Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2009 - 3 StR 142/09

bei uns veröffentlicht am07.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 142/09
vom
7. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Mai 2009,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 18. Dezember 2008
a) in den Fällen A. 1 bis 44 der Urteilsgründe im Strafausspruch aufgehoben; die Angeklagte ist insoweit durch Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 5. Dezember 2007 rechtskräftig zu sechs Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten , einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten sowie 37 Freiheitsstrafen von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt;
b) im Fall B. II. 4 der Urteilsgründe im Strafausspruch dahin geändert , dass die Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt wird. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
1. Mit Urteil vom 5. Dezember 2007 hatte das Landgericht die Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 44 Fällen, wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
2
Auf die Revision der Angeklagten hob der Senat mit Beschluss vom 5. August 2008 (3 StR 224/08) dieses Urteil in vier Fällen im Schuldspruch sowie "im gesamten Strafausspruch" auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung unter Verwerfung der weitergehenden Revision zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurück. Nach den Beschlussgründen sollte indes, bedingt durch den Wegfall der vier Einzelstrafen, darüber hinaus lediglich der Gesamtstrafenausspruch aufgehoben sein.
3
In der neuen Hauptverhandlung hat das Landgericht das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagten vorgeworfen worden war, eine Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bestimmt zu haben. Mit Urteil vom 18. Dezember 2008 hat es sodann die Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 44 Fällen (Fälle A. 1 bis 44) sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen (Fälle B. II. 2 bis 4) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
4
Mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
5
2. Die im angefochtenen Urteil vorgenommene Festsetzung neuer Einzelstrafen in den 44 Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln war nicht zulässig.
6
a) Die Strafkammer hat in diesen Fällen Einzelstrafen von sechs Monaten (Fälle A. 1 bis 22 und 24 bis 44) und neun Monaten Freiheitsstrafe (Fall A. 23) verhängt. Im Urteil vom 5. Dezember 2007 hatte das Landgericht für diese Taten sechs Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten sowie 37 Freiheitsstrafen von einem Jahr und zwei Monaten ausgesprochen.
7
b) Bei der Festsetzung der Einzelstrafen für diese Fälle hat die Strafkammer - bedingt durch ein Schreibversehen des Senats - nicht erkannt, dass die in dem Urteil des Landgerichts vom 5. Dezember 2007 verhängten Einzelstrafen durch den Senatsbeschluss vom 5. August 2008 nicht aufgehoben worden und deshalb in Rechtskraft erwachsen sind. Zwar spricht der Wortlaut von Ziffer 1. b) der Beschlussformel von einer Aufhebung des "gesamten Strafausspruchs" und damit auch der festgesetzten Einzelstrafen; jedoch ergibt die Auslegung der Entscheidung unter Berücksichtigung der Gründe (vgl. Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 13) zweifelsfrei, dass insoweit ein offensichtliches Schreibversehen vorliegt und es statt "im gesamten Strafausspruch" richtig "im Gesamtstrafenausspruch" hätte heißen müssen. Die Entscheidungsgründe des Senatsbeschlusses vom 5. August 2008, in denen die für die 44 Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ausgesprochenen Einzelstrafen nicht beanstandet werden, befassen sich unter Ziffer 1. a) und b) zunächst mit der Aufhebung des Schuldspruchs in den vier Fällen, in denen die Angeklagte wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen verurteilt worden war. Anschließend heißt es: "2. Der Wegfall der in den Fällen II. 45 bis 48 verhängten Einzelstrafen führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe."
8
Bei der Beschlussformel und den Entscheidungsgründen handelt es sich um Bestandteile einer als Einheit aufzufassenden Entscheidung, die grundsätzlich einer Auslegung zugänglich ist und - aufgrund der durch das Schreibversehen bedingten inhaltlichen Abweichung von Tenor und Entscheidungsgründen - hier auch auslegungsbedürftig war. Da die gebotene Auslegung zweifelsfrei ergibt, dass die rechtfehlerfrei begründeten Einzelstrafen zu den Fällen II. 1 bis 44 bestehen bleiben sollten, war es nicht zulässig, diese rechtskräftig gewordenen Einzelstrafen neu festzusetzen.
9
3. Soweit die Strafkammer im Fall B. II. 4 der Urteilsgründe die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hat, verstößt dies gegen das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO. Das Landgericht hatte in seinem Urteil vom 5. Dezember 2007, gegen das allein die Angeklagte Revision eingelegt hatte, für diese Tat eine Freiheitsstrafe von lediglich zwei Jahren und drei Monaten verhängt. Dieser Rechtsfehler hat gemäß § 354 Abs. 1 analog, § 301 StPO die Abänderung des Strafausspruchs zugunsten der Angeklagten zur Folge; denn der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Beachtung des Verschlechterungsverbots auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 354 Rdn. 27 m. w. N.).
10
4. Die Aufhebung der Einzelstrafen aus dem Urteil vom 18. Dezember 2008 für die 44 Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln - mit der Folge einer Fortgeltung der insoweit mit Urteil vom 5. Dezember 2007 festgesetzten, deutlich höheren Einzelstrafen - führt indes nicht zu der von der Revision erstrebten Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. In Anbetracht der Einstellung des Verfahrens wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, des beanstandungsfreien Werdegangs der Angeklagten bis ins Jahr 2003 und ihrer daraus resultierenden Unbestraftheit , des von ihr abgelegten Geständnisses, des nunmehr etwa drei Jahre zurückliegenden Tatzeitraums sowie der positiven Entwicklung der Angeklagten im Justizvollzug (zweijährige Drogenfreiheit, Kontakt zur Drogenberatung) sowie der - durch das Versehen des Senats verursachten - zusätzlichen Verfahrensdauer sieht der Senat die im Urteil vom 18. Dezember 2008 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten als angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1 a StPO an (vgl. BGHSt 51, 18, 24; 49, 371, 375). Becker von Lienen Sost-Scheible Hubert Schäfer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Aug. 2008 - 3 StR 224/08

bei uns veröffentlicht am 05.08.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 224/08 vom 5. August 2008 in der Strafsache gegen wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat n

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 224/08
vom
5. August 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren als Person über 21 Jahre zum
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
5. August 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 5. Dezember 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Angeklagte wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Ziffer II. 45 der Urteilsgründe) sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen (Ziffern II. 46 bis 48 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist;
b) im gesamten Strafausspruch;
c) soweit eine Entscheidung über die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 44 Fällen, wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs.
3
a) Die Verurteilung der Angeklagten wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 30 a Abs. 2 Nr. 1 BtMG (Fall II. 45 der Urteilsgründe) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Unter "Bestimmen" im Sinne dieser Vorschrift ist nach den allgemeinen, zu § 26 StGB entwickelten Grundsätzen die Einflussnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen Verhalten bringt (vgl. BGHSt 45, 373, 374). Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn der Täter dem Minderjährigen durch das Überlassen von Rauschgift lediglich die Möglichkeit eröffnet, mit diesem Handel zu treiben (BGHSt aaO 375). Das "Bestimmen" setzt mithin einen kommunikativen Akt voraus, der zu dem Betäubungsmittelhandel durch den Minderjährigen führt (Weber, BtMG 2. Aufl. § 30 a Rdn. 76).
5
Eine derartige erfolgreiche Einflussnahme der Angeklagten auf den Willen ihrer minderjährigen Tochter wird jedoch durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt. Danach gab die Angeklagte ihrer siebzehnjährigen Tochter vor dem gemeinsamen Besuch einer Diskothek 20 Ecstasy-Tabletten, die diese in ihrem Büstenhalter versteckte. Die Tochter wusste, "ohne dass die Angeklagte es ihr sagen musste, was damit zu tun sei, nämlich diese gewinnbringend in der Diskothek zu verkaufen."
6
Zwar hat das Landgericht auch festgestellt, dass die Tochter der Angeklagten - wie dieser bekannt war - selbst keine Drogen konsumierte. Dennoch belegt allein die Übergabe der Tabletten nicht die erforderliche Einflussnahme auf den Willen der Tochter, die Betäubungsmittel in der Diskothek gewinnbringend zu veräußern. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Angeklagte es ihrer Tochter ausdrücklich untersagt hatte, weiterhin in ihrer Abwesenheit in der gemeinsamen Wohnung Ecstasy-Tabletten an Kunden gegen Bezahlung herauszugeben (s. UA S. 5).
7
Dem Urteil lässt sich darüber hinaus aber auch nicht entnehmen, dass die Tochter der Angeklagten in der Diskothek Aktivitäten zum gewinnbringenden Absatz der Tabletten entfaltete. Es erschöpft sich vielmehr in der Feststellung , dass die Tochter beim Verlassen der Diskothek die Tabletten nicht mehr bei sich hatte. Ebensowenig belegt das Urteil, dass die Tochter die Tabletten lediglich für die Angeklagte in die Diskothek geschmuggelt und diese sie dort gewinnbringend veräußert hätte. Der Angeklagten kann daher nach den bisherigen Feststellungen auch nicht angelastet werden, sie habe ihre Tochter dazu bestimmt, ihren eigenen Betäubungsmittelhandel zu fördern (§ 30 a Abs. 2 Nr. 1 BtMG letzte Tatvariante).
8
b) Ebenfalls keinen Bestand hat die Verurteilung der Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II. 46 bis 48 der Urteilsgründe.
9
Das Landgericht hat es versäumt, Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der jeweiligen Betäubungsmittel zu treffen. Der Senat ist daher nicht in der Lage zu prüfen, ob die Strafkammer in allen Fällen rechtsfehlerfrei davon ausgegangen ist, dass die Taten eine nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zum Gegenstand hatten. Im Hinblick auf die große Menge der eingeführten Ecstasy-Tabletten wird es aber jedenfalls im Fall II. 46 der Urteilsgründe nahe liegen, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge überschritten wurde.
10
2. Der Wegfall der in den Fällen II. 45 bis 48 verhängten Einzelstrafen führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
11
3. Der Rechtsfolgenausspruch kann darüber hinaus keinen Bestand haben , soweit das Landgericht eine Entscheidung über die Frage der Unterbringung der Beschwerdeführerin in einer Entziehungsanstalt unterlassen hat.
12
Nach den Feststellungen konsumierte die Angeklagte ab dem Jahr 2003 Cannabis sowie seit Anfang 2004 Kokain, und zwar im Laufe der Zeit regelmäßig zwei bis drei Gramm an den Wochenenden, später zusätzlich Ecstasy in einer Dosierung von zunächst zwei bis drei, dann bis zu neun Pillen pro Abend. Hinzu trat der Konsum von Amphetamin bis zu zwei bis drei Gramm täglich sowie Ende 2006 von Heroin, entweder nasal mit Kokain oder "auf Blech" geraucht. Schließlich nahm sie reines MDMA alle zwei Wochen in einem Getränk zu sich. Die polytoxikomane Angeklagte beging sämtliche Taten auch aufgrund ihrer Betäubungsmittelabhängigkeit und finanzierte mit den Gewinnen aus den Verkaufsgeschäften auch ihren eigenen Konsum. Mittlerweile hat die Angeklagte ihre Betäubungsmittelabhängigkeit erkannt und will ihr mit einer Therapie begegnen.
13
Unter diesen Umständen musste das Landgericht die Voraussetzungen der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt prüfen (st. Rspr.; vgl. u. a. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 4 und 5; BGH NStZ 2005, 210).
14
Dass nur die Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Sie hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht von ihrem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
15
Für die neue Hauptverhandlung wird auf § 246 a Satz 2 StPO hingewiesen. Becker Miebach Pfister Sost-Scheible Schäfer

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.