Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2005 - X ZR 108/04

bei uns veröffentlicht am18.01.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 108/04
vom
18. Januar 2005
in dem Patentnichtigkeitsverfahren
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Januar 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver,
die Richterin Mühlens und den Richter Asendorf

beschlossen:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kirchhoff ist von der Ausübung des Richteramts in der Patentnichtigkeitsberufungssache X ZR 108/04 nicht ausgeschlossen.

Gründe:


Der zur Mitwirkung in der Patentnichtigkeitsberufungssache X ZR 108/04 (E. AG ./. D. AG) berufene Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kirchhoff hat angezeigt, daß der D. -Konzern ein großer Mandant der Anwaltssozietät F. gewesen sei und noch sei, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kirchhoff vor seiner Ernennung zum Richter am Bundesgerichtshof angehört hatte. Er selbst sei im ersten Halbjahr 2004 sowie im Jahr 2003 für Tochtergesellschaften des D. -Konzerns beratend im Bereich des Vergabe- und Beihilferechts tätig gewesen.
Die Parteien haben sich zu der Anzeige des Richters am Bundesgerichtshof Dr. Kirchhoff nicht geäußert.
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kirchhoff ist von der Ausübung des Richteramts in dieser Sache nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen. Insbesondere liegt der Ausschließungsgrund des § 41 Nr. 4 ZPO nicht vor. Danach ist ein Richter u.a. in Sachen von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen, in denen er als Prozeßbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt ist oder gewesen ist. Dies war nach der Anzeige von Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kirchhoff nicht der Fall. Ein Tätigwerden des Richters für die Partei in einer anderen Sache, das hier allenfalls in Betracht kommen kann, füllt einen gesetzlichen Ausschließungsgrund nicht aus (vgl. BGHSt 28, 262, 265, zu § 22 Nr. 4 StPO).
Einen Ablehnungsantrag nach § 42 ZPO haben die Parteien nicht gestellt.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Asendorf

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2005 - X ZR 108/04 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 41 Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen: 1. in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 22 Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, 1. wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;2. wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;3.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2005 - X ZR 108/04

bei uns veröffentlicht am 26.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 108/04 vom 26. Juli 2005 in dem Patentnichtigkeitsverfahren Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richter

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 108/04
vom
26. Juli 2005
in dem Patentnichtigkeitsverfahren
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver,
die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Das gegen den vom Senat zum gerichtlichen Sachverständigen bestellten Prof. Dr. G. W. gerichtete Ablehnungsgesuch der Beklagten wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Beklagte lehnt den gerichtlichen Sachverständigen, der an der Fachhochschule E. im Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften tätig ist, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Als Ablehnungsgründe macht sie geltend, daß zwei ehemalige Studenten der Fachhochschule E. bei ihr speziell mit dem Härter "P. " befaßt seien und daß an der Fachhochschule E. ein Hochschullehrer im Fachbereich Betriebswirtschaft tätig sei, der in der Zeit von 1997 bis 2000 als Leiter der Planung und Kontrolle sowie des Beteiligungscontrollings im Geschäftsbereich D. der D. AG gearbeitet habe.
II. Das Ablehnungsgesuch ist zurückzuweisen, weil die Klägerin keine Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen glaubhaft gemacht hat.
Nach ständiger Rechtsprechung besteht Besorgnis der Befangenheit, wenn objektive Umstände vorliegen, die aus der Sicht einer vernünftig denkenden Partei an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zweifeln lassen. Das ist hier nicht der Fall.
1. Der bloße Umstand, daß ein Mitarbeiter einer Partei an der Hochschule studiert hat, an der der Sachverständige tätig ist, kann bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der anderen Partei kein Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen begründen. Nähere Beziehungen zu einer Partei, die ein derartiges Mißtrauen rechtfertigen, haben in einem solchen Fall lediglich die von ihr beschäftigten Studenten, nicht aber alle Hochschullehrer der Hochschule, an der diese studiert haben, oder auch nur diejenigen Hochschullehrer , deren Lehrveranstaltungen sie besucht haben, wozu ohnehin nichts vorgetragen ist. Selbst aus der Teilnahme eines nahen Angehörigen einer Partei an einem von einem Sachverständigen veranstalteten Seminar folgt kein Ablehnungsgrund (Musielak/Huber, § 406 Rdn. 11; OLG München OLGR 2001, 60). Zu berücksichtigen ist auch, daß einer willkürlichen Ablehnung von Sachverständigen durch die Parteien Tür und Tor geöffnet wäre, könnte schon allein durch die Einstellung eines früheren Studenten des Sachverständigen oder sogar nur seiner Hochschule ein Ablehnungsgrund geschaffen werden.
2. Die Ablehnung eines Sachverständigen kann auch nicht damit begründet werden, daß ein anderer Hochschullehrer seiner Hochschule in frühe-
ren Jahren in leitender Stellung im Unternehmen einer Partei beschäftigt war. Daraus einen Ablehnungsgrund abzuleiten, erscheint im vorliegenden Fall auch deshalb besonders fernliegend, weil der Kollege in einer fachlich entfernten Fakultät (Betriebswirtschaft) tätig ist und sich in dem Unternehmen der Klägerin auch mit gänzlich anderen Produkten als P. , nämlich D. produkten , befaßt hat. Wie der Senat kürzlich entschieden hat, folgt aus geschäftlichen Kontakten der wissenschaftlichen Einrichtung, an der der Sachverständige tätig ist, mit Wirtschaftsunternehmen des betreffenden Gebiets für sich allein kein Ablehnungsgrund (Sen.Beschl. v. 01.02.2005 - X ZR 26/04). Ebensowenig besteht ein Näheverhältnis des Sachverständigen zu einer Partei, das eine Ablehnung rechtfertigen könnte, wenn ein Hochschullehrer aus einem völlig anderen Bereich derselben Hochschule früher für diese Partei tätig war, und sei es auch in leitender Stellung. Die wechselseitige Durchdringung von Lehre und Praxis ist erwünscht. Sie führt keineswegs dazu, daß mit der Berufung eines zuvor für ein Wirtschaftsunternehmen tätigen Hochschullehrers gleichsam die Hochschule in das Lager dieses Unternehmens eintritt mit der Folge, daß der
gesamte Lehrkörper der Hochschule nicht mehr als gerichtlicher Gutachter in Verfahren in Betracht käme, an denen dieses Unternehmen beteiligt ist. Auch der zweite von der Beklagten geltend gemachte Grund kann daher eine Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen nicht rechtfertigen.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Kirchhoff

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen,

1.
wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;
2.
wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;
3.
wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter, als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist;
5.
wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.