Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2012 - 2 StR 398/11

bei uns veröffentlicht am28.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 398/11
vom
28. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Verbreitens kinderpornographischer Schriften u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. März
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Berger,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 7. April 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass im Fall C II. 12 der Urteilsgründe eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten festgesetzt wird.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Verbreitens kinderpornographischer Schriften in zwölf Fällen und wegen bandenmäßigen Unternehmens des Drittbesitzverschaffens kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf Verfahrensrügen sowie die Sachbeschwerde gestützte Revision. Das Rechtsmittel führt nur zu der aus dem Tenor ersichtlichen Ergänzung im Strafausspruch ; im Übrigen ist es unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte in eine Gruppierung von "Pädophilen" eingebunden, die sich zusammengeschlossen hatte, um arbeitsteilig eine Internetplattform für Gleichgesinnte zu betreiben. Diese Gruppe unterhielt von Frühjahr 2007 bis September 2008 unter Nutzung ausländischer Server zunächst das Internetboard "Z. " nebst dazugehörigen ChatRäumen. Die Mitglieder der Gruppe kannten sich nur teilweise untereinander aus persönlichen Kontakten mit ihren Namen und kommunizierten auf der Internetplattform anonymisiert unter Verwendung von Pseudonymen. Das Board fungierte dabei als "schwarzes Brett", auf dem Mitglieder Mitteilungen (sog. Postings) hinterließen und insbesondere dauerhaft und ungestört kinderpornographische Bild- und Videodateien austauschten. Hierzu wurden von den Nutzern Links zu den Speicherorten der meist auf ausländischen Servern abgelegten Dateien eingestellt. Das Board war in verschiedene Bereiche unterteilt. Ein Teil hiervon war jedermann zugänglich, im Übrigen war das Board nur den Mitgliedern vorbehalten, die - graduell abgestuft - durch verschiedene Aktivitäten, insbesondere das eigene Posten von Links zu kinderpornographischen Dateien, eine entsprechende Zugangsberechtigung erhalten hatten.
3
Nach seinem Beitritt engagierte sich der Angeklagte von Beginn an in besonderem Maße für das Board mit dem Ziel, zügig in der Hierarchie aufzusteigen und selbst eine tragende Rolle in der Führungsriege zu übernehmen. Der Angeklagte erhielt daraufhin Ende April 2008 eine Leitungsfunktion zunächst für den ersten zugangsgeschützten Bereich "S. -Z. ", für den er "Administrator" wurde. Administratoren waren für Betrieb, Technik und Weiterentwicklung des Boards zuständig ; sie hatten zusätzlich auch sämtliche Befugnisse der ihnen untergeordneten sog. "Moderatoren", die u.a. für die Mitgliederbetreuung zu sorgen hatten. Dem Angeklagten oblag als Administrator insbesondere die Entscheidung über die Vergabe und den Entzug von Zugangsberechtigungen; es gelang ihm in kurzer Zeit, über 90 neue Mitglieder für den "S. -Z. " hinzuzugewinnen. Der Angeklagte bekam sodann ab Anfang Juni 2008 die "Chef"-Rolle eines Administrators auch für den frei zugänglichen "O. -Z. ". Dieser Bereich hatte bei seiner Schließung Ende September 2008 nach der Festnahme eines Board-Mitglieds 340 registrierte Mitglieder, der "S. -Z. " 119 registrierte Mitglieder. Zeitweise verzeichnete das gesamte "Z. "-Board bis zu 4.000 Zugriffe pro Tag.
4
Neben seiner Tätigkeit als Administrator des "Z. "-Boards (Fall B I.) machte der Angeklagte auch weiterhin selbst Einträge mit Links zu kinderpornographischem Bild- und Videomaterial, um dadurch den möglichst langfristigen Betrieb des Boards aufrechtzuerhalten; so setzte er am 16. August 2008 zwei entsprechende Links auf das "S. -Z. "-Board (Fall B II.).
5
Bereits bei Schließung des "Z. "-Boards waren sich alle Beteiligten darüber einig, dass alsbald ein Board neu geschaffen bzw. wieder geöffnet werden sollte. Nachdem viele ehemalige Mitglieder zwischenzeitlich über diverse Chats weiterhin Kontakt zueinander gehalten hatten, war am 23. März 2009 die neue Internetplattform der Pädophilen-Gruppe unter Nutzung des schon zuvor verwendeten Servers eingerichtet. Das Board wurde nunmehr unter dem Namen "S. " mit den dazugehörigen Chat-Räumen bis zu seiner Schließung aufgrund polizeilicher Maßnahmen am 29. September 2009 betrieben; bis zu diesem Zeitpunkt war die Zahl der Mitglieder des "S. "-Boards auf 476 angewachsen.
6
Mitglied in dem "S. "-Board konnte jedermann werden, der in einem der zugehörigen Chat-Räume einen Link auf eine kinderpornographische "Hardcore"-Datei einstellte. Wenn die Administratoren die betreffende Datei hinsichtlich des Alters des Kindes und der gezeigten sexuellen Handlungen als geeignet befanden, kam es zur Aufnahme als (einfaches) Mitglied. Um höhere Mitgliederränge mit Zugangsberechtigung zu weiteren Bereichen des Boards zu erreichen, mussten die Mitglieder entsprechend mehr Links zu kinderpornographischen Bildund Videodateien posten. Sofern die Mitglieder innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine Aktivitäten entfalteten, wurde ihr Zugang deaktiviert, um passive Teilnehmer von dem Board fernzuhalten.
7
Bei Aufnahme des Betriebs des "S. "-Boards im März 2009 war auch der Angeklagte dort unter seinem zuvor verwendeten Pseudonym registriert und hatte weiterhin den Status eines Administrators mit den damit verbundenen Rechten. Da sich der Angeklagte aufgrund vorausgegangener Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Schließung des "Z. "-Boards jedoch Anfeindungen innerhalb der Führungsriege ausgesetzt sah, beschloss er bereits nach zwei Tagen, die neu geöffnete Internetplattform zu verlassen und sich stattdessen anderen Boards der Pädophilen-Szene zuzuwenden. Hiervon unterrichtete er einen der Mitbegründer der Internetplattform, der dort weiterhin die Führungsposition innehatte. Ende Mai 2009 entschloss sich der Angeklagte, zum "S. "-Board zurückzukehren. Dessen Führungsriege ließ er seinen Wunsch ausrichten, erneut eine Administratorenrolle übernehmen zu wollen. Sein Ansinnen stieß jedoch auf Ablehnung bei den Führungspersonen, die den Angeklagten auf seine nach wie vor bestehende einfache Mitgliedschaft verwiesen. Verärgert über die Zurückweisung durch seine früheren Weggefährten entschloss sich der Angeklagte, das "S. "-Board zu "unterwandern". Er trat in der Folgezeit nicht mehr unter seinem zuvor verwendeten Pseudonym auf, sondern legte sich zur Verschleierung seiner Identität nacheinander mehrere neue Pseudonyme zu, unter denen er nach Bestehen der Aufnahmeprüfung jeweils sogleich zum "VIP"-Mitglied aufstieg und mit entsprechenden Privilegien auf dem Board agierte.
8
Um die Internetplattform möglichst langfristig aufrecht zu erhalten, sich dort weiter hochzuarbeiten und wieder eine tragende Rolle zu erlangen, stellte der Angeklagte in dem "S. "-Board und in den zugehörigen Chats eine Vielzahl von Links auf kinderpornographisches Bild- und Videomaterial ein. Mit seinen Einträgen verschaffte er nicht nur anderen Mitgliedern den Zugang zu dem betreffenden kinderpornographischen Material, sondern animierte diese selbst zum Posten von Links zu entsprechenden Dateien. Nach den Feststellungen zu den Fällen C II. 1 bis 12 der Urteilsgründe postete der Angeklagte in der Zeit vom 1. Juli bis 12. September 2009 an zwölf Tagen insgesamt 26 solcher Links, davon an zehn Tagen auf das "S. "-Board und an zwei Tagen in dazugehörigen Chaträumen.
9
2. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 9. September 2011 genannten Gründen keinen Erfolg. Auch die Sachrüge zeigt keinen Rechts- fehler auf. Der Senat hat durch Urteil vom 18. Januar 2012 im Parallelverfahren 2 StR 151/11 bereits entschieden, dass das Betreiben eines Internet-Boards nebst den dazugehörigen Chats zum Austausch kinderpornographischer Bild- und Videodateien und das eigene Bereitstellen entsprechender Links auf dem Board rechtlich als (bandenmäßige) Verbreitung kinderpornographischer Schriften in der Variante des öffentlichen Zugänglichmachens (§ 184b Abs. 1 Nr. 2 Var. 4, Abs. 3 Alt. 2 StGB) zu werten ist und dass das eigene Posten von Links auf kinderpornographische Dateien in den zu dem Board gehörenden Chats den Tatbestand des (bandenmäßigen ) Unternehmens des Drittbesitzverschaffens kinderpornographischer Schriften (§ 184b Abs. 2, Abs. 3 Alt. 2 StGB) erfüllt. Hierauf wird Bezug genommen. Der ergänzenden Erörterung bedarf daher hier nur der Schuldspruch jeweils wegen einer Bandentat auch in Fällen C II. 1 bis 12 der Urteilsgründe.
10
a) Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich nach der deliktischen Vereinbarung, der sog. Bandenabrede. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen mit dem Willen voraus, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige , im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen (BGHSt 46, 321, 325; 47, 214, 216; 50, 160, 164). Als Bandenmitglied ist anzusehen, wer in die Organisation der Bande eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der Bande beiträgt und sich an den Straftaten beteiligt. Nicht erforderlich für eine - ausdrücklich oder konkludent getroffene - Bandenabrede ist hingegen, dass sich alle Bandenmitglieder persönlich miteinander verabreden oder einander kennen (BGHSt 50, 160, 164, 168; BGH BGHR § 30 BtMG Abs. 1 Nr. 1 - Bande 9; wistra 2010, 347). Weiterhin ist - anders als es das Landgericht bei seiner rechtlichen Würdigung angenommen hat (UA S. 114) - für den Bandenbegriff ein "Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse" nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2001 – GSSt 1/00 (BGHSt 46, 321, 325, 331; vgl. auch BGH NStZ 2004, 398, 399; 2005, 230, 231) nicht mehr erforderlich.
11
b) Nach diesem rechtlichen Maßstab unterliegt das Bestehen einer Bandenabrede auch für die Fälle C II. 1 bis 12 keinem Zweifel; gleiches gilt für die bandenmäßige Begehung dieser Taten. Das Landgericht hat sich zwar nicht näher mit der Frage befasst, ob durch die mit Streitigkeiten einhergehende Schließung des "Z. "-Boards Ende September 2008 oder die vorübergehende Aufkündigung seiner Beteiligung an der wieder eingerichteten Internetplattform am 25. März 2009 gegenüber dem Kopf der Bande, dem gesondert verfolgten Beschuldigten E. , die frühere Bandenabrede hat hinfällig werden lassen. Aber auch bei einer Beendigung der ursprünglichen Bandenmitgliedschaft lag nach den Feststellungen des Landgerichts den nachfolgenden Taten jedenfalls eine neue Bandenabrede zugrunde. Mit seinen erneuten Anmeldungen in dem zum "S. "-Board zugehörigen Chat und dem jeweiligen Absolvieren der "Aufnahmeprobe", die zur Registrierung als Mitglied auf dem Board führte, erfolgte jeweils ein verbindlicher Anschluss an die bereits bestehende Bande. Die Eingliederung in diese Bande, deren Struktur und Vorgaben für eine Fortdauer der Mitgliedschaft dem Angeklagten aus seiner vorherigen Zugehörigkeit bekannt war, beruhte auch auf seinem Willen, anderen Bandenmitgliedern künftig wiederholt kinderpornographisches Material zugänglich zu machen. Demgegenüber steht seine "Unterwanderung" des Boards mit der (weiteren) Verschleierung seiner ohnehin von Anfang an verdeckten Identität durch die wiederholte Wahl neuer Pseudonyme seiner Einbindung in die Bande nicht entgegen, da es - wie dargelegt - für das Zustandekommen einer Bandenabrede nicht darauf ankommt, dass sich die Beteiligten untereinander persönlich kennen (vgl. auch BGHSt 50, 160, 161 f., 168 f. zum Fall eines "verstoßenen" Bandenmitgliedes

).

12
3. Das Landgericht hat es allerdings versäumt, im Fall C II. 12 der Entscheidungsgründe eine Einzelstrafe zu bestimmen. Der Link, der dort in einem zum "S. "-Board zugehörigen Chatraum eingestellt war, führte wie jener im Fall C II. 11 zu einer Bildergalerie mit kinderpornographischen Abbildungen, die u.a. auch schweren sexuellen Missbrauch von fünf bis acht Jahre alten Mädchen zeigen. Der Senat kann im Hinblick auf die ebenfalls hohe Anzahl dieser Abbildungen ausschließen, dass die Strafkammer im Fall C II. 12 eine andere Strafe als die im Fall C II. 11 ausgeurteilte von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt hätte und holt die unterbliebene Festsetzung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Juli 2011 - 2 StR 192/11; BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - 4 StR 557/10 mwN).
Ernemann Fischer Berger Eschelbach Ott

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 151/11
vom
18. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verbreitens kinderpornografischer Schriften u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Januar
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten N. ,
der Angeklagte P. in Person,
Justizhauptsekretärin in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Der Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 10. März 2011, mit dem die Revision des Angeklagten N. gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 25. November 2010 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht Darmstadt hat u.a. den Angeklagten N. des bandenmäßigen "Verbreitens" kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen sowie des bandenmäßigen Unternehmens des Drittbesitzverschaffens kinderpornographischer Schriften in 13 Fällen und den Angeklagten P. des ban- denmäßigen "Verbreitens" kinderpornographischer Schriften sowie des bandenmäßigen Unternehmens des Drittbesitzverschaffens kinderpornographischer Schriften in vier Fällen schuldig gesprochen. Gegen beide Angeklagte hat es jeweils eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt.
2
Der Angeklagte N. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts; der Angeklagte P. erhebt die allgemeine Sachrüge. Die Revisionen beider Angeklagter haben keinen Erfolg.

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten in eine bandenmäßige Gruppierung von "Pädophilen" eingebunden, die sich zusammengeschlossen hatte, um eine Internetplattform für Gleichgesinnte zu betreiben. Diese Gruppe unterhielt von Frühjahr 2007 bis September 2008 das Internetboard "Z. " nebst dazugehörigen Chat-Räumen. Das Board fungierte als "schwarzes Brett", auf dem Mitglieder Nachrichten oder Anfragen (sog. Postings) hinterließen und insbesondere dauerhaft und ungestört kinderpornographische Bild- und Videodateien austauschten. Von den Nutzern wurden Links eingestellt, die anderen "Usern" durch bloßes Anklicken ohne weitere Zwischenschritte unmittelbaren Zugriff auf die Dateien ermöglichten. Bei Videos wurden in der Regel zusätzlich zu dem Link Vorschaubilder (previews) mitgepostet , denen der wesentliche Inhalt der Zieldatei zu entnehmen war. Später wurden die Nutzer des "Z. "-Boards dazu angehalten, die Zieladresse durch Weglassen, Hinzufügen oder Verändern von Buchstaben dergestalt zu modifizieren, dass ein unmittelbarer Zugriff auf die kinderpornographische Datei durch Anklicken der Zieladresse nicht möglich war (etwa durch Angabe von hxxp:// anstelle von http://). Stattdessen sollten die Besucher des Boards die Zieladresse in die Adressleiste ihres Webbrowsers kopieren und dort entsprechend ändern, um eine Rückverfolgbarkeit zu dem Board zu verhindern.
4
Das Board war in verschiedene Bereiche unterteilt. Ein Teil hiervon war jedermann zugänglich, im Übrigen war das Board nur Mitgliedern vorbehalten, die - graduell abgestuft - durch verschiedene Aktivitäten, insbesondere das eigene Posten von kinderpornographischen Dateien innerhalb des Boards, eine entsprechende Zugangsberechtigung erhalten hatten. Der Angeklagte N. war hierbei als "Moderator" tätig, um für "Ruhe und Ordnung" unter den Besuchern des Boards zu sorgen. Zudem brachte er in dieser Funktion zahlreiche eigene Ideen ein, um den Erhalt des "Z. "-Boards zu sichern und zu fördern. Im Herbst 2008 kam es nach der Festnahme eines Boardmitglieds zur Schließung des Boards.
5
2. Danach richtete die Gruppe eine neue Internetplattform ein und betrieb von März 2009 bis zum 29. September 2009 mit den dazugehörigen ChatRäumen das nunmehr nur Mitgliedern zugängliche "S. "-Board. Der Angeklagte N. übernahm wiederum die Rolle eines "Moderators", während sich der Angeklagte P. um die technische Einrichtung und Betreuung des Boards und der dazu gehörigen Chats kümmerte. So schrieb er das Skript für den "S. "-Chat und erhöhte durch technische Installierungen die Sicherheit des Chats. Beide Angeklagte nahmen zudem die Rollen von Administratoren ein, die für die Aktivierung, Deaktivierung und Höherstufung von Mitgliedern, die Auswahl von weiteren Moderatoren und die inhaltliche Entwicklung des Boards verantwortlich waren. Mitglied in dem "S. "-Board konnte jedermann werden, der in einem der zugehörigen Chat-Räume einen Link auf eine kinderpornographische "Hardcore"-Datei postete. Um dies sicherzustellen , erhielt der Angeklagte P. durch eine virtuelle Türklingel Mel- dung von der Anwesenheit neuer Gäste im Gästebereich des Chats. Diese fragte er über ihre Absichten und Interessen aus und forderte das Aufnahmeritual ein. Wenn die Administratoren die gepostete kinderpornographische Datei hinsichtlich des Alters des Kindes und der gezeigten sexuellen Handlungen als geeignet befanden, kam es zur Aufnahme als (einfaches) Mitglied. Um höhere Mitgliederränge mit Zugangsberechtigung zu weiteren Bereichen des Boards zu erreichen, mussten die Mitglieder entsprechend mehr kinderpornographische Bild- und Videodateien posten. Obwohl die Angeklagten dies aus Sicherheitsgründen für nicht unbedenklich hielten, wurden von Mitgliedern auch sog. "Eigenproduktionen", also selbst gefertigtes Bild- und Filmmaterial, gepostet, die den sexuellen Missbrauch nahestehender Personen zeigten. Sofern die Mitglieder innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine Aktivitäten entfalteten, wurde ihr Zugang automatisch deaktiviert, um passive Teilnehmer von dem Board fernzuhalten. So unterlag die Szene einem ständigen Wechsel. Am 29. September 2009 hatte das "S. "-Board aktuell 476 Mitglieder zu verzeichnen.
6
3. Über diese Tätigkeiten hinaus posteten die Angeklagten in den zugehörigen Chats des "S. "-Boards selbst Links auf kinderpornographisches Bild- und Videomaterial. Der Angeklagte N. stellte in der Zeit vom 8. April bis 20. September 2009 an dreizehn verschiedenen Tagen insgesamt 20 solcher Links auf kinderpornographische Dateien ein; der Angeklagte P. postete in der Zeit vom 15. April bis 10. Juni 2009 an vier verschiedenen Tagen insgesamt sieben Links auf entsprechende Dateien.

II.

7
1. Die Revision des Angeklagten N. ist zulässig. Mit Beschluss vom 10. März 2011 hat das Landgericht Darmstadt die Revision des Angeklagten N. unter Hinweis auf die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist als unzulässig verworfen, hierbei jedoch verkannt, dass dieser Angeklagte seine Revision rechtzeitig per Telefax begründet hatte. Auf dessen gemäß § 346 Abs. 2 StPO angebrachten Antrag war deshalb der Verwerfungsbeschluss des Landgerichts aufzuheben.
8
2. Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet. Wegen der von dem Angeklagten N. geltend gemachten Verfahrensrügen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift Bezug genommen. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrügen hat keinen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
9
a) Zutreffend hat das Landgericht das Betreiben des "Z. "Boards durch den Angeklagten N. und des "S. "-Boards durch beide Angeklagte - jeweils nebst den dazugehörigen Chats - als bandenmäßige Verbreitung kinderpornographischer Schriften in der Variante des öffentlichen Zugänglichmachens (§ 184b Abs. 1 Nr. 2 Var. 4, Abs. 3 Alt. 2 StGB) gewertet. Ein solches Zugänglichmachen liegt in der Zurverfügungstellung einer Plattform , die dem Einstellen von Dateien im Internet dient, wobei die Möglichkeit des Lesezugriffs genügt (vgl. Gercke, Rechtswidrige Inhalte im Internet S. 42; König, Kinderpornographie im Internet Rn. 227; Kudlich JZ 2002, 310, 311 f.; Lindemann/Wachsmuth JR 2002, 206, 208 f.; Hörnle MünchKomm-StGB 2. Aufl. § 184b Rn. 23; Perron/Eisele in Schönke/Schröder 28. Aufl. § 184b Rn. 6). Nichts anderes gilt für das Bereitstellen entsprechender Links, wobei es nach Auffassung des Senats ohne Belang ist, ob das Zugänglichmachen durch das Posten eines Links auf eine kinderpornografische Datei erfolgt (so auch Hilgendorf/Frank/Valerius, Computer- und Internetstrafrecht Rn. 399) oder ob - wie hier in Einzelfällen - die Zieladresse durch Verändern von Buchstaben aus Sicherheitsgründen geringfügig verändert und von den Nutzern nach Weisung manuell eingegeben wird.
10
aa) Der Angeklagte N. hat durch seine Funktion als Moderator und Ideengeber im "Z. "-Board an dem Betrieb der Internetplattform mitgewirkt und auf diese Weise dazu beigetragen, dass den Nutzern das Einstellen von und der Zugriff auf kinderpornographische Dateien ermöglicht wurden. Bei dem "S. "-Board haben beide Angeklagte dies durch ihre Tätigkeit als Administratoren bewirkt.
11
bb) Das Zugänglichmachen erfolgte bei beiden Boards öffentlich, da einem größeren, in seiner Zahl und Zusammensetzung unbestimmten Personenkreis die Möglichkeit der Kenntnisnahme eröffnet wurde. Bei dem "Z. "Board war zunächst jedermann die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Dateien eröffnet, die im uneingeschränkt zugänglichen Bereich des "Z. "Boards gepostet wurden.
12
Darüber hinaus wurden der übrige Bereich des "Z. "-Boards sowie der gesamte Bereich des "S. "-Boards, der nur Mitgliedern zugänglich war, die - graduell abgestuft - durch das eigene Posten bestimmter kinderpornographischer Dateien eine besondere Zugangsberechtigung zu diesen Bereichen erlangt hatten, i.S.v. § 184b Abs. 1 Nr. 2 Var. 4 StGB öffentlich zugänglich gemacht.
13
Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 184b StGB durch das Sexualdelikteänderungsgesetz vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 3007) davon ausgegangen, dass ein öffentliches Zugänglichmachen im Rahmen geschlos- sener Benutzergruppen mit bestimmten Zugangssicherungen bei zwei oder wenig mehr Personen nicht vorliege (BT-Drs. 15/350 S. 20 f.). Von dieser Einschränkung ersichtlich nicht erfasst werden Fälle, in denen - wie hier - ein professionell organisierter Kinderpornoring im Internet eine Tauschbörse mit mehreren tausenden Zugriffen pro Tag und vielen hundert anonymen pädophilen Mitgliedern unterhält, wobei das einzige Zugangshindernis das eigene Posten kinderpornografischer Dateien ist. Ein öffentliches Zugänglichmachen von kinderpornografischem Material liegt deshalb vor, wenn der Zugang nicht auf einen dem Anbieter überschaubaren kleinen Personenkreis beschränkt werden kann, es sich vielmehr um einen anonymen, nicht überschaubaren Benutzerkreis handelt (so auch Fischer 59. Aufl. § 184b Rn. 10). Sowohl bei dem "Z. "-Board als auch bei dem "S. "-Board war der Kreis der Mitglieder für die Angeklagten und ihre Mittäter nicht überschaubar und nicht mehr kontrollierbar. Das "Z. "-Board hatte bis zu 4.000 Zugriffe pro Tag zu verzeichnen (UA S. 32), was auf eine entsprechend große Mitgliederzahl schließen lässt. Das "S. "-Board umfasste zuletzt 476 anonyme Mitglieder.
14
Zu keinem anderen Ergebnis gelangt eine in der Literatur vertretene, einschränkende Auffassung, geschlossene Benutzergruppen seien nur dann öffentlich , wenn jeder ohne größere Schwierigkeiten beitreten könne bzw. nur Scheinhindernisse, wie etwa das Erfordernis eines Passwortes, das automatisch an die angegebene Mailadresse versandt werde, bestünden (Gercke, Rechtswidrige Inhalte im Internet S. 69; Hilgendorf/Frank/Valerius, Computerund Internetstrafrecht Rn. 408; Lindemann/Wachsmuth JR 2002, 206, 208; Hörnle in MünchKomm-StGB 2. Aufl. § 184b Rn. 23; Perron/Eisele in Schönke/Schröder 28. Aufl. § 184b Rn. 6). Das Posten einer kinderpornografischen Datei als Zugangsvoraussetzung stellt letztlich nur ein bloßes Scheinhindernis für pädophile Nutzer dar, die regelmäßig bereits im Besitz entsprechender Dateien sind oder sich diese beschaffen können.
15
b) Zutreffend hat das Landgericht weiter angenommen, dass das eigene Posten von Links auf kinderpornographische Dateien in den zu dem "S. "-Board gehörenden Chats den Tatbestand des bandenmäßigen Unternehmens des Drittbesitzverschaffens kinderpornographischer Schriften (§ 184b Abs. 2, Abs. 3 Alt. 2 StGB) erfüllt.
16
aa) Das Unternehmen des Drittbesitzverschaffens an einer kinderpornographischen Datei erfasst alle mit der Besitzübertragung und -begründung verbundenen Aktivitäten, auch wenn diese sich noch im Versuchsstadium befinden (§ 11 Nr. 6 StGB). Soweit im Übersenden von Links auf kinderpornographische Dateien noch kein Unternehmen des Besitzverschaffens i.S.v. § 184b Abs. 2 StGB gesehen wird (vgl. Hilgendorf/Frank/Valerius, Computer- und Internetstrafrecht Rn. 421; Hörnle in MünchKomm-StGB 2. Aufl. § 184b Rn. 30; Perron/Eisele in Schönke/Schröder StGB 28. Aufl. § 184b Rn. 10; Schreibauer, Pornographieverbot S. 310; a.A. Matzky ZRP 2003, 167, 168), folgt dem der Senat nicht.
17
bb) Das Übersenden eines Links zielt darauf, dem Nutzer Besitz an dem kinderpornografischen Material zu verschaffen. Besitz an einer kinderpornographischen Datei erlangt, wer die Verfügungsgewalt über das Speichermedium hat, auf dem diese sich befindet (vgl. König, Kinderpornografie im Internet Rn. 250; Schreibauer, Pornographieverbot S. 309). Dateien werden bei ihrem Aufruf im Internet regelmäßig im Cache-Speicher der Festplatte gespeichert. Mit diesem Speichern einer Datei im Cache-Speicher erlangt der Nutzer hieran Besitz - sofern er sich des Vorhandenseins dieser Daten bewusst ist - da es ihm möglich ist, diese jederzeit wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht werden (BGH NStZ 2007, 95; vgl. auch Gercke, Praxishandbuch Internetstrafrecht Rn. 332; Hilgendorf/Frank/Valerius, Computer- und Internetstrafrecht Rn. 419; König, Kinderpornografie im Internet Rn. 250; Hörnle in MünchKomm-StGB 2. Aufl. § 184b Rn. 38 f.; Schreibauer, Pornographieverbot S. 309).
18
Drittbesitzverschaffen setzt zwar grundsätzlich - in Abgrenzung zum eigenen Sichverschaffen des Nutzers - voraus, dass die Handlung des Täters direkt und unmittelbar auf die Besitzverschaffung des Dritten gerichtet ist. Bedarf es aber - wie hier - nur noch einer geringfügigen Mitwirkungshandlung des Empfängers selbst, der lediglich den Link anklicken muss, um die tatsächliche Herrschaft über die kinderpornografischen Dateien zu erlangen, und ist aufgrund der gerade auf den Austausch und die Übermittlung solcher Daten gerichtete Kommunikation in einem Chat mit einer alsbaldigen Inanspruchnahme des Downloadangebots zu rechnen, ist es ohne Bedeutung, dass der letzte Schritt zur eigentlichen Besitzerlangung in der Hand des Nutzers liegt. Ob dies auch so zu sehen wäre, wenn statt eines Links die selbst in den Browser einzugebende Adresse für kinderpornografische Dateien in den Chat eingestellt wird, braucht der Senat an dieser Stelle nicht zu entscheiden.
19
Danach bedeutet es für das Unternehmen des Drittbesitzverschaffens keinen Unterschied, ob der Täter dem Nutzer die Daten etwa per E-Mail mit entsprechendem Anhang (dazu vgl. Hilgendorf/Frank/Valerius, Computer- und Internetstrafrecht Rn. 421; Fischer StGB 59. Aufl. § 184b Rn. 15; Hörnle in MünchKomm-StGB 2. Aufl. § 184b Rn. 30) übermittelt oder ob er diesem die Möglichkeit des Zugriffs auf diese - wie vorliegend - durch Übermitteln eines anzuklickenden Links verschafft hat. Auch für die Tathandlung des Verbreitens i.S.v. § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB macht es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 47, 55, 59 f.) keinen rechtlich relevanten Unterschied, ob der Anbieter dem Nutzer die Dateien explizit zusendet (Upload) oder der Nutzer diese durch Aktivieren eines Links anfordert (Download). Die Angeklagten , denen angesichts ihrer speziellen Computerkenntnisse und ihrer mehrjäh- rigen Erfahrung im Aufbau kinderpornographischer Seiten im Internet die Speichervorgänge in den Cache-Speichern bekannt waren, haben nach alledem mit der Übermittlung der Links nach ihrer Vorstellung alles Erforderliche getan und es damit unternommen, den Nutzern Besitz hieran zu verschaffen.
Ernemann Appl Berger Krehl Ott

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 192/11
vom
13. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Juli 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten L. gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 12. Januar 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass gegen diesen Angeklagten im Fall II 42 der Urteilsgründe eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und in den Fällen II 48 und 49 der Urteilsgründe jeweils eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt wird. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 63 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision hat nur zum Strafausspruch in den Fällen II 48 und 49 der Urteilsgründe Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Revision rügt zu Recht, dass das Landgericht in den Fällen II 48 und 49 bei einem Schadensbetrag von je 60.000 Euro die Einzelfreiheitsstrafen mit zwei Jahren und zwei Monaten unzutreffend beziffert hat, da entsprechend der von ihm bei der Einzelstrafbemessung vorgenommenen Staffelung (UA S. 24) bei einem Schadensbetrag bis 75.000 Euro lediglich Einzelstrafen von zwei Jahren festzusetzen gewesen wären. Der Senat ist nicht gehindert, in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO für jeden der beiden Fälle eine Einzelstrafe von zwei Jahren festzusetzen. Der Senat kann mit Rücksicht auf Anzahl und Höhe der Einzelstrafen sicher ausschließen, dass die Gesamtstrafe ohne den Fehler geringer ausgefallen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - 4 StR 595/10).
3
Im Übrigen hat es die Kammer versäumt, im Fall II 42 eine Einzelstrafe zu bestimmen. Der Senat kann im Hinblick auf den gleich hohen Schaden wie im Fall II 41 ausschließen, dass das Landgericht im Fall II 42 eine andere Strafe als die dort ausgeurteilte von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt hätte und holt die unterbliebene Festsetzung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - 4 StR 557/10 mN).
4
Dadurch, dass das Landgericht im Fall II 16 trotz eines Schadens von mehr als 20.000 Euro eine Einzelstrafe von lediglich einem Jahr verhängt hat, ist der Angeklagte nicht beschwert.
5
Der geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt eine Kostenteilung nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.

Appl Schmitt Berger Krehl Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 557/10
vom
16. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 16. Dezember 2010
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 13. Juli 2010, soweit es diesen Angeklagten betrifft,
a) insoweit ergänzt, als eine Einzelstrafe von einem Jahr und elf Monaten Freiheitsstrafe festgesetzt wird,
b) im Gesamtstrafenausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr elf Monaten und einer Woche verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten N. und die Revision des Angeklagten E. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des schweren Raubes schuldig gesprochen und gegen den Angeklagten E. die Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten sowie gegen den Angeklagten N. unter Einbeziehung der Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu 10 Euro aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Köthen vom 8. April 2009 die "Gesamtstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe" verhängt. Die Vollstreckung beider Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten , mit denen jeweils die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Das Rechtsmittel des Angeklagten N. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; die weiter gehende Revision des Angeklagten N. sowie das Rechtsmittel des Angeklagten E. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat zu den Schuldsprüchen und zum Strafausspruch gegen den Angeklagten E. keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Dagegen erweist sich der gegen den Angeklagten N. ergangene Strafausspruch als fehlerhaft.
3
Die Strafkammer hat nach rechtsfehlerfreier Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte gegen den Angeklagten N. unter Einbeziehung der Geldstrafe von 10 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Köthen vom 8. April 2009 eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, die sie in der Urteilsformel als Gesamtstrafe bezeichnet. Damit hat das Landgericht eine Gesamtstrafe gebildet , ohne auf eine Einzelstrafe für die abgeurteilte Raubtat erkannt zu haben. Die unterbliebene Festsetzung der Einzelstrafe kann der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachholen. Das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) steht nicht entgegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. März 2010 - 4 StR 68/10 und vom 14. Januar 1998 - 2 StR 606/97, BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 10 mwN). Dem ergänzend eingeholten Antrag des Generalbundesanwalts folgend erkennt der Senat auf die Einzelfrei- heitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten. Angesichts der von der Strafkammer ausgesprochenen Gesamtstrafe von zwei Jahren und der Höhe der einbezogenen Geldstrafe von zehn Tagessätzen ist sicher auszuschließen, dass das Landgericht eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte. Da als Gesamtstrafe nach § 54 Abs. 1 Satz 2, § 54 Abs. 2 Satz 1, § 39 StGB allein die Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr elf Monaten und einer Woche in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 4 StR 478/09; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 39 Rn. 6), kann der Senat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts auch die Gesamtstrafenbildung selbst vornehmen.
4
Der geringfügige Teilerfolg der Revision des Angeklagten N. rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Bender