Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2001 - X ZB 21/00

bei uns veröffentlicht am17.07.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 21/00
vom
17. Juli 2001
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel 193 75 027.9
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Idarubicin III
VO (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines
ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel Art. 3; PatG (1981) §§ 16a, 49a
Der Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für eine konkret
bezeichnete Substanz kann nicht schon mit der Begründung zurückgewiesen
werden, eine hilfsweise beantragte Fassung ohne konkrete Bezeichnung des
zu schützenden Wirkstoffs sei vorzugswürdig.
BGH, Beschl. v. 17. Juli 2001 - X ZB 21/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und
Keukenschrijver
am 17. Juli 2001

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 15. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 3. August 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I. Die Anmelderin ist Inhaberin des deutschen Patents 25 25 633, das auf eine Anmeldung vom 9. Juni 1975 zurückgeht und dessen gesetzliche Schutzdauer inzwischen abgelaufen ist. Das Patent betrifft "a-Anomere von
4-Desmethoxy-daunomycin, Verfahren zu ihrer Herstellung und die genannten Verbindungen enthaltende Arzneimittel".
Die Patentansprüche 1 und 4 haben folgenden Wortlaut:
"1. a-Anomere von 4-Desmethoxy-daunomycin der Formel

4. Arzneimittel, enthaltend eine Verbindung gemäß Anspruch 1 und 2 neben üblichen Hilfs- und/oder Trägerstoffen."
Die von der Weltgesundheitsorganisation vorgeschlagene Kurzbezeichnung für chemische Verbindungen der Strukturformel nach Anspruch 1 lautet: "Idarubicin".
In der Bundesrepublik Deutschland sind für die ... GmbH unter den Bezeichnungen "... 5 mg" und "... 10 mg" Arzneimittel zur Behandlung akuter myeoloischer Leukämien beim Menschen zugelassen, die als Wirkstoff Idarubicinhydrochlorid und als Hilfsstoff Lactose H O-frei enthalten.

2


Das Deutsche Patentamt hat der Anmelderin auf der Grundlage des genannten Patents ein ergänzendes Schutzzertifikat gemäß Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (nachfolgend: ArzneimittelschutzzertifikatsVO ) für das Arzneimittel "...", enthaltend als Wirkstoff "Idarubicinhydrochlorid" , erteilt. Die von der Anmelderin in erster Linie beanspruchte Erteilung eines Zertifikats für "Idarubicin und Salze hiervon, einschließlich Idarubicinhydrochlorid" , hat das Patentamt abgelehnt.
Die hiergegen erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zunächst erfolglos geblieben. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin ergänzenden Schutz hilfsweise für "Idarubicin und Idarubicinhydrochlorid" geltend gemacht. Auch insoweit hat das Bundespatentgericht die materiellen Erteilungsvoraussetzungen für ein Schutzzertifikat verneint (vgl. BPatGE 35, 145).
Auf Vorlage des Senats (Beschl. v. 17.6.1997 - X ZB 13/95, GRUR 1998, 363 - Idarubicin I) hat der Europäische Gerichtshof durch Vorabentscheidung wie folgt entschieden (GRUR Int. 2000, 69 ff.):
"1. Das ergänzende Schutzzertifikat kann nach der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel, insbesondere Art. 3 Buchst. b, ein Erzeugnis als Arzneimittel in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen erfassen, wenn das Erzeugnis in der in der arzneimittelrechtli-
chen Genehmigung genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist.
2. Im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 1768/92, insbesondere ihres Art. 3 Buchst. a, bestimmt sich nach den für ein Grundpatent geltenden Vorschriften, ob ein Erzeugnis durch dieses Grundpatent geschützt ist."
Auf Grund dieser Entscheidung hat der Senat den Beschluû des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Sache an das Bundespatentgericht zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für die freie Base "Idarubicin" zurückverwiesen (BGHZ 144, 15 - Idarubicin II).
Vor dem Bundespatentgericht hat die Antragstellerin in erster Linie die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Idarubicin beantragt. Hilfsweise hat sie beantragt, wie folgt zu entscheiden:
"Der angefochtene Beschluû wird aufgehoben, soweit sich die Zurückweisung des Hauptantrags auf Idarubicin bezieht.
Auf die am 24. Mai 1993 eingegangene Anmeldung wird, soweit nicht bereits durch die Erteilung des Schutzzertifikats entsprechend dem Hilfsantrag gemäû Beschluû der Patentabteilung 43 vom 9. Juni 1993 erfolgt, ein ergänzendes Arzneimittel-Schutzzertifikat für den vor seinem Erlöschen liegenden Zeitraum für den Wirkstoff des Arzneimittels ...
in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen erteilt.
Damit gilt die Erteilung auch für Idarubicin."
Das Bundespatentgericht hat den Hauptantrag zurückgewiesen und dem Hilfsantrag, dessen Formulierung (bis auf den Zusatz "Damit gilt die Erteilung auch für Idarubicin") auf seine Anregung zurückgeht, stattgegeben.
Die Anmelderin verfolgt mit ihrer vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ihren Hauptantrag, dessen Zurückweisung sie für rechtsfehlerhaft hält, weiter.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig; insbesondere ist die Antragstellerin durch die angefochtene Entscheidung beschwert, weil die Erteilung des Zertifikats unter Zurückweisung ihres Hauptantrags nur nach dem Hilfsantrag erfolgt ist. Dies genügt im Sinne einer formellen Beschwer (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 908 - Filialleiterfehler; Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., vor § 124 Rdn. 41; Happ in Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 124 Rdn. 29; Schulte, PatG, 6. Aufl., § 73 Rdn. 47). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
Die Rechtsbeschwerde und ihre Prüfung durch den Senat sind nicht auf diejenige Rechtsfrage beschränkt, derentwegen die Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist. Vielmehr ist durch die Zulassung die Möglichkeit der vollständigen Nachprüfung des angegriffenen Beschlusses nach Art einer Revision
eröffnet (vgl. BGHZ 90, 318, 320 - Zinkenkreisel; Sen.Beschl. v. 14.2.1989 - X ZB 8/87, GRUR 1989, 494 - Schrägliegeneinrichtung).
2. Grundlage für die Beurteilung des Erteilungsverlangens sind Art. 3, 4 ArzneimittelschutzzertifikatsVO. Nach diesen Bestimmungen ist ein ergänzendes Schutzzertifikat zu erteilen, wenn (u.a.) das Erzeugnis, für welches das Zertifikat begehrt wird, in dem betreffenden Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Anmeldung durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist (Art. 3 Buchst. a) und für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäû der Richtlinie 65/65/EWG bzw. der Richtlinie 81/851/EWG erteilt wurde (Art. 3 Buchst. b). Die Erteilung setzt weiter voraus , daû für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt worden ist (Art. 3 Buchst. c). Art. 4 bestimmt, daû sich der Schutz des Zertifikats allein auf das von der Genehmigung erfaûte Erzeugnis erstreckt.
Was die Erteilung des von der Antragstellerin mit ihrem Hauptantrag begehrten ergänzenden Schutzzertifikats für die freie Base Idarubicin anbelangt, ist die Zurückverweisung an das Bundespatentgericht mit folgenden Maûgaben erfolgt: Unter dem Blickwinkel des Art. 3 Buchst. a VO bestehen keine Bedenken gegen die Erteilung des Zertifikats, da die Base "Idarubicin" als Schutzgegenstand im Patentanspruch des Grundpatents ausdrücklich genannt ist. Hinsichtlich Art. 3 Buchst. b VO ist es nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs unschädlich, daû in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) nur ein Salz der Verbindung als wirksamer Bestandteil genannt ist. Da es sich hierbei um eine der möglichen Formen des Wirkstoffs handelt, kann der Schutz des Zertifikats auch den Wirkstoff als solchen sowie seine verschiedenen Derivate (wie Salze und Ester) erfassen. Hinzukommen muû aller-
dings, daû die in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) genannte Form des Wirkstoffs durch ein zum Zeitpunkt der Zertifikatsanmeldung in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist, was nach dem insoweit maûgeblichen Recht, d.h. vorliegend nach § 6 PatG 1968, zu prüfen ist. Danach gilt, daû sich der Schutz des Patents nicht auf den engen Wortlaut des Patentanspruchs beschränkt, sondern sich zum einen auch auf das erstreckt, was der Fachmann nach dem Sinngehalt des Wortlauts ohne weiteres mitliest, zum anderen auf solche äquivalente Abwandlungen, die der Fachmann mit seinem Fachwissen auf Grund von am Sinngehalt der Patentansprüche anknüpfenden Überlegungen als gleichwirkend erkennen konnte.
3. Das Bundespatentgericht ist bei seiner Prüfung zu dem Ergebnis gelangt , daû der Schutzbereich des Grundpatents auch das in der Arzneimittelzulassung allein genannte Idarubicinhydrochlorid erfasse. Für den Fachmann, einen mit der Synthese von Wirkstoffen befaût und vertrauten Chemiker, sei es selbstverständlich, daû der Schutzbereich einer Erfindung, die eine organische Verbindung mit einer komplexen Molekülstruktur und z.B. einer Carboxyl- oder Amino-Gruppe betreffe, nicht schon dann verlassen werde, wenn eine Salzbildung dieser Gruppen vorliege. Demnach könne das ergänzende Schutzzertifikat für den in der Form seiner freien Base formulierten Wirkstoff Idarubicin des Arzneimittels ... erteilt werden.
4. Gleichwohl hat das Bundespatentgericht den mit diesem Ergebnis übereinstimmenden Hauptantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, die Tenorierung in der Fassung des Hilfsantrags sei vorzugswürdig , weil sie keinen Zweifel daran lasse, daû das erteilte Schutzzertifikat einen mit dem Grundpatent übereinstimmenden Schutz für alle Formen des
Arzneimittelwirkstoffs begründe, und weil sie auûerdem als Ausgangsbasis für eine Erteilungspraxis auch bei komplizierteren Fallgestaltungen dienen könne. Diese Formulierung lasse keine Zweifel daran, daû die Erteilung auch für Idarubicin gelte. Bei den Angaben gemäû Buchstaben (a) bis (f) des Beschluûtenors handele es sich um obligatorische Angaben i.S.d. Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 a bis e sowie Art. 11 Abs. 1 a bis f ArzneimittelschutzzertifikatsVO.
5. Nach Auffassung der Rechtsbeschwerde werden durch die Zurückweisung des Hauptantrags die Rechte der Anmelderin verletzt. Diese habe einen Anspruch auf die wörtliche Formulierung des Erzeugnisses, für das das Zertifikat erteilt werden solle. Die vom Bundespatentgericht vorgenommene Definition des Erzeugnisses als "der Wirkstoff des Arzneimittels ... in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen" stelle keine klare und eindeutige Formulierung dar und sei für unterschiedliche Auslegungen offen.
6. Diesem Angriff kann der Erfolg nicht versagt bleiben.

a) Wie Art. 7 ArzneimittelschutzzertifikatsVO zu entnehmen ist, wird das ergänzende Schutzzertifikat nur auf Grund einer Anmeldung erteilt. Aus Art. 10 Abs. 1 ArzneimittelschutzzertifikatsVO ergibt sich ferner, daû Gegenstand der Zertifikatsanmeldung stets ein bestimmtes Erzeugnis sein muû. Zur Festlegung des Verfahrensgegenstandes muû daher der Anmelder angeben, für welches konkrete Erzeugnis, d.h. für welchen Wirkstoff (Art. 1 lit. b ArzneimittelschutzzertifikatsVO ) der ergänzende Schutz beansprucht wird (vgl. Schennen, Die Verlängerung der Patentlaufzeit für Arzneimittel im gemeinsamen Markt, 1993, S. 64, Anm. 2 zu Art. 8 ArzneimittelschutzzertifikatsVO).

b) Nach Art. 10 Abs. 1 ArzneimittelschutzzertifikatsVO, § 49 a Abs. 2 PatG ist das Zertifikat zu erteilen, wenn die Anmeldung und das Erzeugnis, das Gegenstand der Anmeldung ist, die in der Verordnung genannten Voraussetzungen erfüllen. Der auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für das Erzeugnis Idarubicin, d.h. für den Wirkstoff des Arzneimittels ... in Form seiner freien Base, gerichtete Hauptantrag darf demnach nicht zurückgewiesen werden, sofern dieser die genannten Voraussetzungen erfüllt. Dies ist nach den vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen der Fall. Ein Ermessen, das Schutzzertifikat statt in der beantragten Fassung mit einer anderen , vom Bundespatentgericht als vorzugswürdig erachteten Formulierung zu erteilen, ist diesem Gericht nicht eingeräumt. Wie die Patenterteilung ist auch die Zertifikatserteilung ein Akt gebundener Verwaltung, bei der der Antragsteller einen Anspruch auf Erlaû des beantragten Verwaltungsakts und somit auf Erteilung des begehrten (und nicht nur eines nach dem Ermessen der erteilenden Stelle abweichend formulierten) Zertifikats hat, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Die Auffassung des Bundespatentgerichts, wonach die Erteilung auf der Grundlage des Hilfsantrags vorzugswürdig sei, stellt demgegenüber keine ausreichende Rechtfertigung für die Zurückweisung des Hauptantrags dar. Bereits aus diesem Grund müssen der angefochtene Beschluû aufgehoben und die Sache abermals gemäû § 108 Abs. 1 PatG an das Bundespatentgericht zurückverwiesen werden.
Daraus läût sich allerdings nicht ableiten, daû der Antragsteller ohne weiteres auch einen Anspruch auf Erteilung eines Zertifikats unter konkreter Bezeichnung weiterer Wirkstoffe hätte, die zuvor unter den Schutzbereich des Patents und eines ergänzenden Schutzzertifikats fallen könnten, jedoch weder in den Patentansprüchen noch in der Arzneimittel-Zulassung ausdrücklich be-
zeichnet sind. Dazu wird auf die Ausführungen des vorangegangenen Senatsbeschlusses X ZB 13/95 "Idarubicin II" vom 15. Februar 2000 (GRUR 2000, 683) unter II 3 verwiesen. Darum geht es hier jedoch nicht mehr.
Nachdem das Bundespatentgericht festgestellt hat, daû das in der Arzneimittelzulassung genannte Erzeugnis Idarubicinhydrochlorid vom Schutzbereich des Grundpatents erfaût wird, ist nach den weiteren Ausführungen des Bundespatentgerichts geklärt, daû das Schutzzertifikat für den in Form seiner freien Base formulierten Wirkstoff Idarubicin erteilt werden kann. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall ersichtlich von dem vom Bundespatentgericht am 2. November 2000 unter dem Aktenzeichen 15 W (pat) 40/95 ("Sumatriptan" ) entschiedenen (Leitsatz veröffentlicht in Mitt. 2001, 193 = BlPMZ 2001, 190; Rechtsbeschwerde unter X ZB 12/01 anhängig), dem der beschlieûende Senat eine entsprechende Feststellung nicht entnehmen kann. Es ist daher davon auszugehen, daû sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung eines entsprechend konkret formulierten ergänzenden Schutzzertifikats für das den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Grundpatents bildende Idarubicin, gemäû dem Hauptantrag der Anmelderin, vorliegen (BGHZ 144, 15 - Idarubicin II, unter II 1).
Weiter ist zu beachten, daû der Erteilungsbeschluû den Inhalt des Zert ifikats festlegt und daher sämtliche dafür erforderlichen Angaben enthalten muû. So muû aus ihm das geschützte Erzeugnis hervorgehen (vgl. Schennen, aaO, S. 70, Anm. 3 zu Art. 11 ArzneimittelschutzzertifikatsVO). Soll ein Wirkstoff in einer anderen als der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung genannten Form geschützt werden, so ist diese abweichende Form im Beschluû genau zu bezeichnen. Ferner muû auch die Laufzeit des Schutzzertifikats
durch den Beschluû festgelegt werden. Dagegen ist es nicht erforderlich, sämtliche Angaben, die in den vom Bundespatentgericht herangezogenen Vorschriften der Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 a bis e sowie Art. 11 Abs. 1 a bis f VO aufgelistet sind und die der Festlegung des Verfahrensgegenstandes bzw. der Unterrichtung der Öffentlichkeit dienen, in die Beschluûformel aufzunehmen.
Das Bundespatentgericht wird mit diesen Maûgaben dem Hauptantrag zu entsprechen haben. Dem Senat ist eine eigene Sachentscheidung durch das Gesetz verwehrt (§ 108 Abs. 1 PatG).
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich erachtet (§ 107 Abs. 1 PatG).
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Keukenschrijver

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Das Recht auf das Patent hat der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger. Haben mehrere gemeinsam eine Erfindung gemacht, so steht ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zu. Haben mehrere die Erfindung unabhängig voneinander gemacht, so steht da

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(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß; sie kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. (2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Fests

Patentgesetz - PatG | § 108


(1) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen. (2) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt is

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 13/95 vom 15. Februar 2000 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel 193 75 027.9 Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja Idarubicin II VO (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 29/98 Verkündet am: 29. Juni 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 31/06 vom 27. Mai 2008 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Schutzzertifikatsanmeldung 194 75 025.6 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Pantoprazol PatG § 16a, VO (EWG) Nr. 1768/92 Art. 3, Art. 13

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 13/95
vom
15. Februar 2000
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel 193 75 027.9
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Idarubicin II
VO (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines
ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel Art. 3 Buchst. a, b

a) Der Schutzbereich eines ergänzenden Schutzzertifikats, das für einen in
Form seiner freien Base formulierten Wirkstoff erteilt worden ist, erfaßt auch
diejenigen Derivate der freien Base, die vom Schutzbereich des Grundpatents
umfaßt werden.

b) Für den in Form einer freien Base formulierten Wirkstoff eines Arzneimittels
kann ein ergänzendes Schutzzertifikat grundsätzlich auch dann erteilt werden
, wenn nur ein Salz dieser Base Gegenstand einer arzneimittelrechtlichen
Zulassung (Genehmigung) geworden ist. Voraussetzung ist allerdings,
daß sowohl die freie Base als auch das Salz unter den Schutzbereich des
Grundpatents fällt.

c) Der Inhaber eines Patents mit einem auf einen Arzneimittelwirkstoff in Form
seiner freien Base gerichteten Patentanspruch hat keinen Anspruch darauf,
daß in das ergänzende Schutzzertifikat auch beliebige Derivate der freien
Base ausdrücklich einbezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine arzneimittelrechtliche
Zulassung (Genehmigung) für den Wirkstoff (nur) in Form
eines Salzes erteilt worden ist, dessen Schutz aber bereits durch ein für die
Base zu erteilendes Schutzzertifikat gewährleistet werden kann.
BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000 - X ZB 13/95 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und
Keukenschrijver
am 15. Februar 2000

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 15. Senats (Technischen Beschwerdesenats X) des Bundespatentgerichts vom 15. Mai 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I. Die Anmelderin war Inhaberin des deutschen Patents 25 25 633, das auf eine Anmeldung vom 9. Juni 1975 zurückgeht und dessen gesetzliche Schutzdauer inzwischen abgelauf -Anomere von 4-Desmethoxy-daunomycin, Verfahren zu ihrer Herstellung und die genannten "! # $&%(' ) * ' +,! '-! ' . / 021 .3! ' ) !546#37 ' !2%(89%.:. !21<; =>!2%(' ! ? 0 . ! ' . 0 ' @ A # B che 1 und 4 hatten folgenden Wortlaut:
"1. C -Anomere von 4-Desmethoxy-daunomycin der Formel

4. Arzneimittel, enthaltend eine Verbindung gemäß Anspruch 1 und 2 neben üblichen Hilfs- und/oder Trägerstoffen."
Die von der Weltgesundheitsorganisation vorgeschlagene Kurzbezeichnung für chemische Verbindungen der Strukturformel nach Anspruch 1 lautet "Idarubicin".
In der Bundesrepublik Deutschland sind für die Farmitalia Carlo Erba GmbH unter den Bezeichnungen "ZAVEDOS 5 mg" und "ZAVEDOS 10 mg" Arzneimittel zur Behandlung akuter myeloischer Leukämien beim Menschen zugelassen, die als Wirkstoff Idarubicinhydrochlorid und als Hilfsstoff Lactose H O-frei enthalten.

2


Auf ihren Hilfsantrag hat das Deutsche Patentamt der Anmelderin auf der Grundlage des deutschen Patents 25 25 633 ein ergänzendes Schutzzerti-
fikat "für das Arzneimittel ZAVEDOS, enthaltend als Wirkstoff Idarubicinhydrochlorid" , erteilt. Die von der Anmelderin in erster Linie begehrte Erteilung eines Zertifikats für "Idarubicin und Salze hiervon, einschließlich Idarubicinhydrochlorid" hat das Patentamt abgelehnt.
Die hiergegen erhobene Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin ergänzenden Schutz hilfsweise für "Idarubicin und Idarubicinhydrochlorid" geltend gemacht. Auch insoweit hat das Bundespatentgericht die materiellen Erteilungsvoraussetzungen für ein Schutzzertifikat verneint (BPatGE 35, 145 = BlPMZ 1995, 446).
Nach Auffassung des Bundespatentgerichts sind die Erteilungsvoraussetzungen weder für Idarubicin und Salze hiervon (Hauptantrag) noch für Idarubicin (Hilfsantrag) erfüllt. Sowohl der Haupt- wie auch der Hilfsantrag scheitere bereits an Art. 3 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzertifikats für Arzneimittel (nachfolgend: VO). Bei sachgerechter Interpretation sei der genannten Vorschrift zu entnehmen, daß ein ergänzendes Schutzzertifikat nur für ein Erzeugnis erteilt werden könne, das im arzneimittelrechtlichen Zulassungsbescheid als "wirksamer Bestandteil" ausgewiesen sei. Vorliegend treffe dies ausschließlich auf den Wirkstoff Idarubicinhydrochlorid zu, der im Anmeldezeitpunkt allein Gegenstand einer Arzneimittelzulassung in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei.
Der Hauptantrag erweise sich darüber hinaus auch deshalb als unbegründet , weil die Voraussetzungen des Art. 3 Buchst. a VO für beliebige Salze
des Idarubicin nicht gegeben seien. Ausschlaggebend dafür, ob das Erzeugnis "durch ein Grundpatent geschützt" werde, sei nicht der dem Patent in einem fiktiven Verletzungsprozeß zukommende Schutzbereich. Maßstab für die rechtliche Würdigung sei vielmehr der Schutzgegenstand des Patents, d.h. diejenige technische Lehre, die im Grundpatent als patentfähig unter Schutz gestellt sei. Neben dem in der Patentschrift wortwörtlich Beschriebenen gehöre dazu nur das, was aus der Sicht eines Durchschnittsfachmanns auch ohne besondere Erwähnung für die patentierte Lehre selbstverständlich oder nahezu unerläßlich sei oder was der Fachmann bei aufmerksamer Lektüre der Patentschrift ohne weiteres erkenne und in Gedanken gleich mitlese.
Im Streitfall lasse sich derartiges für die beanspruchten Salze des Idarubicin nicht feststellen. Ausdrücklich erwähnt werde in der deutschen Patentschrift 25 25 633 lediglich die freie Base des Idarubicin (in den Patentansprüchen ) und das Hydrochlorid dieser Base (in einem Ausführungsbeispiel der Erfindung). Irgendeinen Hinweis auf weitere pharmazeutische Derivate enthalte die Patentschrift nicht. Für einen Durchschnittsfachmann sei es weder selbstverständlich noch ohne weiteres ersichtlich, daß außer dem genannten Hydrochlorid beliebige andere, in der Patentschrift selbst nicht erwähnte Salze des Idarubicin einen Arzneimittelwirkstoff ergeben könnten, der sich durch dieselben patentgemäßen Eigenschaften auszeichne. Wegen ihrer im Vergleich zu Idarubicin und Idarubicinhydrochlorid andersartigen chemischen Zusammensetzungen werde der Fachmann im Gegenteil Abweichungen im therapeutischen Wirkungsprofil dieser Salze für zumindest möglich halten.
Die Anmelderin hält die Zurückweisung ihres über den Erteilungsbeschluß des Patentamtes hinausgehenden Erteilungsverlangens durch die Vor-
instanzen für rechtsfehlerhaft. Mit der vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für "Idarubicin und Salze hiervon, einschließlich Idarubicinhydrochlorid" , hilfsweise für "Idarubicin und Idarubicinhydrochlorid" weiter.
Der beschließende Senat hat das Verfahren gemäß Art. 177 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 EG-Vertrag (jetzt Art. 234 EG) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften durch Beschluß vom 17. Juni 1997 (X ZB 13/95, veröffentlicht in GRUR 1998, 363) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
"1. Setzt Art. 3 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel vom 18. Juni 1992 voraus, daß das Erzeugnis, für welches die Erteilung eines Schutzzertifikats begehrt wird, in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung als 'wirksamer Bestandteil' ausgewiesen ist?
Ist Art. 3 lit. b folglich dann nicht erfüllt, wenn im Zulassungsbescheid als 'wirksamer Bestandteil' ein einzelnes, bestimmtes Salz eines Wirkstoffs angegeben ist, die Erteilung eines Schutzzertifikats dagegen für die freie Base und/oder andere Salze des Wirkstoffs beansprucht wird?
2. Sofern die Fragen zu 1 verneint werden:
Nach welchen Kriterien beurteilt sich, ob das Erzeugnis im Sinne von Art. 3 lit. a durch ein Grundpatent geschützt ist, wenn die Erteilung eines Schutzzertifikats für die freie Base eines Wirkstoffs einschließlich beliebiger Salze hiervon beansprucht wird, das Grundpatent in seinen Patentansprüchen aber lediglich die freie Base dieses Wirkstoffs und in einem Ausführungsbeispiel außerdem ein einzelnes Salz dieser freien Base erwähnt? Ist der Anspruchswortlaut des Grundpatents oder dessen Schutzbereich maßgebend?"
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlagefragen mit Urteil vom 16. September 1999 (GRUR Int. 2000, 69 ff.) wie folgt beantwortet :
"1. Das ergänzende Schutzzertifikat kann nach der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel, insbesondere Art. 3 Buchst. b, ein Erzeugnis als Arzneimittel in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen erfassen, wenn das Erzeugnis in der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist.
2. Im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 1768/92, insbesondere ihres Art. 3 Buchst. a, bestimmt sich nach den für ein Grundpatent geltenden Vorschriften, ob ein Erzeugnis durch dieses Grundpatent geschützt ist."

II. Der Beschluß des Bundespatentgerichts vom 15. Mai 1995 entspricht diesen Vorgaben nicht; er ist daher aufzuheben und die Sache ist gemäß § 108 Abs. 1 PatG an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
1. Die Verweigerung eines Schutzzertifikats für die freie Base "Idarubicin" (gemäß dem zweiten Hilfsantrag und im Rahmen der weitergehenden vorrangigen Anträge) ist auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht gerechtfertigt.

a) Hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen nach Art. 3 Buchst. a der VO bestehen insoweit keine Bedenken, weil die Base "Idarubicin" als Schutzgegenstand im Patentanspruch des Grundpatents ausdrücklich genannt ist.

b) Hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen nach Art. 3 Buchst. b der VO hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entschieden, daß der Schutz des Zertifikats den Wirkstoff als solchen ebenso wie seine verschiedenen Derivate (wie Salze und Ester) erfassen kann, soweit sie dem Schutz des Grundpatents unterliegen (Entscheidungsgründe Nr. 21 und 22) und sofern nur eine seiner möglichen Formen Gegenstand der arzneimittelrechtlichen Genehmigung ist (Entscheidungsgründe Nr. 19 und 22). Daraus folgt, daß der Anmelderin bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen das angemeldete ergänzende Schutzzertifikat auch dann für die freie Base erteilt werden kann, wenn wie vorliegend in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) nur ein Salz der Verbindung als wirksamer Bestandteil genannt ist.

c) Voraussetzung für die Erteilung des Schutzzertifikats ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Entscheidungsgründe Nr. 22) weiterhin, daß das Erzeugnis in der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich (Entscheidungsgründe Nr. 24-29) nach dem für den Schutzbereich des Grundpatents maßgeblichen Recht, vorliegend also nach nationalem deutschem Recht. Das Bundespatentgericht wird daher die bisher unterbliebene Prüfung nachzuholen haben, ob der Schutzbereich des Grundpatents auch das in der Arzneimittelzulassung allein genannte Idarubicinhydrochlorid erfaßt. Im vorliegenden Fall ist das Grundpatent bereits vor dem 1. Januar 1978 angemeldet worden; sein Schutzbereich ist daher nach Maßgabe des § 6 PatG 1968 zu bestimmen. Auch danach gilt jedoch im Kern ebenso wie für das geltende Recht (§ 14 PatG bzw. Art. 69 EPÜ), daß sich der Schutz eines Patents nicht auf den engen Wortlaut des Patentanspruchs beschränkt. Er erstreckt sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen auch auf das, was der Fachmann nach dem Sinngehalt des Wortlauts ohne weiteres mitliest, und er erstreckt sich darüber hinaus jedenfalls auf solche äquivalente Abwandlungen, die der Fachmann mit seinem Fachwissen auf Grund von am Sinngehalt der Patentansprüche anknüpfenden Überlegungen als gleichwirkend erkennen konnte. Bei seiner Prüfung wird das Bundespatentgericht im vorliegenden Fall zu berücksichtigen haben, daß Idarubicinhydrochlorid zwar nicht im Patentanspruch des Grundpatents, wohl aber in der Beschreibung als eine Möglichkeit zur Ausführung der Erfindung erwähnt wird.
2. Über einen weitergehenden Anspruch auf Erteilung eines Schutzzertifikats auch für Idarubicinhydrochlorid entsprechend dem ersten Hilfsantrag ist
nicht mehr zu entscheiden. Der Anmelderin ist insoweit durch das Patentamt bereits unangefochten das beantragte Schutzzertifikat erteilt worden. Eine Abänderung zu ihren Ungunsten kann daher nicht erfolgen (vgl. Sen.Beschl. v. 12.10.1989 - X ZB 12/89, GRUR 1990, 109, 110 - Weihnachtsbrief).
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Bundespatentgericht die Erteilung eines Schutzzertifikats abgelehnt, in dessen Formulierung weitergehend entsprechend dem Hauptantrag darüber hinaus sämtliche Salze des Idarubicin aufgenommen sind. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht dem nicht entgegen.
Nach der Antwort des Europäischen Gerichtshofs auf die erste Vorlagefrage kann das Schutzzertifikat ein Erzeugnis als Arzneimittel in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen umfassen, wenn das Erzeugnis in der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist. Damit wird die Gewährung des Schutzes an sich, nicht aber die Form angesprochen, in der diese zu erfolgen hat.
Der beschließende Senat geht mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Entscheidungsgründe Nr. 19-22) davon aus, daß das Schutzzertifikat hinsichtlich der verschiedenen möglichen Formulierungen eines Arzneimittels einen Schutz begründet, der mit dem des Grundpatents übereinstimmt (vgl. auch die Erwägungsgründe 13 und 17 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Parlaments und des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel). Das bedeutet, daß ein für den Wirkstoff in Form seiner freien Base erteiltes Schutzzertifikat zugleich Schutz für seine De-
rivate (Salze und Ester) gewährt, soweit diese auch vom Schutzbereich des Grundpatents umfaßt werden. Der Schutz dieser Derivate ergibt sich mithin schon aus dem für die freie Base erteilten Schutzzertifikat und bedarf deshalb keiner ausdrücklichen Erwähnung. Dementsprechend hat auch die Anmelderin im vorliegenden Fall mit der Erteilung eines Schutzzertifikats für das Arzneimittel in Form der freien Base alles erlangt, worauf sie nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Anspruch hat.
Mit der Aufnahme beliebiger Salze in die Formulierung des Schutzzertifikats erstrebt die Anmelderin mehr, als sie mit der Erteilung des Grundpatents erreicht hat, nämlich eine (scheinbar verbindliche) Klärung des Schutzumfangs. Eine umfassende und generalisierende Bestimmung des Schutzumfangs ist dem maßgeblichen Patentrecht grundsätzlich fremd. Der Schutzumfang ist grundsätzlich nur im Verletzungsprozeß und dort nur jeweils für die angegriffene Ausführungsform zu bestimmen. Eine abstrakte Festlegung paßt zudem nicht zu dem als Registrierverfahren ausgestalteten Erteilungsverfahren für das ergänzende Schutzzertifikat.
Würde man die Formulierung des Schutzzertifikats über den Wortlaut des erteilten Patents hinaus ausdehnen, könnte im übrigen die Gefahr begründet sein, daß an einen derart erweitert formulierten Schutzgegenstand wiederum ein nahegelegter weiterer Schutzbereich angeknüpft würde, der im Ergebnis z.B. auf den Schutz der Ä quivalente von Ä quivalenten hinausliefe. Dies widerspräche den Entscheidungsgründen 21 und 28 der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, nach denen das Schutzzertifikat nicht über den Schutz des Grundpatents hinausgehen darf.
4. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich erachtet (§ 107 Abs. 1 PatG).
Rogge Jestaedt Melullis Scharen Keukenschrijver

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 29/98 Verkündet am:
29. Juni 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Filialleiterfehler

a) Wirbt eine rechtlich unselbständige Filiale eines Einzelhandelsunternehmens
irreführend, so ist der Unterlassungsanspruch gegen den Inhaber
des Unternehmens grundsätzlich ohne räumliche Beschränkung auf die betreffende
Filiale gegeben. Der Inhaber des Unternehmens kann sich nicht zu
seiner Entlastung darauf berufen, daß er dem handelnden Angestellten in
dem betreffenden Bereich Entscheidungsfreiheit zugestanden habe.

b) Zur Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs, der als Hilfsanspruch
zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Schadensersatz gegeben ist, wenn
irreführend für Ware, die im Verkaufslokal entgegen der Verbrauchererwartung
nicht zum Verkauf vorrätig gehalten wird, geworben worden ist.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - I ZR 29/98 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. November 1997 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und in dem Umfang aufgehoben, der sich aus der nachstehenden Neufassung des Berufungsurteils ergibt: Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen vom 11. April 1997 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen sowie unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Beklagten - in dem aus der nachfolgenden Verurteilung der Beklagten ersichtlichen Umfang geändert: 1. Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten, verurteilt, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) für Geräte der Unterhaltungselektronik mit Ausnahme der Videokamera Sony CCD TR-V 70 und des Fernsehers Royal TV 5199 zu werben, sofern diese nicht am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, und/oder
b) Geräte der Telekommunikation mit Ausnahme des Funkempfängers Quix Basic 2 und der Handies AEG 9050, Panasonic G 400 und Siemens S 3 Com im Laden mit anderen Preisen auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden. 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist oder künftig noch entsteht, daß die Beklagte am 2. Oktober 1996 für ihren "P. Markt" in K. , Im L. center, wie unter 1. umschrieben für die unter 1. a und b genannten Geräte geworben hat. 3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wo und wie oft sie am 2. Oktober 1996 wie unter 2. umschrieben für ihren "P. Markt" in K. , Im L. center, geworben hat, wobei die Auskunft nach den Werbeträgern und der Auflage der Werbeträger aufzuschlüsseln ist. Von den Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz werden der Klägerin 3/26, der Beklagten 23/26 auferlegt. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu 3/14, die Beklagte zu 11/14 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung "P. Märkte" Verbrauchermärkte für Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation. Einer dieser Märkte befand sich im L. center in K. . Die Beklagte warb in einer Werbebeilage zu dem in K. erscheinenden "Lokalanzeiger" (Ausgabe vom 2. Oktober 1996) für die Videokamera Sony CCD TR-V 70 und den Fernseher Royal TV 5199. Auf Nachfrage erklärte ein Verkäufer der Beklagten in der Filiale im L. center am 4. Oktober 1996, daß diese Geräte nicht vorrätig seien. In derselben Beilage bewarb die Beklagte den Funkempfänger Quix Basic 2 für 89,-- DM und die Handies AEG 9050, Panasonic G 400 und Siemens S 3 Com mit Preisen von jeweils 1,-- DM. Im Laden waren der Quix Basic 2 mit 149,-- DM und die Handies mit Preisen zwischen 5,-- DM und 59,-- DM ausgezeichnet.
Die Klägerin betreibt in K. ebenfalls einen Endverbrauchermarkt für Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation. Sie hat die Werbung der Beklagten als Irreführung über das Vorrätigsein der beworbenen Ware und als Irreführung über den Preis beanstandet. Auf Abmahnung unter Übersendung einer vorformulierten Unterlassungserklärung hat die Beklagte mit Schreiben vom 23. Oktober 1996 folgende eingeschränkte Erklärung abgegeben :
"Die Firma P. , Im L. center, K. , verpflichtet sich gegenüber der Firma M. GmbH, ... es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für die Videokamera "Sony CCD TR-V 70" und
das "TV Gerät Royal TV 5199" zu werben, sofern diese am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung nicht vorrätig sind, und/oder folgende Geräte der Telekommunikation "Quix Basic 2, Handy AEG 9050, Handy Panasonic G 400, Handy Siemens S 3 Com" im Laden mit einem anderen Preis auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie in der Werbung beworben werden; für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die o.g. Verpflichtung an die Unterlassungsgläubigerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,-- DM zu zahlen." Die Klägerin erwiderte darauf mit Schreiben vom 23. Oktober 1996, sie nehme die Unterlassungserklärung an, weise aber darauf hin, daß sie dadurch nicht klaglos gestellt werde, weil ihr Unterlassungsanspruch nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt sei.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß die Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr für die gerügten Wettbewerbsverstöße nicht beseitigt habe, weil sie auf die Werbung und die Preisauszeichnung bei den näher bezeichneten Geräten beschränkt sei und sich nicht auf die Sortimentsbereiche der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation insgesamt beziehe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
a) für Geräte der Unterhaltungselektronik mit Ausnahme der Videokamera Sony CCD TR-V 70 und des Fernsehers Royal TV 5199 zu werben, sofern diese nicht am ersten Werktag
nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, und/oder
b) Geräte der Telekommunikation mit Ausnahme des Funkempfängers Quix Basic 2 und der Handies AEG 9050, Panasonic G 400 und Siemens S 3 Com im Laden mit anderen Preisen auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden; 2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter 1. beschriebene Wettbewerbshandlung entstanden ist oder künftig noch entsteht; 3. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 2. Oktober 1996 in der unter 1. beanstandeten Form geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist. Die Beklagte hat geltend gemacht, das Klagebegehren sei unbegründet, soweit es über die abgegebene Unterlassungserklärung hinausgehe. Der Unterlassungsantrag sei zudem zu weit gefaßt. Ein etwaiger Unterlassungsanspruch beziehe sich mangels einer entsprechenden Begehungsgefahr jedenfalls nicht auch auf ihre anderen Filialen im Bundesgebiet. Das Verbot dürfe auch nicht auf die Werbung für alle Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation erstreckt werden.
Das Landgericht hat den Unterlassungsanträgen nur beschränkt auf den "P. Markt" der Beklagten in K. , Im L. center, stattgegeben. Das Auskunfts - und das Feststellungsbegehren hat es ebenfalls abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die Klägerin Berufung und die Beklagte Anschlußberufung eingelegt.
Die Klägerin hat mit ihrer Berufung ihre Klageanträge, soweit sie abgewiesen worden sind, weiterverfolgt. Sie hat beantragt, die Beklagte unter Zurückweisung der Anschlußberufung und unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach den ursprünglichen Klageanträgen zu verurteilen. Hilfsweise hat sie beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
a) für Geräte der Unterhaltungselektronik zu werben, soweit diese nicht am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, und/oder b) Geräte der Telekommunikation im Laden mit anderen Preisen auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und den Unterlassungsantrag unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlußberufung der Beklagten - das Urteil des Landgerichts insoweit teilweise abgeändert, als es die auf Unterlassung gerichteten Hauptanträge vollständig abgewiesen hat. Den im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Unterlassungsanträgen hat das Berufungsgericht nur beschränkt auf die Filiale der Beklagten in K. s tattgegeben. Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, das Berufungsurteil aufzuheben , soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und auch insoweit nach ihren Schlußanträgen im Berufungsverfahren zu erkennen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat teilweise Erfolg.
I. 1. Das Berufungsgericht hat die mit den Hauptanträgen verfolgten Unterlassungsanträge als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsbegehren habe einen unzulässigen Inhalt, weil es - wohl im Hinblick auf die Unterlassungserklärung der Beklagten - gerade Handlungen ausnehme, die sich auf die Gerätetypen bezögen, die bei den beanstandeten Wettbewerbsverstößen beworben worden seien. Damit werde der einheitliche Unterlassungsanspruch unzulässig geteilt und ein Verbot unter Abstrahierung von dem konkreten Wettbewerbsverstoß begehrt, an den allein die Prüfung der Wettbewerbswidrigkeit anknüpfen könne.
2. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben Erfolg.

a) Die Revision der Klägerin gegen die Abweisung der auf Unterlassung gerichteten Hauptanträge ist - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht mangels Beschwer unzulässig. Die Zulässigkeit eines vom Kläger eingelegten Rechtsmittels hängt vom Vorliegen der sogenannten formellen Beschwer ab. Danach ist ein Kläger schon dann beschwert, wenn das angefochtene Urteil von seinen Anträgen abweicht (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1990 - VI ZR 89/90, VersR 1991, 359, 360; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., Vor § 511 Rdn. 14, jeweils m.w.N.). Dabei kommt es nicht darauf an,
daß das mit den Hilfsanträgen verfolgte Unterlassungsbegehren, mit dem die Klägerin überwiegend Erfolg hatte, in der Sache weiter geht als die mit den Hauptanträgen erstrebten Verbote. Denn für das Vorliegen einer formellen Beschwer reicht es bereits aus, daß Sachanträge der Klägerin nicht zugesprochen worden sind.

b) Die als Hauptanträge gestellten Unterlassungsanträge sind - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - zulässig. Die Frage, ob der Klägerin Ansprüche in dem geltend gemachten Umfang zustehen, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage. Es ist jeweils Sache des Klägers, den Umfang seines Unterlassungsbegehrens mit seinem Klageantrag zu konkretisieren und abzugrenzen. Es ist ihm überlassen, ob er seinen Antrag enger faßt, als er dies nach dem Umfang des materiell-rechtlichen Anspruchs, der bei Unterstellung des Klagevorbringens gegeben wäre, tun müßte (vgl. dazu auch Pastor/Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kap. 27 Rdn. 5). Dementsprechend war es auch zulässig, daß die Klägerin mit ihren Unterlassungsanträgen ausdrücklich nicht auch Handlungen angegriffen hat, die den beanstandeten konkreten Verletzungsformen - der Irreführung über das Vorrätigsein und über den Preis bestimmter Geräte - entsprechen. Die inhaltliche Beschränkung des Klagebegehrens wirft hier lediglich die Frage auf, ob ein diesem beschränkten Antrag entsprechender materiell-rechtlicher Anspruch gegeben ist. Das vom Berufungsgericht gesehene Problem, ob ein zulässig über die konkrete Verletzungsform hinaus verallgemeinerter Unterlassungsanspruch im Umfang des auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Anspruchsteils und im Umfang der Verallgemeinerung in zulässiger Weise unabhängig voneinander in verschiedenen Verfahren rechtshängig gemacht werden könnte , stellt sich nicht, weil diese Fallgestaltung hier nicht vorliegt.

3. Der Senat kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung über die Unterlassungshilfsanträge verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen selbst über die auf Unterlassung gerichteten Hauptanträge entscheiden. Diese sind in vollem Umfang zuzuerkennen. Das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (reformatio in peius) steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 18.3.1999 - I ZR 33/97, GRUR 1999, 936, 938 = WRP 1999, 918 - Hypotonietee, m.w.N.).

a) Der geltend gemachte Anspruch, es zu unterlassen, für Geräte der Unterhaltungselektronik (mit Ausnahme der Videokamera Sony CCD TR-V 70 und des Fernsehers Royal TV 5199) zu werben, sofern diese nicht am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, ist begründet (§ 3 UWG).
(1) Die Klägerin ist - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - bereits nach § 3 UWG befugt, Ansprüche gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes geltend zu machen, weil sie durch diesen unmittelbar betroffen ist. Als unmittelbar von einer zu Wettbewerbszwecken begangenen Handlung betroffen sind grundsätzlich diejenigen Mitbewerber anzusehen, die zu dem Verletzer (oder dem von diesem Geförderten ) in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.1998 - I ZR 229/95, GRUR 1998, 1039, 1040 = WRP 1998, 973 - Fotovergrößerungen ; Urt. v. 22.4.1999 - I ZR 159/96, GRUR 1999, 1007, 1008 = WRP 1999, 915 - Vitalkost; Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1123 = WRP 1999, 1151- EG-Neuwagen I). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist bereits
dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob das beanstandete Verhalten geeignet war, den Wettbewerb auf dem fraglichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG), kommt es danach für die Anspruchsberechtigung der Klägerin nicht an.
(2) Eine Werbeankündigung ist grundsätzlich als irreführend zu beurteilen , wenn die beworbenen Waren, die - wie hier - zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind, entgegen der Verbrauchererwartung zu dem angekündigten Zeitpunkt nicht oder nicht in gewünschter Menge vorrätig sind und von den Interessenten im Verkaufslokal erworben werden können (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 4.2.1999 - I ZR 71/97, GRUR 1999, 1011, 1012 = WRP 1999, 924 - Werbebeilage, m.w.N.). Aus den getroffenen, im Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen ergibt sich, daß dies hier der Fall war. Die Beklagte hat am 2. Oktober 1996 in K. für eine Videokamera und ein Fernsehgerät geworben, ohne hinreichend dafür Sorge zu tragen, daß diese Geräte am 4. Oktober 1996, dem ersten Werktag danach, in ausreichender Zahl in ihrer K. Filiale vorrätig waren.
(3) Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf den räumlich umgrenzten Markt beschränkt, auf dem sich die Parteien als Wettbewerber begegnen. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch des Mitbewerbers ist - wie der Senat nach Erlaß des angefochtenen Urteils entschieden hat - grundsätzlich nicht entsprechend seinem eigenen Tätigkeitsbereich räumlich beschränkt, sondern für das gesamte Bundesgebiet gegeben und auch - selbst bei nur räumlich beschränkter
Betroffenheit - bundesweit durchsetzbar. Dies hat seinen entscheidenden Grund darin, daß der Anspruch dem Wettbewerber nicht nur zum Schutz seiner Individualinteressen, sondern auch im Interesse der anderen Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zuerkannt wird (BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken).
(4) Die Klägerin war - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht gehalten, ihren Klageantrag auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken. Bei der Fassung eines Unterlassungsantrags sind im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Dies hat seinen Grund darin, daß eine Verletzungshandlung die Vermutung der Begehungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 15.12.1999 - I ZR 159/97, GRUR 2000, 337, 338 = WRP 2000, 386 - Preisknaller, m.w.N.).
aa) Der Unterlassungsantrag verallgemeinert - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - in unbedenklicher Weise, soweit er sich allgemein auf Geräte der Unterhaltungselektronik bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 29.2.1996 - I ZR 6/94, GRUR 1996, 796, 798 = WRP 1996, 734 - Setpreis).
bb) Der Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte, ein Einzelhandelsunternehmen mit einer Reihe von Filialen, ist auch ohne räumliche Beschränkung auf die konkrete Filiale, die irreführend geworben hat, begründet. Dabei kann das bestrittene Vorbringen der Beklagten unterstellt werden, daß die irreführende Werbung und die entsprechende Warenvorratshaltung von der ört-
lichen Filiale der Beklagten in K. selbständig veranlaßt und organisiert worden ist. Derartige Umstände können nicht als charakteristische Besonderheiten , die den k onkret begangenen Verstoß kennzeichnen, behandelt werden. Denn nach § 13 Abs. 4 UWG richtet sich der Unterlassungsanspruch wegen aller in einem Unternehmen von Angestellten begangenen wettbewerbswidrigen Handlungen ohne Entlastungsmöglichkeit auch gegen den Inhaber des Unternehmens (vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., § 13 UWG Rdn. 60). Dieser kann sich nicht darauf berufen, daß er dem handelnden Angestellten in dem betreffenden Bereich Entscheidungsfreiheit zugestanden hat. Ein Wettbewerbsverstoß eines Angestellten begründet dementsprechend grundsätzlich für das Inland eine räumlich nicht beschränkte Begehungsgefahr auch für den Inhaber des Unternehmens selbst. Der Umstand, daß eine irreführende Werbung auf Fehlverhalten des Leiters eines abgrenzbaren Unternehmensteils beruht, steht danach der Begründetheit eines gegen das Gesamtunternehmen geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht entgegen. Für Unterlassungsansprüche wegen wettbewerbswidriger Handlungen , die in einer rechtlich unselbständigen Filiale eines Einzelhandelsunternehmens begangen worden sind, kann in dieser Beziehung nichts anderes gelten als für sonstige Wettbewerbsverstöße von Angestellten. Soweit der Senatsentscheidung "Kabinettwein" (Urt. v. 22.1.1987 - I ZR 211/84, GRUR 1987, 371, 373 = WRP 1987, 461) hinsichtlich dieser Frage etwas anderes entnommen werden kann, wird daran nicht festgehalten. Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daß das Charakteristische des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes aus anderen Gründen ausnahmsweise gerade in seinem örtlichen Bezug liegt, ergeben sich aus dem Vorbringen der Parteien nicht.

b) Der Antrag zu verbieten, Geräte der Telekommunikation im Laden mit einem anderen Preis auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie in der Werbung beworben werden, ist ebenfalls zuzuerkennen. Die Beklagte hat - wie auch die Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt - dadurch irreführend geworben , daß sie in der Werbung für einen Funkempfänger und verschiedene Mobiltelefongeräte niedrigere Preise angegeben hat, als für diese Geräte an demselben Tag nach der Preisauszeichnung im Laden gefordert wurden.
Der gegen diese irreführende Preiswerbung gerichtete Unterlassungsantrag ist in zulässiger Weise auf Geräte der Telekommunikation verallgemeinert. Der beanstandete Wettbewerbsverstoß durch die Angabe von Preisen in der Werbung, die unter den im Laden verlangten Preisen lagen, war nicht gerade dadurch charakterisiert, daß dabei bestimmte Geräte der Telekommunikation beworben worden sind. Anderes hat auch die Beklagte nicht vorgetragen.
4. Die Entscheidung über die Hilfsanträge ist von Amts wegen - zur Klarstellung - in vollem Umfang aufzuheben, weil ihr Fortbestand dadurch auflösend bedingt war, daß den auf Unterlassung gerichteten Hauptanträgen im weiteren Verfahren stattgegeben wird (vgl. dazu näher BGHZ 106, 219, 220 ff.; BGH, Urt. v. 28.10.1992 - IV ZR 221/91, NJW 1993, 1005, 1007; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann aaO § 559 Rdn. 3).
II. 1. Das Berufungsgericht hat die auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung gerichteten Klageanträge abgewiesen. Bei der Beurteilung müsse hinsichtlich beider Anträge unterschieden werden zwischen den beiden festgestellten Wettbe-
werbsverstößen und anderen gleichartigen Wettbewerbsverstößen der Beklagten , von denen bislang nichts bekannt geworden sei.
Es sei anerkannt, daß ein Geschädigter grundsätzlich Auskunft verlangen könne, wenn er über den Umfang der Verletzungshandlung im Ungewissen sei und er zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs auf entsprechende Angaben des Verletzers angewiesen sei, die dieser unschwer erteilen könne. Ein Auskunftsbegehren über weitere Verletzungshandlungen sei nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn im Rahmen einer durch eine feststehende Verletzungshandlung begründeten Sonderbeziehung besondere Umstände für eine hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Verletzungen sprächen, z.B. dann, wenn die Art der Verletzungshandlung den Verdacht gleichartiger Handlungen auch in anderen Fällen sehr nahelege. Der Nachweis eines einzelnen Wettbewerbsverstoßes begründe jedoch nicht einen Anspruch auf Auskunft über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen, weil dies auf eine Ausforschung und eine Vernachlässigung der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hinausliefe. Greifbare Anhaltspunkte für fortlaufende Verstöße der Beklagten der hier in Rede stehenden Art habe die Klägerin nicht dargelegt. Dementsprechend sei auch das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten unbegründet, weil die Klägerin nicht die einzelnen Wettbewerbsverstöße dargelegt habe, die sie zur Grundlage ihres Schadensersatzbegehrens machen wolle. Es sei ihre Sache als Gläubigerin, sich die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen selbst zu verschaffen.
Auch hinsichtlich der konkret festgestellten Wettbewerbsverstöße stehe der Klägerin weder ein Anspruch auf Auskunftserteilung noch ein Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu. Die Klägerin habe
nicht wahrscheinlich gemacht, daß ihr die Wettbewerbsverstöße einen Schaden zugefügt hätten. Derartige Wettbewerbsverstöße bewirkten eine Enttäuschung der Kunden und ließen deshalb nach der Lebenserfahrung nicht unbedingt einen Schaden eines Wettbewerbers erwarten. Die angegriffene Werbung möge zwar zunächst Kunden angelockt haben; es sei auch denkbar, daß so angelockte Kunden nach Aufklärung der Irreführung auf andere Waren verwiesen worden seien. Dies seien aber rein theoretische Überlegungen, die nicht ausreichen könnten, um einen Schadenseintritt gerade bei der Klägerin als wahrscheinlich anzusehen. Der Klägerin stehe danach auch kein Anspruch auf Auskunftserteilung über Art und Umfang der konkret beanstandeten Wettbewerbsverstöße zu, weil dieser Anspruch als ein Hilfsanspruch voraussetze, daß der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch geltend machen könne.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Das Berufungsgericht hat den Gegenstand des auf die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht gerichteten Klagebegehrens zutreffend bestimmt.
Die entsprechenden Klageanträge beziehen sich - entgegen der Ansicht der Revision - nicht nur auf die konkreten, von der Beklagten begangenen Wettbewerbsverstöße. In wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten werden allerdings Anträge auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht vielfach so formuliert, daß auf die Umschreibung des beanstandeten Verhaltens in dem zugleich gestellten Unterlassungsantrag Bezug genommen wird. Dies geschieht oft auch dann, wenn der Unterlassungs-
antrag über die konkrete Verletzungsform hinaus verallgemeinert ist. Dabei wird häufig übersehen, daß sich die Reichweite des Unterlassungsanspruchs und diejenige der Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Schadensersatz in diesen Fällen nicht decken müssen. Im Umfang der Verallgemeinerung muß zwar bei Unterlassungsansprüchen eine Begehungsgefahr gegeben sein; dabei genügt es aber, wenn eine Begehungsgefahr (gegebenenfalls teilweise) nur in Form der Erstbegehungsgefahr besteht (vgl. Großkomm/Jacobs, UWG, Vor § 13, D, Rdn. 137 ff.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 5 Rdn. 9). Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Schadensersatz können - soweit Wiederholungsgefahr anzunehmen ist - im Umfang der Verallgemeinerung gegeben sein (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 1.2.1996 - I ZR 50/94, GRUR 1996, 502, 507 = WRP 1996, 721 - Energiekosten-Preisvergleich I); solche Ansprüche bestehen jedoch nicht, soweit der Unterlassungsantrag nur unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr begründet sein kann.
Anträge auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht werden allerdings, wenn der Unterlassungsantrag über den Bereich hinaus, in dem Wiederholungsgefahr anzunehmen ist, verallgemeinert ist, vielfach dahin zu verstehen sein, daß sie sich nur auf die konkrete Verletzungsform beziehen sollen. Eine solche Auslegung der Klageanträge kommt hier jedoch nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts, die der Senat als Auslegung von Prozeßhandlungen in vollem Umfang nachprüfen kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1997 - VI ZR 279/96, NJW 1998, 1496, 1497, m.w.N.), nicht in Betracht. Der Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung ist nach seinem Wortlaut nur auf andere Verstöße als die hier konkret als begangen beanstandeten Verstöße bezogen. Dies ergibt sich daraus, daß Auskunft verlangt wird über die Werbung der Be-
klagten seit dem 2. Oktober 1996, und aus dem Umstand, daß die Werbung gemäß dem Klageantrag nach Kalendervierteljahren aufgeschlüsselt werden soll. Der Klageantrag nimmt zudem Bezug auf den Unterlassungsantrag, mit dem ausdrücklich kein Verbot einer Werbung für Geräte der konkreten Art, wie sie bei den beanstandeten Wettbewerbshandlungen beworben worden sind, gefordert wird. Dies schließt es aus, den Klageantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung dahingehend auszulegen, daß er sich nur auf Handlungen entsprechend den konkreten Verletzungsformen beziehe.
Der Antrag auf Verurteilung zur Auskunftserteilung bezieht sich allerdings trotz seines - insoweit engeren - Wortlauts auch auf Handlungen, die den konkret beanstandeten Werbemaßnahmen für bestimmte Geräte entsprechen. Dies ergibt sich aus der zur Auslegung der Anträge mit heranzuziehenden Klagebegründung. Dementsprechend hat das Berufungsgericht zu Recht mit seinem Urteil auch insoweit über Ansprüche auf Auskunftserteilung entschieden.
Für die Auslegung des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gilt Entsprechendes. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Feststellungsantrag in seinem Umfang nicht dem Antrag auf Verurteilung zur Auskunftserteilung - als dem Hilfsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs - entsprechen soll. Die Klägerin hat zudem in ihrer Berufungsbegründung betont, daß sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten auch im Umfang der Verallgemeinerung des Unterlassungsantrags begehrt.

b) Das Berufungsgericht hat das Klagebegehren zu Recht als unbegründet angesehen, soweit es darauf abzielt, daß die Beklagte auch zur Aus-
kunftserteilung über andere Wettbewerbsverstöße als die konkret beanstandete Werbeaktion für die Filiale in K. verurteilt wird. Der Klägerin kann ein Anspruch auf Auskunftserteilung nur zustehen als ein Hilfsanspruch zur Durchsetzung des wegen dieser Wettbewerbsverstöße gegebenen Schadensersatzanspruchs (vgl. BGHZ 125, 322, 329 - Cartier-Armreif). Ein solcher Anspruch ist aber in seinem Umfang begrenzt auf diejenigen zur Anspruchsdurchsetzung erforderlichen Informationen, die der Gläubiger selbst nicht anders erlangen kann und deren Erteilung dem Schuldner unschwer möglich und zumutbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1999 - KZR 11/97, WRP 1999, 534, 539 - Preisbindung durch Franchisegeber, m.w.N., insoweit nicht in BGHZ 140, 342). Ein Anspruch auf Auskunftserteilung darüber, ob der Verletzer ähnliche Handlungen begangen hat, die neue Schadensersatzansprüche rechtfertigen könnten, besteht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.1980 - VI ZR 159/78, GRUR 1980, 1105, 1111 - Das Medizinsyndikat III, insoweit nicht in BGHZ 78, 9; Baumbach/Hefermehl aaO Einl. UWG Rdn. 404; Teplitzky aaO Kap. 38 Rdn. 7). Die Schadensersatzansprüche , um deren Durchsetzung es allein gehen kann, beruhen hier darauf, daß in der lokalen Werbung vom 2. Oktober 1996 für die Filiale der Beklagten in K. bestimmte Geräte beworben wurden, die am ersten folgenden Werktag nicht vorrätig waren oder in diesem Laden mit höheren Preisen ausgezeichnet waren, als in der Werbung angegeben worden war. Umstände, aus denen sich ergibt, daß die Werbemaßnahmen in K. v om 2. Oktober 1996 Teil einer überörtlichen Werbeaktion waren, die in gleicher Weise auch bei anderen Filialen der Beklagten zur Irreführung geeignet war, hat die Klägerin nicht dargelegt. Der geltend gemachte Anspruch darauf, auch Auskunft zu erhalten über irgendwelche anderen Wettbewerbsverstöße der in den Unterlassungsanträgen umschriebenen Art, die aber den konkret beanstandeten Wettbewerbsverstößen allenfalls ähnlich sind, aber an anderen Orten und unter wesentlich
veränderten Umständen, gegebenenfalls auch zu anderen Zeiten begangen worden sind, steht der Klägerin jedoch nicht zu. Im übrigen ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin als ein nur für den Raum K. tätiges Einzelhandelsunternehmen durch etwaige Wettbewerbsverstöße geschädigt worden sein könnte, die außerhalb ihres Einzugsbereichs von anderen Filialen der Beklagten begangen worden sind.
3. Das Berufungsgericht hat dementsprechend zu Recht auch den Klageantrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten als unbegründet angesehen, soweit dieser allgemein Wettbewerbshandlungen, wie sie in den Unterlassungsanträgen umschrieben sind, betrifft.
4. Das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung hat das Berufungsgericht jedoch zu Unrecht abgewiesen, soweit es um Ansprüche aufgrund der Rechtsverletzungen durch die festgestellten Wettbewerbsverstöße geht.

a) Das Feststellungsbegehren setzt lediglich voraus, daß die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dargelegt ist. Daran werden in der Rechtsprechung grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt. Es genügt, daß nach der Lebenserfahrung der Eintritt des Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist; einer hohen Wahrscheinlichkeit dafür bedarf es nicht (vgl. BGHZ 130, 205, 220 - Feuer, Eis & Dynamit I; Baumbach /Hefermehl aaO Einl. UWG Rdn. 400; Pastor/Ahrens/Loewenheim aaO Kap. 69 Rdn. 8, m.w.N.). Danach ist bei der konkret beanstandeten Werbung für nicht vorrätig gehaltene Waren - abweichend von der Ansicht des Beru-
fungsgerichts - die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ohne weiteres anzunehmen. Die Fehlvorstellung über die sofortige Mitnahmemöglichkeit der beworbenen Geräte ist geeignet, Interessenten dazu zu veranlassen, das Geschäft aufzusuchen. Dort werden sie zwar enttäuscht, wenn sie die beworbenen Geräte nicht vorfinden. Nach der Lebenserfahrung eröffnet sich dadurch aber die Möglichkeit einer persönlich werbenden Ansprache in einem Maß, das sich ohne die Irreführung nicht geboten hätte; denn es ist mit dem Zulauf von Kunden zu rechnen, die bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände von einem Besuch abgesehen hätten. Diese können, einmal angelockt, auch zum Erwerb anderer Waren veranlaßt werden (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.1996 - I ZR 107/94, GRUR 1996, 800, 802 = WRP 1996, 899 - EDV-Geräte). Nach den gegebenen Umständen ist es wahrscheinlich, daß die Klägerin durch die Werbemaßnahmen der Beklagten geschädigt wurde. Beide Parteien betreiben in K. Verbrauchermärkte für Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation , deren örtliche Einzugsbereiche sich jedenfalls teilweise überschneiden. Der Umstand, daß das beiderseitige Sortiment aus der Sicht der Verbraucher jedenfalls teilweise austauschbar ist, läßt es naheliegend erscheinen, daß irreführende Werbemaßnahmen der hier beanstandeten Art geeignet waren, Kunden zu dem Verbrauchermarkt der Beklagten umzulenken.
In entsprechender Weise ist auch bei der angegriffenen Werbung mit Preisangaben für bestimmte Telekommunikationsgeräte, die nicht mit der Preisauszeichnung im Laden übereinstimmten, die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bei der Klägerin gegeben.

b) Das Auskunftsbegehren ist als Hilfsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs begründet. Der Klägerin liegen noch nicht alle für
diesen Zweck notwendigen Informationen vor, wie Angaben über die Auflage, in der die Werbung vom 2. Oktober 1996 im "Lokalanzeiger" gestreut wurde, und die sonstige Verbreitung dieser Werbung am gleichen Tag.
III. Auf die Revision der Klägerin war danach das Berufungsurteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und teilweise im Sachausspruch aufzuheben. Auf die Berufung der Klägerin war das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen und unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Beklagten abzuändern. Den auf Unterlassung gerichteten Hauptanträgen war in vollem Umfang und den Anträgen auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht teilweise stattzugeben. Im übrigen war die Klageabweisung durch die Vorinstanzen zu bestätigen. Die nach den Hilfsanträgen ausgesprochene Verurteilung zur Unterlassung, die aufgrund der Verurteilung nach den Hauptanträgen unwirksam geworden ist, war zur Klarstellung aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Raebel

Das Recht auf das Patent hat der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger. Haben mehrere gemeinsam eine Erfindung gemacht, so steht ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zu. Haben mehrere die Erfindung unabhängig voneinander gemacht, so steht das Recht dem zu, der die Erfindung zuerst beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet hat.

(1) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen.

(2) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 13/95
vom
15. Februar 2000
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel 193 75 027.9
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Idarubicin II
VO (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines
ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel Art. 3 Buchst. a, b

a) Der Schutzbereich eines ergänzenden Schutzzertifikats, das für einen in
Form seiner freien Base formulierten Wirkstoff erteilt worden ist, erfaßt auch
diejenigen Derivate der freien Base, die vom Schutzbereich des Grundpatents
umfaßt werden.

b) Für den in Form einer freien Base formulierten Wirkstoff eines Arzneimittels
kann ein ergänzendes Schutzzertifikat grundsätzlich auch dann erteilt werden
, wenn nur ein Salz dieser Base Gegenstand einer arzneimittelrechtlichen
Zulassung (Genehmigung) geworden ist. Voraussetzung ist allerdings,
daß sowohl die freie Base als auch das Salz unter den Schutzbereich des
Grundpatents fällt.

c) Der Inhaber eines Patents mit einem auf einen Arzneimittelwirkstoff in Form
seiner freien Base gerichteten Patentanspruch hat keinen Anspruch darauf,
daß in das ergänzende Schutzzertifikat auch beliebige Derivate der freien
Base ausdrücklich einbezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine arzneimittelrechtliche
Zulassung (Genehmigung) für den Wirkstoff (nur) in Form
eines Salzes erteilt worden ist, dessen Schutz aber bereits durch ein für die
Base zu erteilendes Schutzzertifikat gewährleistet werden kann.
BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000 - X ZB 13/95 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und
Keukenschrijver
am 15. Februar 2000

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 15. Senats (Technischen Beschwerdesenats X) des Bundespatentgerichts vom 15. Mai 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I. Die Anmelderin war Inhaberin des deutschen Patents 25 25 633, das auf eine Anmeldung vom 9. Juni 1975 zurückgeht und dessen gesetzliche Schutzdauer inzwischen abgelauf -Anomere von 4-Desmethoxy-daunomycin, Verfahren zu ihrer Herstellung und die genannten "! # $&%(' ) * ' +,! '-! ' . / 021 .3! ' ) !546#37 ' !2%(89%.:. !21<; =>!2%(' ! ? 0 . ! ' . 0 ' @ A # B che 1 und 4 hatten folgenden Wortlaut:
"1. C -Anomere von 4-Desmethoxy-daunomycin der Formel

4. Arzneimittel, enthaltend eine Verbindung gemäß Anspruch 1 und 2 neben üblichen Hilfs- und/oder Trägerstoffen."
Die von der Weltgesundheitsorganisation vorgeschlagene Kurzbezeichnung für chemische Verbindungen der Strukturformel nach Anspruch 1 lautet "Idarubicin".
In der Bundesrepublik Deutschland sind für die Farmitalia Carlo Erba GmbH unter den Bezeichnungen "ZAVEDOS 5 mg" und "ZAVEDOS 10 mg" Arzneimittel zur Behandlung akuter myeloischer Leukämien beim Menschen zugelassen, die als Wirkstoff Idarubicinhydrochlorid und als Hilfsstoff Lactose H O-frei enthalten.

2


Auf ihren Hilfsantrag hat das Deutsche Patentamt der Anmelderin auf der Grundlage des deutschen Patents 25 25 633 ein ergänzendes Schutzzerti-
fikat "für das Arzneimittel ZAVEDOS, enthaltend als Wirkstoff Idarubicinhydrochlorid" , erteilt. Die von der Anmelderin in erster Linie begehrte Erteilung eines Zertifikats für "Idarubicin und Salze hiervon, einschließlich Idarubicinhydrochlorid" hat das Patentamt abgelehnt.
Die hiergegen erhobene Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin ergänzenden Schutz hilfsweise für "Idarubicin und Idarubicinhydrochlorid" geltend gemacht. Auch insoweit hat das Bundespatentgericht die materiellen Erteilungsvoraussetzungen für ein Schutzzertifikat verneint (BPatGE 35, 145 = BlPMZ 1995, 446).
Nach Auffassung des Bundespatentgerichts sind die Erteilungsvoraussetzungen weder für Idarubicin und Salze hiervon (Hauptantrag) noch für Idarubicin (Hilfsantrag) erfüllt. Sowohl der Haupt- wie auch der Hilfsantrag scheitere bereits an Art. 3 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzertifikats für Arzneimittel (nachfolgend: VO). Bei sachgerechter Interpretation sei der genannten Vorschrift zu entnehmen, daß ein ergänzendes Schutzzertifikat nur für ein Erzeugnis erteilt werden könne, das im arzneimittelrechtlichen Zulassungsbescheid als "wirksamer Bestandteil" ausgewiesen sei. Vorliegend treffe dies ausschließlich auf den Wirkstoff Idarubicinhydrochlorid zu, der im Anmeldezeitpunkt allein Gegenstand einer Arzneimittelzulassung in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei.
Der Hauptantrag erweise sich darüber hinaus auch deshalb als unbegründet , weil die Voraussetzungen des Art. 3 Buchst. a VO für beliebige Salze
des Idarubicin nicht gegeben seien. Ausschlaggebend dafür, ob das Erzeugnis "durch ein Grundpatent geschützt" werde, sei nicht der dem Patent in einem fiktiven Verletzungsprozeß zukommende Schutzbereich. Maßstab für die rechtliche Würdigung sei vielmehr der Schutzgegenstand des Patents, d.h. diejenige technische Lehre, die im Grundpatent als patentfähig unter Schutz gestellt sei. Neben dem in der Patentschrift wortwörtlich Beschriebenen gehöre dazu nur das, was aus der Sicht eines Durchschnittsfachmanns auch ohne besondere Erwähnung für die patentierte Lehre selbstverständlich oder nahezu unerläßlich sei oder was der Fachmann bei aufmerksamer Lektüre der Patentschrift ohne weiteres erkenne und in Gedanken gleich mitlese.
Im Streitfall lasse sich derartiges für die beanspruchten Salze des Idarubicin nicht feststellen. Ausdrücklich erwähnt werde in der deutschen Patentschrift 25 25 633 lediglich die freie Base des Idarubicin (in den Patentansprüchen ) und das Hydrochlorid dieser Base (in einem Ausführungsbeispiel der Erfindung). Irgendeinen Hinweis auf weitere pharmazeutische Derivate enthalte die Patentschrift nicht. Für einen Durchschnittsfachmann sei es weder selbstverständlich noch ohne weiteres ersichtlich, daß außer dem genannten Hydrochlorid beliebige andere, in der Patentschrift selbst nicht erwähnte Salze des Idarubicin einen Arzneimittelwirkstoff ergeben könnten, der sich durch dieselben patentgemäßen Eigenschaften auszeichne. Wegen ihrer im Vergleich zu Idarubicin und Idarubicinhydrochlorid andersartigen chemischen Zusammensetzungen werde der Fachmann im Gegenteil Abweichungen im therapeutischen Wirkungsprofil dieser Salze für zumindest möglich halten.
Die Anmelderin hält die Zurückweisung ihres über den Erteilungsbeschluß des Patentamtes hinausgehenden Erteilungsverlangens durch die Vor-
instanzen für rechtsfehlerhaft. Mit der vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für "Idarubicin und Salze hiervon, einschließlich Idarubicinhydrochlorid" , hilfsweise für "Idarubicin und Idarubicinhydrochlorid" weiter.
Der beschließende Senat hat das Verfahren gemäß Art. 177 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 EG-Vertrag (jetzt Art. 234 EG) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften durch Beschluß vom 17. Juni 1997 (X ZB 13/95, veröffentlicht in GRUR 1998, 363) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
"1. Setzt Art. 3 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel vom 18. Juni 1992 voraus, daß das Erzeugnis, für welches die Erteilung eines Schutzzertifikats begehrt wird, in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung als 'wirksamer Bestandteil' ausgewiesen ist?
Ist Art. 3 lit. b folglich dann nicht erfüllt, wenn im Zulassungsbescheid als 'wirksamer Bestandteil' ein einzelnes, bestimmtes Salz eines Wirkstoffs angegeben ist, die Erteilung eines Schutzzertifikats dagegen für die freie Base und/oder andere Salze des Wirkstoffs beansprucht wird?
2. Sofern die Fragen zu 1 verneint werden:
Nach welchen Kriterien beurteilt sich, ob das Erzeugnis im Sinne von Art. 3 lit. a durch ein Grundpatent geschützt ist, wenn die Erteilung eines Schutzzertifikats für die freie Base eines Wirkstoffs einschließlich beliebiger Salze hiervon beansprucht wird, das Grundpatent in seinen Patentansprüchen aber lediglich die freie Base dieses Wirkstoffs und in einem Ausführungsbeispiel außerdem ein einzelnes Salz dieser freien Base erwähnt? Ist der Anspruchswortlaut des Grundpatents oder dessen Schutzbereich maßgebend?"
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlagefragen mit Urteil vom 16. September 1999 (GRUR Int. 2000, 69 ff.) wie folgt beantwortet :
"1. Das ergänzende Schutzzertifikat kann nach der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel, insbesondere Art. 3 Buchst. b, ein Erzeugnis als Arzneimittel in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen erfassen, wenn das Erzeugnis in der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist.
2. Im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 1768/92, insbesondere ihres Art. 3 Buchst. a, bestimmt sich nach den für ein Grundpatent geltenden Vorschriften, ob ein Erzeugnis durch dieses Grundpatent geschützt ist."

II. Der Beschluß des Bundespatentgerichts vom 15. Mai 1995 entspricht diesen Vorgaben nicht; er ist daher aufzuheben und die Sache ist gemäß § 108 Abs. 1 PatG an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
1. Die Verweigerung eines Schutzzertifikats für die freie Base "Idarubicin" (gemäß dem zweiten Hilfsantrag und im Rahmen der weitergehenden vorrangigen Anträge) ist auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht gerechtfertigt.

a) Hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen nach Art. 3 Buchst. a der VO bestehen insoweit keine Bedenken, weil die Base "Idarubicin" als Schutzgegenstand im Patentanspruch des Grundpatents ausdrücklich genannt ist.

b) Hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen nach Art. 3 Buchst. b der VO hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entschieden, daß der Schutz des Zertifikats den Wirkstoff als solchen ebenso wie seine verschiedenen Derivate (wie Salze und Ester) erfassen kann, soweit sie dem Schutz des Grundpatents unterliegen (Entscheidungsgründe Nr. 21 und 22) und sofern nur eine seiner möglichen Formen Gegenstand der arzneimittelrechtlichen Genehmigung ist (Entscheidungsgründe Nr. 19 und 22). Daraus folgt, daß der Anmelderin bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen das angemeldete ergänzende Schutzzertifikat auch dann für die freie Base erteilt werden kann, wenn wie vorliegend in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) nur ein Salz der Verbindung als wirksamer Bestandteil genannt ist.

c) Voraussetzung für die Erteilung des Schutzzertifikats ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Entscheidungsgründe Nr. 22) weiterhin, daß das Erzeugnis in der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich (Entscheidungsgründe Nr. 24-29) nach dem für den Schutzbereich des Grundpatents maßgeblichen Recht, vorliegend also nach nationalem deutschem Recht. Das Bundespatentgericht wird daher die bisher unterbliebene Prüfung nachzuholen haben, ob der Schutzbereich des Grundpatents auch das in der Arzneimittelzulassung allein genannte Idarubicinhydrochlorid erfaßt. Im vorliegenden Fall ist das Grundpatent bereits vor dem 1. Januar 1978 angemeldet worden; sein Schutzbereich ist daher nach Maßgabe des § 6 PatG 1968 zu bestimmen. Auch danach gilt jedoch im Kern ebenso wie für das geltende Recht (§ 14 PatG bzw. Art. 69 EPÜ), daß sich der Schutz eines Patents nicht auf den engen Wortlaut des Patentanspruchs beschränkt. Er erstreckt sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen auch auf das, was der Fachmann nach dem Sinngehalt des Wortlauts ohne weiteres mitliest, und er erstreckt sich darüber hinaus jedenfalls auf solche äquivalente Abwandlungen, die der Fachmann mit seinem Fachwissen auf Grund von am Sinngehalt der Patentansprüche anknüpfenden Überlegungen als gleichwirkend erkennen konnte. Bei seiner Prüfung wird das Bundespatentgericht im vorliegenden Fall zu berücksichtigen haben, daß Idarubicinhydrochlorid zwar nicht im Patentanspruch des Grundpatents, wohl aber in der Beschreibung als eine Möglichkeit zur Ausführung der Erfindung erwähnt wird.
2. Über einen weitergehenden Anspruch auf Erteilung eines Schutzzertifikats auch für Idarubicinhydrochlorid entsprechend dem ersten Hilfsantrag ist
nicht mehr zu entscheiden. Der Anmelderin ist insoweit durch das Patentamt bereits unangefochten das beantragte Schutzzertifikat erteilt worden. Eine Abänderung zu ihren Ungunsten kann daher nicht erfolgen (vgl. Sen.Beschl. v. 12.10.1989 - X ZB 12/89, GRUR 1990, 109, 110 - Weihnachtsbrief).
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Bundespatentgericht die Erteilung eines Schutzzertifikats abgelehnt, in dessen Formulierung weitergehend entsprechend dem Hauptantrag darüber hinaus sämtliche Salze des Idarubicin aufgenommen sind. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht dem nicht entgegen.
Nach der Antwort des Europäischen Gerichtshofs auf die erste Vorlagefrage kann das Schutzzertifikat ein Erzeugnis als Arzneimittel in allen dem Schutz des Grundpatents unterliegenden Formen umfassen, wenn das Erzeugnis in der in der arzneimittelrechtlichen Genehmigung (Zulassung) genannten Form durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist. Damit wird die Gewährung des Schutzes an sich, nicht aber die Form angesprochen, in der diese zu erfolgen hat.
Der beschließende Senat geht mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Entscheidungsgründe Nr. 19-22) davon aus, daß das Schutzzertifikat hinsichtlich der verschiedenen möglichen Formulierungen eines Arzneimittels einen Schutz begründet, der mit dem des Grundpatents übereinstimmt (vgl. auch die Erwägungsgründe 13 und 17 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Parlaments und des Rates über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel). Das bedeutet, daß ein für den Wirkstoff in Form seiner freien Base erteiltes Schutzzertifikat zugleich Schutz für seine De-
rivate (Salze und Ester) gewährt, soweit diese auch vom Schutzbereich des Grundpatents umfaßt werden. Der Schutz dieser Derivate ergibt sich mithin schon aus dem für die freie Base erteilten Schutzzertifikat und bedarf deshalb keiner ausdrücklichen Erwähnung. Dementsprechend hat auch die Anmelderin im vorliegenden Fall mit der Erteilung eines Schutzzertifikats für das Arzneimittel in Form der freien Base alles erlangt, worauf sie nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Anspruch hat.
Mit der Aufnahme beliebiger Salze in die Formulierung des Schutzzertifikats erstrebt die Anmelderin mehr, als sie mit der Erteilung des Grundpatents erreicht hat, nämlich eine (scheinbar verbindliche) Klärung des Schutzumfangs. Eine umfassende und generalisierende Bestimmung des Schutzumfangs ist dem maßgeblichen Patentrecht grundsätzlich fremd. Der Schutzumfang ist grundsätzlich nur im Verletzungsprozeß und dort nur jeweils für die angegriffene Ausführungsform zu bestimmen. Eine abstrakte Festlegung paßt zudem nicht zu dem als Registrierverfahren ausgestalteten Erteilungsverfahren für das ergänzende Schutzzertifikat.
Würde man die Formulierung des Schutzzertifikats über den Wortlaut des erteilten Patents hinaus ausdehnen, könnte im übrigen die Gefahr begründet sein, daß an einen derart erweitert formulierten Schutzgegenstand wiederum ein nahegelegter weiterer Schutzbereich angeknüpft würde, der im Ergebnis z.B. auf den Schutz der Ä quivalente von Ä quivalenten hinausliefe. Dies widerspräche den Entscheidungsgründen 21 und 28 der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, nach denen das Schutzzertifikat nicht über den Schutz des Grundpatents hinausgehen darf.
4. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich erachtet (§ 107 Abs. 1 PatG).
Rogge Jestaedt Melullis Scharen Keukenschrijver

(1) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen.

(2) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluß; sie kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

(2) Der Bundesgerichtshof ist bei seiner Entscheidung an die in dem angefochtenen Beschluß getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Rechtsbeschwerdegründe vorgebracht sind.

(3) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.