Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2007 - X ZB 23/06

bei uns veröffentlicht am31.07.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 23/06
vom
31. Juli 2007
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend das Patent 100 22 974
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und
die Richter Asendorf und Gröning

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 5. Juli 2006 verkündeten Beschluss des 19. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Patentinhabers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 75.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Dem Rechtsbeschwerdeführer ist das ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage sowie eine Windenergieanlage betreffende deutsche Patent 100 22 974 (Streitpatent) erteilt worden. Patentanspruch 1 lautet: "Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage mit einem Generator zum Abgeben elektrischer Leistung an ein elektrisches Netz, wobei die Windenergieanlage einen Rotor mit pitchgeregelten Rotorblättern aufweist, mittels deren Verstellung die Leistung der Windenergieanlage eingestellt wird und wobei die von dem Generator an das Netz abgegebene Leistung in Abhängigkeit der Netzfrequenz des elektrischen Netzes eingestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die von dem Generator abgegebene, in das Netz eingespeiste Leistung verringert wird, wenn die Netzfrequenz des elektrischen Netzes einen vorbestimmten Netzfrequenzwert von mehr als 3 ‰ über ihrem Sollwert übersteigt." Patentanspruch 3 lautet: "Windenergieanlage mit einem Rotor mit Rotorblättern mit Pitchregelung und einem mit dem Rotor gekoppelten elektrischen Generator zum Abgeben elektrischer Leistung an ein elektrisches Netz, mit einer Regelungseinrichtung mit einem Frequenzaufnehmer zum Messen oder Ermitteln der Frequenz der am Netz anliegenden elektrischen Spannung (Strom), wobei die von dem Generator an das Netz abgegebene elektrische Leistung in Abhängigkeit der Netzfrequenz des elektrischen Netzes einstellbar ist, dadurch gekennzeichnet , dass die von dem Generator abgegebene, in das Netz eingespeiste Leistung verringerbar ist, wenn die Netzfrequenz des elektrischen Netzes einen vorbestimmten Netzfrequenzwert von mehr als 3 ‰ über ihrem Sollwert übersteigt."
2
Die Verfahrensbeteiligten haben gegen das Patent Einspruch eingelegt. Der Patentinhaber hat das Patent in seiner erteilten Fassung sowie mit zwei Hilfsanträgen, wegen deren Wortlauts auf den angefochtenen Beschluss verwiesen wird, verteidigt.
3
Das Bundespatentgericht hat das Patent widerrufen, weil sich dessen Gegenstand für den Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben habe. Hiergegen richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde des Patentinhabers, mit der er geltend macht, das Bundespatentgericht habe ihm das rechtliche Gehör versagt. Die Einsprechenden sind der Rechtsbeschwerde entgegengetreten.
4
II. Die zulässige und allein auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG) gestützte Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
5
1. Der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für ein rechtsstaatliches Verfahren Rechnung, in dem jeder Verfahrensbeteiligte seine Rechte wirksam wahrnehmen können soll. Dies setzt voraus, dass das Gericht das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und auf seine sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Entscheidungserheblichkeit prüft und ferner keine Erkenntnisse verwertet, zu denen die Verfahrensbeteiligten sich nicht äußern konnten. Beachtet das Gericht diese Anforderungen nicht, versagt es den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör (Sen.Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur, m.w.N.). Die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs dient der Wahrung dieses Verfahrensgrundrechts der am Verfahren Beteiligten und nicht der inhaltlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf ihre sachliche Richtigkeit (ständige Rechtsprechung, vgl. Sen.Beschl. v. 23.1.2007 - X ZB 3/06, Umdr. S. 6 m.w.N.).
6
2. Der angefochtene Beschluss weist die von der Rechtsbeschwerde gerügten Mängel nicht auf.
7
a) Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, aus den entgegengehaltenen Seiten 310 bis 343 des Buches Heier, Windkraftanlagen in Netzbetrieben (1996), sei - wie von allen Verfahrensbeteiligten zugestanden - sowohl ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage mit einem Generator zum Abgeben elektrischer Leistung an ein elektrisches Netz nach Patentanspruch 1 als auch eine entsprechende Windenergieanlage nach Patentanspruch 3 bekannt. Diese Windenergieanlage weise einen Rotor mit pitchgeregelten Rotorblättern auf, mittels deren Verstellung die Leistung der Windenergieanlage eingestellt werde, wobei die von dem Generator an das Netz abgegebene Leistung in Abhängigkeit der Netzfrequenz des elektrischen Netzes eingestellt werde. Beispielsweise würden der Regelung in Bild 5.3.3 die Istwerte für Drehzahl und Frequenz zugeführt und in Abhängigkeit davon der Blattverstellwinkel und damit die Leistung eingestellt. Zur Erfassung dieses Frequenzwertes müsse die Regelung einen Frequenzaufnehmer zum Messen oder Ermitteln der Frequenz aufweisen. Damit seien alle Merkmale aus dem Oberbegriff der Patentansprüche 1 und 3 bekannt.
8
Diese Ausführungen entsprechen den Angaben in Absatz 4 der Beschreibung des Streitpatents und dem Vorbringen der Einsprechenden zu 1 in der Einspruchsschrift (GA I, 9). Der Patentinhaber hat, worauf die Beschwerdeerwiderung zutreffend hinweist, zu dieser Frage Stellung genommen und ausgeführt , das Dokument offenbare möglicherweise die Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1, lehre aber bezüglich des kennzeichnenden Teils genau das Gegenteil (Schriftsatz vom 30. Juni 2006, GA II, 148).
9
Daraus folgt, dass der Patentinhaber nicht nur Gelegenheit hatte, zum Ausgangspunkt des angefochtenen Beschlusses Stellung zu nehmen, sondern auch tatsächlich Stellung genommen hat. Diese Stellungnahme hat das Bundespatentgericht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen. Eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts des Patentinhabers liegt insoweit ersichtlich nicht vor. Soweit sich das Bundespatentgericht zur näheren Begründung seiner Auffassung auf Seite 327 sowie das Bild 5.3.3 der genannten Schrift bezogen hat, rügt die Rechtsbeschwerde lediglich die inhaltliche Richtigkeit der Darlegungen des angefochtenen Beschlusses zum Offenbarungsgehalt dieser Schrift, die mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG nicht zur Überprüfung gestellt werden kann. Nichts anderes gilt für die weiteren Darlegungen der Rechtsbeschwerde zu der von ihr behaupteten Fehlinterpretation des Offenbarungsgehalts dieser Schrift sowie des Dokuments "PreußenElektra" (RB 13) durch den angefochtenen Beschluss.
10
b) Das Bundespatentgericht hat den Ausführungen in der genannten Schrift von Heier nicht nur Hinweise darauf entnommen, wie in Zukunft der Wert der Windenergie zu einer netzstützenden Größe gesteigert werden könne (Beschluss S. 13), sondern auch auf eine Regelung und Betriebsführung der eingesetzten Windkraftanlagen, die dem konventionellen Kraftwerkscharakter nahe kommen (Beschluss S. 14). Es hat daraus abgeleitet, dass der Fachwelt am Prioritätstag das Problem, Windenenergieanlagen so auszubilden und einzusetzen , dass sie einerseits netzstützend wirken und andererseits eine große Energieausbeute ermöglichen, bekannt war, so dass der Fachmann gehalten war, sich über einen netzstützenden und gleichzeitig effektiven Betrieb dieser Anlagen Gedanken zu machen.
11
Die Rechtsbeschwerde rügt, das Bundespatentgericht habe in diesem Zusammenhang eine politische Aussage gemacht, indem es darauf hingewie- sen habe, der Fachmann sei im Übrigen gehalten gewesen, derartige Überlegungen auch angesichts der staatlichen und internationalen Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien anzustellen (RB 9). Hierbei handle es sich um eine ex-post Betrachtung ohne technischen Gehalt.
12
Die Rüge betrifft die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses , die, wie bereits ausgeführt, mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG nicht zur Überprüfung gestellt werden kann. Gleiches gilt hinsichtlich der von der Rechtsbeschwerde gerügten Ausführungen des angefochtenen Beschlusses zur Dauer der Entwicklungs- und Planungsarbeiten für Windkraftanlagen, zu den Eltra-Dokumenten und zu den auf Seite 15 des angefochtenen Beschlusses genannten Schriften, aus denen das Bundespatentgericht hergeleitet hat, dass Überlegungen zum Auffinden eines technisch und wirtschaftlich vertretbaren Kompromisses zwischen einander entgegen gesetzten Anforderungen an Kraftwerksanlagen schon lange vor dem Anmeldetag des Streitpatents zum Fachwissen der einschlägig tätigen Fachwelt gehörten.
13
c) Die Rechtsbeschwerde macht schließlich eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör bezüglich der hilfsweise verteidigten Fassungen des Streitpatents geltend (RB 14 f.).
14
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, auf Seite 19 des angefochtenen Beschlusses heiße es allein, das "Merkmal B" sei dem Fachmann durch den aus der deutschen Offenlegungsschrift 197 56 777 bekannten Stand der Technik nahe gelegt, das Bundespatentgericht habe - ohne dem Patentinhaber die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen - nur das Naheliegen eines einzelnen Merkmals geprüft, und kritisiert, dass sich das angesprochene Dokument entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts nicht mit der Netzfre- quenz, sondern mit der Netzspannung befasst, macht sie keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern das Vorliegen eines Rechtsfehlers und inhaltliche Mängel des angefochtenen Beschlusses geltend, auf die hin eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung im Verfahren nach § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG nicht stattfindet.
15
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 PatG). Die Kostenentscheidung folgt aus § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.

Melullis Ambrosius Mühlens
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 05.07.2006 - 19 W(pat) 313/04 -

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Patentgesetz - PatG | § 100


(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesger

Patentgesetz - PatG | § 109


(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilwei

Patentgesetz - PatG | § 107


(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß; sie kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. (2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Fests

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Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2002 - X ZB 27/01

bei uns veröffentlicht am 11.06.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 27/01 vom 11. Juni 2002 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das Patent 37 23 555 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Zahnstruktur PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3 Fassung 2. PatGÄndG Die im pflichtgemäßen Ermessen de

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 27/01
vom
11. Juni 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 37 23 555
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zahnstruktur
PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3 Fassung 2. PatGÄndG
Die im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegende Entscheidung, mit der dieses
die Zuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen ablehnt, stellt regelmäßig
keine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör der Partei dar, die einen
solchen Beweisantrag gestellt hatte.
BGH, Beschl. v. 11. Juni 2002 - X ZB 27/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Juni 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 10. Juli 2001 verkündeten Beschluû des 21. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Patentinhabers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 50.000,-- ? festgesetzt.

Gründe:


I. Der Rechtsbeschwerdeführer ist Inhaber des Patents 37 23 555, das ein "Verfahren zur Herstellung von Zahnersatz" betrifft. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:
"Verfahren zur Herstellung von Zahnersatz, bei dem Höhenschichtoder Konturlinien (6; 25) auf dem beschliffenen Zahn (5) und seiner Umgebung erzeugt werden,
die Linien (6; 25) mit einer optoelektronischen Einrichtung (7) erfaût werden,
aus den erfaûten Werten die räumliche Struktur des Zahnes (5) und des Zahnersatzes nach der Formel
I = a x (1 + m x cos q)
berechnet wird, wobei bedeuten:
I = Intensität a = Untergrundhelligkeit m = Kontrast q = Winkel x = Multiplikationszeichen
und der Zahnersatz anhand der berechneten Werte gefertigt wird."
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat das Patent nach Prüfung zweier Einsprüche widerrufen, weil es die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, daû ein Fachmann sie ausführen könne.
Die Beschwerde des Patentinhabers ist ohne Erfolg geblieben.
Gegen die Beschwerdeentscheidung richtet sich die vom Bundespatentgericht nicht zugelassene Rechtsbeschwerde des Patentinhabers, mit der er rügt, daû die angefochtene Entscheidung seinen Anspruch auf rechtliches Ge-
hör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletze (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG) und im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht mit Gründen versehen sei.
II. Die Rechtsbeschwerde, mit der der Patentinhaber Verfahrens- und Begründungsmängel nach §§ 100 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 6 PatG geltend macht, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die gerügten Mängel liegen nicht vor.
1. a) Die durch das 2. PatGÄndG in den Katalog des § 100 Abs. 3 PatG eingefügte Regelung des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als verfassungsrechtlichem Gebot Rechnung und knüpft damit an die verfassungsrechtliche Gewährleistung dieses Anspruchs und seine Ausprägung insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an. Bei der Interpretation der Vorschrift sind daher die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze zu Inhalt und Ausbildung dieses Rechts heranzuziehen (Sen.Beschl. v. 25.01.2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792, 793 - Spiralbohrer). Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet danach das mit der Sache befaûte Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 11, 218, 220; 62, 347, 352; 79, 51, 61; 83, 24, 35; 86, 133, 144). Verletzt ist der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn das entscheidende Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfGE 47, 182, 188; Sen.Beschl. v. 25.01.2000 aaO; Beschl. v. 19.05.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation), oder wenn es Erkenntnisse verwertet hat, zu denen die Verfahrensbeteiligten nicht Stellung nehmen konnten (BGH, Beschl. v.
30.01.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637 - TOP-Selection). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bietet der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs keinen Schutz dagegen, daû ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht erhoben wird; die Nichtberücksichtigung eines Beweisangebots verstöût jedoch dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozeûrecht keine Stütze mehr findet (BVerfGE 69, 141, 144). Die Zurückweisung eines Beweisantrags wie des Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens enthält daher keine Verletzung des Gebots der Gewährung rechtlichen Gehörs. Dieses verwehrt es den Gerichten nicht, das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt zu lassen (BVerfGE 21, 191, 194; 22, 267, 273; 70, 93, 100); eine Verletzung des Gebots ist erst dann gegeben , wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, daû das Gericht tatsächliches Vorbringen entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat (BVerfGE 54, 86, 92). Das Prozeûrecht gebot hier eine solche Einholung nicht. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat und auch die Rechtsbeschwerde ausdrücklich nicht in Abrede nimmt, steht die Entscheidung über die Zuziehung eines gerichtlichen Sachverständigen im pflichtgemäûen Ermessen des Gerichts. Danach bedarf es der Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht, wenn das Gericht gegebenenfalls aufgrund der Vorbereitung des Prozeûstoffs durch die Parteien und seiner eigenen langjährigen Erfahrung mit entsprechenden Verfahren selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt (Sen.Urt. v. 28.01.1988 - X ZR 6/87, GRUR 1988, 444, 446 - Betonstahlmattenwender; v. 12.07.1990 - X ZR 121/88, GRUR 1991, 436, 440 - Befestigungsvorrichtung II; s.a. BGH, Urt. v. 18.03.1993 - IX ZR 198/92, MDR 1993, 579 = NJW 1993, 1796;
BVerfGE 54, 86, 93); ihre Ablehnung bedeutet in diesem Rahmen daher regelmäûig keine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör.
Danach scheidet hier eine Verletzung des rechtlichen Gehörs aus.

b) Das Beschwerdegericht ist in den Entscheidungsgründen auf das Vorbringen des Patentinhabers eingegangen; die Hinzuziehung eines Sachverständigen hat es für entbehrlich gehalten, weil es die entscheidungserheblichen Fragen selbst beurteilen könne, die keine so groûen Schwierigkeiten bereiteten , daû sie von dem mit sachkundigen Mitgliedern besetzten, seit langem für den technischen Fachbereich derartiger Verfahren zuständigen Senat nicht ohne eine Unterstützung durch einen Sachverständigen hätten erfaût und beurteilt werden können. Bei dieser Würdigung hat das Beschwerdegericht das Vorbringen des Patentinhabers zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen.
Der Patentinhaber hat zu allen verwerteten Erkenntnissen Stellung nehmen können und von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht, unter anderem, indem er in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt hat, einen Sachverständigen zuzuziehen. Allein der Umstand, daû das Berufungsgericht diesem Antrag nicht entsprochen hat, verletzt den Patentinhaber nicht in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, Besonderheiten des vorliegenden Falls geböten die Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen und lieûen die Ablehnung eines entsprechenden Antrags als ermessens- und damit verfahrensfehlerhaft erscheinen, berührt dies nicht die Beachtung dieses
Grundrechts, sondern allein die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Im Rahmen der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, bei der es aber allein um die Frage der Einhaltung des Verfassungsgrundsatzes rechtlichen Gehörs geht, ist dies jedoch nicht zu prüfen.
Als eine Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt sich die Nichteinholung des Gutachtens auch nicht deshalb dar, weil das Beschwerdegericht damit von einer Aufklärungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs wird nur sichergestellt, daû einerseits das Gericht die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis nimmt und seiner Entscheidung zugrunde legt und andererseits nur solche Tatsachen von ihm verwertet werden , zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten (BVerfGE 64, 135, 144). Es gibt ihnen jedoch keinen Anspruch darauf, daû es Tatsachen erst beschafft (BVerfGE 63, 45, 60).
2. a) Auch der von der Rechtsbeschwerde angeführte Mangel der Begründung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG bei einer vorhandenen Begründung dann vorliegen, wenn diese Begründung nicht erkennen läût, welche Überlegungen für die Entscheidung maûgeblich waren, oder wenn die Gründe inhaltslos sind bzw. sich auf eine Wiederholung des Gesetzestextes beschränken (vgl. Sen.Beschl. v. 03.12.1991 - X ZB 5/91, GRUR 1992, 159 - Crackkatalysator II; BGHZ 39, 333 - Warmpressen).

b) Auch solche Gründe hat der Patentinhaber nicht geltend gemacht. Die Gründe der Entscheidung lassen erkennen, worauf das Beschwerdegericht seine Würdigung, das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und
vollständig, daû ein Fachmann sie ausführen könne, gestützt hat. Das Beschwerdegericht hat seine zu diesem Ergebnis führenden Überlegungen im einzelnen dargelegt. Im Zusammenhang mit diesen Ausführungen handelt es sich bei der abschlieûenden Stellungnahme des Beschwerdegerichts zu dem Beweisantrag des Patentinhabers nicht nur um eine inhaltsleere Floskel. Das Beschwerdegericht hat nicht nur die eigene Sachkunde bejaht, sondern zuvor die entscheidungserheblichen Fragen, für die die Sachkunde erforderlich war, eingehend abgehandelt. Dem hält die Rechtsbeschwerde allein die abweichende Beurteilung anderer Patentbehörden entgegen. Dieser Angriff zielt wiederum darauf, daû die tatrichterliche Beurteilung fehlerhaft sei. Soweit die Rechtsbeschwerde ausführt, die "Begründungslast" sei um so höher, je stärker für das Beschwerdegericht Veranlassung bestanden habe, sich inhaltlich mit dem Vorbringen oder den Beweisanträgen von Verfahrensbeteiligten auseinanderzusetzen , so hat das Beschwerdegericht diesen Anforderungen durch seine Auseinandersetzung mit den entscheidungserheblichen Fragen genügt. Es hat damit ausreichend deutlich gemacht, daû die Fragen von dem seit langem für den technischen Fachbereich derartiger Verfahren zuständigen Senat ohne Zuziehung eines Sachverständigen beurteilt werden konnten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
IV. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß; sie kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(2) Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(3) Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.