Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2006 - I ZR 226/03

bei uns veröffentlicht am06.07.2006
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 16 O 99/00, 27.11.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 226/03 Verkündet am:
6. Juli 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
CMR Art. 13 Abs. 1 Satz 2
Eine Leistung des Transportversicherers auf den seinem Versicherungsnehmer
(Absender) wegen Verlustes des Transportgutes entstandenen Schaden führt
nicht zum Erlöschen der Ansprüche des frachtbriefmäßigen Empfängers der
Ware gegen den Frachtführer aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR.
BGH, Urt. v. 6. Juli 2006 - I ZR 226/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Darmstadt
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. September 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist im Februar 2001 durch Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der A. N.V. (im Weiteren: A. N.V.) geworden. Sie nimmt die Beklagte, ein belgisches Transportunternehmen, aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagte erhielt ausweislich des CMR-Frachtbriefs vom 13. Januar 1999 von der L. & Co. N.V. in Schoten/Belgien den Auftrag, einen Container mit 691 Kartons Jeans zur L. Germany GmbH in Heusenstamm /Deutschland zu befördern. Ein Fahrer der Beklagten übernahm das Gut am 13. Januar 1999 im Containerhof in Schoten und stellte den LKW anschließend gegen 20 Uhr auf einem offen zugänglichen und unbewachten Parkplatz in der Nähe seiner Wohnung in Antwerpen ab. Von dort wurde das Fahrzeug samt Container in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar 1999 gestohlen. Ein Teil der abhanden gekommenen Ware wurde später in verschiedenen R. -Märkten in Deutschland entdeckt und an die L. Germany GmbH herausgegeben. Die Anzahl der herausgegebenen Jeans ist zwischen den Parteien streitig.
3
Die Klägerin hat behauptet, ihre Rechtsvorgängerin, die A. N.V., sei zum Zeitpunkt des Schadensereignisses alleiniger Transportversicherer der belgischen L. Unternehmen gewesen. Sie habe wegen des streitgegenständlichen Warenverlustes über ihre belgische Agentin S. H. N.V. an die L. & Co. Europe S.A. in Brüssel (im Weiteren: Versicherungsnehmerin ) eine Entschädigung i.H. von 12.846.904 BEF gezahlt. Sowohl die Versicherungsnehmerin als auch die frachtbriefmäßige Empfängerin in Deutschland hätten ihre Ansprüche gegen die Beklagte an die A. N.V. abgetreten.
4
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte für den Verlust des Transportgutes unbeschränkt, weil der Fahrer den mit besonders dieb- stahlsgefährdetem Gut beladenen Container entgegen einer Anordnung der Beklagten nicht erst am 14. Januar 1999 von dem Containerhof in Schoten abgeholt und von dort aus direkt nach Heusenstamm gefahren habe.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 318.466,43 € (= 12.846.904 BEF) nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und in Abrede gestellt, dass die A. N.V. alleiniger Transportversicherer der L. Konzerngesellschaften gewesen sei. Es sei unter anderem davon auszugehen, dass die amerikanische Muttergesellschaft A. Insurance Company den Schaden reguliert habe mit der Folge, dass ein Schadensersatzanspruch auf diese übergegangen sei. Des Weiteren hat die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung in Abrede gestellt und die Höhe des behaupteten Schadens bestritten.
7
Das Landgericht hat die Klage mangels Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
8
Mit der (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet, weil die Klägerin nicht dargetan habe, dass ihr wegen des streitgegenständlichen Diebstahls von Transportgut ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe. Dazu hat es ausgeführt:
10
An sich komme ein Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 CMR in Betracht, der der L. & Co. N.V. in Schoten als Absenderin der Ware zustehe. Diese habe jedoch keinen Schaden erlitten. Geschädigte sei vielmehr die Versicherungsnehmerin , an die - so die Behauptung der Klägerin - am 14. Oktober 1999 auch die Versicherungsleistung ausgezahlt worden sei. Daraufhin habe die Versicherungsnehmerin am 10. Januar 2000 Ansprüche gegen die Beklagte an die A. N.V. abgetreten. Die Versicherungsnehmerin sei gegenüber der Beklagten mangels Bestehens eines Vertragsverhältnisses zwischen diesen Beteiligten jedoch nicht forderungsberechtigt. Vertragspartnerin der Beklagten sei die L. & Co. N.V. in Schoten. Diese könne zwar möglicherweise zur Drittschadensliquidation berechtigt sein. Sie habe ihre Rechte aus dem Transportvertrag mit der Beklagten aber nicht auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin , die A. N.V., übertragen. Ein Rechtsübergang kraft Gesetzes aufgrund Zahlung an die Versicherungsnehmerin habe ebenfalls nicht stattgefunden. Den Anspruch der Versicherungsnehmerin auf Übertragung der Ansprüche der L. & Co. N.V. aus dem Beförderungsvertrag habe die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Auftraggeberin der Beklagten habe ihre Ansprüche aus dem Transportvertrag weder auf die Versicherungsnehmerin noch auf die A. N.V. oder die Klägerin übertragen.

11
Die Abtretung der Ansprüche aus dem Frachtvertrag seitens der L. Germany GmbH am 10. Januar 2000 habe der A. N.V. ebenfalls keinen Anspruch verschafft. Zwar könne der Empfänger des Gutes gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR im Falle des Verlustes Ansprüche aus dem Frachtvertrag geltend machen und diese auch abtreten. Wenn die Rechtsvorgängerin der Klägerin aber - wie die Klägerin behaupte - am 14. Oktober 1999 Zahlung an die Versicherungsnehmerin geleistet habe, sei ein Anspruch der L. & Co. N.V. auf Entschädigung des Dritten durch Erfüllung erloschen und habe nicht mehr abgetreten werden können.
12
Der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 15. August 2003, wonach es sich bei der im Frachtbrief aufgeführten L. & Co. N.V. in Schoten lediglich um eine Unterabteilung der Versicherungsnehmerin ohne eigenständige Rechtspersönlichkeit gehandelt habe, könne wegen Verspätung nicht mehr berücksichtigt werden.
13
Die Aktivlegitimation der Klägerin sei aber selbst dann nicht dargetan, wenn deren (verspätete) Behauptung und auch das sonstige Vorbringen berücksichtigt würden. Ein Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin könne zwar durch Zahlung an die Klägerin oder durch Abtretung vom 10. Januar 2000 auf die A. N.V. übergegangen sein. Ein gesetzlicher Forderungsübergang durch Zahlung hätte aber nur erfolgen können, wenn die A. - N.V. zum Zeitpunkt der Zahlung Versicherer der geschädigten Versicherungsnehmerin gewesen wäre, was indes unklar geblieben sei.
14
Die Abtretung seitens der Versicherungsnehmerin vom 10. Januar 2000 habe der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ebenfalls keinen Anspruch verschaffen können, da nicht geklärt sei, ob nicht durch eine vorausgegangene Zahlung der Anspruch bereits auf einen anderen Versicherer übergegangen sei, welcher dieser auch immer gewesen sein möge.
15
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
16
1. In der Revisionsinstanz ist davon auszugehen, dass die Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR wegen des streitgegenständlichen Diebstahls am 13./14. Januar 1999 grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet ist. Denn das am 13. Januar 1999 übernommene Gut ist während der Obhutszeit der Beklagten in Verlust geraten.
17
Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen steht einer Ersatzpflicht der Beklagten nicht die von ihr erhobene Verjährungseinrede entgegen. Gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 2 CMR verjähren Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung im Falle eines qualifizierten Verschuldens (Art. 29 CMR) in drei Jahren. Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung der Beklagten gemäß Art. 29 CMR erfüllt seien. An Feststellungen dazu fehlt es bislang, so dass in der Revisionsinstanz davon auszugehen ist, dass der Anspruch nicht verjährt ist.
18
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin habe nicht dargetan, dass ihr der Ersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe.
19
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Versicherungsnehmerin als Geschädigte habe keine eigenen vertraglichen Ansprüche aus einem Frachtvertrag gegen die Beklagte, da sie die Beklagte nicht mit dem Transport der Ware von Schoten/Belgien nach Heusenstamm/Deutschland beauftragt habe. Der Beförderungsvertrag sei vielmehr zwischen der L. & Co. N.V., bei der es sich um ein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit handele, und der Beklagten zustande gekommen. Die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin, die im CMR-Frachtbrief aufgeführte L. & Co. N.V. sei lediglich eine unselbständige Unterabteilung der Versicherungsnehmerin , könne wegen Verspätung nicht mehr berücksichtigt werden.
20
b) Die Revision beanstandet mit Recht, dass die Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin zur Unselbständigkeit der L. & Co. N.V. verfahrensfehlerhaft war.
21
aa) Das Berufungsgericht hat mit Verfügung vom 12. August 2003 darauf hingewiesen, dass Vertragspartnerin der Beklagten die L. & Co. N.V. gewesen sei, und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25. August 2003 eingeräumt. Die Klägerin hat daraufhin mit einem am 26. August 2003 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz unter Benennung einer Zeugin vorgetragen, dass es sich bei der Versicherungsnehmerin und der L. & Co. N.V. um dieselbe Rechtspersönlichkeit handele und die Versicherungsnehmerin Auftraggeberin der Beklagten gewesen sei.
22
bb) Dieses Vorbringen der Klägerin durfte das Berufungsgericht gemäß §§ 527 a.F., 296 Abs. 1 ZPO, die im vorliegenden Fall gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO zur Anwendung kommen, nur zurückweisen, wenn seine Zulassung zu einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits geführt hätte. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Ein Gericht ist nach dem Gebot eines fairen Verfahrens verpflichtet, eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits durch zumutbare prozessleitende Maßnahmen gemäß §§ 139, 273 ZPO aufzu- fangen (vgl. BVerfG NJW 1998, 2044). Die Revision macht mit Recht geltend, dass das Berufungsgericht die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zumindest hätte darauf hinweisen müssen, dass es wegen der Kürze der Zeit bis zum Verhandlungstermin am 4. September 2003 eine gerichtliche Ladung der Zeugin nicht mehr veranlassen werde. Dementsprechend hätte es der Klägerin daher anheim geben müssen, die Zeugin zum Termin zu stellen (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.1980 - KZR 10/79, NJW 1980, 1848, 1849), was nach den Darlegungen in der Revisionsbegründung auch geschehen wäre. In der Revisionsinstanz ist - wie die Revision ebenfalls dargelegt hat - davon auszugehen, dass die Zeugin den Vortrag der Klägerin bestätigt hätte.
23
Handelt es sich bei der Versicherungsnehmerin aber um die Absenderin der Ware, so ist sie Partei des mit der Beklagten geschlossenen Frachtvertrages mit der Folge, dass ihr grundsätzlich aus Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR eigene vertragliche Schadensersatzansprüche wegen Verlustes des Gutes gegen die Beklagte zustehen.
24
c) Die Revision wendet sich auch mit Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Aktivlegitimation der Klägerin sei selbst dann nicht dargetan , wenn deren Behauptung, die Versicherungsnehmerin habe der Beklagten einen Frachtauftrag erteilt, als richtig unterstellt werde.
25
aa) Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen , dass durch Zahlung der Versicherungsleistung an die Versicherungsnehmerin deren Ansprüche aus dem Frachtvertrag gegen die Beklagte auf die Klägerin übergegangen sein könnten, sofern die A. N.V. zum Zeitpunkt der Zahlung Versicherer der Geschädigten gewesen sei. Es hat des Weiteren angenommen , dass die Bevollmächtigte der A. N.V., die S. H. N.V., am 14. Oktober 1999 einen Betrag i.H. von 12.812.424 BEF an die "L. in Brüssel" gezahlt habe. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin sei der Versicherungsbestand der A. N.V. aber bereits mit Vertrag vom 6. Oktober 1999 rückwirkend zum 1. Januar 1999 auf eine andere Gesellschaft, nämlich die A. /D. S. N.V. oder die A. Belgium Insurance N.V. mit Sitz in Brüssel, übertragen worden. Ob die Versicherung der L. - Unternehmen zum Zeitpunkt der Übertragung auch noch zum Bestand der A. N.V. gehört habe, sei zweifelhaft, da der vom Landgericht vernommene Zeuge O. , Angestellter der S. H. N.V., ausgesagt habe, die Versicherung der L. Europe sei ab 1. Mai 1999 auf die A. London übergegangen. Unter diesen Umständen stehe nicht fest, wer im Zeitpunkt der Zahlung an die Versicherungsnehmerin deren Versicherer gewesen sei mit der Folge, dass nicht ersichtlich sei, auf wen ein Ersatzanspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte übergegangen sei. Diese Beurteilung wird von der Revision mit Erfolg angegriffen.
26
bb) Der in erster Instanz vernommene Zeuge O. hat bekundet, dass die A. N.V. zum Schadenszeitpunkt alleiniger Versicherer der europäischen L. -Unternehmen gewesen sei. Wenn die S. H. N.V. eine Zahlung leiste, so tue sie dies als Agentin der A. N.V. Diese sei wiederum rückversichert bei der A. Insurance Company in B. . Die Zahlung am 14. Oktober 1999 sei von der S. H. N.V. auf den streitgegenständlichen Schaden für die A. N.V. (Rechtsvorgängerin der Klägerin) an die Versicherungsnehmerin erfolgt. Soweit der Zeuge O. einen Übergang des in Rede stehenden Versicherungsverhältnisses zum 1. Mai 1999 auf die A. London für möglich gehalten hat, steht das einem Anspruchsübergang auf die A. N.V. nicht entgegen, weil der Schadenszeitpunkt - 13./14. Januar 1999 - maßgeblich ist. Zu diesem Zeitpunkt war die A. London nach den Bekun- dungen des Zeugen O. nicht zu einer Ersatzleistung an die Versicherungsnehmerin verpflichtet.
27
Ebensowenig steht der Aktivlegitimation der Klägerin eine Übertragung des Versicherungsbestandes der A. N.V. auf die A. Belgium Insurance N.V. entgegen, weil dieses Unternehmen seine möglichen Ansprüche gegen die Beklagte im Jahre 2001 an die Klägerin übertragen hat.
28
d) Dem Berufungsgericht kann auch nicht in seiner Annahme beigetreten werden, eine Inhaberschaft der Klägerin an den von der frachtbriefmäßigen Empfängerin der Ware an sie abgetretenen Ansprüchen gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR scheitere an der von der Klägerin behaupteten, zuvor erfolgten Zahlung der Versicherungssumme an die Versicherungsnehmerin, weil damit die Ansprüche der Empfängerin erloschen seien mit der Folge, dass sie nicht mehr hätten abgetreten werden können.
29
Der Annahme des Berufungsgerichts widersprechen schon seine (angegriffenen ) Feststellungen, wonach die Versicherungsnehmerin nicht Vertragspartei der Leistenden gewesen sei. Träfe das zu, konnte die Zahlung mangels Vertragsbezogenheit keine Auswirkungen auf die Anspruchsberechtigung der Empfängerin des Gutes haben.
30
Unabhängig von dieser Widersprüchlichkeit im Tatsächlichen ist auch die rechtliche Folgerung des Berufungsgerichts unzutreffend, dass eine Leistung des Transportversicherers auf den dem Versicherungsnehmer (Absender) durch den Verlust des Gutes entstandenen Schaden zu einem Erlöschen der Ansprüche des Empfängers gegen den Frachtführer aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR führe. Dieser Anspruch gegen den Frachtführer erlischt ebenso wenig wie der gemäß § 67 Abs. 1 VVG übergegangene Anspruch des versicherten Absenders. Der Umstand, dass der Empfänger ebenfalls ein Recht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Frachtführer hat, führt zur Doppellegitimation von Absender und Empfänger (BGH, Urt. v. 6.5.1981 - I ZR 70/79, VersR 1981, 929, 930; Urt. v. 28.4.1988 - I ZR 32/86, TranspR 1988, 338, 339 = VersR 1988, 825; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 13 CMR Rdn. 23; Herber/Piper, CMR, Art. 13 Rdn. 31). Empfänger und Absender sind im Verhältnis zum Frachtführer Gesamtgläubiger i.S. von § 428 BGB. Nur die Leistung des Frachtführers an einen der beiden Ersatzberechtigten lässt auch die Anspruchsberechtigung des anderen Gläubigers entfallen (BGH TranspR 1988, 338; Herber/Piper aaO Art. 13 Rdn. 34). Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Absender und dem Empfänger der Ware sind für den Schädiger grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.2006 - I ZR 200/03, Urteilsumdruck S. 6).
31
3. Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht aufrecht erhalten werden. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, weil das Berufungsgericht insbesondere keine Feststellungen zum Grad des Verschuldens der Beklagten und zur umstrittenen Schadenshöhe getroffen hat.

32
III. Dementsprechend war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 27.11.2001 - 16 O 99/00 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 04.09.2003 - 12 U 3/02 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2006 - I ZR 226/03 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 67 Abweichende Vereinbarungen


Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 273 Vorbereitung des Termins


(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen. (2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere1.den Parteien die Ergänzung oder E

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 428 Gesamtgläubiger


Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden

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(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.

(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere

1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen;
5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.

(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 200/03 Verkündet am:
1. Juni 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - vom 31. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte als Frachtführerin wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Klägerin veräußerte im September 2000 an eine Kundin in Toronto/ Kanada Gewebe, das sie der Käuferin mit insgesamt 187.800,08 DM in Rechnung stellte. Auf Weisung der Käuferin sollte die Ware direkt an die L.
in Moskau geliefert werden, an die das Gewebe weiterveräußert worden war. Zu diesem Zweck beauftragte die Klägerin die Beklagte am 6. September 2000 zu festen Kosten mit dem Versand von 99 Kartons Gewebe (Bruttogewicht 8.637 kg) von Lörrach nach Moskau. Die Beklagte übertrug die Beförderung des Gutes an die S. R. AO in Moskau - die Streithelferin der Beklagten -, die ihrerseits die A. mit der Transportdurchführung beauftragte. Deren Fahrer übernahm die Ware am 8. September 2000 in Lörrach. Mit Schreiben vom 19. September 2000 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten den Verlust des Gutes reklamiert.
3
Die Klägerin hat behauptet, die Ware sei bei der rechtmäßigen Empfängerin nicht angekommen. Nach seinem Eintreffen in Moskau am 14. September 2000 sei der Fahrer vor dem dortigen Zollamt von einem Unbekannten, der sich als Repräsentant der Empfängerfirma L. ausgegeben habe, angesprochen worden. Auf Weisung dieser Person sei der Fahrer zu einer Entladestelle gefahren, die nicht der im Frachtbrief angegebenen Ablieferungsadresse entsprochen habe. Dort sei das Gut abhanden gekommen. Durch den Verlust der Ware sei ein Schaden in Höhe von 96.020,66 € (= 187.800,08 DM) entstanden. Die Klägerin macht diesen Schaden nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation im eigenen Namen geltend.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 96.020,66 € nebst Zinsen zu zahlen.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, der Fahrer habe die ihm beim Zollamt in Moskau mitgeteilte Entladestelle angefahren und die Ware einem Mitarbeiter der Empfängerfirma übergeben. Der Erhalt der Sendung sei auf dem CMR-Frachtbrief quittiert worden. Wenn sich Personen mittels gefälschter Dokumente Gewahrsam an der Ware verschafft haben sollten, greife zumindest Art. 17 Abs. 2 CMR zu ihren, der Beklagten, Gunsten ein.
6
Der Klägerin sei auch kein Schaden entstanden, weil davon auszugehen sei, dass die kanadische Käuferin der Ware die Rechnung der Klägerin ausgeglichen habe. Ebenso wenig hätten die Kundin der Klägerin und die Abnehmerin in Moskau einen Schaden erlitten, so dass dieser auch nicht über die Grundsätze der Drittschadensliquidation geltend gemacht werden könne.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
8
Mit der (vom Senat zugelassenen) Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR verneint. Dazu hat es ausgeführt:
10
Es könne offen bleiben, ob die Ware bei der Endkäuferin in Moskau angekommen sei. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation scheitere schon daran, dass die Klägerin für einen auf die kanadische Zwischenhändlerin verlagerten Schaden darlegungs- und beweisfällig geblieben sei. Der Hinweis auf deren Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin reiche dafür nicht aus. Die Kundin der Klägerin habe die Ware sofort weiterveräußert. Damit sei davon auszugehen, dass weder der Klägerin selbst noch der kanadischen Käuferin ein Schaden entstanden sei. Für einen etwaigen Schaden der russischen Endkäuferin habe die Klägerin nichts vorgetragen.
11
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) auf den Streitfall zur Anwendung kommt. Die Beklagte ist Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB und unterliegt daher der Haftung nach der CMR (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 312 m.w.N.).
13
2. Nach Art. 17 Abs. 1 CMR i.V. mit Art. 3 CMR schuldet der Frachtführer grundsätzlich Schadensersatz für den während seiner Obhutszeit eingetretenen Verlust des Transportgutes.
14
a) In der Revisionsinstanz ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die für die L. bestimmte Ware nicht an die rechtmäßige Empfängerin ausgeliefert worden, sondern verloren gegangen ist. Denn das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Warensendung - wie von der Klägerin bestritten - bei der Moskauer Endkäuferin angekommen ist.
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b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Klägerin zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen Verlustes des Fracht- guts aktivlegitimiert. Die dem Empfänger gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR zukommende Berechtigung zur Geltendmachung des Anspruchs wegen Verlustes der Ware berührt die Anspruchsberechtigung des Versenders nicht. Die Legitimation des Absenders ergibt sich bereits aus seiner Stellung als Vertragspartner des Frachtführers (Herber/Piper, CMR, Vor Art. 17 Rdn. 13).
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3. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auch im Rahmen der CMR-Haftung die Grundsätze der Liquidation des Schadens im Drittinteresse Anwendung finden (Herber/Piper aaO Vor Art. 17 Rdn. 19 f.).
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4. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Klägerin stehe bei einem Verlust des Transportgutes nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu.
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a) Die Drittschadensliquidation soll verhindern, dass dem Schädiger durch vertragliche Vereinbarungen zwischen seinem Gläubiger und einem Dritten , die den Schaden von dem Gläubiger auf den Dritten verlagern, ein ungerechtfertigter Vorteil entsteht. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Gläubiger und dem Dritten sind für den Schädiger grundsätzlich ohne Bedeutung. Nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation ist der Absender als Vertragspartner des Frachtführers daher zur Geltendmachung von Schäden Dritter aus dem Verlust des Transportgutes legitimiert, gleichviel ob die Schäden dem Vertragspartner des Absenders oder aber dem Endempfänger erwachsen sind (vgl. BGH, Urt. v. 20.4.1989 - I ZR 154/87, TranspR 1989, 413, 414 = VersR 1989, 1168 m.w.N).
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Der aus dem Frachtvertrag Berechtigte kann die Ersatzforderung im eigenen Namen für Rechnung des wirtschaftlich Geschädigten geltend machen. Die Ersatzleistung an diesen weiterzuleiten ist seine Sache, die den Schädiger grundsätzlich nichts angeht. Nur wenn feststeht, dass der Geschädigte tatsächlich nichts von der Ersatzleistung bekommen würde oder er auf die Geltendmachung seines Ersatzanspruchs verzichtet hat, ist es gerechtfertigt, den Anspruch zu versagen (BGH, Urt. v. 4.12.1997 - IX ZR 41/97, NJW 1998, 1864, 1865).
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Demzufolge steht der Liquidation des Schadens durch die Klägerin nicht entgegen, dass ein Schaden nicht bei der Käuferin der Ware, sondern bei der von dieser bestimmten Endempfängerin der Ware entstanden ist.
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b) Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint, weil sie zu einem Schaden der russischen Endempfängerin nichts vorgetragen habe. Diese Beurteilung wird von der Revision mit Erfolg angegriffen.
22
Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass der kanadischen Zwischenhändlerin durch einen Verlust des Transportgutes trotz einer Kaufpreiszahlungspflicht gegenüber der Klägerin kein Schaden entstanden ist, weil diese die Ware sogleich an die L. "entweder gegen Vorkasse, per Akkreditiv oder zumindest mit der Vorgabe CIP Moskau oder einer vergleichbaren kaufvertraglichen Regelung" weiterveräußert hat mit der Folge, dass der kanadischen Käuferin kein Schaden entstanden sei. Damit ist der Schaden auf die russische Endabnehmerin verlagert worden. Bei diesem Sachverhalt durfte das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation nicht an der fehlenden Darlegung eines etwaigen Schadens der russischen Endkäuferin seitens der Klägerin scheitern lassen. Der Schaden der russischen Endabnehmerin ergibt sich bei dieser Gestaltung des Sachverhalts zwangsläufig.
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c) Die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation wäre nur dann ausgeschlossen, wenn entweder der letztlich Geschädigte auf die Geltendmachung des Schadens verzichtet hätte oder die Geltendmachung jedenfalls nicht seinem Willen entspräche. Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls ist nicht vom Gläubiger auszuräumen, sondern vom Schädiger zu beweisen (vgl. BGH NJW 1998, 1864, 1865). Feststellungen dazu sind bislang nicht getroffen worden.
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5. Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, weil es insbesondere zu der vom Berufungsgericht offen gelassenen Frage, ob die Warensendung bei der Moskauer Endkäuferin angekommen ist, an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen fehlt. Gleiches gilt für die von der Klägerin behauptete Schadenshöhe, die von der Beklagten auch in der Berufungsinstanz bestritten worden ist.
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III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 11.09.2002 - 12 O 163/01 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 31.07.2003 - 9 U 165/02 -