Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2004 - XII ZB 11/04

bei uns veröffentlicht am19.05.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 11/04
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen vom 1. Dezember 2003 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Wert: 3.302 €

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 8. Juli 2003, der Beklagten zugestellt am 24. Juli 2003, einen Vergleich der Parteien über die Leistung nachehelichen Unterhalts abgeändert. Die Beklagte hat hiergegen am 25. August 2003 (Montag ) Berufung eingelegt und diese mit einem am 25. September 2003 (Donnerstag ) eingegangenen Schriftsatz vom 23. September 2003 begründet. Hinsichtlich der Berufungsbegründungsfrist hat sie am 26. September 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und geltend gemacht, daß die Fristversäumung in der Kanzlei ihres Prozeßbevollmächtigten durch ein Versehen der dort tätigen zuverlässigen Rechtsanwaltsgehilfin verursacht worden sei, das ihr nicht zugerechnet werden könne. Die Berufungsbegründungs-
frist sei für den 24. September 2003, die Vorfrist für den 23. September 2003 in den Fristenkalender eingetragen worden. Die Berufungsbegründung sei am 23. September 2003 geschrieben und vom Prozeßbevollmächtigten der Beklagten unterschrieben worden; mit der Entgegennahme der unterschriebenen Berufungsbegründung habe die Rechtsanwaltsgehilfin die Vorfrist gelöscht und abends die Berufungsbegründung einkuvertiert und in die Postausgangsmappe gelegt. Den Umschlag habe die Rechtsanwaltsgehilfin - was dieser bekannt sei und auch stets von ihr umgesetzt werde - dem Prozeßbevollmächtigten persönlich übergeben sollen, damit dieser sie am 24. September 2003 in den Briefkasten des Oberlandesgerichts einwerfe. Da der Prozeßbevollmächtigte am 24. September 2003 nur von 16.45 Uhr bis 16.55 Uhr in seiner Kanzlei gewesen sei, habe die Rechtsanwaltsgehilfin es unterlassen, den Umschlag mit der Berufungsbegründung aus der Postausgangsmappe zu nehmen und ihn dem Prozeßbevollmächtigten zwecks Einwurfs in den Nachtbriefkasten des Oberlandesgerichts zu übergeben. Auch der Prozeßbevollmächtigte habe keine Nachschau gehalten, ob Poststücke des Vortags in der Sammelmappe für die persönliche Verbringung verblieben waren. Die Berufungsbegründungsfrist habe die Rechtsanwaltsgehilfin "abgehakt", weil der Prozeßbevollmächtigte sämtliche Post unterschrieben habe und diese auf den Postweg gegeben worden sei. Die Rechtsanwaltsgehilfin hat die Richtigkeit dieses Vortrags an Eides statt versichert. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber nicht zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsordnung fordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht. Die Beklagte ist weder in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz noch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das Oberlandesgericht hat vielmehr im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und deren Berufung folglich als unzulässig verworfen. Gemäß §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO darf der Beklagten nur dann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn ihren Prozeßbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kein Verschulden trifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß ein Rechtsanwalt bei der Organisation der Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze die Vorkehrungen treffen, die geeignet sind, eine Versäumung der Rechtsmittelbegründungsfrist bei normalem Geschäftsgang aller Voraussicht nach zu vermeiden (vgl. etwa BGH Beschluß vom 22. November 1990 - VII ZB 11/90 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 14). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Vortrag der Beklagten läßt, wie das Oberlandesgericht zu Recht anmerkt , nicht zweifelsfrei erkennen, ob das in der Kanzlei ihres Prozeßbevollmächtigten tätige Personal Fristsachen, die der Prozeßbevollmächtigte nach der in seiner Kanzlei bestehenden Übung selbst in die betreffenden Gerichtsbriefkästen einwirft, dem Prozeßbevollmächtigten von Hand zu Hand zu übergeben hatte oder ob der von dem Prozeßbevollmächtigten angeordneten "persönlichen Aushändigung" bereits dann entsprochen war, wenn die Fristsachen für ihn zur Mitnahme in der Postausgangsmappe bereitgelegt wurden. Die Fra-
ge kann dahinstehen; denn in beiden Varianten ergibt das Vorbringen der Beklagten nicht, daß ihr Prozeßbevollmächtigter frei von einem Verschulden an der Fristversäumung ist. Bedurfte es nach den in der Kanzlei geltenden Anweisungen einer von Hand-zu-Hand-Aushändigung fristgebundener Schriftsätze an den Prozeßbevollmächtigten zwecks Einwurfs in den Nachtbriefkasten des Oberlandesgerichts, hätte durch Anweisungen sichergestellt werden müssen, daß die Notfrist im Fristenkalender erst gelöscht werden darf, wenn die erforderliche Übergabe des fristgebundenen Schriftsatzes von Hand-zu-Hand erfolgt war; denn erst dann wäre alles seitens der Kanzlei Erforderliche getan, um die Post fristgerecht auf den Weg zu bringen. Eine solche Anweisung ist nicht vorgetragen ; ihr Fehlen wäre ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten , das sich die Beklagte zurechnen lassen müßte. Durfte sich das Kanzleipersonal dagegen nach den ihm erteilten Anweisungen darauf beschränken , fristgebundene Schriftsätze zur Beförderung durch den Prozeßbevollmächtigten in der dafür vorgesehenen Postausgangsmappe bereitzulegen, hätte der Prozeßbevollmächtigte sich durch eigene Nachschau davon überzeugen oder mittels anderer geeigneter Vorkehrungen sicherstellen müssen, daß für ihn zur Mitnahme bereitgelegte fristgebundene Schriftstücke rechtzeitig von ihm entnommen werden und nicht - wie geschehen - über den Fristablauf hinaus in der Postausgangsmappe verbleiben. Das Unterlassen einer solchen Nachschau bei gleichzeitigem Fehlen anderweitiger Vorkehrungen stellte sich dann als ein eigenes Fehlverhalten des Prozeßbevollmächtigten dar, das der
Beklagten ebenfalls zugerechnet würde (vgl. zum Ganzen Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 1993 - XII ZB 155/93 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 31 und vom 27. November 1996 - XII ZB 177/96 - BGHR aaO Ausgangskontrolle 8 sowie vom 5. Juli 2000 - XII ZB 112/99 - nicht veröffentlicht). Hahne RiBGH Sprick ist urlaubs- Weber-Monecke bedingt verhindert zu unterschreiben Hahne Wagenitz Dose

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2000 - XII ZB 112/99

bei uns veröffentlicht am 05.07.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 112/99 vom 5. Juli 2000 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick, WeberMonecke und Prof. Dr.

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 112/99
vom
5. Juli 2000
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juli 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick, WeberMonecke
und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 30. Juni 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Wert: 46.109 DM.

Gründe:

I.

Die Beklagten haben gegen das ihnen am 23. Februar 1999 zugestellte Urteil des Landgerichts am 23. März 1999 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist lief nach Verlängerung am 25. Mai 1999 ab. Am 31. Mai 1999 haben die Beklagten die Berufung begründet und zugleich um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gebeten, weil sie diese schuldlos versäumt hätten. Dazu haben die Beklagten unter Vorlage einer anwaltlichen Versicherung ihres Prozeßbevollmächtigten sowie einer eidesstattlichen Versicherung seiner Büroangestellten G. v orgetragen: Die Berufungsbegründung sei am 25. Mai 1999 von ihrem Prozeßbevollmächtigten fertiggestellt und unterschrieben worden. Sowohl die Übertragung des Diktats als auch die Fristenkontrolle seien von Frau
Güthoff-Wehr, einer ausgebildeten und zuverlässigen Rechtsanwalts- und Notargehilfin mit langjähriger beruflicher Erfahrung, ausgeführt worden. Frau Güthoff-Wehr habe am 25. Mai 1999 schlichtweg vergessen, die Berufungsbegründung mitzunehmen und in den Nachtbriefkasten des Oberlandesgerichts einzuwerfen; der Schriftsatz habe am nächsten Tag noch dort gelegen, wo er am Tag zuvor bereitgelegt worden sei. Die Fristenkontrolle erfolge im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten EDV-gestützt. Die Erledigung der einzelnen Fristen werde dergestalt sichergestellt, daß EDV-Ausdrucke über die an den einzelnen Tagen ablaufenden Fristen hergestellt würden. Auf diesen Ausdrucken werde die Erledigung der Fristen von der zuständigen Mitarbeiterin kontrolliert und vermerkt. Es bestehe die strikte Anweisung, daß die an dem jeweiligen Tag für die Fristenkontrolle zuständige Mitarbeiterin erst "Feierabend habe", wenn sämtliche Fristen erledigt seien und dies aus einem entsprechenden Vermerk auf dem Ausdruck hervorgehe. Im vorliegenden Fall sei der Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf dem Fristenausdruck vom 25. Mai 1999 aufgeführt gewesen. Da die Erledigung regelmäßig von der Mitarbeiterin vermerkt werde, die z.B. einen Schriftsatz zum Nachtbriefkasten bringe, und zwar unmittelbar bevor sie das Büro verlasse, sei infolge eines einmaligen Versehens auch der Erledigungsvermerk unterblieben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten die begehrte Wiedereinsetzung versagt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beruhe letztlich auf einem Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten, das darin liege, daß in seinem Büro keine Endkontrolle vorgesehen sei, die sicherstelle, daß fristwahrende Schriftsätze nicht nur tatsächlich gefertigt, sondern auch abgesandt würden.

II.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Das Vorbringen der Beklagten ist nicht geeignet, ein ihnen gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten an der Fristversäumung auszuschließen. 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozeßbevollmächtigten, dafür zu sorgen, daß ein fristgebundener Schriftsatz hergestellt wird und rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Prozeßbevollmächtigte eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren. Er muß sicherstellen, daß die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist (Senatsbeschlüsse vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 84/90 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 1; vom 8. Dezember 1993 - XII ZB 155/93 - BGHR aaO Fristenkontrolle 31; BGH, Beschluß vom 14. März 1996 - III ZB 13/96 - BGHR aaO Ausgangskontrolle 5 und vom 9. September 1997 - IX ZB 80/97 - NJW 1997, 3446, 3447). Darüber hinaus muß der Anwalt anordnen, die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH, Beschlüsse vom 14. März 1996 aaO; vom 8. April 1997 - VI ZB 8/97 - NJW 1997, 2120, 2121; Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1990 aaO). Dabei gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle eine Anordnung des Prozeßbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, daß von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht wor-
den sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH, Beschluß vom 2. Dezember 1996 - II ZB 19/96 - NJW-RR 1997, 562). 2. Ob im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten eine diesen Anforderungen genügende Fristenkontrolle organisiert war, erscheint nach dem Vorbringen der Beklagten zweifelhaft. Danach bleibt bereits offen, bei welchem Stand der Bearbeitung eine Fristsache in dem erstellten EDV-Ausdruck als erledigt zu kennzeichnen ist, so daß nicht beurteilt werden kann, ob die fristwahrende Maßnahme büromäßig abschließend ausgeführt worden ist. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, daß eine Überprüfung der Erledigung erstmals im Rahmen der abendlichen Ausgangskontrolle stattfindet. Dafür spricht auch das Vorbringen der Beklagten in ihrem Wiedereinsetzungsantrag. Nach ihrer Darlegung , die Erledigung werde regelmäßig von der Mitarbeiterin vermerkt, die z.B. einen Schriftsatz zum Nachtbriefkasten bringe, und zwar unmittelbar bevor sie das Büro verlasse, entspricht es offensichtlich der anwaltlichen Anordnung, wenn die Erledigung einer Fristsache erst zu diesem Zeitpunkt vermerkt wird. Unter diesen Umständen kann indessen auch die gesamte Erledigungskontrolle erst am Ende eines Arbeitstages stattfinden. Es erscheint fraglich, ob in diesem Fall die pauschale anwaltliche Anordnung , daß "Feierabend" erst sei, wenn sämtliche Fristen erledigt seien und dies aus einem Vermerk aus dem EDV-Vordruck hervorgehe, für eine funktionsfähige Fristenkontrolle ausreicht. Angesichts der erforderlichen umfangreichen Prüfungen könnte es einer spezifizierten Anordnung bedürfen, aus der sich ergibt, daß und wie die Erledigung jeder einzelnen Sache zu überprüfen ist, etwa durch einen Vergleich der gefertigten Schriftsätze mit dem EDV-Ausdruck, damit die einzelnen Arbeitsschritte in der abendlichen Eile
nicht vernachlässigt werden. Ob das Unterlassen einer derartigen Anordnung bereits einen Schuldvorwurf rechtfertigt, kann aber letztlich dahinstehen. 3. Zur Sicherung der Fristwahrung muß jedenfalls Vorsorge dafür getroffen werden, daß die für das Gericht bestimmte Post auch tatsächlich noch am selben Tag zum Gericht gelangt (Senatsbeschluß vom 8. Dezember 1993 aaO und vom 27. November 1996 - XII ZB 177/96 - BGHR aaO Ausgangskontrolle 8). Diesem Erfordernis kann organisatorisch grundsätzlich dadurch Rechnung getragen werden, daß ein besonderes Fach vorgesehen wird, das ausschließlich zum Ablegen eilbedürftiger, nach Dienstschluß durch einen Mitarbeiter oder Boten zuzustellender Gerichtspost bestimmt ist, verbunden mit der allgemeinen Weisung, darin befindliche Schriftsätze nicht ohne Rücksprache mit dem sachbearbeitenden Anwalt zu anderen Zwecken als dem der Zustellung zu entnehmen (Senatsbeschluß vom 15. Februar 1995 - XII ZB 229/94 - BGHR aaO Fristenkontrolle 39). Daß ihr Prozeßbevollmächtigter sein Büro dementsprechend organisiert hätte, haben die Beklagten in dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargetan. Erst mit der sofortigen Beschwerde haben sie vorgetragen, im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten bestehe die Anweisung, die Fristsachen in dem dafür bestimmten roten Fristenkörbchen bereitzulegen. Dieses Vorbringen kann indessen nicht berücksichtigt werden. Zwar kann nach § 570 ZPO eine Beschwerde grundsätzlich auch auf neue Tatsachen gestützt werden. Soweit sich die Beschwerde jedoch gegen einen die Wiedereinsetzung ablehnenden Beschluß richtet, ist zu beachten, daß alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO) vorgetragen werden müssen. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige
Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten war, dürfen nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (st.Rspr., vgl. z.B. Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1990 aaO m.N.). In diesem Bereich hält sich das Beschwerdevorbringen der Beklagten indessen nicht. Vielmehr schieben sie neuen Vortrag über eine büroorganisatorische Maßnahme nach, auf deren Außerachtlassung das Oberlandesgericht die Versagung der beantragten Wiedereinsetzung gestützt hat (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 20. Mai 1992 - XII ZB 43/92 - BGHR ZPO § 234 Abs. 1 Begründung 6 und vom 17. Oktober 1990 aaO). Abgesehen davon wäre das nachträgliche Vorbringen der Beklagten auch nicht geeignet, das Bestehen zur Fristsicherung ausreichender Maßnahmen darzutun. Da davon auszugehen ist, daß die Erledigungskontrolle insgesamt am Ende eines Arbeitstages erfolgen darf (siehe oben unter 2.), müssen die Fristsachen zu diesem Zweck dem roten Fristenkörbchen entnommen und neben der Kontrolle der Erledigung auch auf ihre korrekte Abfassung, etwa das Vorhandensein von Anlagen, die Unterzeichnung durch den Anwalt und dergleichen , überprüft werden. Erforderlich ist deshalb eine anwaltliche Anordnung , die gleichwohl den rechtzeitigen Eingang bei Gericht gewährleistet und verhindert, daß Schriftsätze im Zuge der erforderlichen Kontrolle an einer Stelle
abgelegt werden, an der ihre Mitnahme vergessen werden kann. Zu diesem Zweck hätte etwa eine Anordnung erfolgen können, daß die kontrollierten Schriftsätze in einen bestimmten Korb zu legen sind und - ohne entsprechende Weisung - erst unmittelbar zum Zweck der Beförderung zum Gericht wieder herausgenommen werden dürfen (vgl. auch BGH Beschluß vom 9. September 1997 aaO). Ohne den hiernach nicht auszuschließenden Organisationsmangel wäre die Berufungsbegründung möglicherweise noch rechtzeitig zum Oberlandesgericht gelangt.
Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz