Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2002 - III ZR 16/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den beklagten Notar wegen Amtspflichtverletzung bei der Beurkundung eines Kaufvertrags über zwei Eigentumswohnungen - Übersehen einer Grundschuld von 300.000 DM, zu deren Beseitigung der Verkäufer außerstande war - auf Schadensersatz in Anspruch. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das erste Revisionsurteil des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2000 verwiesen (IX ZR 310/99 = LM BNotO
§ 19 Nr. 77 = NJW-RR 2001, 1428). Nach der Aufhebung des ersten Berufungsurteils hat die Klägerin im erneuten Berufungsverfahren ihren Anspruch in Höhe von 144.152,03 DM nebst Zinsen weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat ihr hiervon 76.023,03 DM nebst Zinsen zugesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, der weiterhin die vollständige Klageabweisung anstrebt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt im Umfang der Anfechtung durch den Beklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Aus der - nicht mehr streitigen - schuldhaften Amtspflichtverletzung des beklagten Notars und dem Fehlen anderweitiger Ersatzmöglichkeiten für die Klägerin ergibt sich, daß der Beklagte - vorbehaltlich der Frage eines Mitverschuldens der Klägerin (dazu unten II) - die Klägerin im Wege des Schadensersatzes (§ 19 Abs. 1 BNotO) so stellen muß, wie sie stünde, wenn der Beklagte sich pflichtgemäß verhalten hätte. Es kommt also darauf an, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Notars (hier: Hinweis auf die als Grundschuldbelastung existierende Grundschuld) genommen hätten, insbesondere wie die Klägerin darauf reagiert hätte, und wie ihre Vermögenslage dann wäre. Diesen haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwi-
schen Haftungsgrund und Schaden hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen, wobei die Be- weisführung durch die Anwendung des § 287 ZPO und die Regeln über den Beweis des ersten Anscheins erleichtert wird (vgl. BGH, Urteile vom 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92 - NJW 1993, 2744, 2746 und vom 18. November 1999 - IX ZR 402/97 - NJW 2000, 664, 677).
2. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Klägerin im Falle der Offenlegung der bei der Beurkundung vom 23. Oktober 1992 übersehenen Grundschuld vom Erwerb der beiden Eigentumswohnungen in Würzburg Abstand genommen hätte, und spricht auf dieser Grundlage der Klägerin die (fehlgeschlagenen ) Aufwendungen für dieses Geschäft als Schadensersatz zu (Differenz zwischen dem Kaufpreis von 280.000 DM und dem späteren Verkaufserlös von 179.000 DM: 101.000 DM plus 3.152,03 DM Vertragskosten plus 5.600 DM Grunderwerbsteuer plus 1.951 DM Notar- und Grundbuchkosten , abzüglich 35.680 DM Mieteinnahmen = 76.023,03 DM). Soweit der Beklagte geltend mache, die Klägerin hätte die beiden Grundstücke auch bei Offenlegung der Grundschuld gekauft, trage er als Schädiger die Beweislast "dafür, daß der Schaden auch bei einem rechtmäßigen Verhalten seinerseits eingetreten wäre".
a) Die hiergegen gerichtete Rüge der Revision ist im Ergebnis unbegründet. Die Revision hat zwar darin Recht, daß es im vorliegenden Zusammenhang - anders als es im Urteil des Berufungsgerichts anklingt - nicht um Fragen des sogenannten rechtmäßigen Alternativverhaltens (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 105 ff), sondern um den grundsätzlich vom Geschädigten darzulegenden haftungsausfüllenden Ursachenzusam-
menhang geht (vgl. BGH, Urteile vom 21. November 1996 - IX ZR 220/95 - NJW-RR 1997, 562 und vom 13. April 2000 - IX ZR 432/98 - NJW 2000, 2110). Indessen spricht im Streitfall angesichts dessen, daß der Verkäufer der Eigentumswohnungen , J. F. , nach seinen Vermögensverhältnissen außerstande war, die auf dem Kaufgegenstand lastende Grundschuld zu beseitigen, zumindest eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit des Vortrags der Klägerin, bei Offenlegung der Grundschuld den Kaufvertrag nicht abgeschlossen zu haben. Der Beklagte hat nichts entgegengesetzt, was diesen Vortrag entkräften könnte.
Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, das Berufungsgericht habe hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast seine Hinweispflicht nach §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO a.F. verletzt, braucht darauf im Revisionsverfahren schon deshalb nicht näher eingegangen zu werden, weil das angefochtene Urteil ohnehin der Aufhebung unterliegt (siehe unten II.), so daß der Beklagte Gelegenheit hat, im erneuten Berufungsverfahren sein Vorbringen zu ergänzen.
b) Ohne Erfolg beanstandet die Revision auch, daß das Berufungsgericht es abgelehnt hat, vom Schaden der Klägerin einen Betrag von 80.000 DM (Teil des Kaufpreises von 280.000 DM für die gekauften beiden Eigentumswohnungen ) abzusetzen, der aufgrund einer Abtretung des Verkäufers, J. F. , an die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin überwiesen wurde. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat bereits im ersten Revisionsurteil ausgesprochen, daß dieser Vorgang nicht ohne weiteres den Schluß darauf zulasse, die Klägerin habe im wirtschaftlichen Ergebnis nur 200.000 DM gezahlt. Dem widerspricht die Revision nicht.
Sie meint jedoch, da die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin den Betrag von 80.000 DM vom Verkäufer "ohne den Kaufvertragsabschluß nicht erhalten hätte", läge darin - bei Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin - ein mit dem schädigenden Ereignis ursächlich verknüpfter Vermögensvorteil einer der Klägerin nahestehenden Person, die die Klägerin sich anrechnen lassen müsse. Dem folgt der Senat nicht. Zweifelhaft ist schon, ob der vorliegende Sachverhalt ausreicht, um einen für die Vorteilsausgleichung maßgeblichen "Vorteil" der Adressatin der 80.000 DM anzunehmen; der Beklagte behauptet nicht, daß die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin keinen fälligen Zahlungsanspruch gegen J. F. in dieser Höhe hatte. Jedenfalls haben bei der Vorteilsausgleichung Vorteile, die bei Dritten entstehen, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Das mag im Einzelfall unbillig sein und ausnahmsweise zu einer Anrechnung führen, wenn das schädigende Ereignis darin besteht , daß ein Vermögensgegenstand nicht dem Geschädigten, sondern einer ihm nahestehenden Person zufließt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1979 - VI ZR 212/77 - NJW 1979, 2033; MünchKomm/Oetker BGB 4. Aufl. 249 Rn. 225). Dafür reicht jedoch die bloße Tatsache der Zahlung eines Teils des von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geschuldeten Kaufpreises aufgrund einer Abtretung des Verkäufers an die Ehefrau des Geschäftsführers dieser Gesellschaft nicht aus.
II.
Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Behandlung der Frage eines Mitverschuldens der Klägerin bei der Entstehung und Entwicklung
des Schadens (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 BGB) durch das Berufungsgericht.
1. Der Schaden der Klägerin aufgrund der Amtspflichtverletzung des Beklagten bei dem Kaufvertrag vom 23. Oktober 1992 wäre vermieden worden, wenn die Verträge vom 14. Dezember 1994 zur Durchführung gekommen wären , durch die die Klägerin die beiden gekauften Eigentumswohnungen für je 160.000 DM an die LV-Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG (im folgenden: LVG) weiterverkaufte.
a) In § 3 C dieser Kaufverträge heißt es:
"Insbesondere verpflichtet sich der Verkäufer auch, dafür zu sorgen , daß die Gesamtgrundschuld Abt. III Nr. 2 (die streitgegenständliche Grundschuld) gelöscht wird. Sollte der Verkäufer dem Käufer nicht bis spätestens zum Ablauf des 29.12.1994 nachgewiesen haben, daß ihm, der amtierenden Notarin, ... (dem Beklagten ) oder dem Grundbuchamt Würzburg die Löschungsbewilligung hinsichtlich der Grundschuld Abteilung III Nr. 2 verfügungsfrei vorliegt, so ist der Käufer danach jederzeit berechtigt, ohne Abmahnung durch einfache schriftliche Erklärung an die amtierende Notarin von diesem Kaufvertrag zurückzutreten; Telefax genügt der Schriftform. Das Rücktrittsrecht besteht nur, solange der Rücktrittsgrund andauert ..".
b) Im ersten Revisionsurteil des IX. Zivilsenats vom 9. November 2000 ist hierzu ausgeführt:
"Nach dem - bislang, soweit ersichtlich, unbestritten gebliebenen - Vortrag des Beklagten wurde er von der Klägerin nicht über den genauen Inhalt der beiden am 14. Dezember 1994 beurkundeten Kaufverträge unterrichtet.
Insbesondere hatte er von der knapp bemessenen Rücktrittsfrist keine Kenntnis. Den Zeitpunkt des Fristablaufs durfte die Klägerin dem Beklagten nicht vorenthalten. Zwar hatten ihre Anwälte ihm unter dem 28. November 1994 geschrieben , die Klägerin werde die Immobilien bis spätestens 15. Dezember 1994 veräußern. Gleichzeitig hatten sie angekündigt, dem Käufer werde ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt werden, daß der Erwerb nicht lastenfrei erfolgen könne. Die Länge der Frist, innerhalb deren das Rücktrittsrecht auszuüben war, hatten sie aber nicht mitgeteilt. Es bestand deshalb die Gefahr, daß der Beklagte die Freistellung der Immobilien von der Grundschuld nicht fristgemäß bewirkte, obwohl ihm dies grundsätzlich möglich gewesen wäre. Daß der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 8. Dezember 1994 in Aussicht gestellt hatte, die Abwicklung werde noch in diesem Jahr erfolgen, durfte die Klägerin nicht zum Anlaß nehmen, dem Beklagten zu verschweigen, daß die von ihr mit dem Erwerber vereinbarte Frist bereits am 29. Dezember 1994 ablaufe.
Erheblich ist ferner der - unbestritten gebliebene - Vortrag des Beklagten , seine Anwälte hätten mit Schreiben vom 27. Dezember 1994 den gegnerischen Anwälten mitgeteilt, die Löschungsbewilligung sei heute bei uns eingegangen. Man dürfe aber erst darüber verfügen, wenn die Abfindungszahlung, deren Überweisung sofort veranlaßt worden sei, bei der Grundpfandgläubigerin eingegangen sei. Sobald die Grundpfandgläubigerin den Eingang der Zahlung bestätige, werde die Löschungsbewilligung an die Anwälte der Klägerin weitergeleitet werden. Dies werde innerhalb weniger Tage der Fall sein. Dieses Schreiben ist am 29. Dezember 1994 bei den Anwälten der Klägerin eingegangen. In Anbetracht des Umstandes, daß der Beklagte und seine anwaltlichen Vertreter nicht wissen konnten, daß die Rücktrittsfrist an eben diesem Tage
ablief, wären die Anwälte der Klägerin verpflichtet gewesen, die Gegenseite - telefonisch, durch Fax oder E-Mail - darauf aufmerksam zu machen, daß alles , was später erfolgte, zu spät sein würde. Eine solche Nachricht ist unterblieben. Wäre sie erfolgt, hätte die Zahlung möglicherweise - z.B. durch BlitzGiro - beschleunigt werden können. Wäre sie spätestens am 30. Dezember 1994 bei der Grundpfandgläubigerin eingegangen und hätte der Beklagte daraufhin der LVG noch an diesem Tage - vor Absendung des Telefax - bestätigt, daß ihm die Löschungsbewilligung verfügungsfrei vorliege, wäre die Ausübung des Rücktrittsrechts bereits ausgeschlossen gewesen (§ 3 C Abs. 1 Satz 3 der Kaufverträge)."
2. a) Hierzu führt das Berufungsgericht nunmehr aus: Ein Mitverschulden auf seiten der Klägerin sei vom Beklagten nicht dargetan. Dieser trage nur vor, wenn die Klägerin ihn genauestens über die Bestimmungen des mit der LVG abgeschlossenen Kaufvertrags, insbesondere auch über den Ablauftermin des Rücktrittsrechts, informiert hätte, wäre die Abwicklung seinerseits beschleunigt erfolgt, was unschwer möglich gewesen wäre, z.B. durch Blitz-Überweisung, Eilbriefe, Faxe oder ähnliche Beschleunigungsmittel. Der Beklagte behaupte aber gar nicht, daß bei einer solchen beschleunigten Abwicklung der Rücktritt der LVG vermieden worden wäre. Insoweit käme es auch gemäß § 3 C der Kaufverträge vom 14. Dezember 1994 auf das Datum des 29. und nicht auf das des 30. Dezember 1994 an (Hinweis auf Satz 1 und Satz 2 der Regelung). Der Beklagte hätte also vortragen müssen, die Vorlage der verfügungsfreien Löschungsbewilligung hinsichtlich der betreffenden Grundschuld wäre ihm bis zum Ablauf des 29. Dezember 1994 möglich gewesen.
b) Diese Ausführungen tragen, wie die Revision mit Recht rügt, die Ver- werfung des Mitverschuldenseinwands nicht, weil sie die Regelung in § 3 C Satz 3 der Kaufverträge vom 14. Dezember 1994 übergehen, wonach das Rücktrittsrecht der Käuferin nur so lange bestand, als der Rücktrittsgrund andauerte , der Rücktritt mithin bis zu seiner Ausübung (also bis zum Telefax der LVG vom 30. Dezember 1994, 15.10 Uhr) durch Nachweis des Vorliegens der Löschungsbewilligung hinsichtlich der Grundschuld vermieden werden konnte.
3. Der Fehler des Berufungsgerichts nötigt zur Aufhebung seines Urteils, soweit es zum Nachteil des Beklagten erkannt hat. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei richtiger Sicht der Vertragslage (§ 3 C S. 1-3 des Vertrages vom 14. Dezember 1994) das bisherige - und gegebenenfalls bei zutreffender Erörterung dieses Punktes in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ergänzte - Vorbringen des Beklagten zu einer anderen Würdigung der Mitverschuldensfrage durch das Berufungsgericht geführt hätte.
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(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.
(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.
(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.