldnerin am 10. April 1996 war deshalb nicht schon dann ausgeschlossen, wenn sie am 15. April 1996 noch 30.659,57 DM Restlöhne für den Monat März, am 22. April 1996
rückständige 53.702,56 DM Umsatzsteuer nebst Säumniszuschlag, am 10. Mai 1996 die Aprillöhne in Höhe von 83.512,66 DM und am 14. Juni 1996 die Mailöhne in gleicher Höhe zuzüglich eines Abschlages von 30.000 DM auf die Löhne des laufenden Monats gezahlt hat (vgl. dazu BGH, Urt. v. 11. Oktober 1961 - VIII ZR 113/60, NJW 1962, 102, 103; v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, aaO, 1114; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, aaO, 691).
3. a) Das Berufungsgericht hat bei seinen Erwägungen zu Unrecht angenommen , daß objektive Zahlungsunfähigkeit als Grundlage der Zahlungseinstellung nur festgestellt werden kann, wenn die Rechtsbeständigkeit der gegen den Schuldner erhobenen Forderungen im einzelnen nachprüfbar ist. Eine solche rechtliche Prüfung der Verbindlichkeiten kann zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit allenfalls dann geboten sein, wenn ihre Berechtigung im Streit steht (vgl. Senatsurteil vom 27. April 1995 - IX ZR 147/94, aaO). Das Berufungsgericht hat aber gerade im Rahmen seiner weiteren Prüfung unterstellt, daß das tatsächlich erfolgte Bestreiten der Beklagten, welches sich gegen die "inhaltliche" Richtigkeit der vom Kläger vorgetragenen Forderungsaufstellung (Anlage K 5) richtete, ausgeräumt sei.

b) Freilich kann auch dann noch keine Zahlungseinstellung festgestellt werden, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen selbst für unbegründet hält (vgl. BGH, Urt. v. 30. April 1959 - VIII ZR 179/58, WM 1959, 891). Einen solchen Rechtsstandpunkt der nachmaligen Gemeinschuldnerin hat die Beklagte jedoch gleichfalls nicht behauptet.

c) Das Berufungsgericht hat ferner verkannt, daß es auch weiteren Vortrages des Klägers zu den Fälligkeitsterminen der Verbindlichkeiten nicht be-
durfte, die in der eingereichten Forderungsaufstellung (Anlage K 5) enthalten waren. Darauf hätte es nur ankommen können, wenn die Beklagte in erkennbarem Umfang die Fälligkeit der zusammengestellten Forderungen gegen die Schuldnerin, die nach Gläubiger, Rechnungsdatum und Betrag bezeichnet waren , bestritten hätte. Auch davon geht das Berufungsgericht jedoch nicht aus. Aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 3. Februar 1998, S. 3, in dem die Gläubiger der Forderungsaufstellung (Anlage K 5) genannt sind, die ihre Forderungen bereits mehrfach angemahnt und teils die spätere Gemeinschuldnerin letztmalig zur Zahlung aufgefordert hatten, hat sich genügend ergeben, daß die nachmalige Gemeinschuldnerin vor dem 10. April 1996 fälligen und von den jeweiligen Gläubigern ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten von über 1,2 Millionen DM ausgesetzt war.
Deckte der restliche Kredit der späteren Gemeinschuldnerin am 10. April 1996 die vom Kläger angegebenen fälligen und mehrfach angemahnten Verbindlichkeiten nur noch zu etwa 11 v.H., so konnte dieser Kredit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin nicht mehr erhalten.

d) Die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin hätte durch die ihrem Rahmenkreditkonto bei der Beklagten am 10. April 1996 gutgebrachte Überweisung ihrer bisherigen Hauptgesellschafterin in Höhe von 1 Million DM letztlich vielleicht erhalten werden können, wenn jener Betrag in ihre freie Verfügung gelangt wäre. Das hat die Beklagte jedoch durch die angefochtene Verrechnung mit dem Schuldsaldo des Rahmenkreditkontos vereitelt. Sie hat dazu zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, die Kreditlinie der Gemeinschuldnerin sei derzeit weiter offen gewesen. Dazu fehlen aber
Feststellungen des Berufungsgerichtes. Aus dem berichtigten Tatbestand seines Urteils ergibt sich nur, daß "im April 1996" die "quartalsweise verlängerten" Befristungen für die Kredite der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten abgelaufen waren.

III.


1. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
2. Das Berufungsgericht wird zunächst der Frage weiter nachgehen müssen, ob die Gemeinschuldnerin am 10. April 1996 (Verrechnungstag) ihre Zahlungen eingestellt hatte. Dazu bedarf es allerdings zuvor einer Klarstellung bzw. Ergänzung des Vorbringens der Beklagten.

a) Die Beklagte hat selbst vorgetragen, auf Fristenkongruenz ihres Kreditengagements bei der Gemeinschuldnerin und der nur befristet gestellten Sicherheiten geachtet zu haben; "im April 1996" hätten Befristungen für die Kredite der Gemeinschuldnerin nicht mehr bestanden. Dem hat das Berufungsgericht im Zusammenhang mit § 30 Nr. 2 KO nicht ohne Grund entnommen , daß die Beklagte infolge Zeitablaufs am Verrechnungstag einen fälligen Darlehensrückzahlungsanspruch hatte. Anders will indes die Beklagte ihr Vorbringen anscheinend nach ihrer mündlichen Revisionserwiderung verstanden wissen; denn danach hat sie behauptet, die Kreditlinie der Gemeinschuldnerin sei am Verrechnungstag noch offen gewesen.


b) Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 13. März 1998 die "inhaltliche Richtigkeit" der als Anlage K 5 vom Kläger überreichten Forderungsaufstellung bestritten. Dies kann sich auf buchhalterische Unstimmigkeiten beziehen , zumal die Aufstellung bis zum 30. April 1996 reichte. Das Bestreiten der Beklagten kann aber auch darauf gerichtet gewesen sein, daß sie die Rechtsbeständigkeit jeder einzelnen gegen die Gemeinschuldnerin hiernach erhobenen Forderung im Zweifel ziehen wollte. Gegenwärtig spricht gegen ein solches Verteidigungsziel, daß die Beklagte nicht auch den Vortrag des Klägers bestritten hat, er habe jene Forderungen im Rahmen seiner Prüfung anerkannt und in die Tabelle aufgenommen (Schriftsatz vom 3. Februar 1998, S. 3). Klärt und vertieft die Beklagte in diesem Punkt aber ihr bisheriges Bestreiten, muß das Berufungsgericht dem Kläger Gelegenheit geben, das Ergebnis seiner Forderungsprüfung wenn nötig im einzelnen begründet darzulegen.
3. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Beklagten zur Zeit der angefochtenen Rechtshandlung (10. April 1996) die Zahlungseinstellung der späteren Gemeinschuldnerin bekannt war (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Urt. v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, WM 1984, 1309, 1311; v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, aaO, 1116; v. 25. September 1997 - IX ZR 231/96, WM 1997, 2134, 2136; v. 22. Januar 1998 - IX ZR 99/97, WM 1998, 569, 572, in BGHZ 138, 40 insoweit nicht abgedruckt). Die Erwägungen des Berufungsgerichts darüber, ob die Beklagte bereits Ende Januar oder Anfang Februar 1996 einen wirtschaftlichen Niedergang der späteren Gemeinschuldnerin habe erkennen können, führen hier allein nicht weiter.

a) Ansatzpunkt der weiteren Sachaufklärung wird nach dem bisherigen Vortrag die unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers sein müssen, daß Mitte März 1996 die spätere Gemeinschuldnerin der Beklagten zur Vermeidung einer Kündigung ihrer Kredite eine aktuelle Aufstellung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus dem Monat Februar 1996 vorgelegt habe (Schriftsatz vom 3. Februar 1998, S. 8). Jenes Vorbringen wird der Kläger im erneuten Berufungsdurchgang unter Umständen zu ergänzen haben, weil sich aus den angeblich Mitte März 1996 überreichten Unterlagen nach ihrem Zweck, Kreditkündigungen der Beklagten entgegenzuwirken, für die Beklagte nicht die Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin offenbart haben muß. Wesentliche Bedeutung kann vor diesem Hintergrund dann die weitere Frage gewinnen , inwieweit die Beklagte ein Auslaufen der bisherigen Kreditbefristungen und Kreditsicherheiten der späteren Gemeinschuldnerin "im April 1996" als Zeichen einer Lösung des bisherigen Konzernverbundes und Erschöpfung ihrer Zahlungsfähigkeit bewertet hat.

b) Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, daß die Beklagte mit Verrechnung der Überweisung vom 10. April 1996 auf das debitorische Rahmenkreditkonto der Gemeinschuldnerin wegen Fortdauer einer "offenen" Kreditlinie eine inkongruente Deckung erlangt
hat und die Gemeinschuldnerin zuvor schon zur Einstellung der Zahlungen genötigt war, werden bei weiterer Prüfung der Voraussetzungen des § 30 Nr. 2 KO auch die Senatsentscheidungen BGHZ 138, 40, 48 (unter III.) und BGHZ 128, 196 zu beachten sein.
Kreft Stodolkowitz Zugehör
Ganter Raebel

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Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

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IX ZR 144/99 Verkündet am:
13. April 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
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in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
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GesO § 10 Abs. 1 Nr. 4
Ein Schuldner, der vereinzelt noch Zahlungen leistet, kann gleichwohl im Sinne der
Anfechtungsvorschriften seine Zahlungen eingestellt haben.
BGH, Urteil vom 13. April 2000 - IX ZR 144/99 - Brandenburgisches OLG
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
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für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25. März 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an den 7. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Schuldnerin unterhielt zwei Girokonten, eines bei der verklagten Sparkasse und eines bei der Dresdner Bank. Das Konto bei der Beklagten war das "Hauptgeschäftskonto", weil der Schuldnerin darauf ein Kontokorrentkredit in Höhe von 500.000 DM gewährt wurde. Demgegenüber wurde das Konto bei der Dresdner Bank auf Guthabenbasis geführt. Über dieses Konto wurden deshalb weit weniger Umsätze abgewickelt.
Am 20. August 1996 stand das Konto bei der Beklagten mit 626.864,38 DM im Soll. Ab dem 21. August 1996 ließ die Beklagte keine Verfügungen mehr zu. Sie führte keine Überweisungsaufträge der Schuldnerin mehr aus, gab Lastschriften an die Gläubiger zurück und löste keine Schecks mehr ein. Eingehende Zahlungen schrieb sie dem Konto gut. Zwischen dem 20. August und dem 7. November 1996 betrugen die Gutschriften insgesamt 93.831,91 DM. Am 8. November 1996 wurde die Eröffnung der Gesamtvollstreckung über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Am 2. Mai 1997 wurde das Verfahren eröffnet; zum Verwalter wurde der Kläger bestellt.
Dieser verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung die Auskehr des Betrages von 93.623,99 DM. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch entsprechend § 37 KO i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO bestehe nicht. Im Geltungsbereich der Gesamtvollstreckungsordnung seien nur Rechtshandlungen des Schuldners der Anfechtung unterworfen. Eine solche Rechtshandlung sei hier nicht gegeben.

II.


Dem folgt der Senat nicht. Wie er inzwischen entschieden hat (Urt. v. 20. Januar 2000 - IX ZR 58/99, WM 2000, 434 f, z.V.b. in BGHZ), sind gemäß § 10 Abs. 1 GesO i.V.m. §§ 29 ff KO analog auch Rechtshandlungen eines Gläubigers anfechtbar. Daran hält der Senat fest.

III.


Ebensowenig läßt sich derzeit die Klageabweisung wegen Fehlens der anderen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 GesO rechtfertigen.
1. Es ist nicht auszuschließen, daß die Zahlungen, die der Kläger für die Masse in Anspruch nimmt, bei der Beklagten nach der Zahlungseinstellung der Schuldnerin eingegangen sind.
Allerdings hat das Landgericht gemeint, der Kläger habe eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin vor dem 8. November 1996 nicht dargetan. Einer derartigen Annahme stünden erhebliche Geldbewegungen auf dem Konto bei der Dresdner Bank entgegen, die noch nach dem 21. August 1996 stattgefunden hätten. Dem ist aber schon das Berufungsgericht nicht gefolgt. Die Beklagte habe - s o hat es ausgeführt - der Schuldnerin "den Geldhahn zugedreht" , was bei ihr den Verdacht auf Zahlungsunfähigkeit habe begründen müssen. Nähere Darlegungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht gemacht, weil es von seinem Standpunkt aus hierauf nicht ankam.
Auszugehen ist von folgendem: Zahlungseinstellung liegt - wie bei § 30 Nr. 1 Fallgruppe 1 KO - vor, sobald nach außen erkennbar geworden ist, daß der Schuldner seine fälligen, ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten nicht mehr zu erfüllen vermag (st. Rspr.; vgl. Senatsurt. v. 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080, 2082; v. 9. Januar 1997 - IX ZR 1/96, WM 1997, 432, 435). Nicht gefordert wird Einstellung aller Zahlungen. Daß der Schuldner vereinzelt - auch wenn es sich dabei insgesamt um eine beachtliche Summe handelt - noch Zahlungen leistet, steht der Annahme der nach außen erkennbar gewordenen Zahlungsunfähigkeit nicht entgegen. Es genügt, daß das Unvermögen zur Zahlung und die darauf beruhende Zahlungsunfähigkeit den wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten des Schuldners betreffen (BGH, Urt. v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, NJW 1992, 624).
Unter Anlegung dieser Maßstäbe kann die Schuldnerin am 21. August 1996 ihre Zahlungen eingestellt haben. Wie das Landgericht festgestellt hat, fanden zwar danach über das zweite Konto der Schuldnerin bei der Dresdner Bank noch Geldbewegungen statt. So hat die Schuldnerin am 21. August 1996 - unmittelbar nach der Sperre des "Hauptkontos" - über das Konto bei der Dresdner Bank die Löhne für den Monat Juni 1996 in Höhe von 70.850,21 DM ausgezahlt. Danach war das Konto im Soll. Bis zum 30. Januar 1997 wurden - entsprechend den sich zwischenzeitlich wieder ergebenden Guthaben - weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt ca. 87.000 DM über dieses Konto geleistet. Diese Zahlungen sind jedoch - verglichen mit den zuvor über das Konto bei der Beklagten abgewickelten Umsätzen - geringfügig. Im Durchschnitt hat die Schuldnerin vom 21. August 1996 bis zum 30. Januar 1997 weniger als 30.000 DM im Monat über das Konto bei der Dresdner Bank bezahlt. Nach dem Vortrag des Klägers hatte die Schuldnerin über das Konto bei der Beklagten vor der Kontosperre mindestens 300.000 DM im Monat bewegt. Es kommt hinzu , daß die Schuldnerin bereits Ende Juni 1996, ohne Berücksichtigung der Lohnrückstände, mindestens Schulden in Höhe von 1.428.683,23 DM hatte. Im Verhältnis dazu sind Zahlungen in Höhe von 87.000 DM als unbedeutend anzusehen. Nach der Behauptung des Klägers hatten die Gläubiger ihre Forderungen auch ernsthaft geltend gemacht.
2. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kommt außerdem in Betracht, daß eine Zahlungseinstellung der Beklagten zumindest bekannt gewesen sein muß.
Kennt der Anfechtungsgegner Tatsachen, die den Verdacht der Zahlungsunfähigkeit begründen, schadet ihm im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO
bereits einfache Fahrlässigkeit (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, WM 1998, 2345, 2347). Nach dem Vortrag des Klägers wußte die Beklagte, daß das bei ihr geführte Konto das "Hauptgeschäftskonto" der Schuldnerin war, dieser nur über dieses Konto ein Kreditrahmen eröffnet war und demgemäß die Geschäftsumsätze weitgehend über dieses Konto abgewickelt wurden. Sie kannte außerdem sämtliche Verbindlichkeiten der Schuldnerin. Wenn die Beklagte unter solchen Umständen das "Hauptgeschäftskonto" sperrte, liegt die Annahme nicht fern, daß sie damit rechnen mußte, die Schuldnerin werde den wesentlichen Teil ihrer Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen können.
3. Durch die Verrechnung der Gutschriften mit dem jeweiligen Debetsaldo wurden die übrigen Gläubiger - wie in § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO vorausgesetzt - benachteiligt. Denn dadurch wurde ihnen ein Zugriff auf die gutgeschriebenen Forderungen unmöglich gemacht.
4. Die zweijährige Frist des § 10 Abs. 2 GesO hat der Kläger eingehalten.

IV.


Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da die Sache noch nicht entscheidungsreif ist - die Beklagte hat bestritten, daß die Verbindlichkeiten der Schuldnerin ernsthaft eingefordert waren, und festgestellt ist hierzu nichts -, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565
Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Vorsitzender Richter Dr. Paulusch ist verstorben. Die Richter Kirchhof und Dr. Zugehör sind in Urlaub und können daher nicht unterschreiben. Fischer Fischer Ganter

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.