Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2010 - X ZR 43/09

bei uns veröffentlicht am21.10.2010
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 42/07, 21.01.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 43/09 Verkündet am:
21. Juni 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Integrationselement
PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4, § 22 Abs. 1 Satz 1; EPÜ Art. 138 Abs. 1 lit. c
Eine die Nichtigerklärung des Patents rechtfertigende Abwandlung des ursprünglich
offenbarten Gegenstands zu einem Aliud liegt nicht erst dann vor, wenn der patentierte
Gegenstand dazu in einem Ausschließlichkeitsverhältnis steht (exklusives
Aliud), sondern bereits dann, wenn die Veränderung einen technischen Aspekt betrifft
, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung
oder wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen
ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 Xa ZB 14/09, GRUR 2011,
40 Rn. 22 Winkelmesseinrichtung).
BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - X ZR 43/09 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juni 2011 durch den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens sowie die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 21. Januar 2009 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 43 30 031 (Streitpatent ), das am 6. September 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 93 03 214 vom 5. März 1993 angemeldet worden ist und das die Beklagte mit ihrer Nichtigkeitsklage in erster Linie wegen Hinausgehens über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung (unzulässige Erweiterung) und außerdem gestützt auf den Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit angegriffen hat. Das Streitpatent umfasst fünf Patentansprüche , deren erster - mit durch Fettdruck, Streichungen und Setzung von Klammern kenntlich gemachten Abweichungen von den Anmeldungsunterlagen - lautet: "SchaltungsaAnordnung zur Integration von EDV-Systemen bei der Benutzung von und Telefonanlagen, die an das öffentliche Telefonnetz ISDN angeschlossen sind, bestehend aus den Telefonanlagen (2, 11, 13), die über die Leitung (a) und die intelligente TKA (Telefonanlage) (3) mit dem öffentlichen Telefonnetz (ISDN) (1) mit CLI (Calling Line Identifikation), z.B. ISDN oder Euro-ISDN, direkt verbunden sind, dem LAN (9) dem LAN-Server (10) und einem Integrationselement (5), das zwischen der intelligenten TKA (Telefonanlage) (3) und den EDVA'n PC (4, 12, 14) angeordnet ist und das aus einem Rechnersystem (6) aus einer Softwareschicht (7) einem SDLC- oder ISDN- oder Euro-ISDN-Verbindungselement (8) mit einer internen Software besteht und einmal über das SDLC- oder ISDN- Verbindungselement (8) mittels Leitung (b) von dem öffentlichen Telefonnetz mit CLI (1), z.B. ISDN oder Euro-ISDN, über die intelligente TKA (Telefonanlage) (3) Signale empfängt und Signale zurück an das öffentliche Telefonnetz mit CLI (1) gibt und zum anderen über die Leitung (c) das LAN (9), das durch die Leitung (d) mit dem LAN-Server (10) verbunden ist, und über die Leitung (e) einen Datensatz, mit entsprechenden Informationen versehen, an die EDVA'n PC (4, 12, 14) übergibt und den Datensatz der EDVA'n PC (4, 12, 14) wieder empfängt, wobei die Umwandlung der Signale in den Datensatz und umgekehrt vom Integrationselement (5) durch das ein Rechensystem Rech- nersystem (6), welches an der intelligenten TKA platziert ist oder in der intelligenten TKA platziert werden kann, durch eine Softwareschicht (7) und durch ein SDLCVerbindungselement (8) mit einer internen Software vorgenommen wird., wobei die Softwareschicht (7) und das Verbindungselement (8) mit der internen Software integrierter Bestandteil des LANServers (10) sein kann, dass das Integrationselement (5) mittels Rechnersystems (6), der Softwareschicht (7) und dem Verbindungselement (8) und dessen Wirkverbindung mit den EDV-Systemen und Telefon- anlagen Rufnummern aus der CLI der Netzwerkanwendung bereitstellt, dass alle Einrichtungen der intelligenten TKA die rufnummern- und leitungsorientiert definiert sind, durch das Integrationselement (5) erreichbar und interne Rufnummern permanent überwachbar sind und bei Zustandswechseln von diesem gemeldet werden dass (wobei) das Integrationselement eine bestimmte Kennung für die Identifikation, welche durch das öffentliche Telefonnetz geliefert wird, an einen oder mehrere Teilnehmer routet , so dass an zwei oder mehreren Bildschirmen der EDVA'n die Daten angezeigt werden können, dass mittels des Integrationselements (5) alle über dieses Element integral verbundenen Teilnehmer erkennbar, dem LAN-Server (10) zur Archivierung zuführbar sind und auswertbar zur Verfügung stehen und dass jeder gerufene Teilnehmer unter Zuordnung seiner Identifikation jederzeit an einer beliebigen Station erreichbar ist, indem er sich an einer beliebigen Station im LAN (9) unter seiner Identifikation anmeldet."
2
Die Klägerin hat beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären. Die Beklagte hat das Streitpatent durch Beigabe einer Beschränkungserklärung zu Patentanspruch 1 verteidigt, derzufolge dieser eine unzulässige Erweiterung darstellt, aus welcher Rechte nicht hergeleitet werden können, soweit er über folgende Fassung von Anspruch 1 hinausgeht, an die sich die erteilten Patentansprüche 2 bis 5 anschließen sollen: "Anordnung zur Integration von EDV-Systemen und Telefonanlagen ISDN, die an das öffentliche Telefonnetz angeschlossen sind, bestehend aus - den Telefonapparaten (2; 11; 13), die über eine Leitung (a) und eine intelligente Telefonanlage (3) mit dem öffentlichen Telefonnetz ISDN, direkt verbunden sind, - dem LAN (9), - dem LAN-Server (10) und - einem Integrationselement (5), das zwischen der intelligenten Telefonanlage (3) und den EDVA'n (4; 12; 14) angeordnet ist, aus einem Rechnersystem (6), aus einer Softwareschicht (7) und aus einem SDLC- Verbindungselement (8) mit einer internen Software besteht und einmal über das SDLC- Verbindungselement (8) mittels Leitung (b) von dem öffentlichen Telefonnetz ISDN, über die intelligente TKA (3) Signale empfängt und Signale zurück an das öffentliche Telefonnetz gibt und zum anderen über die Leitung (c) das LAN (9), das durch die Leitung (d) mit dem LAN-Server (10) verbunden ist und über die Leitung (e) einen Datensatz, mit entsprechender Information versehen , an die EDVA'n (4; 12; 14) übergibt und den Datensatz der EDVA'n (4; 12; 14) wieder empfängt, wobei die Umwandlung der Signale in den Datensatz und umgekehrt vom Integrationselement (5) durch das Rechnersystem (6), durch eine Softwareschicht (7) und durch das Verbindungselement (8) mit einer internen Software vorgenommen wird."
3
Im Übrigen hat die Beklagte Klageabweisung begehrt und das Streitpatent hilfsweise mit weiteren Beschränkungserklärungen verteidigt.
4
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie das Streitpatent nur noch im Umfang von Patentanspruch 1 verteidigt und insoweit Klageabweisung beantragt. Des Weiteren verteidigt sie Patentanspruch 1 hilfsweise nach Maßgabe einer Beschränkungserklärung, die hinsichtlich Patentanspruch 1 der vor dem Patentgericht abgegebenen entspricht, ohne als Erklärung nach Art eines Disclaimers formuliert zu sein und die darüber hinaus die Beschreibung einbezieht. Wegen des vollständigen Wortlauts dieser Antragsfassung und der weiteren Hilfsanträge wird auf die Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
6
I. Das Streitpatent betrifft eine Anordnung zur Integration von EDVSystemen und von an das öffentliche digitale Telefonnetz ISDN oder EUROISDN angeschlossenen Telefonanlagen.
7
In der Beschreibung wird ausgeführt, mit der Entwicklung der Datenverarbeitung habe sich der dazu erforderliche Kommunikationsbedarf erhöht. Für die Integration von Sprach- und Datenkommunikationssystemen, für die bislang nur Teil- und Insellösungen verwirklicht worden seien, müsse eine wirtschaftliche Lösung gefunden werden. Der geschäftliche Kontakt zwischen einem Telefonanrufer und seinem Gesprächspartner vollziehe sich üblicherweise in der Weise, dass zunächst Daten und Informationen ausgetauscht würden, die zur gegenseitigen Identifikation notwendig seien und die Basis der nachfolgend gewünschten Sprach- und Datenkommunikation des Anrufers bildeten. Der angerufene Gesprächspartner ermittle die den Anruf betreffenden Daten und Informationen über seinen Computer oder speichere dort zusätzliche Angaben des Anrufers. Stelle sich heraus, dass weitere Daten und Informationen benötigt würden, die nicht beim angerufenen Gesprächspartner anlägen, müsse der zuständige Bearbeiter in gleicher Weise einbezogen werden. Eine solche Sprach- und Datenkommunikation sei zu zeitaufwendig und berge die Gefahr in sich, dass durch die Sprachübermittlung und die manuelle Bedienung des Computers unvollständige oder fehlerhafte Informationen übermittelt würden; weiterhin sei kein datengesteuerter Verbindungsaufbau mit verschiedenen Vermittlungsfunktionen (vgl. Streitpatentschrift Sp. 2 Z. 35) möglich. Die deutsche Offenlegungsschrift 41 01 885 offenbare eine aus einer Vermittlungsanlage mit Endgeräten bestehenden Telekommunikationsanlage, die zur erleichterten oder zusätzlichen Abwicklung von computergestützten Kommunikationsdiensten an einen Computer angeschlossen sei, der eine Schnittstelle aufweise , welche nicht für Telekommunikationsdienste, sondern externe Computerdienste vorgesehen sei. Daran sei nachteilig, dass nicht alle Funktionen der Telekommunikationsanlage von jedem dem Netz zugehörigen Computer aus genutzt und bedient werden könnten und dass nicht von jedem zu diesem Netz gehörigen Computer jede Art von Kommunikation (Sprach- und Datenkommu- nikation) erzeugt werden könne. Im Übrigen sei auch diese vorgeschlagene Lösung zu zeitaufwendig und mit der Gefahr der Übermittlung fehlerhafter Informationen verbunden.
8
Nach Angaben des Streitpatents sollen die Nachteile des Standes der Technik beseitigt werden. Dafür schlägt Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung eine Anordnung zur Integration von EDV-Systemen und Telefonanlagen vor, die an das öffentliche Telefonnetz angeschlossen sind (in eckigen Klammern Gliederungspunkte des Patentgerichts), 1. bestehend aus 1.1 [2.1] den Telefonapparaten (2, 11, 13), 1.1.1 die über die Leitung (a) und die intelligente TKA

(3)

1.1.2 mit CLI (Calling Line Identifikation), z.B. ISDN oder Euro-ISDN, 1.1.3 mit dem öffentlichen Telefonnetz (1) direkt verbunden sind, 1.2 [2.2] dem LAN (9) 1.3 [2.3] dem LAN-Server (10) und 1.4 [2.4] einem Integrationselement (5), 1.4.1 das zwischen der intelligenten TKA (3) und den EDVA'n (4, 12, 14) angeordnet ist und 1.4.2 bestehend aus: 1.4.2.1 einem Rechnersystem (6) 1.4.2.1.1 welches an der intelligenten TKA platziert ist
1.4.2.1.2 oder in der intelligenten TKA platziert werden kann, 1.4.2.2 aus einer Softwareschicht (7) 1.4.2.3 einem SDLC- oder ISDN- oder EuroISDN -Verbindungselement (8) mit einer internen Software 1.4.2.4 [2.4.7.1] wobei die Softwareschicht (7) und das Verbindungselement (8) mit der internen Software integrierter Bestandteil des LAN-Servers (10) sein kann, 1.4.3 [2.4.3, 2.4.4] und das zum einen über das SDLCVerbindungselement (8) mittels Leitung (b) von dem öffentlichen Telefonnetz mit CLI (1), z.B. ISDN oder Euro-ISDN, über die intelligente TKA (3) Signale empfängt und Signale zurück an das öffentliche Telefonnetz mit CLI (1) gibt 1.4.4 [2.4.5] und zum anderen über die Leitung (c), das LAN (9), das durch die Leitung (d) mit dem LANServer (10) verbunden ist, und über die Leitung (e) einen Datensatz, mit entsprechenden Informationen versehen, an die EDVA'n (4, 12, 14) übergibt und den Datensatz der EDVA'n (4, 12, 14) wieder empfängt, wobei 2. [2.4.7] die Umwandlung der Signale in den Datensatz und umgekehrt vom Integrationselement (5) durch das Rechnersystem (6), durch eine Softwareschicht (7) und durch ein Ver-
bindungselement (8) mit einer internen Software vorgenommen wird, wobei 3. [2.4.7.2] das Integrationselement (5) mittels Rechnersystems (6), der Softwareschicht (7) und dem Verbindungselement (8) und dessen Wirkverbindung mit den EDV-Systemen und Telefonanlagen Rufnummern aus der CLI der Netzwerkanwendung bereitstellt, wobei 4. [2.4.7.3 - 2.4.7.5] alle Einrichtungen der intelligenten TKA 4.1 rufnummern- und leitungsorientiert definiert sind, 4.2 durch das Integrationselement (5) erreichbar und 4.3 interne Rufnummern 4.3.1 permanent überwachbar sind und 4.3.2 bei Zustandswechseln von diesem gemeldet werden , wobei 5. [2.4.7.6, 2.4.7.7] das Integrationselement eine bestimmte Kennung für die Identifikation, welche durch das öffentliche Telefonnetz geliefert wird, an einen oder mehrere Teilnehmer routet, so dass an zwei oder mehreren Bildschirmen der EDVA'n die Daten angezeigt werden können,
6. [2.4.7.8] wobei mittels des Integrationselements (5) alle über dieses Element integral verbundenen Teilnehmer 6.1 erkennbar und 6.2 dem LAN-Server (10) zur Archivierung zuführbar sind und 6.3 auswertbar zur Verfügung stehen. und wobei 7. [2.4.7.9] jeder gerufene Teilnehmer unter Zuordnung seiner Identifikation jederzeit an einer beliebigen Station erreichbar ist, indem er sich an einer beliebigen Station im LAN (9) unter seiner Identifikation anmeldet.
9
Die nachfolgend abgebildete Figur 1 des Streitpatents zeigt ein Ausführungsbeispiel.


10
Das öffentliche Telefonnetz ISDN (Integrated Services Digital Network) ist Bestandteil des digitalen nationalen Telekommunikationsnetzes. Bei dem in der Beschreibung (Sp. 2 Z. 50 ff.) erwähnten 1TR6-Protokoll handelt es sich um das Signalisierungsprotokoll des deutschen ISDN. Das in der Beschreibung ebenfalls erwähnte EDSS1-Protokoll, auch Euro-ISDN genannt, wurde übernational erarbeitet, um nationale Standards, wie den 1TR6-Standard in Deutschland , im Interesse des Abbaus von Marktschranken abzulösen.
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Das Integrationselement (5) besteht aus mehreren Komponenten, und zwar einem Rechnersystem - soweit dieses in den Anmeldungsunterlagen als "Rechensystem" bezeichnet ist, handelt es sich um ein für den Fachmann offensichtliches Fassungsversehen -, einer Softwareschicht und aus einem SDLC-(oder ISDN- oder Euro-ISDN-)Verbindungselement mit einer internen Software. Die Abkürzung SDLC (Synchronous Data Link Control) bezieht sich auf ein Datenkommunikationsprotokoll für transparente bitserielle Datenübertragung. Mit dem Begriff "Rechnersystem" wird, wie sich in der Gesamtschau ergibt, die Hardware-Komponente des Integrationselementes bezeichnet, während der Begriff "Softwareschicht" darauf hinweist, dass diese Hardware mit bestimmten Programmen zusammenwirken soll.
12
Der Begriff "routen" wird in Merkmal 5 konkret für eine Funktion des Integrationselements verwendet. Die über die ISDN-Verbindung mitgelieferte Kennung des Anrufers wird danach an die einzelnen Telefonapparate geleitet ("geroutet"), damit in der Folge überall dort die EDV-mäßig gespeicherten Daten des Anrufers eingesehen werden können.
13
II. Das Patentgericht hat in erster Linie angenommen, dass das Streitpatent wegen unzulässiger Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4, § 22 PatG) für nichtig zu erklären sei. Patentanspruch 1 unterscheide sich sachlich vom ursprünglich offenbarten Anmeldungsgegenstand in einer Vielzahl von Merkmalen, die den ursprünglich eingereichten Anmeldungs- und Prioritätsunterlagen nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen seien und deshalb zu einer solchen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung führten. Darüber hinaus machten die mit den Merkmalen 1.4.2.4 und 2. ff. der vorstehenden Merkmalsgliederung beanspruchten Eigenschaften des Integrationselements und dessen Bestandteilen und deren Zusammenwirken mit dem LAN, dem LAN-Server und den Stationen im LAN den Patentgegenstand gegenüber dem Anmeldungsgegenstand zu einem wesensmäßig anderen Gegenstand, in dem das Integrationselement nunmehr als Router in eine Server/Client-Struktur des LAN-Servers und der Stationen im LAN eingebunden sei (Merkmale 5 bis 7), wobei des weiteren auch Bestandteile des Integrationselements, wie Softwareschicht und Verbindungselement mit der dazugehörigen Software integrierter Bestandteil des LAN-Servers sein könnten und in entsprechender Wirkverbindung mit den EDV-Systemen stünden (Merkmale 2 bis 4). Das aus den Anmeldungsunterlagen zu entnehmende Integrationselement verstehe der Fachmann dagegen als eine Schaltungsanordnung, die Signale einer Telekommunikationsanlage in Daten wandele und diese über Leitungen und ein LAN an Personalcomputer weiterleite und umgekehrt Daten der Personalcomputer wieder in Signale wandele , um diese an die Telekommunikationsanlage weiterzuleiten. Für über die vorgenannten Schnittstellen-Funktionalitäten zwischen Telefonnetz und EDVSystemen hinausgehende Funktionalitäten hinsichtlich einer aktiven Einbindung beispielsweise als ein Router in eine Server/Client-Struktur gemäß den Merkmalen 2 und 3, zeigten die Anmeldungsunterlagen dem Fachmann jedoch keine Hinweise auf.
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III. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Das Patengericht hat das Streitpatent im Ergebnis zu Recht für nichtig erklärt (§ 21 Abs. 1 Nr. 4, § 22 Abs. 1, 1. Altern. PatG).
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1. Patentanspruch 1 geht in seiner erteilten Fassung, was die Beklagte nicht in Abrede stellt, in verschiedener Hinsicht über den Inhalt der Anmeldungsunterlagen in ihrer ursprünglich beim Patentamt eingereichten Fassung hinaus. Diese unzulässigen Änderungen lassen sich nicht alle so kompensieren oder durch Streichung aus dem erteilten Anspruch beseitigen, dass das Streitpatent Bestand haben könnte.
16
2. Eine unzulässige Erweiterung ist allerdings nicht darin zu sehen, dass der erteilte Patentanspruch nicht mehr von einer "Schaltungsanordnung zur Integration von EDV-Systemen bei der Benutzung von Telefonanlagen …" spricht, sondern von einer "Anordnung zur Integration von EDV-Systemen und Telefonanlagen".
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Keine unzulässige Erweiterung liegt ferner, wie die Beklagte mit Recht geltend macht, in der Ersetzung des Merkmalselements "Personalcomputer" durch "EDV-Anlage(n)". Es ist zwar richtig, dass der erstere Begriff in den Patentansprüchen verwendet wird, die in den Anmeldungsunterlagen formuliert worden sind und dass das Ausführungsbeispiel in der Beschreibung ebenfalls anhand von "Personalcomputern" erläutert wird. Für den Offenbarungsgehalt maßgeblich sind jedoch die Anmeldungsunterlagen in ihrer Gesamtheit (st. Rspr., vgl. etwa Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910 Rn. 46 - Fälschungssicheres Dokument) und dort ist der - Personalcomputer einschließende - übergeordnete Begriff "EDV-Anlagen" offenbart.
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Offenbleiben kann, inwieweit die Merkmale 1.4.2.4 und 1.4.2.1.2 über den Inhalt der Ursprungsoffenbarung hinausgehen. Sie stellen lediglich fakultative Vorschläge zur Integration der Softwareschicht und des Verbindungselements mit der internen Software in den LAN-Server bzw. zur lokalen Platzierung des Rechnersystems dar, die an der Bestimmung des geschützten Gegenstands nicht teilnehmen.
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3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Patent, dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich einge- reichten Fassung hinausgeht, nicht nach § 21 Abs. 1 Nr. 4, § 22 PatG für nichtig erklärt werden, sondern kann nach § 21 Abs. 2 PatG mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten werden, wenn der Widerrufsgrund nur einen Teil des Patents betrifft. Ist der Gegenstand des Schutzrechts gegenüber dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen in unzulässiger Weise verallgemeinert worden, kann die Beschränkung grundsätzlich dadurch erfolgen , dass die unzulässige Verallgemeinerung aus dem Patentanspruch gestrichen wird (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 ff. - Winkelmesseinrichtung; ebenso EPA, Entscheidung vom 2. Februar 1994 - G 1/93, GRUR Int. 1994, 842 Rn. 11 - beschränkendes Merkmal /Advanced Semiconductor Products).
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Danach ist es unbedenklich, den in der erteilten Fassung verschiedentlich verwendeten Begriff "intelligente Telekommunikationsanlage" (TKA) auf den Begriff "intelligente Telefonanlage" zurückzuführen. In der Verwendung des übergeordneten Begriffs Telekommunikationsanlage liegt eine Verallgemeinerung, die auf das ursprünglich Offenbarte zurückgeführt werden kann.
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Entsprechend verhält es sich beim Merkmal 1.4.2.3, soweit dort, über die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus, zusätzlich ISDN- oder EUROISDN -Verbindungselemente beansprucht werden. Auch darin liegt eine (additive ) Verallgemeinerung, die durch Streichung dieser beiden Varianten beseitigt werden kann.
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Um eine Verallgemeinerung handelt es sich auch bei der Streichung der Buchstabenfolge "ISDN" hinter dem Begriff "Telefonanlagen" eingangs von Patentanspruch 1. Damit werden Telefonanlagen verallgemeinernd beansprucht, wobei dahingestellt bleiben kann, inwieweit andere Techniken, vornehmlich die herkömmliche Analogtechnik, zum Telefonieren für die Lehre des Streitpatents überhaupt nutzbar sein können. Die Verallgemeinerung kann jedoch durch Wiedereinfügung des Begriffs "ISDN" rückgängig gemacht werden, ohne dass dies zu einer unzulässigen Erweiterung des Schutzbereichs (§ 22 Abs. 1, 2. Altern. PatG) führte.
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Auf der Grundlage des vorstehend Ausgeführten zeigt sich, dass auch beim Merkmal 1.1.2, das sich auch im Merkmal 1.4.3 wieder findet, eine rückgängig zu machende Verallgemeinerung vorliegt. Die dort beanspruchte Calling Line Identification ("CLI") ist, wie sich aus der folgenden Erläuterung "zum Beispiel ISDN oder Euro-ISDN" ergibt, eine aus dem ursprungsoffenbarten "ISDN", entwickelte Abstrahierung, wobei im Zusammenhang mit dem Merkmal 1.1.2 offenbleiben kann, ob der Begriff "ISDN" nach dem Zusammenhang der Anmeldungsunterlagen nicht als Oberbegriff für die beiden Spielarten "ISDN" und "Euro-ISDN" verstanden werden muss, nachdem in der ursprünglichen Beschreibung , wie ausgeführt, auch das EDSS1-Protokoll erwähnt ist, das sich auf das Euro-ISDN bezieht.
24
4. Die Nichtigerklärung des Patents kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs des Weiteren vermieden werden, wenn die Einfügung eines in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbarten Merkmals zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führt. In solchen Fällen ist den berechtigten Interessen der Öffentlichkeit Genüge getan, wenn das einschränkende Merkmal im Patentanspruch verbleibt und zugleich dafür Sorge getragen wird, dass im Übrigen, also was die Entstehung von Patentrechten anbelangt, keine Rechte aus der Änderung hergeleitet werden können (BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2000 - X ZR 184/98, GRUR 201, 140, 142 f. - Zeittelegramm; BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 16 - Winkelmesseinrichtung).
25
Um eine Beschränkung im vorstehend ausgeführten Sinne handelt es sich bei dem Merkmal 1.4.2.1.1, weil dieses eine engere Lokalisierung des Rechnersystems vorsieht, als sie ursprünglich offenbart war. Jedenfalls wie eine Beschränkung behandelt werden kann das Merkmal 1.4.2.1.2, das den Vorschlag zur anderweitigen Lokalisierung des Rechnersystems darstellt (vgl. oben III 2 aE).
26
Um eine Beschränkung des Gegenstands des Streitpatents handelt es sich auch bei dem eingefügten Merkmal 4.1, wonach alle Einrichtungen der intelligenten Telekommunikationsanlage rufnummern- und leitungsorientiert definiert sind. Denn diese Einfügung führt lediglich dazu, dass andere Orientierungen ausgeschlossen sind. Entsprechendes kann, ohne dass dies abschließender Beurteilung bedürfte, für die Merkmale 3 und 5 gelten.
27
5. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfüllen solche Änderungen den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG, durch die der Gegenstand der Anmeldung über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hinaus zu einem Aliud abgewandelt wird (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - Xa ZR 148/05, GRUR 2009, 936 Rn. 25 - Heizer ; BGH, GRUR 2010, 910 Rn. 46 - Fälschungssicheres Dokument). Eine solche Abwandlung liegt in der Hinzufügung des Merkmals 7 zu Patentanspruch 1.
28
a) Um ein Aliud im vorgenannten Sinne handelt es sich, wenn der patentierte Gegenstand der Erfindung zum ursprünglich offenbarten in einem Ausschließlichkeitsverhältnis steht (exklusives Aliud; vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. September 2010 - Xa ZR 14/10, GRUR 2010, 1084 Rn. 43 - Windenergiekonverter

).


29
Ein die Nichtigerklärung nach sich ziehendes Aliud liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch schon dann vor, wenn die Hinzufügung einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung oder wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (vgl. zum Einspruchsverfahren BGH, GRUR 2011, 40 Rn. 22 - Winkelmesseinrichtung). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Bereits die dem Patentinhaber eingeräumten Möglichkeiten, den unzulässig verallgemeinerten Erfindungsgegenstand durch Streichung auf das ursprungsoffenbarte Maß zurückzuführen, und den Bestand des Patents trotz Hinzufügung eines nicht ursprünglich offenbarten beschränkenden Merkmals durch eine Beschränkungserklärung zu erhalten (vorstehend III 3 und III 4), sind durchaus geeignet, die Sicherheit des Rechtsverkehrs herabzusetzen. Jede Inkongruenz zwischen den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und dem erteilten Patent macht eingehendere Vergleichsprüfungen erforderlich , vor denen § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG den Verkehr an sich schützt und die bei der verallgemeinernden und der zu einer gegenständlichen Beschränkung führenden Erweiterung nach Abwägung mit den dem Patentinhaber drohenden Folgen (vollständiger Verlust des Schutzrechts) nur aus Gründen der Verhältnismäßigkeit noch tolerierbar sind. Den Belangen des Patentinhabers kann ein solcher Vorrang aber nicht mehr eingeräumt werden, wenn der ursprünglich offenbarte Gegenstand anders als durch Verallgemeinerung des ursprünglich Offenbarten oder im Wege seiner Beschränkung geändert wird. Während die Letztere damit gerechtfertigt werden kann, dass der Schutzbereich des Patents im Vergleich zur Ursprungsoffenbarung verengt wird, ist bei einer Änderung, mit der dem Ursprungsoffenbarten ein weiterer technischer Aspekt hinzugefügt wird, kein Gewinn für die Allgemeinheit zu verzeichnen. Behielte ein in solcher Weise erweitertes Patent gleichwohl mit der Maßgabe Bestand , dass aus der Erweiterung keine Rechte hergeleitet werden können, wür- de dem Rechtsverkehr zudem das Risiko aufgebürdet, den tatsächlichen Schutzbereich des Patents bei unübersichtlichem Nebeneinander von erteiltem Patentanspruch und diesbezüglicher Beschränkungserklärung richtig zu bestimmen.
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b) aa) Merkmal 7, wonach jeder gerufene Teilnehmer unter Zuordnung seiner Identifikation jederzeit an einer beliebigen Station erreichbar sein soll, indem er sich an einer beliebigen Station im LAN (9) unter seiner Identifikation anmeldet, ist in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht angelegt. In der Passage auf S. 2 Zeile 61 f. der in der Offenlegungsschrift enthaltenen Beschreibung , auf die sich die Beklagte insoweit bezieht, wird als Vorteil der Erfindung herausgestellt, dass eine Telefonanlage derart an eine EDV-Anlage angebunden werden könne, dass alle Funktionen des EDV-Systems während der Benutzung der Telefonanlage eingesetzt werden könnten. Beim Merkmal 7 geht es demgegenüber darum, dass sich ein Unternehmensmitarbeiter (kompetenter Teilnehmer) von dem ihm eigentlich zugewiesenen Telefonapparat (Bezugszeichen 2, 11, 13 in Figur 1) nebst zugehörigem PC (Bezugszeichen 4, 12, 14) lösen und sich unter seiner Identifikation an einer anderen Station im LAN anmelden ("einloggen") kann. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, wird damit Schutz für den technischen Aspekt beansprucht, dass ein für einen bestimmten Mitarbeiter eingehender Anruf nicht obligatorisch an den ihm zugeordneten Telefonapparat geleitet wird, sondern an denjenigen, der der EDVAnlage zugeordnet ist, an der er sich angemeldet hat. Ersichtlich in diesem Zusammenhang heißt es in der Beschreibung des erteilten Patents insoweit, dass die feste TKA-Adressierung mittels Integrationselements aufgehoben und benutzerbezogen weitergeleitet werden kann (Sp. 3 Z. 55 ff.). Dieser Aspekt, der die Verbindung des Teilnehmers mit dem Anrufer nicht primär über einen Telefonanschluss herstellt, sondern über eine jeweilige EDV-Anlage, bei dem also IP-Adresse und Telefonapparat durch das Einloggen verkopppelt werden, ist den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht zu entnehmen.
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bb) Die Beklagte möchte das Einloggen als Funktion der EDV-Anlage im Sinne der genannten Passage in der Beschreibung verstanden wissen. Dem kann nicht beigetreten werden. Die Anmeldung zum System durch einen bestimmten Teilnehmer kann nach allgemeinem fachmännischen Verständnis und in Übereinstimmung mit der Diktion der Patentanmeldung nicht als Funktion einer EDV-Anlage verstanden werden, sondern damit erschließt sich der Mitarbeiter nur die Möglichkeit, auf die Funktionen der EDV-Anlage zuzugreifen. Aber selbst wenn diesem Verständnis näher getreten werden könnte, könnte von einer Offenbarung des Merkmals 7 durch die in Bezug genommene Passage keine Rede sein. Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung gehört im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann nur aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der ursprünglich offenbarten Lehre gelangt (vgl. BGH, GRUR 2010, 910 - Fälschungssicheres Dokument mwN). Allenfalls auf dem zuletzt genannten Wege könnte der Fachmann hier zu dem in Merkmal 7 gekennzeichneten technischen Aspekt vordringen.
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cc) Offenbart ist Merkmal 7 auch nicht durch die auf S. 3 Zeile 31 ff. der Offenlegungsschrift wiedergegebenen Ausführungen der Anmeldungsunterlagen. Diese Passage gehört zu den Erläuterungen des Ausführungsbeispiels und schildert die Funktion des Integrationselements. Wähle ein Anrufer über das öffentliche digitale Telefonnetz einen kompetenten Gesprächspartner beispielsweise am Telefonapparat (2) an, werde die Verbindung über die intelli- gente Telefonanlage (3) und über die Leitung (a) mit dem Telefonapparat (2) direkt hergestellt. Gleichzeitig werde zwischen der EDV-Anlage (4), die dem Telefonapparat (2) zugeordnet ist, und der intelligenten TKA (3) über die Leitung (b), das Integrationselement (5), die Leitung (c) das LAN (9) unter Einbeziehung des LAN-Servers (10) mittels der Leitungen (d) und (e) eine Verbindung hergestellt. Mit dieser Verbindung werde jede Wahlfunktion hergestellt, der ankommende Ruf sei identifiziert und alle erforderlichen Daten würden an der EDV-Anlage 4 angezeigt (S. 3 Zeilen 24 bis 31). Das werde durch das Integrationselement in der Weise bewirkt, dass dann, wenn ein Anruf am Telefonapparat 2 anliege, von der intelligenten Telefonanlage (3) sofort ein Signal über die Leitung (b) an das Integrationselement übergeben werde, das vom Integrationselement (5) in einem Datensatz, mit entsprechenden Informationen versehen, über das LAN (9) an die zugehörige EDV-Anlage (4) übergeben werde.
33
Mit diesen Ausführungen wird geschildert, dass und wie mithilfe der beanspruchten Anordnung kompetenten Teilnehmern am Telefon (2) die den Anrufer betreffenden Daten aus der Datenbank des LAN-Servers mit dem Anruf zur Verfügung gestellt werden. Das offenbart aber nicht die Funktion des Merkmals 7, mit dem beansprucht wird, die Verknüpfung von Anruf und Kundendaten nicht nur vom Apparat (2) aus zu gewährleisten, sondern von jeder EDV-Anlage aus, in die sich der an sich dem Telefonapparat (2) zugeordnete Teilnehmer eingeloggt hat.
34
dd) Die aus Seite 3 Zeile 36 ff. der Offenlegungsschrift ersichtlichen Ausführungen der Anmeldungsunterlagen stützen den Standpunkt der Beklagten ebenfalls nicht. Danach kann der angerufene Gesprächspartner am Telefonapparat (2), wenn er nicht der kompetente Gesprächspartner ist, durch Bedienung der Tastatur der EDV-Anlage (4) und durch die Vermittlung eines Datensatzes über die Leitung (e), das LAN (9) und über die Leitung (c) an das Integrationselement (5) veranlassen, dass durch ein vom Integrationselement erzeugtes Signal über die Leitung (b) an die intelligente Telefonanlage (3) und von dort über die Leitung (a) der kompetente Teilnehmer beispielsweise am Telefonapparat (11) gerufen wird. Auch diesem werden nach erfolgter Verbindung auf seiner EDV-Anlage entsprechend alle notwendigen Daten übermittelt.
35
Diese Passage offenbart die Möglichkeit der Weiterleitung eines Anrufs durch manuelle Tastaturangaben und den gleichsam akzessorischen Zugriff des Adressaten der Weiterleitung auf die gespeicherten Kundendaten. Mit der in Merkmal 7 angesprochenen Funktion hat das ebenso wenig etwas zu tun, wie das auf S. 3 Zeile 45 ff. der Beschreibung der Offenlegungsschrift in Übereinstimmung mit den Anmeldungsunterlagen Ausgeführte. Dort wird als Funktion der Anlage erläutert, dass der angerufene oder weiter vermittelte Teilnehmer durch Bedienung der Tastatur seines Personalcomputers weitere Teilnehmer, die dann ebenfalls EDV-mäßigen Zugriff auf die Kundendaten haben, in Konferenzschaltung einbeziehen kann.
36
ee) Schließlich ergibt sich hinsichtlich des Offenbarungsgehalts der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen zugunsten der Beklagten auch nichts daraus , dass damit eine Vorrichtung und nicht ein Verfahren beansprucht wird, denn der Gegenstand eines Vorrichtungsanspruchs wird durch seine Merkmale bestimmt und nicht unabhängig davon.
37
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG.
Keukenschrijver Mühlens Gröning
RiBGH Hoffmann ist in Urlaub und ortsabwesend und kann deshalb nicht unterschreiben. Grabinski Keukenschrijver
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 21.01.2009 - 4 Ni 42/07 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

Patentgesetz - PatG | § 22


(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist. (2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2000 - X ZR 184/98

bei uns veröffentlicht am 05.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 184/98 Verkündet am: 5. Oktober 2000 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Zeittelegramm

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(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.

(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.

(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.

(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 184/98 Verkündet am:
5. Oktober 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zeittelegramm

a) Wenn der durch den erteilten Patentanspruch festgelegte Gegenstand
lediglich enger als in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen definiert
ist, kommt eine Nichtigerklärung regelmäßig nicht in Betracht; eine
Streichung oder Ersetzung von Merkmalen im Patentanspruch scheidet
aus.

b) In einem solchen Fall dürfen zur positiven Beantwortung der Frage der
Patentfähigkeit des Anspruchs Erkenntnisse, die erst die nachträgliche
Ä nderung vermittelt, nicht herangezogen werden.
BGH, Beschluß vom 05. Oktober 2000 – X ZR 184/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Oktober 2000
durch den Richter Dr. Jestaedt als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Melullis,
Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

beschlossen:
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:


I. Der Beklagte war eingetragener Inhaber des deutschen Patents 30 15 312 (Streitpatents), das auf einer am 22. Oktober 1981 offengelegten Anmeldung vom 21. April 1980 beruht und acht Patentansprüche umfaßt, wobei Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
"Verfahren zum Anzeigen der Empfangsverhältnisse bei Funkuhrempfängern für die binärkodierten Zeitsignale des Senders DCF 77 nach dem Einschalten, mit einer Anzeigevorrichtung für die Uhrzeit, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t, daß bei jedem Sekundenimpuls die durch Störungen verursachten Abweichungen der Zeitsignale von idealen Rechtecksignalen im Empfänger selbst automatisch ermittelt werden und davon Qualitätskennzahlen ab-
geleitet werden, die auf der Anzeigevorrichtung im Sekundentakt zur Anzeige gebracht werden und daß diese Anzeige abgeschaltet wird, sobald ein vollständiges Zeittelegramm empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann."
Mit seiner Nichtigkeitsklage hat der Kläger geltend gemacht, das Streitpatent gehe über die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus; außerdem fehle es an einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik. Seine weitere Behauptung, das Streitpatent offenbare die darin beschriebene Lehre nicht so deutlich und vollständig, daß ein Fachmann sie ausführen könne, hat der Kläger im Berufungsverfahren fallengelassen.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen hat sich der Beklagte mit der Berufung und dem Begehren gewendet,
das angefochtene Urteil aufzuheben und das Streitpatent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten;
hilfsweise,
das Streitpatent mit einem acht Patentansprüche umfassenden Anspruchssatz aufrechtzuerhalten, wobei Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Verfahren zum Anzeigen der Empfangsqualitätsverhältnisse bei Funkuhrempfängern für die binärkodierten Zeitsignale des für Funkuhren in Deutschland zuständigen Senders, nach dem Einschalten, mit einer Anzeigevorrichtung für die Uhrzeit,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß bei jedem Sekundenimpuls die Empfangsqualität mit den zugehörigen Qualitätskennzahlen aus den durch Störungen verursachten Verformungen des Sekundenimpulses automatisch ermittelt wird, daß die Qualitätskennzahlen auf der Anzeigevorrichtung im Sekundentakt zur Anzeige gebracht werden und daß diese Anzeige abgeschaltet wird, sobald eine vollständige Zeitinformation empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann."
Der Kläger ist diesem Begehren entgegengetreten.
Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Dipl.-Ing. U. A., Stuttgart, eingeholt.
In Anbetracht des mittlerweile erfolgten Zeitablaufs des Streitpatents haben die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die Parteien beantragen wechselseitig ,
dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
II. Die übereinstimmende Erledigungserklärung hat zur Folge, daß die Parteien nicht mehr um die Frage der Nichtigerklärung des Streitpatents streiten und das hierzu ergangene Urteil des Bundespatentgerichts hinfällig ist; gemäß § 110 Abs. 3 PatG a.F. in Verbindung mit § 91 a ZPO ist nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden. Diese Entscheidung hat auf der Grundlage des bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung von den Par-
teien Vorgebrachten sowie der bis dahin erhobenen Beweise und ihrer Ergebnisse zu erfolgen. Das führt zur Aufhebung der Kosten gegeneinander. Denn der Senat vermag nach dem bisherigen Beweisergebnis nicht zuverlässig zu erkennen, welche Partei ohne die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache obsiegt hätte.
A. Die Nichtigkeitsklage war bis zu dem den Anlaß der übereinstimmenden Erledigungserklärung bildenden Zeitablauf des Streitpatents nicht wegen Unzulässigkeit abweisungsreif.
Die förmliche Nichtigerklärung eines Patents, dem Patentfähigkeit nicht zukommt oder dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist, liegt für sich schon im öffentlichen Interesse und macht damit die Nichtigkeitsklage statthaft. Der vorliegende Fall ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht durch Umstände geprägt, die rechtfertigen könnten, diesen Grundsatz ausnahmsweise nicht anzuwenden (vgl. Sen.Urt. v. 13.01.1998 - X ZR 82/94, GRUR 1998, 904 - Bürstenstromabnehmer ). Da der Kläger der deutsche Repräsentant einer Firmengruppe in Hongkong ist, die nach Deutschland Uhren lieferte, bei deren Betrieb nach der Behauptung des Beklagten das patentgemäße Verfahren Anwendung findet, bestand bis zum Zeitablauf des Streitpatents ein Interesse des Klägers an der Nichtigerklärung, um einen ungestörten Vertrieb dieser Uhren sicherzustellen.
B. Der sachliche Ausgang des Rechtsstreits war zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien offen.
1. Das Streitpatent betrifft den Bereich der Funkuhrempfänger mit einer Anzeigeeinrichtung für die Uhrzeit. In Deutschland werden für solche Empfänger seit dem Jahre 1972 kodierte Zeitinformationen von dem Sender DCF 77 ausgestrahlt. Seine Trägerfrequenz wird dazu mit Sekundenimpulsen amplitudenmoduliert , indem eine Absenkung der Trägeramplitude (auf etwa 25 %) für die Dauer von genau 100 Millisekunden oder 200 Millisekunden erfolgt, wobei der Beginn der Absenkung den genauen Sekundenbeginn und ihre Dauer eine logische Null (100 Millisekunden) bzw. eine logische Eins (200 Millisekunden) kennzeichnen. 59 Sekundenimpulse kodieren auf diese Weise ein vollständiges Zeittelegramm. Es enthält die aktuellen Informationen über das Jahr, den Monat, das Datum, den Wochentag, die Stunde, die Minute, die Sommer- bzw. Winterzeit und läßt - im Wege des Abzählens vom Beginn der Minute an - auch die Sekunde erkennen.
Wird der Funkuhrempfänger eingeschaltet, kann die Anzeigevorrichtung Zeitdaten nur anzeigen, wenn mindestens einmal ein vollständiges Zeittelegramm erkannt worden ist. Wann dies der Fall ist, hängt von den Empfangsverhältnissen am Aufstellungsort des Funkuhrempfängers ab. Selbst bei besten Empfangsverhältnissen kann es wenigstens drei Minuten dauern, bis die aktuellen Zeitdaten angezeigt werden. Bei ungünstigen Empfangsverhältnissen kann diese Zeit weit überschritten werden; wird eine vorhandene Störquelle nicht beseitigt, der Empfänger nicht an einem anderen Ort aufgestellt oder seine Antenne nicht anders ausgerichtet, kann eine Anzeige sogar gänzlich mißlingen.
Während der Zeit, in welcher der Funkuhrempfänger keine Zeitdaten angeben kann, ist sein Benutzer im Unklaren, wie lange er voraussichtlich auf eine zuverlässige Funkuhrzeit wird warten müssen bzw. ob deren Anzeige am
gewählten Aufstellungsort unter den dort bestehenden Empfangsverhältnissen überhaupt gelingen wird. Die Qualität der dort zu empfangenden Sekundenimpulse ließe sich zwar mit einem Oszillographen sehr rasch beurteilen; es kann jedoch nicht vorausgesetzt werden, daß dem Benutzer einer Funkuhr ein solches Meßgerät zur Verfügung steht.
Eine gewisse Abhilfe war im Stand der Technik durch die Anbringung einer Leuchtdiode versucht worden, die sofort dann, wenn sich der Empfänger auf die Sekundenimpulse synchronisiert hat, im Sekundentakt aufleuchtet. Dies vermag zu vermitteln, daß der Funkuhrempfänger arbeitet; es handelt sich hierbei jedoch lediglich um eine sehr grobe Anzeige.
Die Erfindung soll demgegenüber ein Verfahren angeben, das eine brauchbare Anzeige der Empfangsverhältnisse bei Funkuhrempfängern ohne zusätzliche Anzeigemittel ermöglicht.
Anspruch 1 gibt hierzu ein Verfahren an, das
1. bei Funkuhrempfängern für die binärkodierten Zeitsignale des Senders DCF 77
2. mit einer Anzeigevorrichtung für die Uhrzeit
durchzuführen ist, indem
3. a) nach dem Einschalten

b) in dem Empfänger selbst


c) automatisch

d) bei jedem Sekundenimpuls

e) die durch Störungen verursachten Abweichungen der Zeitsignale von idealen Rechtecksignalen ermittelt werden,

f) davon Qualitätskennzahlen abgeleitet werden,
4. die Qualitätskennzahlen auf der Anzeigevorrichtung im Sekundentakt zur Anzeige gebracht werden und
5. diese Anzeige abgeschaltet wird, sobald ein vollständiges Zeittelegramm empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann.
2. Nach dem zu berücksichtigenden Sach- und Streitstand kann nicht festgestellt werden, ob der erteilte Anspruch 1 und die hierauf unmittelbar bzw. mittelbar rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 aus dem in §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG genannten Grunde für nichtig zu erklären gewesen wären oder ob die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht zu einer Ä nderung der genannten Patentansprüche geführt hätte.

a) Den Inhalt der nach §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG maßgeblichen ursprünglichen Anmeldung bildet alles, was ihr der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik als zur angemeldeten Erfindung gehörend ent-
nehmen kann. Eine Lehre zum technischen Handeln geht deshalb über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, wenn die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht erkennen läßt, daß sie als Gegenstand von dem mit der Anmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaßt sein soll (Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204 - unzulässige Erweiterung).

b) Daß ein solcher Fall gegeben ist, ist insbesondere dann zu erwägen, wenn der erteilte Anspruch aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns eine andere Erfindung zum Gegenstand hat als die ursprüngliche Anmeldung. Damit , daß etwas patentiert wird und bei der eigenen geschäftlichen Tätigkeit als geschützt zu beachten ist, das gegenüber dem der Fachwelt durch die ursprünglichen Unterlagen Offenbarten ein "Aliud" darstellt, braucht nicht gerechnet zu werden. Ein solcher Patentanspruch gefährdet die Rechtssicherheit für Dritte, die sich auf den Inhalt der Patentanmeldung in der eingereichten und veröffentlichten Fassung verlassen. Dies kann eine Nichtigerklärung des erteilten Patents erfordern, wenn der Nichtigkeitsgrund der §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG geltend gemacht ist. Es ist nicht ausgeschlossen , daß auch hier ein solcher Fall gegeben ist.

c) Der Nichtigkeitsgrund der §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG kommt hier zwar nicht bereits deshalb in Betracht, weil das patentgemäße Verfahren in der erteilten Fassung mit einem auf die Zeitsignale des Senders DCF 77 ausgerichteten Funkuhrempfänger durchzuführen ist, der für binärkodierte Zeitsignale bestimmt sein soll. Angesichts des Sendebeginns des Senders DCF 77 im Jahre 1972 kann ohne weiteres angenommen werden, daß Fachleute zur Zeit der Anmeldung des Streitpatents im Jahr 1980 wußten, daß nach gesetzlicher Bestimmung und tatsächlicher Beschaffenheit er derjenige Sender ist, von dem die Zeitsignale ausgestrahlt werden, die in Deutschland
ansässige Benutzer von Funkuhren benötigen, um sich die für sie aktuellen Zeitdaten anzeigen zu lassen. Diese Kenntnis veranlaßte, die im Hinblick auf einen Patentschutz für Deutschland eingereichten Anmeldeunterlagen jedenfalls auch mit bezug auf diesen Sender zu lesen und zu verstehen. Auch der gerichtliche Sachverständige hat es in seinem schriftlichen Gutachten als naheliegend bezeichnet, daß sich die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen auf den Sender DCF 77 bezögen. Da dieser auf der Basis binärkodierter Zeitsignale arbeitet, war damit zugleich auch dieses Teilmerkmal der fraglichen Anweisung des erteilten Patentanspruchs 1 als zur angemeldeten Lehre gehörend erkennbar.
Nach dem der Beurteilung zugrundezulegenden Sach- und Streitstand kann auch der weitere Vorwurf, die Anweisungen zu 3 c und d sowie 5 des erteilten Patentanspruchs 1 seien nicht ursprungsoffenbart, nicht als berechtigt angesehen werden. Die ursprüngliche Beschreibung erläuterte den gemachten Vorschlag dahin, daß ermittelt werde, mit welcher Qualität die Sekundenimpulse empfangen werden; die durch Zahlen darstellbare Qualität werde in Form derartiger Qualitätskennzahlen im Sekundentakt an die vorhandene Ziffernanzeigevorrichtung gegeben. Diese Darstellung betont das impulsgenaue Arbeiten. Dies führte zu der Erkenntnis, daß vorschlagsgemäß eingeschlossen ist, die erforderliche Ermittlung bei jedem Sekundenimpuls vorzunehmen. Daß außerdem die automatische Ermittlung von vornherein zu der angemeldeten Erfindung gehört, wurde dem Fachmann jedenfalls durch den sich an den bereits wiedergegebenen Beschreibungsteil der ursprünglichen Unterlagen anschließenden Hinweis deutlich, wonach ein automatisches Zeichenerkennungsverfahren verwendet werden könne, wodurch Qualitätskennzahlen ohnehin anfielen. Das Merkmal 5 schließlich war in den ursprünglichen Unterlagen im wesentlichen durch den Anspruch 4 des damaligen Anspruchssatzes offenbart.
Danach soll die Anzeige der Empfangsqualität nach dem Einschalten der Funkuhr bis zur ersten Darstellung der Uhrzeit erfolgen. Das ist gleichbedeutend mit der Anweisung die Anzeige abzuschalten, sobald ein vollständiges Zeittelegramm empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann.
Soweit das Bundespatentgericht eine nicht ursprungsoffenbarte Ausdrucksweise in dem angeblich von dem Beklagten geprägten Begriff des Zeittelegramms gesehen hat, hat das eingeholte Sachverständigengutachten die Unrichtigkeit dieser Bewertung ergeben. Die ursprüngliche Beschreibung nahm durch die bereits erwähnte Textstelle im ersten Absatz auf die Notwendigkeit des vollständigen Empfangs eines Intervalls mit kodierter Information Bezug. Damit ist ersichtlich der Empfang einer vollständigen Zeitinformation gemeint. Der Senat hat keine durchgreifenden Zweifel, daß das - wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat - aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns ohne Ä nderung der Bedeutung auch durch den Begriff des vollständigen Zeittelegramms ausgedrückt werden kann.

d) Eine vergleichbar eindeutige Festlegung läßt das schriftliche Sachverständigengutachten jedoch hinsichtlich des Merkmals 3 e nicht zu.
In der Ursprungsbeschreibung ist neben der wiederholt erwähnten Angabe , daß ermittelt werde, mit welcher Qualität die Sekundenimpulse empfangen werden, ein idealer Sekundenimpuls als vollkommen ungestört bezeichnet. Ergänzend ist ausgeführt, daß eine Abweichung des diesem Zustand annäherungsweise zugewiesenen Zahlenwerts die entsprechende Störung und Verformung der Impulse angebe. Dies kennzeichnete den angemeldeten Vorschlag in der Weise, wie es in dem Hilfsantrag des Beklagten seinen Niederschlag gefunden hat, dahin, daß die Empfangsqualität (mit den zugehörigen
Qualitätskennzahlen - Merkmal 3 f) aus den durch Störungen verursachten Verformungen des Sekundenimpulses ermittelt wird. Eine weitere Konkretisierung , auf welche Weise dies geschehen soll, war in den Ursprungsunterlagen dagegen nicht enthalten.
Der Sachverständige hat dies dahin ausgedrückt, in den Anmeldeunterlagen bleibe unklar, wie die Qualität der empfangenen Sekundenimpulse erkannt werde. Dies kann möglicherweise dahin verstanden werden, daß die Ursprungsunterlagen insoweit allenfalls aufgabenhaft formuliert waren und dem Fachmann eine Lösungsmöglichkeit nicht eröffneten. Dies wiederum kann aus der Sicht des die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und das erteilte Patent vergleichenden Fachmanns bedeuten, daß letzteres als auf eine anders geartete Lehre zum technischen Handeln gerichtet erscheint.

e) Mit seiner Aussage kann der gerichtliche Sachverständige freilich auch gemeint haben, daß der durch den erteilten Patentanspruch 1 festgelegte Gegenstand lediglich enger als in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen definiert ist, weil er eine zur Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems dienende, in den Anmeldungsunterlagen allgemein gehaltene Anweisung in einer Weise konkretisiert, die dem Durchschnittsfachmann durch die Ursprungsunterlagen nicht offenbart war. Die Patentierung eines "Aliud" durch den erteilten Patentanspruch 1 hätte dann nicht festgestellt werden können.
Infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien war der Senat gehindert, durch Befragung des gerichtlichen Sachverständigen insoweit eine weitere Sachaufklärung herbeizuführen, die notwendig gewesen wäre, weil der gerichtliche Sachverständige bei Abfassung seines schriftlichen Gutachtens ersichtlich nicht erkannt hat, daß hier eine für die rechtliche Beur-
teilung der Sache bedeutsame Abgrenzungsfrage besteht, deren Beantwortung sich nach dem Verständnis des Fachmanns richtet und deshalb sachverständiger Aufklärung bedurft hätte. Es kann danach nicht festgestellt werden, daß eine Nichtigerklärung des erteilten Patentanspruchs 1 und der hierauf rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 wegen Patentierung eines "Aliud" zu erfolgen gehabt hätte.

f) Andererseits kann nach dem zugrundezulegenden Sach- und Streitstand auch nicht festgestellt werden, daß der erteilte Patentanspruch 1 eine bloße Einschränkung des angemeldeten Gegenstandes beinhaltet, was im vorliegenden Fall zu seinem Fortbestand geführt hätte, weil dann eine Nichtigerklärung weder aus dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit noch aufgrund einer gesetzlichen Regelung des deutschen Patentrechts geboten gewesen wäre.
Durch die wortsinngemäße Benutzung der durch den erteilten Anspruch 1 patentierten Lehre wird ohne weiteres auch vom Gegenstand der ursprünglichen Anmeldung Gebrauch gemacht. Denn hierbei wird auch eine Ermittlung vorgenommen, wie sie im Merkmal 3 e des ursprünglich hilfsweise verteidigten Anspruchs 1 vorgeschlagen und - wie ausgeführt - ursprungsoffenbart ist. Dasselbe gilt für jedwede sich dem Fachmann aufgrund des Merkmals 3 e in seiner erteilten Fassung erschließende Abwandlung. Das Gebot der Rechtssicherheit ist damit im Falle des Bestandes der erteilten Patentansprüche gewahrt. Es verlangt, daß ein interessierter Dritter erkennen kann, ob eine existente oder geplante Ausführung in fremde Ausschließlichkeitsrechte eingreift, sowie daß die mögliche Erkenntnis sich nicht aufgrund nachträglicher Umstände als unrichtig erweist. Wie schon der früher anwendbare § 26 Abs. 5 Satz 2 PatG a.F. legt ferner auch der seither geltende § 38 Satz 2 PatG ledig-
lich fest, daß aus Ä nderungen, die den Gegenstand der Anmeldung erweitern, Rechte nicht hergeleitet werden können. Was das den Schutzbereich betreffende Interesse, also den Umfang eines entstandenen Patentrechts anbelangt, ist auch diesem Grundsatz bereits durch Beibehaltung der engeren Formulierung des erteilten Patentanspruchs Genüge getan. § 14 PatG, der gemäß Art. 11 § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 5 IntPatÜG den Schutz bestimmt, den ein deutsches Patent gewährt, das auf eine nach dem 1. Januar 1978 getätigte Anmeldung hin erteilt ist, verhindert, daß insoweit zum Nachteil interessierter Dritter auf weiteren Inhalt der Anmeldung zurückgegriffen werden kann. Es bleibt deshalb nur Sorge zu tragen, daß im übrigen, also was die Entstehung von Patentrechten anbelangt, aus der Ä nderung Rechte nicht hergeleitet werden können. Hierfür bedarf es der Nichtigerklärung erteilter Ansprüche des Streitfalls jedoch nicht. Es ist lediglich notwendig, die Erkenntnisse, die erst die nachträgliche Ä nderung vermittelt, nicht zur positiven Beantwortung der Frage ihrer Patentfähigkeit heranzuziehen.
Ob wegen dieser Notwendigkeit ein entsprechender erläuternder Hinweis im Patent erforderlich sein kann, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil sich der sachliche Streit der Parteien erledigt hat und nur noch über die Kosten des erledigten Rechtsstreits zu entscheiden ist. Eine Streichung des Merkmals 3 e im erteilten Patentanspruch 1 und/oder seine gleichzeitige Ersetzung durch die möglicherweise allgemeinere Anweisung, die durch die ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist, scheidet nach dem Vorgesagten allerdings aus; eine solche Ä nderung mißachtete § 22 Abs. 2 2. Alt. PatG.
3. Der danach mögliche Erfolg der Berufung des Patentinhabers war auch nicht wegen des ferner geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des Feh-
lens der Patentfähigkeit (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) ausgeschlossen. Sein Bestehen wäre - wie zuvor ausgeführt - im Hinblick auf das Merkmal 3 e anhand der Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen zu prüfen gewesen. Das bisherige Beweisergebnis erlaubt jedoch nicht die Feststellung, daß die danach zu würdigende Lehre zum technischen Handeln, die - wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat und auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogen wird - nicht bekannt war, nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Diese Erkenntnis ist wesentlich beeinflußt einmal von dem Umstand, daß zum Anmeldezeitpunkt die Entwicklung bei Funkuhrempfängern sich noch im Anfangsstadium befand, zum anderen von der schriftlichen Ausführung des Sachverständigen , der der maßgeblichen Lehre Erfindungshöhe zugesprochen hat, weil sich aus anderen Bereichen der Funkübertragung Problemlösungen für den hier interessierenden Bereich kaum hätten übernehmen lassen. Unter diesen Umständen hatte der Senat davon auszugehen, daß überhaupt erst einmal zu erkennen war, daß bei Funkuhrempfängern eine wirkliche Übertragungsqualitätsanzeige sinnvoll sei; ferner mußte erkannt werden, daß sich auch bei Empfängern, die Informationen aufgrund der jeweiligen Länge von empfangenen Impulsen erhalten, die Empfangsqualität ermitteln lasse, daß dies bei Funkuhrempfängern aufgrund der bei ihnen eingesetzten Technik ebenfalls möglich sei, und schließlich, daß sich die Qualität durch entsprechende Kennzahlen darstellen lasse. Gefordert war danach die erstmalige Zurverfügungstellung einer tauglichen Empfangsqualitätsfeststellung nebst -anzeige auf dem Gebiet der Funkuhrempfängertechnik. Angesichts des geringen Entwicklungsstandes dieses Gebiets der Technik rechtfertigen sich hieraus durchgreifende Zweifel, daß die vermittels der Anmeldung vorgeschlagene Lösung einem Durchschnittsfachmann nahegelegen habe.
4. Eine dem Beklagten günstigere Kostenentscheidung rechtfertigt sich nicht in Anbetracht seines ursprünglichen Hilfsantrages. In der Fassung dieses Hilfsantrages hätte das Streitpatent nämlich nicht Bestand haben können, weil der Schutzbereich des Patentanspruchs 1 und damit auch derjenige der hierauf rückbezogenen Unteransprüche gegenüber den erteilten Ansprüchen erweitert wäre (§ 22 Abs. 1 2. Altern. PatG). Der erforderliche Tatbestand ergibt sich insoweit jedenfalls aus dem Fehlen des Merkmals 3 b im Anspruch 1 des ursprünglichen Hilfsantrages. Sein Gegenstand ist damit insoweit weiter als der des erteilten Patentanspruchs, was auch den Schutzbereich dieses Anspruchs erweitert.
Jestaedt Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.