Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2009 - VII ZA 15/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Schuldner begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsbeschwerde , mit der er seine im Klauselerinnerungsverfahren bisher erfolglosen Einwendungen gegen die Erteilung einer notariellen Vollstreckungsklausel weiterverfolgen will.
- 2
- Zur Sicherung von Darlehensschulden bestellte der Schuldner am 26. September 1994 und 12. Oktober 1994 vor dem Notar B. zu Gunsten der D. Bank AG als Darlehensgeberin eine Briefgrundschuld über 4.800.000 DM an seinem Wohnungseigentum in B. In den Grundschuldbestellungsurkunden unterwarf sich der Schuldner wegen des Grundschuldbetrages zuzüglich Nebenleistung und Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz und in sein gesamtes Vermögen. Die D. Bank AG trat Darlehens- forderung und Grundschuld unter Bewilligung der Eintragung der Abtretung der Grundschuld an die Gläubigerin ab.
- 3
- Die Gläubigerin beantragte beim zuständigen Notar die Erteilung einer auf sie als Rechtsnachfolgerin lautenden Vollstreckungsklausel, die ihr am 11. Juli 2006 erteilt wurde. Auf ihr Betreiben wurde das besicherte Wohnungseigentum am 12. August 2008 zwangsversteigert. Eine Verteilung des Versteigerungserlöses erfolgte bisher nicht.
- 4
- Der Schuldner hat gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel Erinnerung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, der Notar habe die Rechtsnachfolgevollstreckungsklausel nicht erteilen dürfen, weil die Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung in den Grundschuldbestellungsurkunden gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam und die Abtretung der Ansprüche aus den Unterwerfungserklärungen demnach ins Leere gegangen sei. Das Amtsgericht hat die Erinnerung, das Landgericht die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen.
- 5
- Der Schuldner begehrt Prozesskostenhilfe für die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er unter Aufhebung der vorbezeichneten Beschlüsse weiterhin festgestellt wissen will, dass die in Rede stehende Vollstreckungsklausel und die Zwangsvollstreckung aus ihr unzulässig seien.
II.
- 6
- Die für das Rechtsbeschwerdeverfahren beantragte Prozesskostenhilfe kann nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO.
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- 1. Das vom Schuldner angestrebte Rechtsbeschwerdeverfahren würde in der Sache nicht zu einer für ihn günstigen Entscheidung führen. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist jedenfalls im Ergebnis richtig.
- 8
- a) Das Beschwerdegericht meint unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2004 (IXa ZB 326/03, NJW-RR 2004, 1718 = Rpfleger 2005, 33), die Einwendung, die Unterwerfungserklärung verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sei im Klauselerinnerungsverfahren grundsätzlich zu berücksichtigen. Sie betreffe die Frage, ob ein ordnungsgemäßer Titel geschaffen worden sei. Die sofortige Beschwerde sei allerdings unbegründet. Die Unterwerfungserklärungen in den Grundschuldbestellungsurkunden seien wirksam, weil sie den Schuldner bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligten.
- 9
- b) Es kann dahinstehen, ob die vorformulierten Unterwerfungserklärungen in den Grundschuldbestellungsurkunden den Schuldner unangemessen benachteiligen und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (früher § 9 AGBG) unwirksam sind. Allein hierauf stützt der Schuldner seine Erinnerung, die Rechtsnachfolgeklausel hätte wegen der unwirksamen Abtretung der Unterwerfungserklärungen nicht erteilt werden dürfen. Damit wird er im Klauselerinnerungsverfahren nach § 732 ZPO entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht gehört. Das hat der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses in Fortführung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Prüfungsgegenstand des Klauselerinnerungsverfahrens für zwei gleich gelagerte Fälle entschieden (Beschluss vom 16. April 2009 - VII ZB 62/08, ZIP 2009, 855; Beschluss vom 18. Juni 2009 - VII ZB 101/08). Die dortigen Ausführungen gelten auch hier. Auf sie wird Bezug genommen.
- 10
- 2. Die nach diesen Grundsätzen zu treffende Entscheidung hängt nicht von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatsachenfragen ab, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist und in der Regel nicht zu einer Versagung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht führen darf (BVerfG NJW 2004, 1789, m.w.N.; BGH, Beschluss vom 7. März 2007 - IV ZB 37/06, NJW-RR 2007, 908; Beschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03, NJW-RR 2003, 1438, m.w.N.). Denn die vom Beschwerdegericht für entscheidungserheblich erachtete, in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur unterschiedlich beantwortete Streitfrage, ob formularmäßige notarielle Unterwerfungserklärungen den Grundpfandrechtsschuldner im Zusammenwirken mit einer für den Gläubiger eröffneten Abtretungsmöglichkeit unangemessen benachteiligen, stellt sich im vorliegenden Klauselerinnerungsverfahren nicht. Sie beruht auf einem materiell-rechtlichen Einwand des Schuldners, den er im Verfahren nach § 732 ZPO nicht in begründeter Weise erheben kann. Die insoweit maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt (vgl. Beschluss vom 16. April 2009 - VII ZB 62/08, ZIP 2009, 855, m.w.N). Sie bedürfen keiner nochmaligen Bestätigung in einem von dem Schuldner angestrebten Hauptsacheverfahren.
- 11
- 3. Der Schuldner erhält nicht schon deshalb Prozesskostenhilfe, weil das Beschwerdegericht die beabsichtigte Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Unabhängig davon, dass der Senat gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Rechtsbeschwerde gebunden ist, rechtfertigt allein die Zulassung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsmittelverfahren nicht, wenn ein Grund für die Zulassung tatsächlich nicht besteht (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2003 - IV ZR 73/03, FamRZ 2003, 1552 - für das Revisionsverfahren ; Beschluss vom 11. September 2002 - VIII ZR 235/02, NJW-RR 2003, 130, 131 - für das Revisionsverfahren; Beschluss vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 21/03, NJW-RR 2003, 1648, 1649 - für das Rechtsbeschwerdeverfahren ). Das ist hier der Fall. Auf die vom Beschwerdegericht für klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage kommt es für die hier zu treffende Entscheidung aus den dargelegten Gründen nicht an. Sonstige Umstände, welche die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 11.08.2008 - 70 Samm VIu(B) 887/08 -
LG Berlin, Entscheidung vom 25.11.2008 - 53 T 159/08 -
Annotations
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Über Einwendungen des Schuldners, welche die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel betreffen, entscheidet das Gericht, von dessen Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel erteilt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(2) Das Gericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen sei.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.