vorgehend
Landgericht München I, 9 HKO 24173/05, 03.07.2007
Oberlandesgericht München, 6 U 4011/07, 18.12.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 211/08 Verkündet am:
24. März 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schreibgeräte
GeschmMG § 1 Nr. 1, §§ 2, 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5, § 37 Abs. 1, § 38
Abs. 1 und 2, § 42 Abs. 1 und 2, § 46; Brüssel-I-VO Art. 27

a) Verfolgt der Kläger in getrennten Klagen vor den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten
territorial begrenzten Rechtsschutz aus unterschiedlichen Geschmacksmustern, liegt nicht
derselbe Anspruch im Sinne von Art. 27 Brüssel-I-VO vor.

b) Lässt die graphische Darstellung eines Musters nicht erkennen, ob es ein- oder zweiteilig
ausgestaltet ist, kann dies zur Folge haben, dass einerseits weitergehende Entgegenhaltungen
aus dem vorbekannten Formenschatz möglich sind, dass andererseits aber auch ein
größerer Schutzumfang des Musters besteht.

c) Ist die graphische Darstellung eines Musters in Schwarz-Weiß gehalten, ist bei der Verletzungsprüfung
die angegriffene Form grundsätzlich von der farblichen Gestaltung zu abstrahieren
, wenn nicht bei der angegriffenen Ausführungsform Kontrastfarben verwendet werden
, die zu einem von einer einheitlichen Farbgebung abweichenden Gesamteindruck führen.

d) Besteht Geschmacksmusterschutz für die Erscheinungsform eines Teils eines Erzeugnisses,
ist bei der Prüfung des Gesamteindrucks der Verletzungsform der entsprechende Teil zugrunde
zu legen.
BGH, Urteil vom 24. März 2011 - I ZR 211/08 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Dezember 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die auf Geschmacksmusterrecht gestützte Klage abgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt Kugelschreiber, die als Werbemittel verwendet werden. Sie ist Inhaberin des unter DM/064576 am 22. Januar 2003 für "Writing instruments and dedicated components of writing instruments" re- gistrierten internationalen Sammelgeschmacksmusters, für das sie - unter anderem für Deutschland - die Priorität des am 22. Juli 2002 angemeldeten deutschen Geschmacksmusters Nr. 40206098 beansprucht. Zu dem internationalen Sammelgeschmacksmuster gehören die nachfolgend abgebildeten teilweise beschriebenen Geschmacksmuster (Klagemuster), auf die die Klägerin ihre Ansprüche - zuletzt in der nachstehenden Reihenfolge - gestützt hat: Nr. 25 (intermediate portion of writing utensil) Nr. 24 (cap or top portion of writing utensil) Nr. 23.1 Nr. 23.2
2
Die Klägerin vertreibt seit dem Jahr 2003 unter der Bezeichnung "New Spring" einen Kugelschreiber mit einer Kunststoffspirale im oberen Gehäuseteil.

3
Vor der Anmeldung der Klagemuster erfolgte die Bekanntgabe der Offenlegungsschrift des deutschen Patents Nr. 3732027, das ein Schreibgerät mit mindestens einem Abschnitt des Gehäuses in Form einer elastisch verformbaren Knautschzone betraf. Die Offenlegungsschrift enthielt unter anderem die nachstehenden Figuren: Figur 5 Figur 32
4
Das nachfolgend abgebildete Modell des Kugelschreibers "Spiralo" war ebenfalls vor der Anmeldung der Klagemuster bekannt:
5
Die Beklagten, die in Polen geschäftsansässig sind, produzieren und vertreiben die im Klageantrag abgebildeten mit Werbeaufdrucken für Drittunternehmen versehenen Kugelschreiber unter der Bezeichnung "Tornado". Diese weisen eine spiralförmige Ausgestaltung des Gehäuses im oberen Schaftteil auf, wobei die Spirale entweder gleichmäßig ansteigt (Kugelschreiberabbildungen Klageantrag I a) oder im Wechsel diagonal und horizontal verläuft (Kugelschreiberabbildungen Klageantrag I b).
6
Die Kugelschreiber mit der Bezeichnung "Tornado" boten die Beklagten in der im Klageantrag I a abgebildeten Form erstmals im Januar 2005 auf einer Messe in Düsseldorf und später auch in der im Klageantrag I b abgewandelten Form im Inland an.
7
Die Klägerin hält die im Klageantrag abgebildeten Kugelschreiber der Modelle "Tornado" für unzulässige Nachahmungen ihrer international registrierten Geschmacksmuster. Sie hat die Kugelschreiber der Beklagten zudem als wettbewerbsrechtlich unlautere Nachahmungen ihres Modells "New Spring" beanstandet.
8
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, Schreibgeräte herzustellen und/oder anzubieten und/oder einzuführen und/oder zu gebrauchen und/oder in Verkehr zu bringen, deren oberer, dem Clip zugewandter Gehäuseteil aus einer Hülse in Form einer Federspirale besteht, die daher durch die Druckbewegung auf dieses Oberteil verkürzbar ist, und zwar gleichgültig, ob die Federspirale eine gleichmäßige oder eine wechselnde Steigung nach Art von Treppenabsätzen entlang der Federspirale aufweist, gemäß zumindest einer der nachfolgenden Abbildungen und unabhängig von Dekor oder Farbe: Ia - gleichmäßige Steigung Ib - ungleichmäßige Steigung
9
Die Klägerin hat die Beklagten zudem auf Auskunft in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.

10
Die Klägerin hat die Beklagten in einem weiteren Rechtsstreit in Polen aufgrund ihres polnischen Geschmacksmusters Nr. 6751, für das sie die Priorität des deutschen Geschmacksmusters Nr. 40206098 in Anspruch genommen hat, erfolglos auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz wegen des Vertriebs der Modelle des Tornado-Kugelschreibers verklagt.
11
Das Landgericht hat die Beklagten im vorliegenden Verfahren antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
12
Mit ihrer vom Senat beschränkt auf die geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


13
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 38 Abs. 1, § 42 Abs. 1 GeschmMG wegen Verletzung der Muster 23 bis 25 des internationalen Sammelgeschmacksmusters DM/064576 sowie Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
14
Einer Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren stehe nicht die in Polen erhobene Klage entgegen. Diese betreffe nicht denselben Anspruch im Sinne von Art. 27 Brüssel-I-VO.
15
Die in Rede stehenden Klagemuster seien schutzfähig. Sie seien gegenüber dem vorbekannten Formenschatz in Gestalt der Figuren 5 und 32 der Offenlegungsschrift des deutschen Patents Nr. 3732027 und des Modells des Kugelschreibers "Spiralo" neu und verfügten über Eigenart.
16
Die angegriffenen Schreibgeräte mit der Bezeichnung "Tornado" der Beklagten fielen jedoch nicht in den Schutzbereich der Klagemuster. Deren Musterzeichnungen ließen keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Spirale auf einem inneren Rohrbereich aufliege und frei beweglich sei. Der Gesamteindruck der beanstandeten Schreibgeräte werde dagegen durch die freistehende Spirale und den sie übergreifenden Clip geprägt. Diese Modelle übernähmen das die Eigenart begründende Merkmal der gleichmäßig durchgehenden Spirale als Teil des zylindrischen Grundkörpers der Klagemuster nur zum Teil. Angesichts des engen Schutzbereichs der Klagemuster reiche die Zweigliedrigkeit der Kugelschreibermodelle "Tornado" aus, um sich außerhalb des Schutzbereichs der Klagemuster zu bewegen.
17
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
18
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass es im Hinblick auf das zwischen den Parteien zeitlich früher anhängige Verfahren vor polnischen Gerichten über das polnische Geschmacksmuster Nr. 6751 nicht nach Art. 27 Brüssel-I-VO an einer Sachentscheidung gehindert war.
19
a) Die Brüssel-I-Verordnung ist seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 auch im Verhältnis zwischen Deutschland und Polen anwendbar.
20
b) Die Voraussetzungen des Art. 27 Brüssel-I-VO sind jedoch nicht gegeben , weil das vorliegende Verfahren und die Klage in Polen nicht denselben Anspruch der Parteien betreffen.
21
aa) Durch Art. 27 Brüssel-I-VO sollen im Interesse einer geordneten Rechtspflege soweit wie möglich Parallelprozesse vor Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten vermieden werden, in denen Entscheidungen ergehen können, die miteinander "unvereinbar" im Sinne von Art. 34 Nr. 3 Brüssel-I-VO sind und deshalb im jeweils anderen Staat nicht anerkannt werden. Für die Unvereinbarkeit zweier Entscheidungen im Sinne von Art. 34 Nr. 3 Brüssel-I-VO und die Frage, ob in zwei Prozessen derselbe Anspruch anhängig ist, kommt es nicht auf die formale Identität der Klagen, sondern darauf an, ob der Kernpunkt der Klagen derselbe ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 1987 - 144/86, Slg. 1987, 4861 = NJW 1989, 665 Rn. 8 und 13 - Gubisch Maschinenfabrik; BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - VIII ZR 106/01, NJW 2002, 2795 f.). Bei der danach gebotenen weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals "desselben Anspruchs" im Sinne von Art. 27 Brüssel-I-VO sind das jeweilige Klagebegehren in den Rechtsstreitigkeiten und der Sachverhalt sowie die Rechtsvorschriften, auf die die Klagen gestützt werden, zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 1994 - C-406/92, Slg. 1994, I-5439 = ZIP 1995, 943 Rn. 38 bis 44 - Tatry; Urteil vom 8. Mai 2003 - C-111/01, Slg. 2003, I-4207 = NJW 2003, 2596 Rn. 25 f. - Gantner Electronic; Urteil vom 9. November 2010 - C-296/10, NJW 2011, 363 Rn. 68 - Purrucker/Pérez).
22
bb) Die Verschiedenheit der Ansprüche im Sinne von Art. 27 Brüssel -I-VO folgt vorliegend aus dem Territorialitätsprinzip, nach dem sich der Schutzbereich eines nationalen Geschmacksmusters auf das jeweilige Schutzland beschränkt (zum Urheberrecht BGH, Urteil vom 3. März 2004 - 2 StR 109/03, GRUR 2004, 421, 422 - Tonträgerpiraterie durch CD-Export; zum Kennzeichenrecht BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 169/07, GRUR 2010, 239 Rn. 44 = WRP 2010, 384 - BTK; zum Geschmacksmusterrecht Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 4. Aufl., Allgemeines zum Designrecht Rn. 12; vgl. auch Art. 8 Abs. 1 ROM-II-VO).
23
Die Klage vor den polnischen Gerichten betraf das polnische Geschmacksmuster Nr. 6751, dessen Schutz auf Polen beschränkt ist. Der vorliegende Rechtsstreit hat den auf das Inland beschränkten Schutz der Klagemuster 23 bis 25 des internationalen Sammelgeschmacksmusters DM/064576 zum Gegenstand. Danach liegen beiden Verfahren unterschiedliche Klagebegehren (territorial begrenzter Rechtsschutz in Polen oder in Deutschland) und verschiedene Sachverhalte (Verletzung unterschiedlicher Schutzrechte) zugrunde. Im Hinblick auf die unterschiedliche Schutzländer betreffenden Geschmacksmuster besteht auch nicht die Gefahr, dass die Entscheidungen in den beiden in Rede stehenden Klageverfahren "unvereinbar" im Sinne von Art. 34 Nr. 3 Brüssel-I-VO sind und im jeweils anderen Staat nicht anerkannt werden.
24
2. Dagegen halten die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es die geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche aus § 42 Abs. 1 und 2, § 46 GeschmMG, § 242 BGB verneint hat, der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
25
a) Die Klagemuster sind registriert aufgrund des Haager Abkommens über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle vom 6. November 1925 (Haager Abkommen). Nach dem am 13. Februar 2010 in Kraft getretenen § 66 GeschmMG ist das Geschmacksmustergesetz grundsätzlich auf Eintragungen oder Registrierungen nach dem Haager Abkommen, deren Schutz sich auf Deutschland erstreckt, anzuwenden. Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des § 66 GeschmMG ergab sich diese Rechtsfolge aus Art. 7 Abs. 1 Haager Abkommen vom 28. November 1960 (BGBl. 1962 II S. 774; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1966 - Ib ZR 140/64, GRUR 1967, 533, 535 - Myoplastic, zu Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Haager Abkommen, Londoner Fassung, RGBl. 1937 II S. 606).
26
Die Klagemuster nehmen die Priorität vom 22. Juli 2002 in Anspruch und sind am 22. Januar 2003 registriert worden. Schutzvoraussetzungen und Schutzwirkungen der Klagemuster beurteilen sich nach dem am 1. Juni 2004 in Kraft getretenen Geschmacksmustergesetz (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 263/02, GRUR 2006, 143, 144 = WRP 2006, 117 - Catwalk; Urteil vom 10. Januar 2008 - I ZR 67/05, GRUR 2008, 790 Rn. 32 = WRP 2008, 1234 - Baugruppe).
27
Die Klägerin hat die Ansprüche in erster Linie auf das Klagemuster Nr. 25 gestützt und Ansprüche aus den Klagemustern Nr. 23 und 24 nur hilfsweise verfolgt. Zu entscheiden ist daher vorrangig über die aus dem Klagemuster Nr. 25 abgeleiteten Ansprüche.
28
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend vom Vorliegen der Schutzvoraussetzungen des Klagemusters Nr. 25 ausgegangen. Gegenstand der Eintragung ist ein Zwischenteil eines Schreibgeräts.
29
Als Geschmacksmuster wird ein Muster geschützt, das neu ist und Eigenart hat (§ 2 Abs. 1 GeschmMG).

30
aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Klagemuster Nr. 25 neu ist, weil vor dem Anmeldetag kein identisches Muster im Sinne von § 2 Abs. 2 GeschmMG offenbart worden ist. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
31
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Klagemuster Nr. 25 die erforderliche Eigenart aufweist.
32
(1) Nach § 2 Abs. 3 GeschmMG hat ein Muster Eigenart, wenn es sich im Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Muster bei diesem Benutzer hervorruft , das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. In die Beurteilung einzubeziehen ist der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung. Eine hohe Musterdichte und ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers können dazu führen, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen, während eine geringe Musterdichte und damit ein größerer Gestaltungsspielraum selbst bei größeren Gestaltungsunterschieden beim informierten Benutzer möglicherweise keinen anderen Gesamteindruck erwecken (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - I ZR 71/08, GRUR 2011, 142 Rn. 17 = WRP 2011, 100 - Untersetzer; KG ZUM 2005, 230, 231; österr. OGH, GRUR Int. 2008, 523, 525; Steinberg in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht , 2. Aufl., Art. 6 GGV Rn. 9; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein aaO § 2 Rn. 34; Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 2. Aufl., Art. 6 Rn. 17; Koschtial, GRUR Int. 2003, 973, 977; Begründung zum Regierungsentwurf des Geschmacksmusterreformgesetzes BT-Drucks. 15/1075, S. 34 zu § 2 GeschmMG ). Ob das Klagemuster über die erforderliche Eigenart verfügt, ist durch einen Einzelvergleich mit bereits vorhandenen Mustern zu ermitteln (BGH, Ur- teil vom 22. April 2010 - I ZR 89/08, BGHZ 185, 224 Rn. 33 - Verlängerte Limousinen ; OLG Hamm, InstGE 8, 233, 237; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2009, 16, 17; OLG Hamburg, Urteil vom 1. Juli 2009 - 5 U 183/07 Rn. 77, juris).
33
(2) Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat unter Berücksichtigung der großen Musterdichte im Bereich der Schreibgeräte rechtsfehlerfrei die erforderliche Eigenart des Musters Nr. 25 bejaht.
34
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass das Klagemuster Nr. 25 über folgende prägende Merkmale verfügt: 1. Es handelt sich um den Zwischenabschnitt eines Schreibgeräts (der dargestellte Bereich lässt keine obere oder untere Begrenzung erkennen) 2. bestehend aus einem schlanken, zylindrischen und an seiner Oberfläche glatten Gehäuse; 3. das Gehäuse wird an seiner Oberfläche durch einen durchgängigen spiralförmigen Einschnitt unterbrochen; 4. die Spirale verläuft in ihrem gesamten Bereich gleichmäßig; 5. sie verläuft nach links abwärts; 6. die Weite des spiralförmigen Einschnitts entspricht im Wesentlichen der Breite der sie begrenzenden spiralförmigen Wand.
35
Die Einzelmerkmale vermitteln nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem Muster einen harmonischen gleichmäßigen Verlauf der Spirale , der durch die Proportionierung des Einschnitts und der begrenzenden Wandung geprägt wird.
36
Soweit das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Gesamteindrucks des Klagemusters Nr. 25 weiter angenommen hat, es ergäben sich aus der Musterzeichnung keine Anhaltspunkte dafür, dass die Spirale auf einem inneren Rohrbereich aufliege und freibeweglich sei, hat dies im Hinblick auf die zum vorbekannten Formenschatz gehörenden Muster keine Bedeutung, sondern ist im Streitfall erst bei der Frage von Belang, ob die beanstandeten Muster in den Schutzbereich des Klagemusters eingreifen (dazu II 2 c).
37
Der Gesamteindruck der Figur 32 der Offenlegungsschrift des Patents Nr. 3732027 wird nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts durch die abwechselnd links oben oder rechts unten beginnenden und von links oben nach rechts unten verlaufenden Einschnitte bestimmt, die eine wesentlich geringere Breite als die zwischen ihnen liegenden Gehäuseabschnitte haben. Diese Einschnitte vermitteln einen gleichmäßigen, hart und streng wirkenden Eindruck. Sie verlaufen gegenläufig (von rechts unten oder links oben) und sind wesentlich schmaler als die sie begrenzenden Wandabschnitte , wodurch ein anderer Gesamteindruck als bei dem Klagemuster Nr. 25 entsteht, das eine harmonisch gleichmäßig ansteigende Spirale aufweist.
38
Zum Gesamteindruck der Figur 5 der Offenlegungsschrift des Patents Nr. 3732027 hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass das abgebildete Schreibgerät durch die Einschnitte geprägt wird, deren Abstand unterschiedlich ausgestaltet ist, die von links oben nach rechts unten verlaufen und abwechselnd links oben oder rechts unten beginnen und sich nahezu über die gesamte Länge des Gehäuses erstrecken.
39
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich der Gesamteindruck dieser Figur noch weiter als derjenige der Figur 32 der Offenlegungsschrift vom Gesamteindruck des Klagemusters Nr. 25 unterscheidet, weil die Einschnitte nahezu über die gesamte Länge des Schreibgeräts angebracht sind und unterschiedliche Abstände aufweisen.
40
Das Berufungsgericht hat weiter zutreffend festgestellt, dass der Gesamteindruck des Schreibgeräts mit der Bezeichnung "Spiralo" durch die erkennbar technisch bedingte, nach außen verlagerte Spiralfeder bestimmt wird, wodurch dieses Schreibgerät einen anderen Gesamteindruck als das Muster Nr. 25 vermittelt. Die Spiralfeder des Modells "Spiralo" ist ein gesondertes technisches Bauteil und ruft einen anderen Gesamteindruck hervor als die spiralförmige Ausgestaltung des Schaftes des Musters Nr. 25.
41
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die angegriffenen Schreibgeräte mit der Bezeichnung "Tornado" der Beklagten fielen nicht in den Schutzbereich des Klagemusters Nr. 25 (§ 38 Abs. 1 und 2 GeschmMG).
42
aa) Für die Verletzungsprüfung nach § 38 Abs. 1 und 2 GeschmMG kommt es darauf an, ob der Gesamteindruck des angegriffenen Musters mit dem Gesamteindruck des eingetragenen Musters übereinstimmt; dabei sind nicht nur die Übereinstimmungen, sondern auch die Unterschiede der Muster zu berücksichtigen. Zudem ist in die Beurteilung des Schutzumfangs der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters einzubeziehen. Zwischen dem Gestaltungsspielraum des Entwerfers und dem Schutzumfang des Musters besteht eine Wechselwirkung. Eine hohe Musterdichte und damit ein kleiner Gestaltungsspielraum des Entwerfers führen zu einem engen Schutzumfang des Musters mit der Folge, dass bereits geringe Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen können, während umgekehrt eine geringe Musterdichte und damit ein großer Gestaltungsspielraum des Entwerfers einen weiten Schutzumfang des Musters zur Folge haben, so dass selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer möglicherweise keinen anderen Gesamteindruck erwecken (vgl. BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 17 und 20 - Untersetzer, mwN). Damit gilt der bereits vor Umsetzung der Richtlinie 98/71/EG durch das Geschmacksmusterreformgesetz anerkannte Grundsatz fort, dass der Schutzumfang eines Geschmacksmusters von dessen Abstand zum vorbekannten Formenschatz abhängt (vgl. BGH, GRUR 2011, 142 Rn. 17 - Untersetzer; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2009, 16, 18; Koschtial, GRUR Int. 2003, 973, 977; D. Jestaedt, GRUR 2008, 19, 22).
43
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Schreibgeräte der Beklagten mit der Bezeichnung "Tornado" in der im Klageantrag I a angeführten Form wie folgt gestaltet sind: 1. Der untere Gehäusebereich macht etwa zwei Drittel der Gesamtlänge des Schreibgeräts aus und verläuft zunehmend stärker konisch zur Schreibspitze aus; 2. der obere, gleichfarbige und im Wesentlichen zylindrische Gehäusebereich ist durch einen schmalen Ring vom unteren Bereich getrennt; 3. der obere Bereich besteht - durch die unterschiedliche Farbgebung erkennbar - aus einem zylindrischen Körper geringen Durchmessers, der von einem spiralförmig durchbrochenen Gehäuse umfasst wird; 4. die Spirale und der zwischen ihren Windungen sichtbare Bereich weisen im Wesentlichen die gleiche Breite auf; 5. die Spirale zeigt eine gleichmäßige Steigung; 6. die Steigung verläuft von links oben nach rechts unten; 7. die Spirale wird von einem großbogigen, gleichfarbigen Clip überwölbt; 8. der Clip liegt unterhalb des untersten Spiraleinschnitts auf dem oberen Gehäusebereich kurz vor dem Ring auf; 9. der Clip ist so am oberen Gehäuseteil angesetzt, dass etwa ein Drittel des Rundbogens vom oberen Ende des Gehäuses nachvollzogen wird; 10. der Clip verläuft über der oberen Abschlusskante des Gehäuses hinweg, so dass oben ein flacher spitzer Keil entsteht.
44
Die im Klageantrag unter I b wiedergegebene Ausführungsform weist bei ansonsten gleichen Merkmalen eine ungleichmäßige Steigung der Spirale auf.
45
Das Berufungsgericht hat angenommen, das Modell "Tornado" der Beklagten unterscheide sich vom Klagemuster Nr. 25 dadurch, dass die Spirale um ein weiteres zylindrisches Bauteil herumgelegt sei und dieser Umstand optisch durch die kontrastierende farbliche Gestaltung hervorgehoben werde. Die Spirale verlaufe in entgegengesetzter Richtung und habe bei der im Klageantrag I b wiedergegebenen Ausführungsform eine ungleichmäßige Steigung. Als komplexes Schreibgerät verfüge das Modell "Tornado" über das zusätzliche Gestaltungselement des Clips. Gemeinsamkeiten bestünden bei dem im Klageantrag I a aufgeführten Modell "Tornado" mit dem Klagemuster Nr. 25 in der Gleichmäßigkeit und im Grad der Steigung, der im Wesentlichen gleichen Breite von Spirale und Zwischenraum sowie in dem zylindrischen Grundkörper. Bei dem im Klageantrag I b angeführten Modell fehle die gleichmäßige Steigung der Spirale. Der Gesamteindruck des in Rede stehenden Schreibgeräts der Beklagten werde durch die freistehende Spirale und den sie übergreifenden Clip geprägt. Der Clip trete auch nicht derart in den Hintergrund, dass er den Gesamteindruck nicht mitbestimme. Bei dem angegriffenen Modell bestehe durch die um einen inneren Zylinder gelegte gesonderte Spirale eine Zweigliedrigkeit, die dazu führe, dass die angegriffenen Muster außerhalb des Schutzbereichs des Klagemusters Nr. 25 lägen.
46
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den Gesamteindruck des Klagemusters Nr. 25 (dazu II 2 c cc) und des angegriffenen Musters (dazu II 2 c dd) nicht rechtsfehlerfrei ermittelt.
47
cc) Mit Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den Gesamteindruck des Klagemusters nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Es habe nicht davon ausgehen dürfen, das Klagemuster bestehe nur aus einem Stück.
48
(1) Nach § 37 Abs. 1 GeschmMG wird Schutz nur für diejenigen Merkmale der Erscheinungsform eines Geschmacksmusters begründet, die in der Anmeldung sichtbar wiedergegeben sind. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GeschmMG muss die Anmeldung eine zur Bekanntmachung geeignete Wiedergabe des Musters enthalten. Das Muster muss in der Anmeldung hinreichend konkretisiert sein, um zu vermeiden, dass eine unzureichende Wiedergabe zur Schutzbeanspruchung ausgenutzt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1961 - I ZR 44/59, GRUR 1962, 144, 146 - Buntstreifensatin, insoweit in BGHZ 35, 341 nicht abgedruckt). Andererseits muss das Muster nicht fotographisch wiedergegeben werden, sondern kann auch - wie vorliegend - in einer graphischen Darstellung bestehen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 GeschmMV). Der Schutz des Musters richtet sich danach, welche konkrete Form die Abbildung erkennbar macht, wobei es nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GeschmMG auf das Anschauungsvermögen eines informierten Benutzers ankommt (vgl. BGHZ 185, 224 Rn. 47 - Verlängerte Limousinen).
49
(2) Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung, welche Merkmale den Gesamteindruck des Klagemusters Nr. 25 bestimmen, sechs Merkmale angeführt , denen nichts dazu zu entnehmen ist, ob das Klagemuster aus einem oder aus zwei Stücken besteht. Aus der lediglich in graphischer Form erfolgten Musteranmeldung ist dies auch nicht zu ersehen. Der Geschmacksmusterschutz knüpft an die immaterielle plastische oder flächige Form an. Diese muss geeignet sein, als Vorbild für die Fertigung körperlicher Erzeugnisse zu dienen. Auf die technische Umsetzung (bewegliche Spirale um einen umliegenden Körper oder Gehäuse mit fester Spirale aus einem Stück) kommt es nicht an, soweit durch sie kein neuer Gesamteindruck erzielt wird (vgl. BGH, GRUR 1962, 144, 146 - Buntstreifensatin). Lässt in einem solchen Fall die zeichnerische Darstellung nicht erkennen, ob das Klagemuster aus einem oder zwei Teilen besteht, kann dies dazu führen, dass weitergehende Entgegenhaltungen aus dem vorbekannten Formenschatz möglich sind und deswegen die Neuheit oder Eigenart des Klagemusters zu verneinen ist. Andererseits kann sich aus einer zeichnerischen Darstellung, die nicht ersehen lässt, ob das Klagemuster einteilig oder zweiteilig ausgestaltet ist, ein größerer Schutzumfang im Vergleich zu einem Muster ergeben, das nur eine der beiden Ausgestaltungen wiedergibt.
50
Da der graphischen Darstellung des Klagemusters vorliegend nicht zu entnehmen ist, ob es aus einem oder zwei Teilen besteht, durfte das Berufungsgericht Unterschiede im Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Muster nicht allein aufgrund der zweiteiligen Ausführung von Spirale und zylindrischem Bauteil der angegriffenen Muster annehmen.
51
dd) Bei der Beurteilung, ob der Gesamteindruck der angegriffenen Muster mit demjenigen des Klagemusters Nr. 25 übereinstimmt, ist das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die farbliche Gestaltung ohne Weiteres in die Betrachtung der beanstandeten Muster einzubeziehen ist (dazu II 2 c dd (1)). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts darf in diese Prüfung auch der Clip der beanstandeten Muster nicht einbezogen werden (dazu II 2 c dd (2)).
52
(1) Das Klagemuster ist in einer schwarz-weißen graphischen Darstellung eingetragen. Es beansprucht daher unabhängig von einer konkreten Farbgebung Schutz für die Gestaltung. Dies hat ebenfalls - wie vorstehend zur Frage der graphischen Darstellung des Klagemusters als ein- oder zweiteilig erörtert (Rn. 49) - zur Folge, dass auf der einen Seite weitergehende Entgegenhaltungen aus dem vorbekannten Formenschatz möglich sind, das Klagemuster auf der anderen Seite aber auch über einen größeren Schutzumfang verfügen kann. Dementsprechend ist auch bei der Verletzungsprüfung die angegriffene Form grundsätzlich von der farblichen Gestaltung zu abstrahieren und die Frage der Übereinstimmung des Gesamteindrucks der Muster anhand einer einheitlichen Farbgebung zu beantworten (vgl. Auler in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 37 GeschmMG Rn. 4; Ruhl aaO Art. 10 Rn. 64). Etwas anderes hat allerdings zu gelten, wenn gegenüber der in Schwarz-Weiß gehaltenden graphischen Darstellung des Klagemusters, durch die eine einheitliche Farbgebung beansprucht wird, beim angegriffenen Muster Kontrastfarben Verwendung finden. Durch eine kontrastierende Farbgebung kann ein gegenüber dem in Schwarz-Weiß dargestellten Klagemuster abweichender Gesamteindruck bei den angegriffenen Mustern erzielt werden (ähnlich Eichmann in Eichmann/ v. Falckenstein aaO § 38 Rn. 25). Das Berufungsgericht durfte daher eine fehlende Übereinstimmung des Gesamteindrucks der farblichen Muster mit dem Klagemuster nicht allgemein aus einer kontrastierenden farblichen Gestaltung des Zylinders einerseits und der ihn umschließenden Spirale und des Clips andererseits herleiten, ohne auf die einzelnen farblich unterschiedlich gestalteten Muster der Beklagten und die Auswirkungen auf den Gesamteindruck einzugehen.

53
(2) Mit Recht wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht bei dem angegriffenen Muster den Clip in die Beurteilung des Gesamteindrucks einbezogen hat.
54
Das Klagemuster Nr. 25 ist als Erscheinungsform eines Teils eines Erzeugnisses selbständig schutzfähig (§ 1 Nr. 1 GeschmMG). Ob der Schutz eines selbständigen Teils eines Erzeugnisses voraussetzt, dass es eine gewisse Geschlossenheit aufweist (bejahend Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein aaO § 1 Rn. 15; ähnlich Ruhl aaO Art. 3 Rn. 105), braucht nicht entschieden zu werden. Das Erfordernis der Geschlossenheit knüpft an die Rechtsprechung zum Schutz eines Teils eines Musters unter Geltung des Geschmacksmustergesetzes alter Fassung an (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1970 - I ZR 117/77, GRUR 1979, 705, 706 - Notizklötze; Urteil vom 11. Dezember 1997 - I ZR 134/95, GRUR 1998, 379, 381 - Lunette). Die Frage, ob ein Muster als Erscheinungsform eines Teils eines Erzeugnisses nur musterfähig ist, wenn es über eine gewisse Geschlossenheit verfügt, kann deshalb offenbleiben, weil das Klagemuster Nr. 25 durch die spiralförmige Ausgestaltung dieses Erfordernis erfüllt.
55
Nach der der Anmeldung beigefügten Beschreibung zur Erläuterung der Wiedergabe des Klagemusters wird Schutz für ein dazwischenliegendes Teil eines Schreibgeräts (intermediate portion of writing utensil) beansprucht. Diese Angabe im Sinne von § 11 Abs. 4 Nr. 1 GeschmMG bestimmt den Schutzumfang des Klagemusters mit. Das folgt aus einem Umkehrschluss aus § 11 Abs. 5 GeschmMG, der nur die Angaben nach § 11 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 4 Nr. 3 GeschmMG vom Einfluss auf den Schutzumfang ausnimmt.
56
Besteht vorliegend aufgrund des Klagemusters Nr. 25 Schutz für die Erscheinungsform eines Teils eines Schreibgeräts, ist der Prüfung des übereinstimmenden Gesamteindrucks auch bei der angegriffenen Ausführungsform nur der Spiralteil zugrunde zu legen (vgl. OLG Frankfurt, GRUR-RR 2008, 333, 334; Auler in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 40 GeschmMG Rn. 9; Ruhl aaO Art. 10 Rn. 51 und 55). Das Berufungsgericht durfte daher den Clip nicht in die Beurteilung des Gesamteindrucks der Verletzungsform einbeziehen.
57
III. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, weil sich im Streitfall keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen zur Auslegung des Unionsrechts stellen, die eine Vorlage erfordern. Die Gesamtwürdigung und Gewichtung der relevanten Umstände im konkreten Einzelfall ist Sache der nationalen Gerichte (EuGH, Urteil vom 16. November 2004 - C-245/02, Slg. 2004, I-10989 = GRUR 2005, 153 Rn. 84 - Anheuser Busch).
58
IV. Das Berufungsurteil kann danach hinsichtlich der mit dem Hauptantrag verfolgten Ansprüche aus dem Klagemuster Nr. 25 keinen Bestand haben (§ 562 ZPO). Dies gilt auch insoweit, als die Klägerin ihre Klage hilfsweise auf die Klagemuster Nr. 23 und 24 gestützt hat. Das entsprechende Klagevorbringen ist trotz der einheitlichen Klageanträge Hilfsvorbringen, das nur beschieden werden kann, wenn die Klageanträge aufgrund des Hauptvorbringens keinen Erfolg haben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1989 - V ZR 137/87, NJW-RR 1989, 650; Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3150; Urteil vom 2. Mai 2002 - I ZR 45/01, BGHZ 150, 377, 381 - Faxkarte; Urteil vom 3. Juli 2003 - I ZR 270/01, GRUR 2003, 903, 904 = WRP 2003, 1138 - ABC der Naturheilkunde). Eine Entscheidung über die Ansprüche aus den Klagemustern Nr. 23 und 24 kann daher noch nicht ergehen. Vielmehr ist die Sache insgesamt an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die Frage der Überein- stimmung des Gesamteindrucks des Klagemusters Nr. 25 mit den angegriffenen Verletzungsformen erneut zu beurteilen hat.
Bornkamm Pokrant Büscher
RiBGH Dr. Kirchhoff ist in Koch Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 03.07.2007 - 9 HKO 24173/05 -
OLG München, Entscheidung vom 18.12.2008 - 6 U 4011/07 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2010 - I ZR 89/08

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(3) Die Berücksichtigung der mit Auslandskunden getätigten Umsätze erweist sich jedoch im Ergebnis als zutreffend. Nach dem Territorialitätsprinzip, das auf Unternehmenskennzeichen anwendbar ist, beschränkt sich der Schutzbereich eines inländischen Kennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (BGH, Urt. v. 13.10.2004 - I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 = WRP 2005, 493 - HOTEL MARITIME). Die Benutzung des Unternehmenskennzeichens ohne jeden Inlandsbezug stellt deshalb keine Verletzung eines inländischen Kennzeichenrechts dar. Mangels gegenteiliger Feststellungen ist aber davon auszugehen, dass die in Deutschland ansässige Beklagte ihren ausländischen Kunden ihre Leistungen von Deutschland aus angeboten und in Rechnung gestellt hat. Gegenteiliges hätten die Beklagten darlegen müssen. Entsprechenden Vortrag zeigt die Revision nicht auf. Damit besteht ein ausreichender Inlandsbezug. Das Angebot der Dienstleistungen der Beklagten aus dem Inland stellt einen selbständigen zeichenrechtlichen Verletzungstatbestand dar. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der markenrechtlichen Bestimmung des § 14 Abs. 3 Nr. 3 Fall 1 MarkenG auf Unternehmenskennzeichen. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind auch erfüllt, wenn eine Ware oder Dienstleistung bestimmungsgemäß lediglich im Ausland in Verkehr gebracht oder erbracht werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 363 - Kronenthaler; Fezer aaO § 14 MarkenG Rdn. 857). Erst recht besteht ein hinreichender Inlandsbezug, wenn im Inland angebotene Dienstleistungen - wie hier - zumindest teilweise im Inland erbracht werden sollen. Für den Tatbestand des Anbietens kommt es nicht darauf an, ob das Klagekennzeichen auch bei der Leistungserbringung i.S. des § 14 Abs. 3 Nr. 3 Fall 2 MarkenG benutzt worden ist. Ebenso ist die Benutzung des Zeichens in Geschäftspapieren einschließlich Rechnungen ein selbständiger zeichenrechtlicher Verletzungstatbestand (hierzu § 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

32
a) Grundlage der auf das Geschmacksmusterrecht gestützten Widerklageanträge auf Unterlassung und Auskunftserteilung sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sind die Bestimmungen des Geschmacksmustergesetzes neuer Fassung (§§ 38, 42, 46 GeschmMG) in Verbindung mit § 242 BGB, weil das Geschmacksmustergesetz vom 12. März 2004 auch auf zuvor angemeldete oder eingetragene Geschmacksmuster Anwendung findet, soweit sich nicht aufgrund der gesetzlichen Vorschriften des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 etwas anderes ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 263/02, GRUR 2006, 143, 144 = WRP 2006, 117 - Catwalk; Eichmann, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., § 66 Rdn. 2; ders., Mitt. 2003, 17, 18).
33
Ob das Klagemuster über die erforderliche Eigenart verfügt, ist durch einen Einzelvergleich mit bereits vorhandenen Mustern zu ermitteln (OLG Hamm InstGE 8, 233, 237; OLG Frankfurt GRUR-RR 2009, 16, 17; Eichmann, GRUR Int. 1996, 859, 862; ders., MarkenR 2003, 10, 15; Koschtial, GRUR Int. 2003, 973, 974).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 45/01 Verkündet am:
2. Mai 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Faxkarte
Ist im Schadensersatzprozeß eine Schutzrechtsverletzung rechtskräftig bejaht
worden, geht davon keine Feststellungswirkung für den Unterlassungsprozeß aus
und umgekehrt (im Anschluß an BGHZ 42, 340, 353 f. – Gliedermaßstäbe).

a) Der Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB kann auch dem Urheber zustehen
, der sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung
des geschützten Werks hergestellt worden ist. Voraussetzung ist dabei stets,
daß für die Verletzung bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht.

b) Das berechtigte Geheimhaltungsinteresse des Besitzers der zu besichtigenden
Sache ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen
, führt jedoch nicht dazu, daß generell gesteigerte Anforderungen an
die Wahrscheinlichkeit der Rechtsverletzung zu stellen wären (im Anschluß an
BGHZ 93, 191 – Druckbalken). Im Rahmen der Abwägung ist insbesondere zu
prüfen, ob dem schützenswerten Geheimhaltungsinteresse auch bei grundsätzlicher
Gewährung des Anspruchs ± etwa durch Einschaltung eines zur Verschwiegenheit
verpflichteten Dritten ± genügt werden kann.
BGH, Urt. v. 2. Mai 2002 ± I ZR 45/01 ± OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 11. Januar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auch mit dem Hilfsantrag abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin geht gegen die Beklagte wegen des behaupteten Nachbaus einer besonderen Faxkarte vor, die mit einem sogenannten Fax-Analyser-System ausgerüstet ist und dem „Abhören“ und Überwachen von Faxsendungen dient.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin brachte 1992 ein solches von ihren Mitarbeitern entwickeltes, unter MS-DOS laufendes System unter der Bezeichnung
„PK 1115“ auf den Markt. Seit 1994 vertrieb die Beklagte die dem gleichen Zweck dienende Faxkarte „TCM 2001“, die auf dem Betriebssystem „Windows 3.11“ basiert. Beide Faxkarten verwenden einen Rockwell-Modembaustein. Auf seiten der Beklagten war bei der Entwicklung der Faxkarte ein früherer Mitarbeiter der Klägerin beteiligt.
Die Klägerin hat behauptet und im einzelnen dargelegt, daû die Beklagte für ihre Faxkarte sowohl die Hardwarekonfiguration als auch Teile der Software des Systems der Klägerin übernommen habe. Was die Software angehe, seien die Datenstrukturen beim Verzeichnis der Faxeingänge (Journal) ebenso identisch wie die Darstellung der Daten auf dem Bildschirm. Die beiden Ausführungsdateien „WSR.EXE“ und „TCMWATCH.EXE“ ± die erste aus dem Produkt der Klägerin, die zweite aus dem der Beklagten ± wiesen erhebliche Übereinstimmungen auf; viele Programmblöcke ± 13 davon mit einer Gröûe von mehr als 100 Byte ± seien gleich lang bzw. gleich groû. Die in beiden Programmen verwendeten Dateien mit der Bezeichnung „EQUALIZE.IN“ seien identisch. Die in dieser Datei enthaltenen Werte, die durch Aufnahme verschiedener Faxsendungen im Labor der Klägerin empirisch ermittelt worden seien, seien nicht reproduzierbar.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Übernahme der Hardwarekonfiguration sowie die Übernahme eines Teils der Software stelle eine Urheberrechtsverletzung dar und sei im übrigen unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes auch wettbewerbswidrig. Sie hat die Beklagte mit einer Stufenklage auf Auskunft, Rechnungslegung und Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen und zunächst den auf Erteilung einer Auskunft gerichteten Antrag gestellt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Umfang der behaupteten Übereinstimmungen bestritten und behauptet, Übereinstimmungen ge-
be es lediglich bei den verwendeten Modulbausteinen, die entsprechend der Logik und den Herstellerbeschreibungen in üblicher Weise miteinander verknüpft seien. Ansonsten unterschieden sich die Faxkarten wesentlich voneinander.
Das Landgericht hat die Klage nach einer Beweisaufnahme über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Faxkarten in vollem Umfang abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage durch einen Hilfsantrag erweitert , mit dem sie beantragt hat,
die Beklagte zu verurteilen, den Quellcode der Programme bzw. Programmteile für das streitige System TCM 2001 offenzulegen, soweit eine Übereinstimmung der Dateilänge bereits festgestellt worden ist.
Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Klage auch mit dem Hilfsantrag abgewiesen (OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 289 = ZUM 2001, 519 = CR 2001, 434).
Der Senat hat die Revision der Klägerin nur hinsichtlich des Hilfsantrags angenommen. Die Klägerin verfolgt dementsprechend diesen Hilfsantrag mit ihrer Revision weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision auch hinsichtlich des angenommenen Teils zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Hardware einen Urheberrechtsschutz ausgeschlossen, weil es sich bei der Zusammenstellung, dem Aufbau und der Dimensionierung der Bauteile der Faxkarte nicht um ein Werk im Sinne des § 2 UrhG handele. Dagegen sei die Software einem Urheberrechtsschutz zugäng-
lich. Die Klägerin habe jedoch nicht zu beweisen vermocht, daû die im Produkt der Beklagten enthaltene Software auf urheberrechtlich geschützten Teilen des Programms der Klägerin beruhe. Der Sachverständige habe lediglich feststellen können , daû Datensatzlänge und Aufbau der Monitor-Software der Beklagten mit denen der Klägerin übereinstimmten. Daû er keine konkreteren Feststellungen zur Teilidentität der Programme getroffen habe, rüge die Klägerin ohne Erfolg. Es sei an ihr, die Identität von Programmteilen der Software beider Parteien und die Schutzfähigkeit der übernommenen Programmteile konkret darzulegen. Es sei nicht Aufgabe der Beweisaufnahme, von der Klägerin angestellte Vermutungen zu verifizieren und auf diese Weise eine Ausforschung zu ermöglichen. Auf Übereinstimmungen der Benutzeroberfläche komme es nicht an, weil die Benutzeroberfläche als solche am urheberrechtlichen Softwareschutz nicht partizipiere. Die in beiden Programmen vorhandene Datei ¹EQUALIZE.INª enthalte im wesentlichen bloûe Ja/Nein-Schaltungen; eine urheberrechtlich relevante, den Bereich des Banalen überschreitende Leistung sei dem nicht zu entnehmen.
Ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch scheide u.a. deshalb aus, weil keine vermeidbare Herkunftstäuschung vorliege.
Was den hilfsweise geltend gemachten Antrag auf Offenlegung des Quellcodes der Beklagten angehe, komme allenfalls ein Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB in Betracht, der grundsätzlich auch bei der Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche Anwendung finde. Zwar setze der Besichtigungsanspruch lediglich einen gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung voraus, gewähre aber allenfalls eine Möglichkeit, die Sache selbst, also hier die Faxkarte mit Software in Augenschein zu nehmen, die die Klägerin schon kenne. Selbst wenn man den Besichtigungsanspruch auf den dahinterstehenden Quellcode ausdehnen würde, seien strenge Anforderungen an die Darlegung einer
möglichen Rechtsverletzung zu stellen. Die festgestellten Übereinstimmungen reichten hierfür nicht aus.
II. Die Angriffe der Revision haben in dem Umfang Erfolg, in dem der Senat die Revision angenommen hat, also insoweit, als die Klage auch mit dem auf Offenlegung des Quellcodes gerichteten Hilfsantrag abgewiesen worden ist. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Klägerin hat die Bedingung, unter der der Hilfsantrag zum Zuge kommen soll, nicht ausdrücklich genannt. Den Umständen ist jedoch zu entnehmen , daû sie diesen Antrag für den Fall gestellt hat, daû sie mit dem Hauptantrag nicht durchdringt. Das erscheint zwar insofern nicht selbstverständlich, als die Klägerin mit dem Hilfsantrag das Ziel verfolgt, eine Rechtsverletzung der Beklagten darzutun, und dieses Ziel sinnvollerweise der Verletzungsklage nicht nach-, sondern vorgeschaltet sein sollte. Indessen kommt eine andere Bedingung, unter der über den Hilfsantrag entschieden werden sollte, im Streitfall nicht in Betracht. Insbesondere kann nicht angenommen werden, der Hilfsantrag solle ± noch vor Entscheidung über den Hauptantrag ± unter der Bedingung zum Zuge kommen, daû das Gericht die Rechtsverletzung nicht als erwiesen erachtet. Denn ein solches Vorgehen widerspräche dem Grundsatz, daû über den Hilfsantrag nicht entschieden werden darf, bevor der Hauptantrag nicht abgewiesen oder sonst erledigt ist (BGH, Urt. v. 20.1.1989 ± V ZR 137/87, NJW-RR 1989, 650; G. Lüke in MünchKomm.ZPO, 2. Aufl., § 300 Rdn. 4, § 308 Rdn. 15; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 301 Rdn. 8).
2. Der Hilfsantrag ist auch im übrigen zulässig.

a) Mit Recht hat das Berufungsgericht für den Hilfsantrag als mögliche Anspruchsgrundlage § 809 BGB herangezogen. Das dort geregelte Besichtigungs-
recht setzt ein Interesse des Anspruchstellers voraus, sich Gewiûheit darüber zu verschaffen, ob in Ansehung der zu besichtigenden Sache ein Anspruch besteht. Ist dieser (Haupt-)Anspruch nicht mehr durchsetzbar, entfällt mangels eines Interesses auch der Besichtigungsanspruch (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 809 Rdn. 6; vgl. ferner BGH, Urt. v. 3.10.1984 ± IVa ZR 56/83, NJW 1985, 384, 385 zu § 2314 BGB). Da sich daher bei der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 809 BGB das Rechtsschutzbedürfnis mit einem Tatbestandsmerkmal deckt, ist dieses Interesse allein im Rahmen der Begründetheit des Anspruchs zu prüfen (dazu unten unter II.3.b).

b) Der Hilfsantrag ist auch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Zwar läût sich der bestimmte Inhalt nicht dem Wortlaut des Antrags entnehmen, der auf Offenlegung der Programme oder Programmteile gerichtet ist, ¹soweit eine Übereinstimmung der Dateilänge bereits festgestellt worden istª. Zur Auslegung des Antrags kann indessen das Klagevorbringen herangezogen werden, aus dem sich im Streitfall mit hinreichender Klarheit ergibt, auf welche Programme und Programmteile der Antrag Bezug nimmt. Sie können dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten H. entnommen werden, das in zwei Anlagen (¹Identische Blökke in den Programmen ‚WSR.Exe’ und ‚TCMWatch.Exe’ª und ¹Identische Blöcke in den Programmen ‚WSRPM.Exe’ und ‚TCMWatch.Exe’ª) 402 als ¹identisch festgestellteª Programmblöcke benennt. Auf diese Listen, in denen 402 einzelne Programmblöcke mit näheren Angaben dazu aufgeführt sind, wo sie sich innerhalb der beiden Programme befinden, kann zur Konkretisierung des nach seinem Wortlaut unbestimmten Antrags zurückgegriffen werden.
3. Nach den getroffenen Feststellungen kann der Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB im Streitfall nicht verneint werden.

a) Der Anspruch nach § 809 BGB steht grundsätzlich auch dem Urheber oder dem aus Urheberrecht Berechtigten zu, wenn er sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung ± beispielsweise durch Vervielfältigung ± des geschützten Werks hergestellt worden ist (vgl. RGZ 69, 401, 405 f. ± Nietzsche -Briefe). Auch derjenige, dessen Leistung wettbewerbsrechtlich gegen Nachahmung geschützt ist, kann sich auf diesen Anspruch berufen. Insoweit gilt nichts anderes als für den Patentinhaber, für den der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit des § 809 BGB bejaht hat (BGHZ 93, 191, 198 ff. ± Druckbalken, m.w.N. auch zum Urheberrecht; Schricker/Wild, Urheberrecht, 2. Aufl., § 97 UrhG Rdn. 90a m.w.N.).

b) Die Klägerin hat ein Interesse daran, den Quellcode des Programms der Beklagten untersuchen zu können, auch wenn der auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Hauptantrag bereits rechtskräftig abgewiesen worden ist. Denn neben einem Schadensersatzanspruch kommt im Streitfall auch ein Unterlassungsanspruch in Betracht. Das Bestehen oder Nichtbestehen dieses Anspruchs wird nicht dadurch präjudiziert, daû die Schadensersatzklage mangels Erweislichkeit der Verletzung rechtskräftig abgewiesen worden ist (vgl. RGZ 49, 33, 36; 160, 163, 165 f.; RG GRUR 1938, 778, 781; BGHZ 42, 340, 353 f. ± Gliedermaûstäbe ; Köhler in Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., vor § 13 Rdn. 359; Ahrens in Pastor /Ahrens, Der Wettbewerbsprozeû, 4. Aufl., Kap. 40 Rdn. 127 ff., 145 ff.; Musielak in Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 322 Rdn. 27; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 51 Rdn. 50 m.w.N.; zur Gegenansicht tendierend dagegen Teplitzky, GRUR 1998, 320, 323 f. und nunmehr ders., Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 30 Rdn. 2; a.A. Zeuner, Die objektiven Grenzen der Rechtskraft im Rahmen rechtlicher Sinnzusammenhänge [1959], S. 59 ff.; ders., JuS 1966, 147, 149 f.; Jacobs in Groûkomm.UWG, vor § 13 Rdn. D 435; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. Rdn. 484).
Auch wenn in der Regel für die Begründung des Unterlassungsanspruchs auf eine in der Vergangenheit liegende Verletzungshandlung zurückgegriffen wird, betreffen doch beide Ansprüche unterschiedliche Handlungen: Der Schadensersatzanspruch stützt sich allein auf die geschehene Verletzungshandlung, während es beim Unterlassungsanspruch allein um in der Zukunft liegende Verletzungshandlungen geht. Gegen eine Erstreckung der Rechtskraft des einen auf Elemente des anderen Anspruchs spricht auch, daû die verschiedenen Rechtsschutzziele auf seiten des Beklagten ein unterschiedliches Prozeûverhalten nahelegen können: Während ihm an der Verneinung des einen Anspruchs wenig gelegen sein mag, kann er ± worauf treffend Henckel hinweist (Prozeûrecht und materielles Recht, 1970, S. 175) ± an der Verteidigung gegenüber dem anderen Anspruch in hohem Maûe interessiert sein.

c) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB betreffe nur die Sache selbst, hier also die Faxkarte mit ihrer Software, die die Klägerin schon kenne, nicht dagegen den hinter der Software stehenden Quellcode. Dem kann nicht beigetreten werden.
§ 809 BGB setzt voraus, daû die Klägerin sich Gewiûheit verschaffen möchte , ob ihr ein Anspruch in Ansehung der zu besichtigenden Sache zusteht. Mit dieser Formulierung bringt das Gesetz zum Ausdruck, daû der Besichtigungsanspruch nicht nur dann besteht, wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf die Sache selbst erstreckt, sondern auch dann, wenn das Bestehen des Anspruchs in irgendeiner Weise von der Existenz oder Beschaffenheit der Sache abhängt (vgl. BGHZ 93, 191, 198 ± Druckbalken; Staudinger/Marburger, BGB [1997], § 809 Rdn. 5; Hüffer in MünchKomm.BGB, 3. Aufl., § 809 Rdn. 4; Bork, NJW 1997, 1665, 1668). Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Denn im Falle einer urheberrechtsverletzenden Vervielfältigung oder einer wettbewerbswidrigen Übernahme ist der Quellcode das erste Vervielfältigungsstück, von dem sodann nach
Übertragung des Programms in den Maschinencode weitere Kopien erstellt werden. Für die Annahme des Berufungsgerichts, der Besichtigungsanspruch könne sich nicht auf den Quellcode beziehen, gibt es daher keine Grundlage.

d) Ferner hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die zum Patentrecht ergangene Druckbalken-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 93, 191) darauf abgestellt, daû an die Darlegung einer möglichen Rechtsverletzung strenge Anforderungen zu stellen sind. Im Streitfall reichten die Umstände nicht aus, um von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung auszugehen. Auch in diesem Punkt hat das Berufungsgericht zu strenge Anforderungen an das Vorliegen des Besichtigungsanspruchs gestellt.
aa) Bereits dem Wortlaut des Gesetzes ist zu entnehmen, daû der Anspruch aus § 809 BGB gerade auch demjenigen zusteht, der sich mit Hilfe der Besichtigung erst Gewiûheit über das Vorliegen eines Anspruchs verschaffen möchte. Der Besichtigungsanspruch besteht also ± ¹durch Billigkeitsrücksichten gebotenª (Mot. II 891) ± gerade auch in Fällen, in denen ungewiû ist, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorliegt (RGZ 69, 401, 405 f. ± Nietzsche-Briefe; BGHZ 93, 191, 203 f. ± Druckbalken). Dem kann nicht entgegengehalten werden, eine solche Regelung verstoûe gegen das zivilprozessuale Verbot des Ausforschungsbeweises und lasse damit den Grundsatz auûer acht, wonach niemand verpflichtet sei, ¹seinem Gegner die Waffen in die Hand zu gebenª (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann , ZPO, 60. Aufl., Einf. § 284 Rdn. 29; BGH, Urt. v. 26.6.1958 ± II ZR 66/57, NJW 1958, 1491, 1492; Urt. v. 11.6.1990 ± II ZR 159/89, NJW 1990, 3151). Denn dieser ohnehin durch prozessuale Darlegungspflichten eingeschränkte Grundsatz besagt nichts darüber, daû und in welchem Umfang das materielle Recht Auskunfts - und andere Hilfsansprüche kennt, die dem Gläubiger die Geltendmachung weiterer Ansprüche erst ermöglichen sollen (vgl. BGH NJW 1990, 3151).
Für die Durchsetzung der Immaterialgüterrechte sieht im übrigen Art. 43 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) ausdrücklich vor, daû das Gericht dem Gegner einer in Beweisnot befindlichen Partei die Beibringung von Beweismitteln auferlegen kann, die sich in seinem Besitz befinden. Hierfür müssen nach Art. 50 des TRIPS-Übereinkommens auch einstweilige Maûnahmen vorgesehen werden (vgl. Dreier, GRUR Int. 1996, 205, 211 f.). Zwar sind die Vorschriften des dritten Teils des Übereinkommens, der die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums betrifft (Art. 41 bis 61), nicht ohne weiteres unmittelbar anwendbar (vgl. Denkschrift , BT-Drucks. 12/7655 (neu), S. 347); der Gesetzgeber ging jedoch bei der Ratifizierung des Übereinkommens davon aus, daû das deutsche Recht mit den neuen Anforderungen voll in Einklang stehe (Denkschrift aaO). Die fraglichen Bestimmungen sind deswegen in einer Weise auszulegen, daû mit ihrer Hilfe den Anforderungen des TRIPS-Übereinkommens Genüge getan wird. Hierzu zählt auch der Besichtigungsanspruch des § 809 BGB, der als ein die Rechtsdurchsetzung vorbereitender Anspruch im deutschen Recht Funktionen zu erfüllen hat, die in anderen Rechtsordnungen durch entsprechende prozessuale Rechtsinstitute erfüllt werden (vgl. Dreier, GRUR Int. 1996, 205, 217; Schäfers, GRUR Int. 1996, 763, 776; Fritze, GRUR Int. 1997, 143, 147 f.; U. Krieger, GRUR Int. 1997, 421, 426; Bork, NJW 1997, 1665; Mes, GRUR 2000, 934, 940; König, Mitt. 2002, 153, 155 ff.).
bb) Andererseits können derartige Hilfsansprüche nicht wahllos gegenüber Dritten geltend gemacht werden, die eine Sache im Besitz haben, hinsichtlich deren nur eine entfernte Möglichkeit einer Rechtsverletzung besteht. Vielmehr muû ± insofern gilt nichts anderes als bei anderen Hilfsansprüchen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 ± I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 911 = WRP 2000, 1258 ± Filialleiterfehler ) ± auch bei § 809 BGB bereits ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit
vorliegen (BGHZ 93, 191, 205 ± Druckbalken; Staudinger/Marburger aaO § 809 Rdn. 6; Bork, NJW 1997, 1665, 1668).
cc) Im Hinblick auf ein besonderes Geheimhaltungsinteresse bei technischen Vorrichtungen kann der Besichtigungsanspruch in Patentverletzungsfällen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem erheblichen Grad an Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung abhängen (BGHZ 93, 191, 207 ± Druckbalken). Diese Anforderungen können ± ungeachtet der Frage, ob an ihnen festzuhalten ist ± auf Fälle der Verletzung anderer Schutzrechte nicht ohne weiteres übertragen werden.
Die Vorschrift des § 809 BGB beruht auf einer Interessenabwägung (BGHZ 93, 191, 211 ± Druckbalken). Sie möchte einerseits dem Gläubiger ein Mittel an die Hand geben, um den Beweis der Rechtsverletzung auch in den Fällen führen zu können, in denen auf andere Weise ein solcher Beweis nur schwer oder gar nicht erbracht werden könnte, in denen also die Vorlage ¹zur Verwirklichung des Anspruches mehr oder weniger unentbehrlich istª (Mot. II 891). Andererseits soll vermieden werden, daû der Besichtigungsanspruch zu einer Ausspähung insbesondere auch solcher Informationen miûbraucht wird, die der Verpflichtete aus schutzwürdigen Gründen geheimhalten möchte, und der Gläubiger sich über sein berechtigtes Anliegen hinaus wertvolle Kenntnisse verschafft (BGHZ 93, 191, 206 ± Druckbalken; vgl. auch Mot. II 890). Im Hinblick auf diese widerstreitenden Interessen kann nicht durchweg ein erheblicher Grad an Wahrscheinlichkeit verlangt werden. Denn der Grad der Wahrscheinlichkeit der Schutzrechtsverletzung stellt nur einen im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Punkt dar. Daneben ist vor allem darauf abzustellen, ob für den Gläubiger noch andere zumutbare Möglichkeiten bestehen, die Rechtsverletzung zu beweisen. Weiter ist zu berücksichtigen, ob bei Gewährung des Besichtigungsrechts notwendig berechtigte Geheimhaltungsinteressen des Schuldners beeinträchtigt werden oder ob
diese Beeinträchtigungen durch die Einschaltung eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten weitgehend ausgeräumt werden können (vgl. dazu Leppin, GRUR 1984, 552, 560 f.; Stürner, JZ 1985, 453, 456; Stürner/Stadler, JZ 1985, 1101, 1104; Brandi-Dohrn, CR 1987, 835, 837 f.; Kröger/Bausch, GRUR 1997, 321, 324; Bork, NJW 1997, 1665, 1669 f.; Benkard/Rogge, Patentgesetz, 9. Aufl., § 139 Rdn. 117; Keukenschrijver in Busse, PatG, 5. Aufl., § 140b Rdn. 80; Staudinger /Marburger aaO § 809 Rdn. 8). Generell ist dafür Sorge zu tragen, daû die aus der Besichtigung gewonnenen Erkenntnisse nur zu dem vorgesehenen Zweck eingesetzt werden (vgl. RGZ 69, 401, 406 ± Nietzsche-Briefe).
Ist der Gläubiger aber auf die Besichtigung angewiesen, um eine unterstellte Verletzung nachweisen zu können, und stehen besondere (Geheimhaltungs-)Interessen ± sei es generell oder sei es wegen der Einschaltung eines Dritten ± der Besichtigung nicht entgegen, kann nicht generell ein erheblicher Grad der Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung verlangt werden. Dabei kann im Streitfall offenbleiben, ob eine solche auf eine Interessenabwägung im Einzelfall abstellende Betrachtungsweise auch für Fälle einer zu beweisenden Patentverletzung angezeigt wäre.
dd) Bei Zugrundelegung dieser Maûstäbe läût sich nach den im Streitfall bisher getroffenen Feststellungen der Besichtigungsanspruch nicht verneinen. Die Klägerin ist auf den Quellcode angewiesen, um sich Kenntnis darüber zu verschaffen , ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die ihr zustehenden Rechte verletzt worden sind. Denn lediglich anhand des Quellcodes sind Übereinstimmungen einzelner Programmteile zuverlässig zu ermitteln. Stehen einer Besichtigung durch die Klägerin oder ihre Mitarbeiter berechtigte Geheimhaltungsinteressen entgegen, kann ± wie es die Klägerin bei Stellung des Hilfsantrags bereits angeboten hat ± sachverständige Hilfe in Anspruch genommen werden. Unter diesen Umständen kann kein erheblicher Grad an Wahrscheinlichkeit der Rechtsverlet-
zung verlangt werden. Vielmehr reicht der aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen begründete Verdacht einer Verletzung verbunden mit der Möglichkeit, daû das Programm der Klägerin über den früher bei ihr und inzwischen bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter zur Beklagten gelangt ist, aus, um eine im vorliegenden Fall ausreichende Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung zu begründen. Ist eine Wahrscheinlichkeit begründet, erstreckt sich der Besichtigungsanspruch auf das gesamte Programm; er ist nicht auf die Programmteile beschränkt , hinsichtlich deren von vornherein Übereinstimmungen feststanden.

e) Für das Patentrecht hat der Bundesgerichtshof den Besichtigungsanspruch nicht zuletzt wegen des besonderen Geheimhaltungsinteresses darüber hinaus dadurch begrenzt, daû dem Besichtigenden generell Substanzeingriffe wie der Ein- und Ausbau von Teilen sowie eine Inbetriebnahme, unter Umständen auch eine Auûerbetriebsetzung versagt sind (BGHZ 93, 191, 209 ± Druckbalken).
Diese generelle Beschränkung des Besichtigungsanspruchs ist im Schrifttum fast einhellig kritisiert worden (Stürner/Stadler, JZ 1985, 1101, 1102 f.; Stauder, GRUR 1985, 518 f.; Meyer-Dulheuer, GRUR Int. 1987, 14, 16; Marshall in Festschrift für Preu, 1988, S. 151, 159 f.; Götting, GRUR Int. 1988, 729, 739; Kröger /Bausch, GRUR 1997, 321, 323; König, Mitt. 2002, 153, 162 f.). Ob sie ± wie Rogge (Benkard/Rogge aaO § 139 Rdn. 117) und Keukenschrijver (Busse aaO § 140b Rdn. 79) andeuten ± auch für Patentverletzungsfälle überdacht werden sollte, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist für den hier in Rede stehenden Bereich des Urheber- und des Wettbewerbsrechts eine entsprechende Begrenzung des Besichtigungsanspruchs nicht angezeigt. Wie bereits dargelegt, bezieht sich dieser Anspruch auf die Sache, hinsichtlich deren der mögliche Anspruch besteht. Dabei ist zunächst einmal ohne Bedeutung, ob diese Sache mit anderen Gegenständen verbunden ist und zur Besichtigung erst ausgebaut werden muû. Ebensowenig spielt es zunächst eine Rolle, ob es ± um über
eine mögliche Rechtsverletzung Gewiûheit zu erlangen ± angezeigt ist, die zu besichtigende Sache auseinanderzunehmen oder ± etwa durch Entnahme einer Probe ± näher zu untersuchen. Vielmehr sind die Befugnisse des Gläubigers oder des zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in der Weise zu begrenzen, daû durch einen derartigen Eingriff das Integritätsinteresse des Schuldners nicht unzumutbar beeinträchtigt werden darf: Die realistische Gefahr einer Beschädigung seiner Sache wird der Schuldner nicht ohne weiteres hinnehmen müssen. Andererseits wird eine solche ernsthafte Gefahr in vielen Fällen nicht bestehen. Auch ist zu berücksichtigen, daû der Gläubiger ± sollte die Sache beschädigt werden ± Ersatz leisten muû und daû Vorlage und Besichtigung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden können (§ 811 Abs. 2 BGB).
Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daû der in Rede stehende Quellcode durch Vorlage und Besichtigung in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden könnte.
4. Eine Anrufung des Groûen Senats für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 GVG ist nicht geboten. Denn die in der Druckbalken-Entscheidung aufgestellten Grundsätze betreffen den Fall der Patentverletzung, während im Streitfall eine Urheberrechtsverletzung und ein möglicher Wettbewerbsverstoû in Rede stehen. Allerdings ist einzuräumen, daû die zwischen den Schutzrechten bestehenden Unterschiede keine unterschiedlichen Anforderungen an die Voraussetzungen des Besichtigungsanspruchs nahelegen. Der X. Zivilsenat hat jedoch auf Anfrage mitgeteilt , daû er auch im Hinblick auf eine mögliche Verallgemeinerung der hier aufgestellten Grundsätze eine Anrufung des Groûen Senats nicht für notwendig hält.
III. Die Abweisung der Klage mit dem Hilfsantrag kann danach keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist. Denn dem Senat ist eine abschlieûende Entscheidung über den Hilfsantrag verwehrt. Wie sich aus dem oben Gesagten ergibt, kann die Klägerin nicht ohne weiteres beanspruchen, daû die fraglichen Programme oder Programmteile zu ihrer Kenntnis offengelegt werden. Vielmehr ist auf ein mögliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten Rücksicht zu nehmen, das im Zweifel dazu führen wird, daû die Offenlegung lediglich gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten sachkundigen Dritten erfolgt, der sodann darüber Auskunft geben kann, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die offengelegten Programmteile mit den entsprechenden Teilen des Programms der Klägerin übereinstimmen. Von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig hatte das Berufungsgericht bislang keine Veranlassung , diese Frage mit den Parteien zu erörtern. Dies wird nachzuholen sein.
Dabei wird es sich empfehlen, daû die Klägerin ihren Antrag in der Weise konkretisiert , daû sich bereits aus seinem Wortlaut ein bestimmter Inhalt ergibt. Die Beklagte wird im übrigen Gelegenheit haben, Näheres zu einem möglichen Geheimhaltungsinteresse darzulegen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 270/01 Verkündet am:
3. Juli 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Über einen Hilfsantrag ist regelmäßig auch zu entscheiden, wenn der Kläger
den Hauptantrag für erledigt erklärt und es daraufhin zu keiner Entscheidung im
Sinne des Hauptbegehrens kommt.
BGH, Urt. v. 3. Juli 2003 - I ZR 270/01 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 20. Mai 2003 Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. August 2001 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I, 1. Kammer für Handelssachen, vom 29. Dezember 2000 geändert.
Die Klage wird, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht hinsichtlich des in erster Instanz gestellten Klageantrags zu I und des in der Revisionsinstanz verfolgten Antrags zu 1 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, abgewiesen.
Die Kosten erster Instanz fallen der Klägerin zu 22/100 und der Beklagten zu 78/100 zur Last. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 56/100 und die Beklagte 44/100. Die Kosten der Revision werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte vertreibt im Versandwege Bücherreihen zum Sammeln. Der Kunde erhält zunächst auf Anforderung eine von der Beklagten als "Willkommenspaket" bezeichnete Lieferung und in der Folgezeit im Abstand von ungefähr drei Wochen Ergänzungslieferungen zugesandt, die er binnen zehn bis 14 Tagen auf seine Kosten zurückschicken kann. Erfolgt keine Rücksendung, muß der Kunde die Sendung bezahlen. Schickt der Kunde zwei aufeinanderfolgende Sendungen zurück oder kündigt er, erhält er von der Beklagten keine Lieferung mehr.
Die Klägerin ist die Verbraucherzentrale B. . Sie hält das Vorgehen der Beklagten wegen fehlender Belehrung über ein dem Kunden zustehendes Widerrufsrecht für wettbewerbswidrig.
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt,
I. ... II. der Beklagten zu untersagen, Bestellungen zum fortlaufenden Bezug einer Ware entgegenzunehmen, beispielsweise der Sammlung "A. ", ohne den Kunden in einer gesondert zu unterzeichnen- den, drucktechnisch hervorgehobenen und ihm auszuhändigenden Belehrung auf das ihm nach dem Verbraucherkreditgesetz zustehende Widerrufsrecht hinzuweisen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, es werde über jede einzelne Lieferung ein Vertragsverhältnis begründet. Mangels
Sukzessivlieferungsvertrags sei sie zu einer Belehrung nach dem Verbraucherkreditgesetz nicht verpflichtet.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zusätzlich hilfsweise beantragt,
der Beklagten zu untersagen, Bestellungen zum fortlaufenden Bezug einer Ware entgegenzunehmen, beispielsweise der Sammlung "A. ", ohne den Kunden schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger über sein Widerrufsrecht nach § 3 Fernabsatzgesetz und § 361a BGB zu belehren, ausgenommen die Fälle, in denen dem Empfänger ein Rückgaberecht gemäß § 361b BGB eingeräumt wird.
Das Berufungsgericht hat die gegen die Verurteilung nach dem in erster Instanz gestellten Unterlassungsantrag zu II gerichtete Berufung zurückgewiesen (OLG München NJW-RR 2002, 399).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Die Klägerin beantragt , die Revision zurückzuweisen. Sie hat ihre Anträge im Hinblick auf die am 1. Januar 2002 aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) in Kraft getretenen Bestimmungen neu gefaßt und beantragt,
1. der Beklagten zu untersagen, Bestellungen zum fortlaufenden Bezug einer Ware entgegenzunehmen, beispielsweise der Sammlung "A. ", ohne den Kunden in einer gesondert zu unterzeichnenden, drucktechnisch hervorgehobenen und ihm auszuhändigenden Belehrung auf das ihm nach den §§ 505, 355 BGB n.F. zustehende Widerrufsrecht hinzuweisen,
2. hilfsweise:
der Beklagten zu untersagen, Bestellungen zum fortlaufenden Bezug einer Ware entgegenzunehmen, beispielsweise der Sammlung "A. ", ohne den Kunden schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträ- ger über sein Widerrufsrecht nach § 312d BGB n.F. i.V.m. § 355 BGB n.F. zu belehren, ausgenommen die Fälle, in denen dem Empfänger ein Rückgaberecht gemäß § 356 BGB n.F. eingeräumt wird.
Den Klageantrag zu 1 haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Den Hilfsantrag zu 2 verfolgt die Klägerin dagegen weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage nach dem in der Berufungsinstanz gestellten Hauptantrag aus § 1 UWG i.V. mit § 7 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG, § 361a BGB a.F. für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Verträge, die die Beklagte mit ihren Kunden schließe, verpflichteten diese zum fortlaufenden Bezug von Waren. Auf das Vertragsverhältnis seien die Bestimmungen des Fernabsatzgesetzes sowie nach § 2 Nr. 2 VerbrKrG die Vorschrift des § 7 VerbrKrG entsprechend anwendbar. Die Bestimmungen über die Widerrufsbelehrung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FernAbsG und § 7 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG jeweils i.V. mit § 361a und b BGB a.F. unterschieden sich inhaltlich und seien deshalb nebeneinander anwendbar. Die Beklagte habe die Kunden nicht über ein Widerrufsrecht belehrt und keine deutlich gestaltete Belehrung über ein Rückgaberecht vorgesehen.

II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt hinsichtlich des noch im Streit befindlichen in der Revisionsinstanz weiterverfolgten Hilfsantrags zur Abweisung der Klage.
1. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in bezug auf den in der Revisionsinstanz gestellten Hauptantrag übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über den von der Klägerin hilfsweise gestellten Unterlassungsantrag zu 2 zu befinden. Der von der Klägerin für den Fall, daß sie mit dem Hauptantrag zu 1 nicht durchdringt, gestellte Hilfsantrag zu 2 ist nicht deshalb hinfällig geworden, weil die Klägerin mit dem Hauptantrag nicht gescheitert ist, sondern ihn für erledigt erklärt hat. Stellt der Kläger, wie vorliegend, einen (echten) Hilfsantrag unter der Bedingung, daß der Hauptantrag unzulässig oder unbegründet ist, darf über den Hilfsantrag erst entschieden werden, wenn der Hauptantrag abgewiesen ist oder sich anderweitig erledigt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.1989 - V ZR 137/87, NJW-RR 1989, 650, 651; Urt. v. 11.7.1996 - IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3150; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 260 Rdn. 17; vgl. auch: Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 260 Rdn. 22). Dabei ist das Eventualverhältnis aber nicht darauf beschränkt, daß der Hauptantrag wegen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit abgewiesen wird. Einer Abweisung des Hauptantrags als unzulässig oder unbegründet steht der Fall gleich, daß es wegen einer Erledigungserklärung zu keiner Entscheidung über den Hauptantrag kommt. In einem derartigen Fall trägt der Kläger durch Abgabe der Erledigungserklärung nur dem Umstand Rechnung, daß der aus seiner Sicht ursprünglich zulässige und begründete Hauptantrag nachträglich gegenstandslos geworden ist. Ansonsten bliebe dem Kläger, wenn er, wie im Streitfall, nach wie vor eine Entscheidung über den Hilfsantrag begehrt, nur die Möglichkeit, trotz Erledigung des in erster Linie geltend gemachten Hauptantrags diesen Antrag
weiterzuverfolgen und eine Abweisung des Hauptantrags hinzunehmen. Es be- steht aber keine Veranlassung, dem Kläger im Falle einer Erledigung des Hauptantrags die Möglichkeit der Erledigungserklärung zu versagen, wenn er eine Entscheidung über den Hilfsantrag erreichen möchte.
2. Der mit dem Hilfsantrag verfolgte Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG wegen eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht nach §§ 312d, 355, 356 BGB besteht jedoch nicht. Es fehlt an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr. Zum Zeitpunkt der beanstandeten Verletzungshandlungen im Frühjahr 1999 und Mai 2000 galt die Bestimmung des § 312d BGB noch nicht, die erst durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eingeführt worden ist. Auch die Vorschrift des § 3 FernAbsG, die in der Zeit vom 30. Juni 2000 bis 31. Dezember 2001 gegolten hat und an deren Stelle § 312d BGB getreten ist, war zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Verletzungshandlungen noch nicht in Kraft. Ein auf eine Erstbegehungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch besteht jedoch nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der näher bezeichneten Weise verhalten. Dazu reicht allein, daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert , zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, nicht aus, eine Erstbegehungsgefahr zu begründen, wenn nicht den Erklärungen die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft auch in der beanstandeten Weise zu verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe; Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 290/00, Umdr. S. 12 - Abonnementvertrag). Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte die seit dem 1. Januar 2002 bestehende Belehrungspflicht nach § 312d BGB nicht erfüllt, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 91a, § 92 Abs. 1 ZPO.
Im Hinblick auf die übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen ist nach § 91a ZPO zu entscheiden, von wem die auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallenden Kosten des Rechtsstreits zu tragen sind. In bezug auf den in erster und zweiter Instanz verfolgten Klageantrag zu I, den die Parteien in der Berufungsinstanz bereits übereinstimmend für erledigt erklärt haben, bleibt es bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts, nach der die auf diesen Antrag entfallenden Kosten des Rechtsstreits von der Beklagten zu tragen sind.
Die auf den Klageantrag zu II entfallenden Kosten hat die Klägerin mit Ausnahme derjenigen Kosten zu tragen, die bis zur Antragstellung in der ersten mündlichen Verhandlung entstanden sind.
Der mit dem Klageantrag zu II verfolgte Unterlassungsanspruch bestand nach Klageerhebung (20. September 2000) bis zum 30. September 2000. Er entfiel jedoch aufgrund der Änderung des Verbraucherkreditgesetzes zum 1. Oktober 2000.
Der Verkehr versteht die Angaben der Beklagten als ein Angebot zu einem fortlaufenden Warenbezug. Anders als die Revision meint, kommt der Vertrag nicht jeweils über die einzelne Lieferung mit Ablauf der 14-tägigen Rückgabefrist zustande. Denn die Beklagte geht in ihren Unterlagen selbst von einem 14-tägigen Widerrufsrecht aus. Eines Widerrufs bedarf es nur, wenn vorher schon eine Verpflichtung der Kunden zum fortlaufenden Bezug zustande gekommen ist. Nach der bis zum 30. September 2000 geltenden Rechtslage
bestand danach eine Verpflichtung der Beklagten zur Widerrufsbelehrung nach § 2 Nr. 2, § 7 VerbrKrG a.F.
In der Zeit vom 1. Oktober 2000 bis 31. Dezember 2001 sah § 8 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG n.F. einen Vorrang des Widerrufsrechts nach dem Fernabsatzgesetz für finanzierte Fernabsatzverträge vor, es sei denn, dem Verbraucher stand aufgrund des Fernabsatzgesetzes kein Widerrufsrecht und kein Rückgaberecht zu, § 8 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG n.F. Da § 2 VerbrKrG n.F. auch § 8 VerbrKrG n.F. für anwendbar erklärte, kam die Bestimmung des § 8 Abs. 2 VerbrKrG n.F. für die in § 2 VerbrKrG n.F. angeführten Verträge zur Anwendung , ohne daß es sich um finanzierte Verträge handeln mußte. Danach waren im Streitfall in der Zeit vom 1. Oktober 2000 bis 31. Dezember 2001 die Bestimmungen über das Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzgesetz einschlägig und nicht die Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes.
Für die Zeit ab 1. Januar 2002 sieht § 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB vor, über das der Verbraucher zu belehren ist. Im Streitfall ist die Anwendung des § 505 Abs. 1 Satz 1 BGB nach § 505 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i.V. mit § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, weil bis zum frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt das Verpflichtungsvolumen von 200 nicht überschritten wurde. Nach dem zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalt betrug der Preis des Startpakets 9,95 DM zuzüglich 4,90 DM Porto und Verpackung und der Folgelieferungen zwischen 12,95 DM und 42,70 DM oder 48,65 DM.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert