Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2008 - 3 StR 261/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf freigesprochen, in sechs Fällen als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bestimmt und durch dieselbe Handlung gewerbsmäßig unerlaubt Handel mit Betäubungsmitteln getrieben zu haben. Nach der Anklage soll er im Zeitraum von Anfang Oktober 2006 bis Ende Januar 2007 in R. und an anderen Orten in mindestens sechs Fällen dem gesondert verfolgten Jugendlichen, am 7. März 1989 geborenen U. , jeweils 25 bis 50 Gramm Marihuana zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs übergeben haben, wobei dieser den Verkaufserlös an den Angeklagten abzuführen hatte.
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- Gegen den Freispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision , mit der sie das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
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- 1. Das Urteil wird bereits den formellen Voraussetzungen nicht gerecht, die gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an die Begründung eines freisprechenden Urteils zu stellen sind.
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- Diese muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind oder der Freispruch auf rechtlich einwandfreien Erwägungen beruht. Deshalb muss bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen der Tatrichter regelmäßig in einer geschlossenen Darstellung zunächst die Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen - zusätzlichen - Feststellungen nicht getroffen werden können (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2, 4, 5; BGH NJW 1980, 2423; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 267 Rdn. 33).
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- Die Urteilsgründe lassen eine geordnete Darstellung des festgestellten Sachverhalts und eine daran anknüpfende Beweiswürdigung vermissen. Das Landgericht schildert nach der Wiedergabe des Tatvorwurfs sowie der Einlassung des Angeklagten die Aussagen mehrerer Zeugen ihrem wesentlichen Inhalt nach, nennt weitere belastende Indizien und nimmt für jedes Beweismittel eine gesonderte Bewertung vor.
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- 2. Ein weiterer Rechtsfehler ist darin zu sehen, dass das Landgericht die erforderliche Gesamtwürdigung aller für und gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechenden Indizien (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11 und Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH NStZ 2002, 48; Engelhardt in KK 5. Aufl. § 267 Rdn. 41; Meyer-Goßner aaO § 267 Rdn. 33) unterlassen hat.
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- Aus der Einlassung des Angeklagten, den Zeugenaussagen und den weiteren Beweismitteln ergeben sich zahlreiche belastende Umstände - Schilderung der dem Angeklagten vorgeworfenen Taten gegenüber den Zeugen Ko. und K. durch den Zeugen U. ; Konsum von Marihuana durch den Angeklagten in der Wohnung des U. ; Kauf von Marihuana durch U. mit Geld des Angeklagten; Fahrt des Angeklagten nach Amsterdam im Januar 2007 zum Erwerb von Marihuana im Wert von 2.000 €; beim Angeklagten sichergestellte Feinwaage, die zum Abwiegen von Betäubungsmitteln geeignet ist; von Ende März bis Mitte April 2007 aufgezeichnete Telefonate zwischen dem Angeklagten und dem U. über den Erwerb/Verkauf von Betäubungsmitteln -, die das Landgericht hinsichtlich ihrer Aussagekraft lediglich jeweils isoliert bewertet hat. Bei einer Gesamtschau könnten diese im Hinblick auf ihre Häufung und gegenseitige Durchdringung die richterliche Überzeugung von der Wahrheit des Tatvorwurfes vermitteln.
Annotations
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.