Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2013 - VII ZA 19/12

bei uns veröffentlicht am31.07.2013
vorgehend
Landgericht Heilbronn, 23 O 16/11, 27.09.2011
Oberlandesgericht Stuttgart, 3 U 195/11, 19.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZA 19/12
vom
31. Juli 2013
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Kosziol,
Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. September 2012 wird abgelehnt.

Gründe:

1
Der Kläger, der Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners N. ist, beantragt Prozesskostenhilfe für eine Revision gegen ein Urteil, in dem ihm ein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich gemäß § 89b HGB versagt worden ist.
2
Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Kläger als Partei kraft Amtes steht die Regelung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO entgegen. Den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ist es zuzumuten, die Vorschüsse auf die Prozesskosten aufzubringen. Bereits das Berufungsgericht hat in seinem Beschluss vom 28. August 2012, mit dem es die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt hat, zutreffend ausgeführt , dass es drei wirtschaftlich Beteiligte gibt, denen dies zuzumuten ist.
3
Der Kläger legt zwar nunmehr Erklärungen der drei Gläubiger vor, wonach diese es ablehnen, die Prozesskosten des Revisionsverfahrens aufzubringen. Im Fall des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist es jedoch bedeutungslos, ob die Gläubiger zur Aufbringung der Prozesskosten bereit sind (BGH, Beschlüsse vom 7. Juli 1997 - II ZB 7/97, NJW 1997, 3318, 3319; vom 24. März 1998 - XI ZR 4/98, BGHZ 138, 188, 193 f.; vom 13. September 2012 - IX ZA 1/12, BeckRS 2012, 22654 Rn. 6; vom 4. Oktober 2012 - VII ZR 7/12, BeckRS 2012, 21475 Rn. 4; vom 4. Dezember 2012 - II ZA 3/12, NZI 2013, 82 Rn. 10). Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, Prozesskostenhilfe in denjenigen Fällen auszuschließen, in welchen hinter der Partei kraft Amtes wirtschaftlich Beteiligte stehen, welche die zur Prozessführung erforderlichen Mittel aufbringen können und denen dies auch zumutbar ist. Allein die Weigerung der Gläubiger kann nicht dazu führen, die Zumutbarkeit zu verneinen. Wenn diese zur Mitwirkung nicht bereit sind, hat die Rechtsverfolgung zu unterbleiben (BGH, Beschlüsse vom 24. März 1998 - XI ZR 4/98, aaO S. 194; vom 13. September 2012 - IX ZA 1/12, aaO Rn. 6).
Kniffka Eick Kosziol Kartzke Jurgeleit
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 27.09.2011 - 23 O 16/11 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.09.2012 - 3 U 195/11 -

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Handelsgesetzbuch - HGB | § 89b


(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 116 Partei kraft Amtes; juristische Person; parteifähige Vereinigung


Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag 1. eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten a

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2012 - II ZA 3/12

bei uns veröffentlicht am 04.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZA 3/12 vom 4. Dezember 2012 in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Dr. Reichart und die Richter Dr. Dresc

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(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag

1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen;
2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
§ 114 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 ist anzuwenden. Können die Kosten nur zum Teil oder nur in Teilbeträgen aufgebracht werden, so sind die entsprechenden Beträge zu zahlen.

10
b) Es muss unterstellt werden, dass es auch der H. AG, die als Großgläubigerin am Insolvenzverfahren beteiligt ist, zugemutet werden kann, sich an den Kosten der Prozessführung zu beteiligen. Für die Prüfung der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kommt es auf die Zumutbarkeit der Kostenaufbringung an und nicht auf die Bereitschaft des Gläubigers , die Kosten vorzuschießen (BGH, Beschluss vom 7. Juli 1997 - II ZB 7/97, ZIP 1997, 1553, 1554; Beschluss vom 24. März 1998 - XI ZR 4/98, BGHZ 138, 188, 193; Beschluss vom 13. September 2012 - IX ZA 1/12, ZInsO 2012, 2198 Rn. 6; OLG Hamburg, ZIP 2011, 99; Musielak/Fischer, ZPO, 9. Aufl., § 116 Rn. 7; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 116 Rn. 12). Allein die Weigerung der Gläubigerin kann daher nicht dazu führen, die Zumutbarkeit zu verneinen.Der Kläger behauptet zwar, dass die H. AG im Hinblick auf ihre Beteiligung als Gläubigerin im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Streithelfers durch die Prozessführung keine nennenswerten wirtschaftlichen Vorteile, möglicherweise sogar wirtschaftliche Nachteile hätte. Ob im Hinblick auf die Beteiligung der H. AG im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Streithelfers tatsächlich von der Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung auszugehen ist, muss aber anhand der konkreten wirtschaftli- chen Auswirkungen der Prozessführung in den jeweiligen Insolvenzverfahren beurteilt werden. Zu diesen hat der Kläger nichts dargelegt, obwohl ihm hierzu mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 17. Oktober 2012 Gelegenheit gegeben wurde. Auch das vom Kläger vorgelegte Schreiben der H. AG vom 9. April 2008 enthält dazu keine konkreten Angaben, sondern lediglich die pauschale Einschätzung der Gläubigerin, sie verspreche sich „von dem im Ergebnis erreichbaren Transfer von Masse aus dem einen in das andere Verfahren wirtschaftlich nichts“.