Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2002 - X ZB 13/02

bei uns veröffentlicht am23.07.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 13/02
vom
23. Juli 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver
und die Richterin Mühlens
am 23. Juli 2002

beschlossen:
Der Antrag des Antragstellers, ihm auch für die Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 14. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 5. März 2002 Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe:


A. Der Antragsteller hat die Patentanmeldung P 44 04 860.2-41 getätigt. Am 19. Juni 2000 hat hierüber eine Anhörung stattgefunden. Danach soll Patentanspruch 1 wie folgt lauten:
"Verwendung von Ligninen, Ligninsulfonsäuren und/oder Ligninsulfonaten sowie chemischen, technischen oder biotechnologischen Modifizierungen der genannten Stoffe oder deren Mischungen als Pflanzenstärkungsmittel zur Erhöhung der Widerstandskraft der
Pflanzen gegenüber Krankheiten, biotischen Schadorganismen und abiotischen Schadfaktoren sowie nichtparasitär bedingten Beeinträchtigungen."
Die Patentanmeldung wurde mit Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juni 2000 zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Prüfer unter Angabe zweier vorveröffentlichter Druckschriften darauf abgestellt, daß Lignine und deren Abkömmlinge bereits als Mittel zur Bekämpfung bzw. Therapie von Pflanzenkrankheiten bekannt gewesen seien.
Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen. Der Beschluß vom 5. März 2002 führt u.a. aus, vom Patentanspruch 1 würden mehrere voneinander verschiedene Einzelanwendungen umfaßt. Aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses könne für bestimmte von ihnen Patentschutz nicht gewährt werden. Da der Anmelder sich nicht wenigstens hilfsweise auf solche Anwendungen beschränkt habe, für die das nicht zutreffe, und Bindung an den gestellten Erteilungsantrag bestehe, habe dieser deshalb insgesamt zurückgewiesen werden müssen. Nach der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren habe dem Antragsteller für eine geänderte Anspruchsfassung, die Sache des Anmelders sei, auch ein völlig ausreichender Zeitraum zur Verfügung gestanden.
Gegen diesen Beschluß hat sich der Antragsteller persönlich mit einer beim Bundespatentgericht am 10. April 2002 eingegangenen, als Beschwerde bezeichneten Schrift gewandt. Er meint, bei dem angefochtenen Beschluß des Bundespatentgerichts handele es sich um eine seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung; auch habe kein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren stattgefunden. Mit Telefax vom 12. April 2002 hat der
Antragsteller neben der Bitte, das Rechtsmittel dem Bundesgerichtshof vorzulegen , Gewährung von Verfahrenskostenhilfe auch beim Bundesgerichtshof beantragt.
B. Dieser Antrag ist zurückzuweisen. Der Antragsteller will der Sache nach ein Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 100 PatG durchführen. Hierfür darf nach § 138 Abs. 1 PatG Verfahrenskostenhilfe nur gewährt werden, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Zwar macht der Antragsteller Verletzung des rechtlichen Gehörs und damit einen Grund geltend, der die Einlegung der Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung erlaubt (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG); dieser Grund besteht jedoch nicht.
Das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet dazu, allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu allen möglicherweise entscheidungserheblichen Punkten äuûern zu können. Wenn, wie im patentrechtlichen Beschwerdeverfahren, keine mündliche Verhandlung stattfindet, ist aus diesem Grund eine angemessene Zeit abzuwarten, bis in der Sache entschieden wird (vgl. Sen.Beschl. v. 1.2.2000 - X ZB 27/98, GRUR 2000, 597 - KupferNickel -Legierung). Diesen Anforderungen hat das Bundespatentgericht genügt. Der Antragsteller hatte nach Zugang des Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligenden Beschlusses vom 16. Juli 2001 mehr als ein halbes Jahr Zeit, seinen Standpunkt dem Bundespatentgericht zu Gehör zu bringen.
Dabei stand im vorliegenden Fall vor allem in Frage, ob der Anmeldungsantrag des Antragstellers in Anbetracht des entgegengehaltenen Stands der Technik zu weit gefaût sei. Der Prüfer hatte erkennbar hierauf abgestellt und - weil er diese Frage bejahte - den Patentschutz versagt. Auch das Bun-
despatentgericht hatte die Bedeutung dieser Frage bereits angesprochen, indem es in seinem Beschluû vom 16. Juli 2001 darauf hinwies, es sei nicht auszuschlieûen , daû unter den in den geltenden Ansprüchen und der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen enthaltenen Ausführungsformen der offenbarten Verwendungen auch solche seien, zu denen die Prüfungsstelle weder entgegenstehendes Material genannt noch überhaupt Stellung genommen habe. Bei sorgfältiger Befassung mit dem Verfahrensstoff hätte der Antragsteller deshalb auch gerade hierzu Stellung nehmen und - sofern das seinen Interessen entspricht - etwaige Rechte durch angepaûte Antragsfassung wahren können (vgl. Sen.Beschl. v. 25.1.2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792, 793 - Spiralbohrer). Einen Grund, einen ausdrücklichen Hinweis zu erwarten, letzteres in Erwägung zu ziehen, gab es unter diesen Umständen nicht. Der Antragsteller hat mithin seine Möglichkeiten nicht wahrgenommen und kann deshalb keinen Verstoû gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend machen (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1997 - XII ZR 207/95, FamRZ 1997, 490).
Mit seiner Behauptung, vor der Prüfungsabteilung habe kein ordnungsgemäûes Prüfungsverfahren stattgefunden, kann der Antragsteller im Verfahren der Rechtsbeschwerde mangels Zulassung dieses Rechtsmittels von vornherein nicht gehört werden. Das Gesetz sieht eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde aus diesem Grund nicht vor.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Mühlens

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Patentgesetz - PatG | § 100


(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesger

Patentgesetz - PatG | § 138


(1) Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde (§ 100) ist einem Beteiligten auf Antrag unter entsprechender Anwendung der §§ 114 bis 116 der Zivilprozeßordnung Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. (2) Das Gesuch um die Bewilligung von Verfahrenskost

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Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2000 - X ZB 7/99

bei uns veröffentlicht am 25.01.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 7/99 vom 25. Januar 2000 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Spiralbohrer PatG 1981 § 100 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄ ndG a) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2000 - X ZB 27/98

bei uns veröffentlicht am 01.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 27/98 vom 1. Februar 2000 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das Patent 34 17 273 Nachschlagewerk:ja BGHZ: nein Kupfer-Nickel-Legierung PatG 1981 § 100 Abs. 3 a) Zur Wahrung des Anspruchs auf rechtlic

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde (§ 100) ist einem Beteiligten auf Antrag unter entsprechender Anwendung der §§ 114 bis 116 der Zivilprozeßordnung Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

(2) Das Gesuch um die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist schriftlich beim Bundesgerichtshof einzureichen; es kann auch vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Über das Gesuch beschließt der Bundesgerichtshof.

(3) Im übrigen sind die Bestimmungen des § 130 Abs. 2, 3, 5 und 6 sowie der §§ 133, 134, 136 und 137 entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, daß einem Beteiligten, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, nur ein beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt beigeordnet werden kann.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 27/98
vom
1. Februar 2000
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 34 17 273
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
Kupfer-Nickel-Legierung

a) Zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör genügt es, wenn das
Gericht im schriftlichen Verfahren eine angemessene Zeit auf eine mögliche
Stellungnahme einer Partei wartet. Eine Fristsetzung ist zweckmäßig, aber
nicht nötig.

b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird nicht dadurch verletzt, daß das
Gericht nach Zurücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung (§ 78
PatG) kurzfristig und ohne besondere Ankündigung im schriftlichen Verfahren
entscheidet, sofern der Gegenseite ausreichend Gelegenheit verbleibt,
ihrerseits mündliche Verhandlung oder Einräumung einer Ä ußerungsfrist zu
beantragen.
BGH, Beschluß vom 1. Februar 2000 - X ZB 27/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die
Richterin Mühlens
am 1. Februar 2000

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 13. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 4. September 1998 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Der Rechtsbeschwerdeführerin, ein in der Republik Korea ansässiges Unternehmen, ist auf die Anmeldung vom 10. Mai 1984 das deutsche Patent 34 17 273 erteilt worden, das eine Kupfer-Nickel-Legierung für elektrisch lei-
tendes Material für integrierte Schaltkreise betrifft und sechs Ansprüche umfaßt. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
”Kupfer-Nickel-Legierung für elektrisch leitendes Material für integrierte Schaltkreise, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß sie aus 0,05 bis 3,0 Gewichts-% Nickel, 0,01 bis 1,0 Gewichts-% Silizium, 0,01 bis 0,04 Gewichts-% Phosphor und Kupfer als Rest besteht.”
Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 betreffen Ausgestaltungen der Legierung. Patentansprüche 5 und 6 beinhalten Verfahren zur Herstellung einer Legierung nach einem der Patentansprüche 1 bis 4.
Die Einsprechende hat Einspruch gegen die Erteilung des Streitpatents erhoben. Mit Beschluß vom 26. Januar 1998 hat das Deutsche Patentamt das Streitpatent in vollem Umfang aufrechterhalten. Dagegen hat die Einsprechende mit einem beim Deutschen Patentamt am 13. Februar 1998 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die Beschwerdebegründung ist den Inlandsvertretern der Patentinhaberin am 15. Juni 1998 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 12. August 1998 hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung dahin ”modifiziert”, daß dieser nur hilfsweise beantragt werde. Dieser Schriftsatz ist den Inlandsvertretern der Patentinhabe-
rin am 19. August 1998 zugestellt worden. Mit Beschluß vom 4. September 1998 hat das Bundespatentgericht den angefochtenen Beschluß aufgehoben und das Streitpatent widerrufen. Hiergegen richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. a) Die Rechtsbeschwerde meint, die Patentinhaberin sei in ihrem prozessualen Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Die Zeitspanne zwischen Zustellung der Beschwerdebegründung und Erlaß des angegriffenen Beschlusses durch das Bundespatentgericht von ca. 12 Wochen sei angesichts der Tatsache, daß mit der Beschwerdebegründung zwei Entgegenhaltungen neu in das Verfahren eingeführt worden seien, von denen eine erst noch habe besorgt werden müssen, weil sie der Beschwerdebegründung nicht beigefügt gewesen sei, und unter Berücksichtigung des Umstands, daß die Patentinhaberin in Korea ansässig sei und der Schriftverkehr mit den koreanischen Patentanwälten der Patentinhaberin fremdsprachlich habe geführt werden müssen, objektiv zu knapp bemessen gewesen. Zudem sei es ihr, nachdem die Inlandsvertreter der Patentinhaberin am 19. August 1998 erfahren hätten, daß die Einsprechende auf eine mündliche Verhandlung verzichtet habe , aufgrund der Kommunikationsverhältnisse nicht mehr möglich gewesen, bis zum Beschluß des Bundespatentgerichts vom 4. September 1998 eine Beschwerdeerwiderung zur Akte zu reichen. Sie habe darauf vertrauen dürfen, daß ihr nachdem die Einsprechende auf die mündliche Verhandlung verzichtet habe, eine Frist gesetzt werde, binnen derer sie eine Beschwerdeerwiderung vorzulegen habe.

b) Die Rechtsbeschwerde macht die Verletzung rechtlichen Gehörs ohne Erfolg geltend. Zwar eröffnet § 100 Abs. 3 Nr. 3 Patentgesetz (PatG), der durch das Zweite Gesetz zur Ä nderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze vom 16. Juli 1998 (2. PatÄ ndG) in das PatG eingefügt worden ist, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nunmehr auch bei einer Versagung des rechtlichen Gehörs. Die Vorschrift ist auf den zu entscheidenden Fall auch zeitlich anwendbar (Sen.Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation). Eine Verletzung der Vorschrift liegt jedoch nicht vor, weil das Beschwerdegericht der Patentinhaberin rechtliches Gehör gewährt hat.
aa) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Beschwerdegericht nicht gehalten, der Patentinhaberin eine Frist zur Erwiderung auf die Beschwerdebegründung zu setzen oder dieser den beabsichtigten Termin zur Beschlußfassung im schriftlichen Verfahren mitzuteilen. Denn das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Beschwerdegericht lediglich, allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem Vorbringen des Gegners äußern zu können, vgl. § 93 Abs. 2 PatG. Dem kann das Beschwerdegericht in patentrechtlichen Beschwerdeverfahren, in denen keine mündliche Verhandlung nach § 78 PatG stattfindet, dadurch nachkommen, daß es die Beschwerdebegründung dem Gegner zuleitet und eine angemessene Zeit abwartet , bevor es in der Sache entscheidet. Der Gegner kann dann innerhalb der ihm eingeräumten Zeit Stellung nehmen. Unter diesen Voraussetzungen zusätzlich eine Ä ußerungsfrist zu setzen oder den beabsichtigten Termin zur Beschlußfassung mitzuteilen, kann zwar im Einzelfall zweckmäßig und sinnvoll sein. Dessen bedarf es jedoch grundsätzlich nicht, um das Recht des Gegners auf rechtliches Gehör zu wahren.
Eine solche Verfahrensgestaltung ist nicht nur im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren anerkannt (BGH, Beschl. v. 12.12.1996 - I ZB 8/96, GRUR 1997, 223 f. - Ceco), sondern beachtet auch die - im patent- wie im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren - entsprechend anwendbaren allgemeinen Grundsätze der Zivilprozeßordnung, § 99 Abs. 1 PatG, § 82 Abs. 1 MarkenG (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 57. Aufl., § 573 ZPO, Rdn. 5; MünchKomm-Braun, ZPO, 1992, § 573 ZPO, Rdn. 3; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 573 ZPO, Rdn. 10). Sie steht in Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Denn auch daraus ergibt sich keine Pflicht des Gerichts, den Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Stellungnahme zu setzen. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör wird vielmehr bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß das Gericht erst nach einer angemessenen Frist, innerhalb der für den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Ä ußerung in der Sache besteht, entscheidet (BVerfGE 8, 89, 91; 17, 191, 193; 18, 399, 406; 49, 212, 215; 60, 313, 317; BVerfG ZIP 1986, 1336, 1337; BVerfG, Beschl. v. 7.4.1989 - 2 BvR 395/89 u. Beschl. v. 23.10.1992 - 1 BvR 1232/92, beide in Juris dokumentiert).
Eine Pflicht zur Festsetzung einer Ä ußerungsfrist ergab sich hier für das Beschwerdegericht auch nicht im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin mit Einlegung ihrer Beschwerde zunächst die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Wäre es dabei geblieben, hätte das Beschwerdegericht diesem Antrag zwar nach § 78 Nr. 1 PatG nachkommen und einen Termin zur mündlichen Verhandlung festsetzen sowie die Beteiligten laden müssen. Diese Verpflichtung ist jedoch dadurch entfallen, daß die Beschwerdeführerin ihren zunächst unbedingt gestellten Antrag später in einen Hilfsantrag abgeändert und das Beschwerdegericht das Streitpatent entsprechend
dem Sachantrag der Beschwerdeführerin widerrufen hat. Ein solcher Hilfsantrag ist zulässig (Benkard/Rogge, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 78 PatG, Rdn. 5). Nach der Abänderung des Antrags auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte das Beschwerdegericht deshalb über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn es eine solche nicht für sachdienlich erachtete, § 78 Nr. 3 PatG. Damit genügte es zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, daß dem Gegner hinreichend Zeit zur Stellungnahme auf die Beschwerdebegründung eingeräumt wurde.
bb) Die Zeit zwischen dem Zugang der Beschwerdebegründung bei der Patentinhaberin am 15. Juni 1998 und der Beschlußfassung durch das Beschwerdegericht am 4. September 1998 - mithin mehr als elf Wochen - war ausreichend bemessen, um der Patentinhaberin Gelegenheit zu geben, zum Vorbringen der Beschwerdeführerin Stellung zu nehmen. Das Mindestmaß der von dem Gericht einzuhaltenden Anhörungsfrist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. etwa: BVerfGE 60, 317, 318) und damit in patentrechtlichen Beschwerdeverfahren, in denen – wie hier - der Einsprechende zugleich Beschwerdeführer ist, insbesondere auch nach der Anzahl und dem Umfang der mit der Beschwerdebegründung neu in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen.
Die Rechtsbeschwerde macht insoweit geltend, daß mit der Beschwerdebegründung zwei neue Entgegenhaltungen, und zwar die US-PS 1 658 186 und die Literaturstelle Dies, Kupfer und Kupferlegierungen in der Technik, Springer-Verlag 1967, in das Verfahren eingeführt worden seien. Zudem sei der Beschwerdebegründung lediglich die Literaturstelle beigefügt gewesen, weshalb die US-Patentschrift vor der Bearbeitung noch habe beschafft werden
müssen. Außerdem weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß der Schriftverkehr zwischen den koreanischen Patentanwälten der in Korea ansässigen Patentinhaberin und ihren Inlandsvertretern habe fremdsprachlich geführt werden müssen. Alle diese Umstände rechtfertigen es jedoch nicht, den vom Beschwerdegericht vom Zugang der Beschwerdebegründung bei dem Inlandsvertreter der Patentinhaberin bis zur Beschlußfassung abgewarteten Zeitraum von mehr als elf Wochen als unangemessen anzusehen.
Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, die Patentinhaberin habe, nachdem die Einsprechende zunächst Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt habe, nicht annehmen müssen, daß bei der Erstellung und Einreichung einer Beschwerdeerwiderung Eile geboten gewesen sei, weil derartige Verfahren erfahrungsgemäß ca. zwei Jahre dauerten. Denn dies schließt es nicht aus, daß Termin zur mündlichen Verhandlung im Einzelfall auch kurzfristiger anberaumt wird. Zudem mußte die Patentinhaberin damit rechnen, daß - wie hier geschehen - die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abändern und s ich - zumindest bedingt für den Fall, daß ihr Sachantrag Erfolg haben würde - mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklären würde. Es bestand für die Patentinhaberin daher kein Grund, die Beschwerdeerwiderung weniger zügig zu bearbeiten und einzureichen als dies in Beschwerdeverfahren geboten ist, in denen kein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt worden ist.
Sollten bei der Patentinhaberin Unsicherheiten über die für eine Ä ußerung zur Verfügung stehende Zeit bestanden haben, hätte diese - vor oder nach der Ä nderung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Anberaumung
einer mündlichen Verhandlung - die Möglichkeit gehabt, dem Beschwerdegericht einen Zeitpunkt mitzuteilen, bis zu dem sie sich zu der Beschwerdebegründung äußern werde und dadurch dem Beschwerdegericht Veranlassung gegeben, diesen Zeitpunkt abzuwarten oder ihn vorzuverlegen und dies - in letzterem Fall - den Parteien mitzuteilen (MünchKomm-Braun, aaO., § 573 ZPO, Rdn. 3; Zöller/Gummer, aaO., § 573 ZPO, Rdn. 10).
Die Rechtsbeschwerde kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, die Frist zwischen dem Zugang des Schriftsatzes, in dem die Beschwerdeführerin ihren unbedingt gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung in einen Hilfsantrag geändert hat, am 19. August 1998 und der Beschlußfassung durch das Beschwerdegericht am 4. September 1998 - also etwas mehr als zwei Wochen - sei zu kurz bemessen gewesen. Zum einen ist aus den dargelegten Gründen für den Beginn der Ä ußerungsfrist auf den Zugang der Beschwerdebegründung und nicht auf den Zugang des Ä nderungsantrags bei der Patentinhaberin bzw. ihren Inlandsvertretern abzustellen. Zum anderen hatte die Patentinhaberin die Möglichkeit, nunmehr ihrerseits die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nach § 78 Nr. 1 PatG zu beantragen und dadurch die Verfahrenslage wieder herzustellen, die vor der Antragsänderung durch die Beschwerdeführerin bestanden hatte. Jedenfalls für die Entscheidungsfindung, ob ein solcher Antrag gestellt werden sollte, reichte ein der gesetzlichen Ladungsfrist (§ 89 PatG) entsprechender und hier eingehaltener Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen zwischen Zugang der Antragsänderung bei der Patentinhaberin und der Beschlußfassung durch das Beschwerdegericht aus.
cc) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, daß die Patentinhaberin , wäre ihr eine Ä ußerungsfrist gesetzt worden, detailliert dargelegt hätte, daß die Beschwerde unbegründet sei. Da das Recht der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden ist, bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob es erforderlich ist, daß der angefochtene Beschluß auf dem von der Rechtsbeschwerde gerügten Verfahrensverstoß beruht und welche Anforderungen gegebenenfalls an eine solche Kausalitätsanforderung zu stellen sind (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637, 638 - Top Selection; Beschl. v. 12.2.1998 - I ZB 23/97, GRUR 1998, 817, 818 - DORMA). Soweit die Rechtsbeschwerde zur Begründung ihres Vorbringens ausführlich zur materiellen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses Stellung nimmt, gibt dies außerdem zu dem Hinweis Veranlassung, daß im Rahmen einer zulassungsfreien Rechtsbeschwerde, mit der die Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs geltend gemacht wird, die materielle Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht zur Überprüfung gestellt werden kann (BGH, Beschl. v. 3.12.1998 - I ZB 14/98, NJW-RR 1999, 549, 550 - DILZEM).
2. a) Die Rechtsbeschwerde rügt weiter, daß der angefochtene Beschluß an einem Begründungsmangel leide. Das Bundespatentgericht habe den Widerruf des Streitpatents allein damit begründet, daß Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und damit nicht bestandsfähig sei. Bei Anspruch 1 handele es sich wie bei den auf diesen rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 4 um einen Stoffanspruch. Das Bundespatentgericht habe aber nicht die Rechtsbeständigkeit der Ansprüche 5 und 6 geprüft, mit denen jeweils ein Verfahren zur Herstellung einer Legierung nach einem der Ansprüche 1 bis 4 unter Schutz gestellt werde. Dies sei aber erforderlich gewesen, weil es sich um selbständige Nebenansprüche handele und damit ein selbständiges Vertei-
digungsmittel nicht beschieden worden sei. Die Patentinhaberin habe die Bestandsfähigkeit der Ansprüche 5 und 6 im Einspruchsverfahren im einzelnen dargelegt.

b) Die Rechtsbeschwerde vermag auch mit dieser Rüge nicht durchzudringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfordert die Begründungspflicht für die Entscheidung im Einspruchsverfahren gem. § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht die gesonderte Prüfung von nachgeordneten Ansprüchen, die nicht zum Gegenstand eines auf ihren selbständigen Schutz gerichteten Hilfsantrags gemacht worden sind (Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - Elektrisches Speicherheizgerät). Das gilt auch für solche Ansprüche , die sich sachlich als sogenannte Nebenansprüche darstellen (Sen., aaO - Elektrisches Speicherheizgerät). Demnach stellt es keinen Begründungsmangel dar, daß das Beschwerdegericht die Rechtsbeständigkeit der Ansprüche 5 und 6 des Streitpatents nicht gesondert geprüft hat, weil die Patentinhaberin insoweit keinen eigenständigen Hilfsantrag gestellt hat.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde macht es auch keinen Unterschied, daß in der Entscheidung ”Elektrisches Speicherheizgerät”, in der der Senat einen Begründungsmangel i.S.v. § 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG a.F. verneint hat, der vom Beschwerdegericht geprüfte Hauptanspruch ein Verfahrensanspruch und der von diesem nicht geprüfte Nebenanspruch ein auf den Verfahrensanspruch rückbezogener Vorrichtungsanspruch gewesen ist, während in dem hier zu entscheidenden Fall, der geprüfte Anspruch 1 ein Stoffanspruch ist und die auf diesen rückbezogenen Nebenansprüche 5 und 6 Verfahrensansprüche sind. Denn Grundlage für die Rechtsprechung des Senats zu den Anforderungen an den Begründungszwang nach § 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG ist die
Anknüpfung an einen Anspruch im Sinne der Zivilprozeßordnung oder ein einzelnes selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die jeweils einer gesonderten Erörterung in einer belastenden Entscheidung bedürfen. Als solcher wird aber nicht der einzelne Patentanspruch, sondern der gesamte Antrag auf Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Patents angesehen (Sen., aaO - Elektrisches Speicherheizgerät). In diesem Zusammenhang kommt der Art des jeweiligen Patentanspruchs keine Bedeutung zu.

c) Die Rechtsbeschwerde meint, die Patentinhaberin habe darauf vertrauen dürfen, daß ihr nicht nur zur Erwiderung auf die Beschwerdebegründung der Einsprechenden, sondern darüber hinaus auch zur vorsorglichen Stellung von sachgerechten Hilfsanträgen eine angemessene Zeitspanne verbleibe oder daß ihr das Beschwerdegericht insoweit eine Frist setze. Sie hätte dann in erster Linie beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, und hilfsweise, das Streitpatent eingeschränkt mit den Ansprüchen 5 und 6 aufrechtzuerhalten.
Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit erneut die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Dieser Anspruch ist vom Beschwerdegericht jedoch aus den oben dargelegten Gründen gewahrt worden.
Rogge Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 7/99
vom
25. Januar 2000
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Spiralbohrer
PatG 1981 § 100 Abs. 3 Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄ ndG

a) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs im Sinne des § 100 Abs. 3
Nr. 3 i.d.F. des 2. PatGÄ ndG schließt keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen
an die Parteien im Sinne der §§ 139, 238 ZPO, § 91 PatG ein.

b) Ein solcher Hinweis kann im Hinblick auf das Gebot der Gewährung rechtlichen
Gehörs allenfalls dann geboten sein, wenn wegen der Auffassung des
Gerichts für die Parteien nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen
das Gericht seine Entscheidung stützen wird.
BGH, Beschluß vom 25. Januar 2000 - X ZB 7/99 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Januar 2000
durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis,
Scharen und Keukenschrijver

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 16. März 1999 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des am 22. Mai 1982 angemeldeten Patents 32 19 341, das einen Spiralbohrer betrifft.
Nachdem gegen dieses Schutzrecht von seiten der weiteren Verfahrensbeteiligten Einspruch eingelegt worden war, hat die Patentabteilung 14 des Deutschen Patentamtes es mit Beschluß vom 3. April 1997 in beschränktem
Umfang aufrechterhalten. Gegen diese Entscheidung haben die Einsprechenden Beschwerde und die Patentinhaberin Anschlußbeschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung über die Beschwerden hat die Patentinhaberin neu gefaßte Unterlagen eingereicht, auf deren Grundlage sie das Streitpatent mit Haupt- und Hilfsanträgen verteidigt hat.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent unter Berücksichtigung aller dieser Anträge mit Beschluß vom 16. März 1999 insgesamt widerrufen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Bundespatentgericht nicht zugelassene Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin, mit der sie geltend macht, das Bundespatentgericht habe ihr zum einen das rechtliche Gehör versagt, zum anderen fehle der angefochtenen Entscheidung eine hinreichende Begründung. Die Einsprechenden treten der Rechtsbeschwerde entgegen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig, weil sie geltend macht, daß der angefochtene Beschluß auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG 1981 i.d.F. des 2. Gesetzes zur Ä nderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze [2. PatGÄ ndG] v. 16.7.1998 - BGBl. I S. 1827), und ferner beanstandet, der angefochtene Beschluß sei nicht mit Gründen versehen (§ 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG 1981 - seit der Ä nderung durch das 2. PatGÄ ndG § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG). Sie ist jedoch nicht begründet , weil die gerügten Mängel nicht vorliegen.
1. a) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs macht die Rechtsbeschwerde mit der Begründung geltend, das Bundespatentgericht habe die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen, daß seine gegenüber der Zulässigkeit der ursprünglich formulierten Ansprüche be-
stehenden Zweifel auch nach der Neufassung nach den Haupt- und Hilfsanträgen fortbestünden. Da gegenüber diesen auch von der Einsprechenden Zweifel nicht geäußert worden seien, hätten die Patentinhaberin und ihre anwaltlichen Vertreter darauf vertrauen dürfen, daß nach der Modifizierung der Schutzansprüche solche Bedenken nicht mehr bestünden, zumal sie mit der mit Wortlaut und Wortsinn nicht zu vereinbarenden Interpretation durch das Bundespatentgericht weder hätten rechnen müssen noch können. Darüber hinaus habe ihr Prozeßbevollmächtigter mit der Anmerkung, daß nach der Neufassung der Ansprüche seiner Ansicht nach allen Bedenken Rechnung getragen worden sei, für alle Beteiligten deutlich gemacht, daß aus der Sicht der Patentinhaberin solche Bedenken nicht mehr bestünden und aus ihrer Sicht daher weitere Reaktionen nicht erforderlich seien.
Das hätte dem Bundespatentgericht nach Meinung der Rechtsbeschwerde Anlaß geben müssen, auf gleichwohl fortbestehende Bedenken hinzuweisen. Hätte es dieser Verpflichtung genügt, hätte die Patentinhaberin entweder ohne weiteres diese Bedenken ausräumen oder aber in dem vom Bundespatentgericht als wesentlich angesehenen Punkt auf den Wortlaut des ursprünglichen Anspruchs zurückgreifen können, bei dem das in der angefochtenen Entscheidung herausgestellte Zulässigkeitsbedenken nicht bestehe.
Der Verstoß gegen die Pflicht zur sachgemäßen und angemessenen Erörterung (§ 91 PatG) und der Gewährung des rechtlichen Gehörs (§ 93 PatG) wiege um so schwerer, als die Patentinhaberin, wovon das Bundespatentgericht nach den Erklärungen ihrer Vertreter habe ausgehen müssen, zu weiteren Ä nderungen in den Patentansprüchen bereit gewesen sei, um etwa noch bestehende Mängel zu beheben.


b) Mit diesem Vorbringen wird eine der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde zum Erfolg verhelfende Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargelegt. Die durch das 2. PatGÄ ndG in den Katalog der Verfahrensmängel, bei deren Vorliegen auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zulässig ist, in das Gesetz eingefügte Regelung des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG trägt der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als verfassungsrechtlichem Gebot und grundlegender Verfahrensregel Rechnung (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/9971 S. 34 zu Art. 2 Nr. 25 - BIPMZ 1998, 393, 405). Sie knüpft damit an die verfassungsrechtliche Gewährleistung dieses Anspruchs und seine Ausprägung insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an, so daß die von diesem entwickelten Grundsätze zu Inhalt und Ausbildung dieses Rechts auch bei der Interpretation der Vorschrift heranzuziehen sind.
Danach verpflichtet das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs das mit der Sache befaßte Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 11, 218, 220; 62, 347, 352; 79, 51, 61; 83, 24, 35; 86, 133, 144; vgl. a. BVerfG NJW 1993, 51; NJW 1999, 1387, 1388). Er ist verletzt, wenn im Einzelfall Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß das Gericht das Vorbringen einer oder mehrerer Parteien entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. BVerfGE 47, 182, 188). Daß das Beschwerdegericht in diesem Sinne Vorbringen der Patentinhaberin übergangen hat, wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Von ihr wird lediglich gerügt, daß das Bundespatentgericht seine Rechtsauffassung nicht vor seiner Entscheidung in einer Weise geäußert hat, die der Patentinha-
berin eine weitere Anpassung ihrer Anträge ermöglicht hätte. In diesem Unterlassen kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs indessen nicht gesehen werden.
Zwar kann es im Einzelfall im Hinblick auf das verfassungsrechtlich in Art. 103 GG geschützte Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs unter besonderen Voraussetzungen, nämlich dann, wenn die Parteien bei der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt die maßgeblichen Gesichtspunkte nicht schon von sich aus haben erkennen können, erforderlich sein, sie auf die Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will (vgl. BVerfG DVBl. 1995, 34). An einer hinreichenden Gelegenheit zur Stellungnahme , die das Gebot des rechtlichen Gehörs gewährleisten will, fehlt es nicht nur dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder das Gericht bei seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde gelegt hat, zu denen die Parteien nicht Stellung nehmen konnten. Ein dem verfahrens- wie verfassungsrechtlichen Gebot genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt vielmehr auch voraus, daß die Beteiligten in Anwendung der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt erkennen konnten, auf welches Vorbringen es für die Entscheidung ankommen kann und wird (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144).
Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs schließt jedoch auch in diesem Zusammenhang keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen an die Parteien ein, wie sie ihren Niederschlag etwa in den §§ 139, 238 ZPO und § 91 PatG gefunden hat (vgl. BVerfGE 66, 116, 147). Ihr läßt sich daher weder eine allgemeine Verpflichtung des Gerichts zur Darlegung seiner Rechtsauffassung (vgl. dazu BVerfGE 74, S. 1, 6) noch eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht entnehmen (vgl. BVerfGE 66, 116, 147). Im Hinblick auf das Gebot der
Gewährung rechtlichen Gehörs kann ein solcher Hinweis allenfalls dann geboten sein, wenn wegen der Auffassung des Gerichts für die Beteiligten nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen es seine Entscheidung stützen wird, und deshalb, weil diese Gesichtspunkte nicht angesprochen wurden, ein für die Entscheidung relevanter Sachvortrag unterbleibt (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; s.a. BVerfG NJW 1994, 848, 849).
Eine Ungewißheit in diesem Sinne ist von der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt worden. Wie sich aus der von ihr insoweit nicht in Zweifel gezogenen angefochtenen Entscheidung ergibt, ist die für das Beschwerdegericht maßgebliche Frage nach der Zulässigkeit der von der Patentinhaberin vorgenommenen Ä nderungen am Wortlaut der Patentansprüche und der Beschreibung in der Verhandlung vom Gericht angesprochen und mit den Parteien diskutiert worden. Mit diesem Hinweis hat das Gericht die möglichen Grundlagen seiner Entscheidung bezeichnet und den Parteien und ihren Vertretern Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Hiervon hat die Patentinhaberin durch eine Neufassung der Ansprüche, mit denen sie das Patent verteidigen wollte, auch Gebrauch gemacht. Die Rechtsbeschwerde stützt ihre Rüge gerade unter anderem auch darauf, daß die Patentinhaberin im Hinblick auf diese Hinweise die Schutzansprüche neu formuliert hat.
Zu weitergehenden Hinweisen, insbesondere dazu, ob die bereits vorgenommenen Ä nderungen ausreichten, um den Bedenken des Gerichts Rechnung zu tragen, war dieses auch dann nicht gehalten, wenn es erkannt haben sollte, daß die Patentinhaberin nach ihrer Auffassung von einer nunmehr erreichten Zulässigkeit aller Ä nderungen ausgegangen sein sollte. Mit dem Hin-
weis auf die bestehenden Zweifel und deren Diskussion hat das Beschwerdegericht der aus dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs folgenden Hinweispflicht , die ohnehin nur in Ausnahmefällen besteht, genügt. Eine weitergehende Hinweispflicht konnte sich damit allenfalls aus § 91 PatG ergeben, auf dessen Verletzung sich die Rechtsbeschwerde ebenfalls stützt. Da ein solcher Verfahrensmangel im Katalog der Gründe nicht aufgeführt ist, die nach § 100 Abs. 3 PatG die Rechtsbeschwerde auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht eröffnen, bedarf es hier keines Eingehens auf die Frage, ob das Gericht gehalten sein kann, auch nach einer Erörterung der Sach- und Rechtslage einen zum behandelten Thema fortbestehenden Rechtsirrtum der Parteien oder ihrer Vertreter entgegenzuwirken, und in welchem Umfang eine solche Belehrung mit seiner Pflicht zur Unparteilichkeit zu vereinbaren ist.
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Rechtsbeschwerde, der angefochtenen Entscheidung fehle die erforderliche Begründung (§ 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG). Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, ist der Beschluß des Beschwerdegerichts mit einer Begründung versehen und genügt daher insoweit den formalen Anforderungen des Begründungszwangs.
Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Bundespatentgericht habe bei seiner Auslegung übersehen, daß der von ihm zitierte Keilwinkel normalerweise für die gesamte Hauptschneide definiert sei und damit entgegen seiner Auffassung doch einen Hinweis darauf bilde, daß die gesamte Hauptschneide von der Ausspitzung gebildet werde, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung. Dasselbe gilt für die Angriffe gegen die Auffassung des Beschwerdegerichts, um zu einer anderen als der von ihm vorgenommenen Auslegung des Patents zu gelangen, wären zusätzli-
che Angaben in der Patentbeschreibung erforderlich gewesen, die zwingend erforderten, daß mit der Lehre des Patents auch die Verwendung nur einer der alternativ durch das Wort "oder" verbundenen Ausführungsformen unter Schutz gestellt sein solle.
Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde schließlich einen Begründungsmangel auch mit der Erwägung, der angefochtene Beschluß lasse nicht erkennen, ob und mit welchem Gewicht das Beschwerdegericht die seiner Auslegung entgegenstehende zeichnerische Darstellung der patentgemäßen Lehre berücksichtigt habe. Mit der darauf gestützten Rüge, die Ausführungen des Beschwerdegerichts ließen mindestens drei Interpretationsmöglichkeiten zu, wird ein Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht aufgezeigt. Geltend gemacht werden Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit in der Begründung, die einen Begründungsmangel nur dann darstellen, wenn die vorhandenen Gründe ganz unverständlich, verworren oder in sich widersprüchlich sind oder wenn sie sich auf leere Redensarten oder die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken, so daß sie nicht erkennen lassen, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (st. Rspr., vgl. u.a. Sen.Beschl. v. 2.3.1993 - X ZB 14/92, GRUR 1993, 655, 656 - Rohrausformer), oder wenn eines von mehreren geltend gemachten Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, das einen selbständigen Charakter hat und deshalb in den Gründen auch zu bescheiden war, bei der Begründung übergangen wurde (vgl. Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät ; Sen.Beschl. v. 22.4.1998 - X ZB 5/97, GRUR 1998, 907 - Alkyläther). Einen solchen Mangel zeigt die Rechtsbeschwerde hier nicht auf; sie wendet sich allein dagegen, daß das Beschwerdegericht bei seiner Begründung der von ihr
in den Vordergrund gerückten zeichnerischen Darstellung eine oder nicht die von ihr gewünschte Aufmerksamkeit geschenkt hat und dabei nicht zu den Ergebnissen gelangt ist, wie sie die Rechtsbeschwerde als allein richtig ansieht. Auch das betrifft lediglich die sachliche Richtigkeit der getroffenen Entscheidung , nicht jedoch einen Verfahrensmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 PatG.
3. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
Rogge Jestaedt Melullis Scharen Keukenschrijver

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.