Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2009 - VIII ZB 44/09

bei uns veröffentlicht am17.11.2009
vorgehend
Amtsgericht Kiel, 111 C 536/08, 19.03.2009
Landgericht Kiel, 1 T 50/09, 09.06.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 44/09
vom
17. November 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Beschwerdebefugnis der Staatskasse ist bei bewilligenden Prozesskostenhilfeentscheidungen
auf die in § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO ausdrücklich genannten Fälle
einer Zahlungsanordnung beschränkt. Sie kann nur solche Beschwerdeanträge
stellen, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leistung von Zahlungen
auf die Kosten der Prozessführung aufzuerlegen. Dagegen ist eine von der
Staatskasse mit dem Ziel eingelegte Beschwerde, die Verweigerung von Prozesskostenhilfe
zu erreichen, unstatthaft.

b) Ist die Anfechtbarkeit einer Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen oder begrenzt
, kann auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug
nicht eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit
Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann (Anschluss an
BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210).
BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - VIII ZB 44/09 - LG Kiel
AG Kiel
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten gegen den Beschuss des Landgerichts Kiel vom 9. Juni 2009 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 300 €.

Gründe:

I.

1
Die Beklagte, die Mieterin einer Wohnung der Klägerin ist, hat zur Rechtsverteidigung gegen eine von der Klägerin erhobene Räumungs- und Zahlungsklage Prozesskostenhilfe beantragt. Mit richterlicher Verfügung vom 13. Februar 2009 hat ihr das Amtsgericht unter Fristsetzung bis zum 2. März 2009 aufgegeben, ihre Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen. Nachdem die Beklagte dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen war, hat ihr das Amtsgericht durch Beschluss vom 19. März 2009 unter Hinweis auf die Fristversäumung Prozesskostenhilfe versagt. Hiergegen hat die Beklagte unter dem 9. April 2009 sofortige Beschwerde eingelegt und im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung mit Schriftsatz vom 14. Mai 2009 die Angaben zu ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen ergänzt. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 15. Mai 2009 nicht abgeholfen, weil die Versäumung der gesetzten Frist nicht durch nachträgliche Angaben geheilt werden könne. Das Landgericht hat den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Beschlussfassung an das Amtsgericht zurückverwiesen , weil entgegen der Auffassung des Amtsgerichts § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht als Regelung einer Ausschlussfrist verstanden werden könne, so dass das Amtsgericht im Rahmen seiner (Nicht-)Abhilfeprüfung das Beschwerdevorbringen , durch das die Beklagte die Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ergänzt habe, noch hätte berücksichtigen müssen. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte (Bezirksrevisorin bei dem Landgericht als Vertreterin der Staatskasse) mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie eine Wiederherstellung der Prozesskostenhilfe versagenden Entscheidung des Amtsgerichts begehrt. Sie ist mit dem Amtsgericht der Auffassung, dass § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nach Ablauf der gesetzten Frist eine Berücksichtigung ergänzender Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten ausschließe; diese könne Prozesskostenhilfe vielmehr nur aufgrund eines erneuten Antrages erlangen.

II.

2
1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil der weiteren Beteiligten kein Beschwerderecht zusteht.
3
a) Eine Beschwerde der Staatskasse, die nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO stattfindet, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind, kann nach § 127 Abs. 3 Satz 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Dementsprechend ist das Beschwerderecht der Staatskasse auf den Fall beschränkt, dass Prozesskostenhilfe zwar bewilligt, rechtsfehlerhaft jedoch weder Ratenzahlungen aus dem Einkommen noch Zahlungen aus dem Vermögen angeordnet worden sind. Der Sinn dieses der Staatskasse eingeräumten Beschwerderechts hat nach den aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Absichten des Gesetzgebers sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift darin gelegen, im Interesse der Haushaltsmittel der Länder zu Unrecht unterbliebene Zahlungsanordnungen nachträglich zu erreichen. Dementsprechend ist der Staatskasse auch nur in diesem beschränkten Umfang ein Beschwerderecht zugebilligt worden, nämlich nur zu einer dahin gehenden Kontrolle von Bewilligungsentscheidungen, in denen Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt worden ist (BGHZ 119, 372, 375 m.w.N.; OLG Brandenburg, FamRZ 2002, 1714).
4
Eine - wie hier - von der Staatskasse mit dem Ziel eingelegte Beschwerde , die Verweigerung von Prozesskostenhilfe zu erreichen, ist deshalb nicht statthaft. Vielmehr grenzt § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Beschwerdebefugnis der Staatskasse bei bewilligenden Prozesskostenhilfeentscheidungen auf die in § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO ausdrücklich genannten Fälle einer Zahlungsanordnung ein und beschränkt gemäß § 127 Abs. 3 Satz 2 ZPO darüber hinaus die möglichen Anfechtungsgründe, so dass nur solche Beschwerdeanträge zugelassen sind, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leistung von Zahlungen auf die Kosten der Prozessführung aufzuerlegen (OLG Nürnberg, FamRZ 1998, 252; MünchKommZPO/Motzer, 3. Aufl., § 127 Rdnr. 27; Musielak /Fischer, ZPO, 7. Aufl., § 127 Rdnr. 9).
5
b) An der Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde ändert nichts, dass das Landgericht diese zugelassen hat. Denn die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat keine Ausweitung der Rechtsschutzmöglichkeiten über die gesetzlichen Zu- lässigkeitsvoraussetzungen hinaus zur Folge. Dementsprechend macht die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht die Prüfung der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht entbehrlich, zu denen unter anderem die Feststellung gehört, ob der Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung überhaupt beschwert ist oder ob ihm hiergegen ein Beschwerderecht zusteht (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1993 - VIII ZR 85/92, NJW 1993, 2052, unter II 1; MünchKommZPO/Lipp, aaO, § 567 Rdnr. 26, § 574 Rdnr. 17). Vielmehr wird einem Beschwerdeführer durch die Rechtsmittelzulassung die Einlegung einer Rechtsbeschwerde nur ermöglicht, wenn und soweit sie nach dem Gesetz statthaft und auch sonst zulässig ist. Ist dagegen - wie hier durch § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO - die Anfechtbarkeit der Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen oder begrenzt, vermag auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug nicht zu eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann (BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210, Tz. 6 m.w.N.).
6
2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens findet gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - IX ZB 130/05, NJW 2006, 1597, Tz. 10; Musielak/Fischer, aaO, § 127 Rdnr. 29; jeweils m.w.N.). Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 19.03.2009 - 111 C 536/08 -
LG Kiel, Entscheidung vom 09.06.2009 - 1 T 50/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 118 Bewilligungsverfahren


(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäft

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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 231/07
vom
13. November 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist gegen die Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts, durch die eine Besetzungsrüge
zurückgewiesen wird, eine sofortige Beschwerde unstatthaft, so kann gegen
eine inhaltsgleiche Erstentscheidung des Berufungsgerichts trotz Zulassung keine
Rechtsbeschwerde eingelegt werden.
Ein Besetzungsmangel kann nicht mit Hilfe eines Ablehnungsgesuchs gerügt werden.
Die ordnungsgemäße Besetzung des Berufungsgerichts ist nach dem Zeitpunkt zu
beurteilen, der für die den Rechtsmittelführer beschwerende Sachentscheidung
maßgeblich ist.
BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07 - OLG Rostock
LG Rostock
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 13. November 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. Oktober 2007 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert wird auf 11.642,21 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin macht gegen die beklagte Steuerberatungsgesellschaft wegen des Vorwurfs fehlerhafter Beratung Schadensersatzansprüche geltend. Nach Abweisung der Klage und Stattgabe einer auf Honorarzahlung gerichteten Widerklage durch das Landgericht hat die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht Rostock eingelegt. Der Vorsitzende des geschäftsplanmäßig zuständigen 6. Zivilsenats, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht B. , befindet sich seit dem 2. Juli 2007 in Erziehungsurlaub. Da die Stelle des Vorsitzenden zunächst unbesetzt blieb, hat die Klägerin eine Besetzungsrüge erhoben. Das Oberlandesgericht - 6. Zivilsenat - hat in der Vertretungsbesetzung die Rüge zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit diesem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihre Rüge weiter.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist bereits unstatthaft. Zudem scheitert die Zulässigkeit des Rechtsmittels an der fehlenden Beschwer der Klägerin.
3
Die 1. Rechtsbeschwerde ist ungeachtet ihrer Zulassung durch das Oberlandesgericht (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht statthaft.
4
a) Bei nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts ist der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO gegeben. Dieser Revisionsgrund greift insbesondere ein, wenn - wie die Klägerin geltend macht - der Rechtsbegriff der Verhinderung des Vorsitzenden verkannt wurde (BGH, Urt. v. 13. September 2005 - VI ZR 137/04, NJW 2006, 154; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 547 Rn. 9; Musielak/Ball, ZPO 6. Aufl. § 547 Rn. 3). Damit kann eine Revision gegen ein Berufungsurteil auf die Rüge gestützt werden, dass das Berufungsgericht mangels geschäftsplanmäßiger Einsetzung eines Vorsitzenden Richters nicht ordnungsgemäß besetzt war.
5
b) Entscheidet das Berufungsgericht - wie im Streitfall - vor Erlass des Berufungsurteils selbständig über eine Besetzungsrüge, so ist seine Entscheidung unanfechtbar und damit eine Rechtsbeschwerde auch im Falle einer Zulassung nicht statthaft. Dies folgt aus § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO, weil gegen die Entscheidung eine so- fortige Beschwerde unstatthaft wäre und darum auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ausscheidet.
6
aa) Dem Beschwerdeführer wird durch die Zulassung die Einlegung einer Rechtsbeschwerde nur ermöglicht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich statthaft ist. Falls jedoch die Anfechtbarkeit der Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen ist, vermag auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug nicht zu eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann (BGHZ 154, 102; 159, 14, 15 jeweils m.w.N.). Unanfechtbar ist auch eine Entscheidung des Berufungsgerichts, wenn eine inhaltsgleiche Entscheidung des Erstgerichts gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO der Anfechtung entzogen ist.
7
Die Rechtsbeschwerde kann gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts sowie gegen (Neben-) Entscheidungen des Berufungsgerichts und erstinstanzliche Entscheidungen des Oberlandesgerichts (Beispiel: § 1062 ZPO) zugelassen werden. Im vorliegenden Fall einer Entscheidung des Berufungsgerichts über die Ordnungsmäßigkeit seiner eigenen Besetzung richtet sich die Rechtsbeschwerde nicht als weiteres Rechtsmittel gegen die mit der Berufung angefochtene Entscheidung, sondern stellt eine Erstbeschwerde gegen die originäre Entscheidung des Berufungsgerichts dar (MünchKomm-ZPO/Lipp, aaO Rn. 6 vor §§ 574). Da der von dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde der Sache nach die Funktion einer Erstbeschwerde zukommt, sind die an die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde (§ 567 Abs. 1 ZPO) zu stellenden Anforderungen zu beachten. Entfaltet die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung im Falle der Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde keine Bindungswirkung (BGHZ 159, aaO), muss dies wegen der von dem Gesetzgeber angestrebten Harmonisierung von Beschwerde und Rechtsbeschwerde (BT-Drucks. 14/4722 S. 116) bei Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ebenfalls gelten, wenn gegen die Entscheidung, wäre sie im ersten Rechtszug getroffen worden, eine sofortige Beschwerde unzulässig wäre. Andernfalls wären Erstentscheidungen des Berufungsgerichts im Gegensatz zu inhaltsgleichen unanfechtbaren Entscheidungen des Ausgangsgerichts anfechtbar. Folgerichtig kann das Berufungsgericht nach Ablehnung eines seiner Mitglieder gegen die Entscheidung über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs (§ 44 ZPO) die Rechtsbeschwerde zulassen, weil gegen eine entsprechende Entscheidung des Erstgerichts die sofortige Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) statthaft wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 20. Oktober 2003 - II ZB 31/02, NJW 2004, 163; Beschl. v. 8. November 2004 - II ZB 24/03, WM 2005, 76, 77).
8
bb) Da im Streitfall gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO eine sofortige Beschwerde unstatthaft wäre, erstreckt sich dieser Mangel auch auf die von der Klägerin nach Zulassung durch das Berufungsgericht eingelegte Rechtsbeschwerde.
9
(1) Die sofortige Beschwerde findet gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Amts- und Landgerichte statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Gesetz kennt keine selbständigen Entscheidungen über Besetzungsrügen und sieht folglich dagegen keine sofortige Beschwerde vor. Da Besetzungsrügen nicht mit Hilfe eines Ablehnungsgesuchs (§ 44 ZPO) verfolgt werden können, scheidet die Möglichkeit einer sofortigen Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) aus.
10
Ausschließungs- und Ablehnungsgründe (§§ 41, 42 ZPO) beziehen sich auf die prozessrechtliche Fähigkeit des abgelehnten Richters, sein Amt in einem bestimmten Rechtsstreit mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse zu einer der Parteien oder zu dem Streitgegenstand wahrnehmen zu können. Besetzungsrügen betreffen hingegen die allgemeine, gerichtsverfassungsmäßige Fähigkeit des abgelehnten Richters, über das konkrete Verfahren hinaus als Richter tätig werden zu können. Im Unterschied zu einem Ablehnungsgrund, der die Mitwirkung eines Richters in einem konkreten Verfahren aus in seiner Person liegenden Gründen in Frage stellt, richtet sich eine Besetzungsrüge gegen die allgemeine Amtstätigkeit des Richters. Zweck der Richterablehnung ist jedoch nicht, in allgemein verbindlicher Form über die gerichtsverfassungsmäßige Besetzung eines Gerichts zu befinden (LSG Essen NJW 1957, 1455; OLG Köln NJW-RR 2000, 455, 456; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, aaO § 41 Rn. 12; Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 42 Rn. 34; a.A. Stein/Jonas/ Bork, ZPO 22. Aufl. Rn. 1 vor § 41).
11
(2) Die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen wurde (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
12
Die sofortige Beschwerde ist nach Ablehnung eines Gesuchs nur statthaft , wenn der Erlass der angefochtenen Entscheidung einen Antrag der Partei voraussetzt. Hingegen ist dem Antragsteller die Beschwerde versagt, wenn die angefochtene Entscheidung ohne die Notwendigkeit eines Antrags von Amts wegen ergehen kann (BGH, Beschl. v. 27. Januar 2004 - VI ZB 33/03, MDR 2004, 698, 699; Beschl. v. 20. Oktober 2004 - XII ZB 35/04, NJW 2005, 143, 144; OLG Stuttgart NJW 1962, 540; OLG Karlsruhe NJW 1969, 1442, 1443; OLG Düsseldorf NJW 1973, 2032; MünchKomm-ZPO/Lipp, aaO § 567 Rn. 10; Musielak/Ball, aaO § 567 Rn. 14; Wieczorek/Schütze/Jänich, ZPO 3. Aufl. § 567 Rn. 10; a.A. Zöller/Gummer, aaO § 567 Rn. 31). Mangels Anwendbarkeit des § 42 ZPO hat das Oberlandesgericht in vorliegender Sache - wobei die "Besetzungsrüge" der Klägerin lediglich eine rechtlich unverbindliche Anregung darstellt - von Amts wegen entschieden. Mithin ist eine sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung und damit auch eine Rechtsbeschwerde nicht statthaft.
13
2. Überdies fehlt es an einer Beschwer der Klägerin als allgemeiner Voraussetzung eines Rechtsmittels.
14
a) Ob das Gericht ordnungsgemäß besetzt war, beurteilt sich allein nach dem Inhalt des Geschäftsverteilungsplans, der im Zeitpunkt des Erlasses der Sachentscheidung gegolten hat. Frühere Geschäftsverteilungspläne sind für diese rechtliche Würdigung ohne Bedeutung (BVerwG, DVBl. 1985, 574, 575). Demgemäß kommt es für den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO allein auf die letzte mündliche Verhandlung an, auf welche das Urteil ergangen ist. Die Besetzung des Gerichts im Rahmen früherer mündlicher Verhandlungen ist ebenso wenig entscheidend, wie diejenige bei der Beweisaufnahme oder der Urteilsverkündung (BGH, Urt. v. 4. November 1997 - VI ZR 348/96, NJW 1998, 377, 378).
15
b) Das Oberlandesgericht hat im Streitfall - auf den Zeitpunkt seiner Beschlussfassung bezogen - ohne Sachentscheidung allein über die Ordnungsmäßigkeit seiner gegenwärtigen Besetzung befunden. Wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufs und der nie ausschließbaren Möglichkeit einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans sowie der damit verbundenen Einsetzung eines Vorsitzenden Richters scheidet eine Bindungswirkung für die (künftige ) Beurteilung aus, ob das Gericht bei der erst noch zu treffenden Sachent- scheidung vorschriftsmäßig besetzt ist. Eine Beschwer kann sich indessen nur aus dem - hier fehlenden - rechtskraftfähigen Inhalt einer Entscheidung ergeben (BGH, Urt. v. 20. Juli 1999 - X ZR 175/98, NJW 1999, 3564; Musielak/Ball, aaO Rn. 20 vor § 511). Die in Beschlussform ergangene Entscheidung entfaltet im Unterschied zu einem Urteil für das weitere Verfahren auch keine innerprozessuale Bindungswirkung im Sinne des § 318 ZPO (BGH, Urt. v. 4. Dezember 1991 - VIII ZR 32/91, NJW 1992, 982, 983; v. 8. Dezember 1994 - IX ZR 254/93, NJW 1995, 2106, 2107). Bei dieser Sachlage ist die Klägerin durch die von ihr angegriffene Entscheidung nicht beschwert. Ein die Klägerin beschwerender Besetzungsmangel kann nur der künftigen Sachentscheidung anhaften.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Rostock, Entscheidung vom 02.02.2007 - 9 O 319/05 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 17.10.2007 - 6 U 36/07 -

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 130/05
vom
23. März 2006
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der für Insolvenzverfahren allgemein entwickelte Rechtssatz, dass ein Insolvenzverwalter
, auch wenn er selbst Volljurist ist, Aufgaben, die er ohne volljuristische
Ausbildung im Allgemeinen nicht lösen kann, auf einen Rechtsanwalt übertragen
darf, gilt für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Parteiprozess in gleicher Weise.

b) Die Führung eines Insolvenzanfechtungsprozesses wird der Insolvenzverwalter,
der über keine volljuristische Ausbildung verfügt, in aller Regel einem Rechtsanwalt
übertragen; deshalb ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die
Gewährung von Prozesskostenhilfe dem Antrag auf Anwaltsbeiordnung auch dann
zu entsprechen, wenn der Anfechtungsgegner nicht durch einen Rechtsanwalt
vertreten ist.
BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - IX ZB 130/05 - LG Görlitz
AG Zittau
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 23. März 2006

beschlossen:
Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. A. für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 13. April 2005 aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts Zittau vom 1. März 2005 abgeändert. Dem Antragsteller wird für das Verfahren 5 C 59/05 Rechtsanwalt M. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Außergerichtliche Kosten der Rechtsmittelverfahren werden nicht erstattet.

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er ist zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der K. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) bestellt. Das Insolvenzverfahren ist massearm. Für eine auf Insolvenzanfechtung gestützte Klage hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. aus Dresden beantragt. Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe gewährt, die Anwaltsbeiordnung jedoch abgelehnt. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 4 InsO in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts.
3
1. Das Gericht der ersten Beschwerde hat das auf § 121 Abs. 2 ZPO gestützte Gesuch des Antragstellers auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Vertretung in dem Anfechtungsprozess vor dem Amtsgericht Zittau mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller selbst Rechtsanwalt sei. Bei der Auslegung des § 121 ZPO müsse der Regelungsgehalt des § 5 InsVV berücksichtigt werden. Diese Vorschrift bestimme, dass der Insolvenzverwalter, der zugleich Rechtsanwalt sei, sein anwaltliches Honorar nur in Fällen, in denen es ange- messen sei, der Insolvenzmasse entnehmen könne. Dieser Maßstab gelte auch für § 121 ZPO. Im vorliegenden Fall handele es sich um einen typischen Fall der Insolvenzanfechtung, bei dem sich die rechtlichen Schwierigkeiten auf einem Gebiet bewegten, auf dem sich der Insolvenzverwalter selbst am besten auskenne. Die Beiordnung eines - weiteren - Rechtsanwalts komme deshalb nicht in Betracht. Im Übrigen habe der Insolvenzverwalter bei Einschätzung der Vergütungshöhe auch die nach § 5 InsVV aus der Masse zu zahlende Vergütung zu beachten. Sei diese nicht gedeckt, müsse das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt werden.
4
2. Diese Begründung ist rechtlich nicht haltbar. Sie verletzt § 121 Abs. 2 ZPO. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), ist Rechtsanwalt M. nach Maßgabe des § 121 Abs. 3 ZPO dem Antragsteller als Prozessanwalt beizuordnen.
5
a) Nach § 121 Abs. 2 ZPO ist ein Anwalt dann beizuordnen, wenn entweder die Vertretung erforderlich erscheint oder - was hier offen bleiben kann - der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
6
aa) Der Senat hat zu § 5 Abs. 1 InsVV bereits entschieden, dass ein Insolvenzverwalter , auch wenn er selbst Volljurist ist, Aufgaben, die ein Insolvenzverwalter ohne volljuristische Ausbildung im Allgemeinen nicht lösen kann, auf einen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstandenen Auslagen aus der Masse entnehmen kann (BGH, Beschl. v. 11. November 2004 - IX ZB 48/04, ZIP 2005, 36, 37; siehe auch BGHZ 139, 309, 313 f; 160, 176, 182 f). Im Anwendungsbereich des § 121 Abs. 2 ZPO kann, wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt richtig sieht, kein anderer Maßstab gelten. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu im Einzelnen ausgeführt, eine strengere Handhabung im Rahmen der Anwaltsbeiordnung bewirke, dass der als Rechtsanwalt zugelassene Insolvenzverwalter bei Massearmut regelmäßig leer ausgehe oder - bei Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts - diesem nach §§ 55, 61 InsO schadensersatzpflichtig sei (vgl. BAG ZIP 2003, 1947, 1948 f; ZInsO 2003, 722, 724).
7
Diesen Erwägungen tritt der Senat bei. Da die Masse in den Fällen des § 121 Abs. 2 ZPO stets unzureichend ist, liefe die Regelung des § 116 Satz 1 Nr. 1 InsO für den Insolvenzverwalter, der zugleich den Beruf des Rechtsanwalts ausübt, weitgehend leer. Er wäre gezwungen, die mit dem Ziel der Masseanreicherung geführten Prozesse weitgehend aus privaten Mitteln zu finanzieren. Dies widerspricht dem eindeutigen Zweck der Vorschrift (vgl. BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 460/02, ZIP 2003, 2036). Gerade der Rechtsverfolgung durch Insolvenzverwalter mit dem Ziel der Masseanreicherung hat der Gesetzgeber ein eigenständiges, schutzwürdiges öffentliches Interesse beigemessen (vgl. BGH, Urt. v. 27. September 1990 - IX ZR 250/89, ZIP 1990, 1490, 1491 m. Anm. Merz EWiR 1990, 1243 f; Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 460/02, aaO). Nach den Gesetzesmaterialien sollte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Regel, die Verweigerung die Ausnahme sein (vgl. BT-Drucks. 8/3068 S. 26 zu § 114c ZPO). Das Beschwerdegericht , das demgegenüber auf die Selbstvertretungsmöglichkeit des volljuristisch ausgebildeten Insolvenzverwalters verweist, verkehrt diese Grundsätze in ihr Gegenteil.
8
bb) Die Ablehnung der Anwaltsbeiordnung kann auch nicht auf die Bestimmungen über die Einstellung des Verfahrens mangels Masse (§§ 207 ff InsO ) gestützt werden. Das Rechtsinstitut der Prozesskostenhilfe gewinnt für den Insolvenzverwalter im Anwendungsbereich des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO gerade in den Fällen Bedeutung, in denen die Istmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Ist eine Massemehrung durch Insolvenzanfechtung hinreichend erfolgversprechend (§ 114 Satz 1 ZPO) oder hat der Insolvenzverwalter bereits ein für die Masse günstiges Urteil erstritten und liegt der Fall einer notwendigen Prozesskostenhilfe (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO) vor, ist das Insolvenzverfahren im Hinblick auf die Wirkungen der Prozesskostenhilfe (vgl. § 122 ZPO) nicht wegen der Gerichtskosten einzustellen. Der Bestand der freien Masse hat deshalb für die Frage, ob bei Gewährung von Prozesskostenhilfe auch dem Antrag auf Anwaltsbeiordnung zu entsprechen ist, keinen Einfluss.
9
Legt b) man bei der Prüfung die vom Senat (vgl. BGH, Beschl. v. 11. November 2004 - IX ZB 48/04, aaO S. 36 f) entwickelten Maßstäbe an, ist dem Beiordnungsantrag zu entsprechen. Einen Anfechtungsrechtsstreit wird ein Insolvenzverwalter ohne volljuristische Ausbildung in aller Regel auf einen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstehenden Auslagen der Masse entnehmen. Bei der Insolvenzanfechtung handelt es sich um eine rechtliche Spezialmaterie, die sich von der Verfolgung materiell-rechtlicher Ansprüche des Schuldners, die in dessen unternehmerischer Tätigkeit wurzeln, deutlich abhebt. Das Insolvenzanfechtungsrecht ist durch eine Mehrzahl von Anfechtungstatbeständen gekennzeichnet, die im objektiven und subjektiven Bereich unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen aufweisen, deren Merkmale sich dem Gesetzeswortlaut zudem nicht sämtlich eindeutig entnehmen lassen. Weitere Kennzeichen des Anfechtungsrechts sind der hohe rechtliche Abstraktionsgrad und die Komplexität der gesetzlichen Regelung. Eine sachgerechte Bearbeitung einer Insolvenzanfechtungsklage erfordert daher eine intensive Befassung mit dem System des Insolvenzanfechtungsrechts und die Kenntnis der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere auch zu der Ver- teilung der Darlegungs- und Beweislast. Schon die nicht unerheblichen Haftungsrisiken und die oft nicht von vornherein abschätzbaren Beweisschwierigkeiten des grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtigen Insolvenzverwalters lassen es auch im Parteiprozess durchweg als angezeigt erscheinen, einen Rechtsanwalt mit der Klageerhebung und Prozessführung zu beauftragen.

III.


10
Außergerichtliche Kosten der Rechtsmittelverfahren sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO; vgl. Musielak/Fischer, ZPO 4. Aufl. § 127 Rn. 29; Saenger/Rathmann/Pukall, ZPO § 127 Rn. 21).
Fischer Ganter Raebel Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
AG Zittau, Entscheidung vom 01.03.2005 - 5 C 59/05 -
LG Görlitz, Entscheidung vom 13.04.2005 - 2 T 76/05 -