Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2006 - 4 StR 355/06

bei uns veröffentlicht am07.12.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 355/06
vom
7. Dezember 2006
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Dezember
2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 21. März 2006 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf Kraftfahrer und mit Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt.
2
1. Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision nur gegen den Strafausspruch bezüglich der Tat vom 5. September 2005 sowie gegen den Gesamtstrafenausspruch. Dies ergibt sich sowohl aus der Revisionsbegründung als auch aus dem gestellten Antrag, mit dem die Anwendung der in § 250 Abs. 3 StGB und § 316 a Abs. 2 StGB für minder schwere Fälle vorgesehenen Strafrahmen und die Verhängung einer weit unter fünf Jahren liegenden Freiheitsstrafe begehrt wird. Die vorgenommene Beschränkung ist wirksam. Besondere Gründe, die ausnahmsweise zu einer Unwirksamkeit der Revisionsbeschränkung führen können (vgl. BGHSt 29, 359, 364 f.; 33, 59; BGH NStZ 1996, 352 m.w.N.; Ruß in KK 5. Aufl. § 318 Rdn. 71), liegen nicht vor, da die Feststellungen zum Schuldspruch eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden.
3
Im Übrigen wäre, entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift, auch die Verurteilung wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer (§ 316 a Abs. 1 StGB) aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Allerdings würde es für die Verwirklichung des Tatbestandes nicht ausreichen, wenn der Angriff auf das Tatopfer erst zu einem Zeitpunkt erfolgt wäre, als dieses nicht mehr Führer des Kraftfahrzeugs war (vgl. BGHSt 49, 8 f.; BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Straßenverkehr 18). Nach den insoweit getroffenen Feststellungen erfolgte der Angriff auf den Führer des Autokrans aber bereits während der Fahrt.
4
2. Der angefochtene Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
5
Das sachverständig beratene Landgericht hat hinsichtlich der Tat vom 5. September 2005 die Voraussetzungen des § 21 StGB rechtsfehlerfrei verneint. Dabei hat es insbesondere berücksichtigt, dass sich der Angeklagte hier - anders als bei der einige Tage zuvor zum Nachteil des Nebenklägers begangenen Körperverletzung - nicht in einer unerwarteten Konfliktsituation befand, sondern dass er die Tat tagelang geplant hatte.
6
Auch die vom Revisionsführer beanstandete Versagung der in § 316 a Abs. 2 StGB und § 250 Abs. 3 StGB für minder schwere Fälle vorgesehenen Strafrahmen weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Entscheidend für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung der Ausnahmestrafrahmen geboten erscheint. Für die Prüfung dieser Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen (vgl. BGHSt 26, 97, 98; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall Gesamtwürdigung, fehlerfreie 1). Diese Gesamtbewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters. Seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar. Weist sie keinen Rechtsfehler auf, ist sie deshalb auch dann zu respektieren, wenn eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre oder vielleicht sogar näher gelegen hätte (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGHR aaO). So verhält es sich hier. Das Landgericht ist sich insbesondere bewusst gewesen, dass die Tat insofern Besonderheiten aufweist, als es dem Angeklagten letztlich um die Verwirklichung seines Racheplans ging. Auch im Übrigen weisen weder die Erwägungen zur Strafrahmenbestimmung noch diejenigen zur Strafzumessung im Einzelnen einen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Sost-Scheible

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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafgesetzbuch - StGB | § 316 Trunkenheit im Verkehr


(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit

Referenzen

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.