vorgehend
Landgericht Bamberg, 1 O 298/08, 14.03.2012
Oberlandesgericht Bamberg, 3 U 75/12, 01.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 299/12
vom
16. Mai 2013
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Mai 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Halfmeier,
Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit

beschlossen:
Der Wert der mit der beabsichtigten Revision der Klägerin gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 1. Oktober 2012 geltend zu machenden Beschwer wird auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs auf Freistellung von sämtlichen Kosten und Aufwendungen einschließlich Folgeschäden in Anspruch, die im Zuge der Beseitigung eines im Einzelnen näher beschriebenen Mangels an einer Kläranlage entstehen. Die Klägerin war bei der Erweiterung der Kläranlage als Ingenieur tätig, die Beklagte als Bauunternehmer.
2
Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift den Gegenstandswert mit 20.000 € angegeben. Hier hatte sie noch angekündigt, beantragen zu wollen, die Beklagte zur Nachbesserung des Mangels zu verurteilen. Das Landgericht hat die nunmehr auf Freistellung gerichtete Klage abgewiesen und den Streitwert auf 20.000 € festgesetzt. Mit der Berufung hat die Klägerin ihren erstinstanzlich zu- letzt gestellten Antrag weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Klägerin durch Beschluss vom 4. September 2012 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige , die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückzuweisen und den Streitwert des Berufungsverfahrens nach dem Interesse der Klägerin auf 20.000 € festzusetzen. Es hat der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 28. September 2012 gegeben. Die Klägerin hat zur beabsichtigten Festsetzung des Streitwerts keine Stellungnahme abgegeben. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2012 die Berufung der Klägerin einstimmig zurückgewiesen und den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 20.000 € festgesetzt.

II.

3
1. Die Klägerin beantragt, den Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer auf über 20.000 € festzusetzen, und kündigt an, anschließend zu beantragen, die Revision gegen den Beschluss des Berufungsgerichts zuzulassen. Sie legt im Einzelnen dar, welche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung durchzuführen seien und welcher Kostenaufwand jeweils für die notwendigen Arbeiten anfalle. Insgesamt betrage er wenigstens 49.000 € netto = 58.310 € brutto. Hierzu legt sie eine eidesstattliche Versicherung des bei ihr tätigen Ingenieurs G. vor.
4
2. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine Festsetzung des Wertes der Beschwer auf über 20.000 €.
5
In Fällen, in denen das Berufungsgericht bei der Festsetzung des Streitwerts einen weiten Beurteilungsspielraum hat, beschränkt sich die Überprüfung des Wertes einer aus dieser Festsetzung abzuleitenden Beschwer auf die Fra- ge, ob das Berufungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Diese Beschränkung begrenzt auch die Möglichkeit des Revisionsgerichts, Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals nach Abschluss der Berufungsinstanz geltend gemacht werden (BGH, Beschluss vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, VersR 2009, 279).
6
In den Tatsacheninstanzen sind die Parteien davon ausgegangen, dass das Interesse der Klägerin an dem geltend gemachten Freistellungsanspruch 20.000 € betrage. Die nunmehr von der Klägerin erstmals behaupteten Kosten für die Mängelbeseitigung sowie die Darlegung einzelner hierfür notwendiger Maßnahmen haben in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden und konnten deshalb vom Berufungsgericht bei der Beurteilung des Interesses der Klägerin an dem Klageantrag nicht zugrunde gelegt werden. Vielmehr konnte sich das Berufungsgericht nur auf die von der Klägerin selbst gegebene pauschale Schätzung ihres Interesses auf einen Wert von 20.000 € stützen. Das hat zur Folge, dass die nunmehrige anderweitige Darlegung des Interesses der Klägerin bei der Bewertung der Beschwer der Klägerin nicht berücksichtigt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, aaO Rn. 3 a.E.; Beschluss vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5; Beschluss vom 8. März 2012 - I ZR 160/11, juris Rn. 3).
7
3. Der Senat beabsichtigt, die Nichtzulassungsbeschwerde zu verwerfen. Kniffka Eick Halfmeier Kosziol Jurgeleit
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 14.03.2012 - 1 O 298/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 01.10.2012 - 3 U 75/12 -

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

3
Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2000 - VI ZR 283/99 - VersR 2000, 869 und vom 10. Juni 2008 - VI ZR 316/07 - juris; BGH, Urteil vom 6. Oktober 1977 - II ZR 4/77 - MDR 1978, 210; Beschlüsse vom 25. April 1989 - XI ZR 18/89 - NJW 1989, 2755; vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652 und vom 3. Mai 2001 - III ZR 9/01 - juris). Es besteht kein Unterschied zur Bewertung der Beschwer für die bis zur ZPO-Reform 2002 gegebene Annahmerevision. Neue Tatsachen können für die Wertbemessung nur so- weit von Bedeutung sein, als sie bereits zu diesem Zeitpunkt relevant sind. Beim Feststellungsbegehren mit einer Schadensersatzklage ist das das Schadensbild , das der Kläger dem Tatsachengericht als Grundlage der festzustellenden Ersatzansprüche und damit der Ermessensausübung bei der Festsetzung der Beschwer gemäß den §§ 2 und 3 ZPO unterbreitet. Außer Betracht zu bleiben haben hingegen solche neuen Tatsachen, die erst nach Erlass des Berufungsurteils zu einer Wertveränderung führen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 - VI ZR 283/99 - NJW 2000, 1343). In Fällen, in denen das Berufungsgericht bei der Festsetzung der Beschwer einen weiten Beurteilungsspielraum hat, beschränkt sich außerdem die Überprüfung auf die Frage, ob das Berufungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Diese Beschränkung begrenzt auch die Möglichkeit des Revisionsgerichts, Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals nach Abschluss der Berufungsinstanz geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652). Vorliegend sind die Parteien in der Berufungsinstanz davon ausgegangen, dass die Bewertung der Beschwer durch die mit der Berufung weiterverfolgten Klageanträge mit insgesamt 20.000 € an sich nicht zu beanstanden ist. Dafür spricht auch, dass das Berufungsgericht am 24. November 2006 eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits durch Zahlung von 10.000 € zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche vorgeschlagen hat. Auch wenn nach Erlass des Berufungsurteils wesentlich höhere Forderungen durch den Kläger gestellt worden sind, rechtfertigt dies nicht die Anhebung der Beschwer, handelt es sich doch hierbei um eine als bloße Möglichkeit in den Raum gestellte Anspruchshöhe, für deren Berechtigung tatsächliche Anhaltspunkte fehlen. Der behauptete Schadensumfang, der im Übrigen nicht glaubhaft gemacht ist, hat in dem Vortrag der Parteien in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden und war deshalb auch nicht bewertungsfähiger Gegenstand des Feststellungsbegehrens. Das hat zur Fol- ge, dass die nunmehrige Bezifferung des Schadens durch den Kläger bei der Bewertung der Beschwer des Beklagten nicht berücksichtigt werden kann. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
5
b) Als übliche Verzinsung hat der Kläger hier selbst 5 % angegeben. Auszugehen ist jedoch entgegen seinen Angaben im Beschwerdeverfahren nicht von einem Grundstückswert von 140.400 €, sondern von mindestens 250.000 €. In den Vorinstanzen hat der Kläger nach seinem Vorbringen im Berufungsverfahren (Schriftsatz vom 19. Februar 2009) die zu ermittelnde Bodenrente aus einem Grundstückswert von 250.000 € berechnet. Der Klageantrag bzw. die diesem Antrag zugrunde liegenden Wertangaben sind für die Bestimmung der durch den Erlass des Grundurteils eingetretenen Beschwer maßgebend. Die Ermittlung der tatsächlichen Höhe des dem Kläger entstandenen Schadens bzw. der ihm zuzubilligenden Entschädigung ist Sache des Betragsverfahrens. Dementsprechend ist es dem Kläger verwehrt, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren den von ihm im Berufungsverfahren angegebenen Grundstückswert zu korrigieren, um so die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten. Ausgehend von einem Grundstückswert von mindestens 250.000 € ergibt sich unter Berücksichtigung einer Vorenthaltungsdauer von 15 Monaten und 12 Tagen sowie einer Verzinsung von 5 % ein Wert der Bodenrente von 16.041,67 €.
3
III. Landgericht und Berufungsgericht haben den Streitwert für die erste Stufe der Klage entsprechend den Angaben des Klägers in der Klageschrift und der Berufungsschrift auf 10.000 € festgesetzt. Es ist schon nicht ersichtlich und insbesondere von der Beschwerde nicht dargelegt, dass der Kläger diese Wertfestsetzung beanstandet hat. Er kann deshalb auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht mehr mit Einwänden gegen die Wert- festsetzung gehört werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - I ZR 83/11, juris Rn. 1). Insbesondere ist es ihm verwehrt, die für die Bewertung des erhobenen Anspruchs in den Vorinstanzen gemachten Angaben im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu berichtigen, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5).