Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2008 - X ZB 4/08

bei uns veröffentlicht am14.10.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 4/08
vom
14. Oktober 2008
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Schutzzertifikatsanmeldung 196 75 049.0
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Doxorubicin-Sulfat
Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung
eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel Art. 3 Buchst. d
Für die Beurteilung der Frage, ob es sich um einen anderen Wirkstoff als denjenigen
handelt, für den die arzneimittelrechtliche Genehmigung erteilt worden
ist, ist die bloße Verbesserung der arzneilichen Wirksamkeit nicht entscheidend.
BGH, Beschl. v. 14. Oktober 2008 - X ZB 4/08 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Oktober 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Dr. Bergmann und Gröning

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 7. Dezember 2007 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 25.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des am 27. September 1989 angemeldeten, unter anderem mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 361 894 (Grundpatents ), das die Bezeichnung "Ladung und gesteuerte Abgabe von Molekülen zu und von Liposomen" trägt und zehn Patentansprüche umfasst. Wegen der Wiedergabe des Patentanspruchs 1 wird auf den angefochtenen Beschluss des Bundespatentgerichts verwiesen.
2
Am 20. Dezember 1996 hat die Rechtsbeschwerdeführerin den Antrag gestellt, ihr ein ergänzendes Schutzzertifikat für das Erzeugnis "Pegyliertes liposomales Doxorubicin oder ein pharmazeutisch verwendbares Salz davon" zu erteilen. Der Antrag bezieht sich auf die Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels mit der Bezeichnung "C. Doxorubicin-Hydrochlorid" in der Bundesrepublik Deutschland durch den Zulassungsbescheid der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juni 1996. Diesen Antrag hat die Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen. Als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses sei nicht die Zulassung vom 21. Juni 1996, sondern die Zulassung für DoxorubicinHydrochlorid aus dem Jahre 1987 maßgeblich (Rote Liste 1987 Nr. … ). Die Beschwerde der Rechtsbeschwerdeführerin ist erfolglos geblieben. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht nunmehr die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für das Erzeugnis "Doxorubicin -Sulfat" beantragt. Das Bundespatentgericht hat seine die Beschwerde zurückweisende Entscheidung damit begründet, dass zwar das beanspruchte Doxorubicin -Sulfat unter das Grundpatent falle und die arzneimittelrechtliche Genehmigung vom 21. Juni 1996 auch eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Doxorubicin-Sulfat umfasse. Diese Genehmigung sei jedoch nicht die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Arzneimittel in der Europäischen Gemeinschaft, weil es sich bei Doxorubicin-Sulfat nicht um einen neuen Wirkstoff gegenüber Doxorubicin-Hydrochlorid handele.
3
Mit ihrer vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Rechtsbeschwerdeführerin ihr Eintragungsbegehren weiter.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft (§ 16 a Abs. 2 i.V. mit § 100 Abs. 1 PatG) und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

5
1. Das Grundpatent schützt, wie das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, auch Doxorubicin-Sulfat (Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1768/92 (EWG) des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats über Arzneimittel). Es liegt auch eine arzneimittelrechtliche Genehmigung für das Inverkehrbringen von Doxorubicin-Sulfat vor (Art. 3 Buchst. b der Verordnung). Sowohl aus der arzneimittelrechtlichen Genehmigung als auch aus der Beschreibung des Grundpatents ergibt sich nämlich, dass Doxorubicin mit Hilfe von Ammoniumsulfat in die Liposomen aufgenommen wird. Dabei wird Doxorubicin-Sulfat erzeugt.
6
2. Die arzneimittelrechtliche Genehmigung durch die Zulassung von C. vom 21. Juni 1996 ist jedoch nicht die gemäß Art. 3 Buchst. d der Verordnung Nr. 1768/92 maßgebliche erste Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Arzneimittel. Anderes würde nur gelten, wenn es sich um unterschiedliche Wirkstoffe handelte.
7
Der Begriff "Wirkstoff" ist in der Verordnung nicht definiert. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 4. Mai 2006 (C-431/04, Slg. 2006, 4089 = GRUR 2006, 694, 695 - Wirkstoffzusammensetzung ) ist mangels einer Definition des Begriffs "Wirkstoff" die Bedeutung und die Tragweite dieses Begriffs unter Berücksichtigung des allgemeinen Zusammenhangs , in dem er verwendet wird, und entsprechend dem Sinn, den er nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch hat, zu bestimmen.
8
Allerdings enthält die Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 in Art. 1 eine Definition des Begriffs "Erzeugnis". Danach ist Erzeugnis der Wirkstoff oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels. Das Arzneimittel wird dort als ein Stoff (oder eine Stoffzusammensetzung) definiert, der als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird. Damit wird mittelbar der Begriff "Wirkstoff" als der Bestandteil des Erzeugnisses umschrieben, der als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird.
9
Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seiner Entscheidung vom 16. September 1999 (C-392/97, Slg. 1999, 5553 Tz 21 = GRUR Int. 2000, 69 f. - Farmitalia) ausgeführt, dass das Schutzzertifikat den Wirkstoff in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen erfassen kann (z.B. als freie Base und deren Derivate), auch wenn in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung nur bestimmte Formen des Wirkstoffs genannt werden.
10
Der Senat hat daraus hergeleitet, dass eine Zertifikatserteilung für den Wirkstoff und für dessen physiologisch annehmbaren Salze und Sulfate in Betracht kommt. Es muss sich aber um verschiedene Formen desselben Wirkstoffs handeln, das heißt, es muss mit ihnen derselbe Heilungs- bzw. Vorbeugungseffekt i.S. des Art. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1768/92 erzielt werden können (Beschl. v. 29.01.2002 - X ZB 12/01, GRUR 2002, 415 f. - Sumatriptan). In der bereits erwähnten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 4. Mai 2006 wird auf die Begründung des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel verwiesen, in der es heißt: "Der Verordnungsvorschlag beschränkt sich auf neue Arzneimittel. Es handelt sich nicht darum, ein Zertifikat für jedes patentierte Arzneimittel zu erteilen, für das die Genehmigung des Inverkehrbringens vorliegt. Je Erzeugnis darf nur ein einziges Zertifikat erteilt werden, wobei es sich bei dem Erzeugnis im engeren Sinne um einen Wirkstoff handeln muss. Werden an dem Arzneimittel unbedeutende Änderungen vorgenommen , zum Beispiel eine neue Dosierung, die Verwendung eines anderen Salzes oder Esters, eine andere pharmazeutische Form, so wird kein neues Zertifikat erteilt". Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat daraus hergeleitet, dass ein Stoff, der keine eigene arzneiliche Wirkung entfaltet und dazu dient, eine bestimmte Darreichungsform des Arzneimittels zu erreichen, nicht unter den Begriff "Wirkstoff" fällt (aaO Tz. 29).
11
In dem vorgenannten Sinne ist Doxorubicin-Sulfat kein neuer Wirkstoff. Auch die Rechtsbeschwerde stellt nicht in Abrede, dass das Mittel, das die arzneiliche Wirkung entfaltet, Doxorubicin ist. Sie beruft sich auf die arzneimittelrechtliche Genehmigung, nach der die pharmakologischen Eigenschaften von Doxorubicin-Sulfat und Doxorubicin-Hydrochlorid verschieden seien. So hätten Studien mit Kaninchen gezeigt, dass die Kardiotoxizität von C. im Vergleich zu der von üblichen Doxorubicin-Hydrochlorid-haltigen Zubereitungen geringer sei. Auch werde in dem Gutachten von Dr. Francis J. Martin dargestellt, dass Doxorubicin-Sulfat verglichen mit Doxorubicin-Hydrochlorid geringere toxische Wirkungen habe, in Tumorzellen in höherem Ausmaß als in normalen Zellen angereichert werde und die Aktivität hinsichtlich der Verringerung des Tumorwachstums wesentlich höher sei. Zudem seien die chemischen Eigenschaften von Doxorubicin-Sulfat und Doxorubicin-Hydrochlorid insofern verschieden, als Doxorubicin-Sulfat in wässrigen Lösungen nur gering löslich sei. Dies habe zur Folge, dass Doxorubicin-Sulfat nur sehr langsam aus den im Blutsystem zirkulierenden Liposomen freigesetzt werde, so dass eine lang dauernde pharmakologische Wirkung bei niedriger Dosierung möglich sei.
12
Alle diese Gesichtspunkte betreffen eine verbesserte Wirksamkeit von Doxorubicin-Sulfat im Vergleich zu Doxorubicin-Hydrochlorid und die Verminderung unerwünschter Nebenwirkungen, aber nicht die arzneiliche Wirkung als solche, die unverändert durch den Bestandteil Doxorubicin erreicht wird. Aus- wirkungen auf die arzneiliche Wirksamkeit sind jedoch nicht entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob es sich um einen anderen Wirkstoff handelt.
13
Anderes ergibt sich auch nicht bei Berücksichtigung des Erwägungsgrunds 14 der EG-Verordnung 1610/96. Wie die Rechtsbeschwerde selbst vorträgt , ist auch dann erforderlich, dass ein neuer Wirkstoff im Vergleich zu dem bekannten Wirkstoff vorliegt, was hier nicht der Fall ist.
14
Der von der Rechtsbeschwerde angeregten Herbeiführung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bedarf es nicht, denn der Senat sieht die richtige Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts hier als so offenkundig an, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (vgl. EuGH, Urt. v. 06.10.1982 - Rs 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258).
15
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 16a Abs. 2 PatG i.V. mit § 109 PatG (Sen.Beschl. v. 10.06.2008 - X ZB 3/08, GRUR 2008, 692 f. - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II).
16
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich angesehen.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Bergmann Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 07.12.2007 - 14 W(pat) 15/05 -

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesger

Patentgesetz - PatG | § 109


(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilwei

Patentgesetz - PatG | § 16a


(1) Für das Patent kann nach Maßgabe von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaften über die Schaffung von ergänzenden Schutzzertifikaten, auf die im Bundesgesetzblatt hinzuweisen ist, ein ergänzender Schutz beantragt werden, der sich an den Ablauf

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2008 - X ZB 3/08

bei uns veröffentlicht am 10.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 3/08 vom 10. Juni 2008 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 298 25 223.6 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II GebrMG § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 1,

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Für das Patent kann nach Maßgabe von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaften über die Schaffung von ergänzenden Schutzzertifikaten, auf die im Bundesgesetzblatt hinzuweisen ist, ein ergänzender Schutz beantragt werden, der sich an den Ablauf des Patents nach § 16 unmittelbar anschließt. Für den ergänzenden Schutz sind Jahresgebühren zu zahlen.

(2) Soweit das Recht der Europäischen Gemeinschaften nichts anderes bestimmt, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über die Berechtigung des Anmelders (§§ 6 bis 8), über die Wirkung des Patents und die Ausnahmen davon (§§ 9 bis 12), über die Benutzungsanordnung und die Zwangslizenz (§§ 13, 24), über den Schutzbereich (§ 14), über Lizenzen und deren Eintragung (§§ 15, 30), über das Erlöschen des Patents (§ 20), über die Nichtigkeit (§ 22), über die Lizenzbereitschaft (§ 23), über den Inlandsvertreter (§ 25), über den Widerruf (§ 64 Absatz 1 erste Alternative, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3), über das Patentgericht und das Verfahren vor dem Patentgericht (§§ 65 bis 99), über das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (§§ 100 bis 122a), über die Wiedereinsetzung (§ 123), über die Weiterbehandlung (§ 123a), über die Wahrheitspflicht (§ 124), über das elektronische Dokument (§ 125a), über die Amtssprache, die Zustellungen und die Rechtshilfe (§§ 126 bis 128), über die Rechtsverletzungen (§§ 139 bis 141a, 142a und 142b), über die Klagenkonzentration und über die Patentberühmung (§§ 145 und 146) für den ergänzenden Schutz entsprechend.

(3) Lizenzen und Erklärungen nach § 23, die für ein Patent wirksam sind, gelten auch für den ergänzenden Schutz.

(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(2) Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(3) Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/08
vom
10. Juni 2008
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 298 25 223.6
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge II

a) Wird mit der Gebrauchsmusteranmeldung ein Anmeldetag in Anspruch genommen
, der dem Gebrauchsmuster nicht zukommt, führt dies zur Zurückweisung
der Anmeldung.

b) Ohne einen Übergang des Rechts auf das Patent kann der durch widerrechtliche
Entnahme Verletzte den für die Patentanmeldung maßgebenden
Anmeldetag nicht für eine Gebrauchsmusteranmeldung ("Abzweigung") in
Anspruch nehmen.
BGH, Beschl. v. 10. Juni 2008 - X ZB 3/08 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juni 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Asendorf und Gröning

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 12. Dezember 2007 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 25.000 EUR festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Rechtsbeschwerdeführer hat am 7. März 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein Gebrauchsmuster mit der Bezeichnung "Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge" angemeldet. Zugleich hat er die Abzweigung aus dem deutschen Patent 198 51 320 erklärt, als dessen Anmelder und Inhaber Thomas Meister und Wilfried Renkel im Register eingetragen sind, und als Anmeldetag den Anmeldetag der Patentanmeldung (6. November 1998) angegeben. Er hat dazu die Auffassung vertreten, dass er zur Abzweigung be- rechtigt sei, obwohl er nicht als Patentinhaber eingetragen sei, weil er eine Übertragungsklage bezüglich des Patents erhoben und die eingetragenen Inhaber zur Übertragung aufgefordert habe. Das Patent ist vom Bundespatentgericht widerrufen worden und während eines gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens wegen Nichtzahlung einer fälligen Jahresgebühr erloschen. Der Widerrufsbeschluss des Bundespatentgerichts ist durch Zurückweisung einer gegen ihn gerichteten Rechtsbeschwerde durch den beschließenden Senat (Beschl. v. 24.7.2007 - X ZB 17/05, GRUR 2007, 996 - Angussvorrichtung für Spritzgießwerkzeuge) rechtskräftig geworden; eine gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde ist erfolglos geblieben (BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 11.2.2008 - 1 BvR 2702/07). Das Deutsche Patent- und Markenamt hat festgestellt , dass die Abzweigungserklärung unwirksam ist, und die Gebrauchsmusteranmeldung zurückgewiesen, weil dem Rechtsbeschwerdeführer der beanspruchte Anmeldetag mangels Personenidentität mit den Patentanmeldern und -inhabern nicht zustehe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde.
2
II. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft (§ 18 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 100 Abs. 1 PatG) und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
3
1. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Anmeldetags der früheren Patentanmeldung für das Gebrauchsmuster sind nicht gegeben, weil es an der erforderlichen Personenidentität zwischen dem Patentanmelder und dem Gebrauchsmusteranmelder fehlt. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GebrMG kann der Gebrauchsmusteranmelder nur dann die Erklärung abgeben, dass der für die Patentanmeldung maßgebende Anmeldetag in Anspruch genommen werde , wenn er für dieselbe Erfindung bereits früher mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein Patent nachgesucht hat. Dies ist im Schrifttum durchwegs dahin verstanden worden, dass zwischen dem Patentanmelder (oder dessen Rechtsnachfolger) und dem Gebrauchsmusteranmelder Personenidentität ("Anmelderidentität") bestehen muss (Benkard/Goebel, PatG GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 5 GebrMG Rdn. 10; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl. 2003, § 5 GebrMG Rdn. 14; Bühring, GebrMG, 7. Aufl. 2007, § 5 Rdn. 18; Loth, GebrMG, 2001, § 45 Rdn. 12). Der Senat tritt diesem Verständnis mit den Vorinstanzen bei. Dass für einen Sonderfall (Vorveröffentlichung innerhalb der gebrauchsmusterrechtlichen Neuheitsschonfrist und anschließende Patentanmeldung durch einen Nichtberechtigten) die Auffassung vertreten worden ist, dem materiell Berechtigten könne ein Klagerecht auf Einwilligung in die Abzweigung zustehen (Loth, aaO Rdn. 13), steht dem nicht entgegen. Abgesehen davon, dass die Literatur der Auffassung von Loth nicht allgemein gefolgt ist, liegt ein dem von ihm gebildeten vergleichbarer Fall hier nicht vor. Der Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung, nach dem das Recht zur Abzweigung dem Anmelder zusteht, der bereits früher ein Patent "nachgesucht" hat, rechtfertigt es nicht, unter dem Nachsuchen in der Sache etwas anderes zu verstehen als die Anmeldung des Patents, aus dem die Abzweigung erfolgt. Zum einen enthält die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 10/3903, auch abgedruckt in BlPMZ 1986, 320, 325) keinen Hinweis darauf, dass unter dem Nachsuchen etwas anderes als die Patentanmeldung zu verstehen sein soll. Zum anderen sind Bezeichnungen wie "nachgesucht", "Patentsucher" u.ä., die zumindest auf das Patentgesetz 1877 zurückgehen, durchaus übliche, wenngleich vielleicht auch sprachlich veraltete oder als Regionalismen anzusehende Bezeichnungen für die Patentanmeldung und den Patentanmelder (vgl. z.B. § 4 Abs. 3, § 5, § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 28 Abs. 2, 3, § 29 Abs. 2, § 30 Abs. 1, 2, § 30a Abs. 1 ("wird ein Patent … nachgesucht"), § 36 Abs. 2, § 46b PatG 1961; § 24 Abs. 5, § 28 Abs. 1, 2, 3, § 28a Abs. 2, 3, 6, 7, § 28b Abs. 2, 4, 5, § 28c Abs. 1, 2 PatG 1968), die auch heute noch an verschiedenen Stellen im Patentgesetz zu finden sind (§ 8, § 43 Abs. 2, 6, § 44, § 45 Abs. 2 PatG) und durchwegs synonym mit den Bezeichnungen "Anmeldung" und "anmelden" verwendet werden. Dass das Wort "nachsuchen" im allgemeinen Sprachgebrauch einen weiteren Sinn haben mag, wie die Rechtsbeschwerde geltend macht, hat jedenfalls im Patentrecht und in dem in seiner Terminologie an dieses angelehnten Gebrauchsmusterrecht keinen Niederschlag gefunden. Den Begriff des Nachsuchens im Zusammenhang der Bestimmung des § 5 Abs. 1 GebrMG als bloßes "Ersuchen" an den Patentinhaber zu verstehen, ließe die Systematik der Regelung außer Betracht, die gerade auf die frühere Patentanmeldung abhebt. Der Senat tritt deshalb der Auffassung des Bundespatentgerichts bei, dass das "Nachsuchen" nur als Patentanmeldung und nicht etwa auch als Erhebung der Übertragungsklage oder als Geltendmachung des Übertragungsanspruchs zu verstehen ist.
4
2. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf verweist, dass die Verweigerung der Möglichkeit, eine Abzweigungserklärung abzugeben, zu einer Verletzung des durch Art. 14 GG gewährleisteten Eigentums des Rechtsbeschwerdeführers führe, lässt sich hieraus ein Abweichen von der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht rechtfertigen. Der Rechtsbeschwerdeführer ist vielmehr darauf verwiesen, seine Rechte etwa durch Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu verfolgen, die auch bei widerrechtlicher Entnahme gegeben sein können (vgl. Sen.Beschl. v. 29.4.1997 - X ZB 19/96, GRUR 1997, 890, 891 f. - Drahtbiegemaschine; OLG Frankfurt GRUR 1987, 886; Busse/Keukenschrijver , aaO, § 8 PatG Rdn. 26; Mes, PatG GebrMG, 2. Aufl. 2005, § 8 PatG Rdn. 6). Dies schränkt die Rechtsschutzmöglichkeiten des Rechtsbeschwerde- führers nicht in einem unzumutbaren Maß ein (vgl. Sen. - Drahtbiegemaschine, aaO).
5
3. Das Bundespatentgericht hat auch - was von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen wird - zu Recht angenommen, dass die Inanspruchnahme eines Anmeldetags, der der Anmeldung nicht zukommt, notwendig zur Zurückweisung der Anmeldung führen musste. Anders als in dem vom Senat in BGHZ 153, 1 - Läägeünnerloage entschiedenen Fall ist vorliegend nicht nur die Art und Weise der Eintragung in das Gebrauchsmusterregister berührt, sondern die Zuerkennung eines bestimmten Anmeldetags hat weit reichende sachliche Auswirkungen, insbesondere auf den zu berücksichtigenden Stand der Technik. Deshalb muss die alleinige Geltendmachung eines unzutreffenden Anmeldetags zwingend zur Zurückweisung der Anmeldung führen. Dass die Zurückweisung der Gebrauchsmusteranmeldung die notwendige Folge der Beanspruchung eines der Anmeldung nicht zukommenden Anmeldetags ist, entspricht zudem der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zur früheren Gebrauchsmuster-Hilfsanmeldung (BPatGE 18, 173, 183) und der im Schrifttum einhellig vertretenen Meinung (Bühring, aaO, § 4a Rdn. 38; Loth, aaO, § 4a Rdn. 16; vgl. Benkard/Goebel, aaO, § 4a GebrMG Rdn. 15; Busse/ Keukenschrijver, aaO, § 5 GebrMG Rdn. 22) wie auch der Rechtslage im Patentrecht (vgl. Sen.Beschl. v. 13.7.1971 - X ZB 11/70, GRUR 1971, 565, 567 - Funkpeiler).
6
III. Die (deklaratorische, vgl. Sen.Beschl. v. 27.6.1967 - Ia ZB 19/65, BlPMZ 1968, 167, 171 - UHF-Empfänger III) Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 109 PatG. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich angesehen.

Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 12.12.2007 - 5 W(pat) 2/07 -