Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2011 - V ZR 183/10

13.07.2011
vorgehend
Oberlandesgericht Dresden, 14 U 400/09, 30.08.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 183/10
vom
13. Juli 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2011 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Roth und die
Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
1. Auf das Schreiben des Beklagten vom 8. Juli 2011 weist der Senat auf Folgendes hin: Zwar ist anerkannt, dass ein Rechtsmittel - anders als die Klage - auch ohne die Anschrift des Rechtsmittelklägers zulässig ist (BGH, Beschluss vom 25. September 1975 - VII ZB 9/75, BGHZ 65, 114, 117). Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn der Rechtsmittelführer rechtsmissbräuchlich handelt, weil er Kostenerstattungsansprüche des Gegners vereiteln will (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773; Beschluss vom 28. November 2007 - III ZB 50/07, juris; Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009). Aus dem Urteil des OLG Hamm vom 3. März 2011, dem Schreiben des Kammergerichts vom 14. Februar 2011 in der Sache 13 U 10/10 und dem Schreiben des Obergerichtsvollziehers G. vom 3. Januar 2011 (Az. DRII-2293/10) ergibt sich, dass die in diesem Verfahren genannte Büroanschrift eine reine Postfachanschrift ist, an der sich weder der Beklagte aufhält noch Vermögenswerte vorhanden sind, die eine etwaige Vollstreckung ermöglichen könnten. Der Beklagte hat daher darzulegen, dass das Verschweigen seiner wirklichen Anschrift nicht dem Zweck dient, die im Fall einer Zulassung der Revision möglichen, erheblichen Kostenerstattungsansprüche der Klägerin zu vereiteln. Dass die Klägerin über eine Sicherheit von 50.000 € verfügen soll, ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. Ob die mit Schreiben vom 12. Juli 2011 mitgeteilte Anschrift zutrifft, bleibt zu überprüfen.
2. Es besteht Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme binnen zwei Wochen. Danach wird der Senat über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheiden. Erhebliche Gründe für die Einräumung einer längeren Frist sieht der Senat nicht; steuerrechtliche Erwägungen sind ebenso wie die Kenntnis der englischen Sprache und die US-amerikanischen Einreisebestimmungen offensichtlich irrelevant.
Krüger Lemke Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Görlitz, Entscheidung vom 25.02.2009 - 1 O 13/07 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 30.08.2010 - 14 U 400/09 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2007 - III ZB 50/07

bei uns veröffentlicht am 28.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 50/07 vom 28. November 2007 in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2007 durch die Richter Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann, Wöstmann und die Richterin HarsdorfGebhardt besc

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2005 - XI ZR 398/04

bei uns veröffentlicht am 11.10.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 398/04 Verkündet am: 11. Oktober 2005 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ____

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Apr. 2009 - XII ZB 46/08

bei uns veröffentlicht am 01.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 46/08 vom 1. April 2009 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 130 Nr. 1, 621 e Abs. 1 und 3; FGG § 21 Abs. 2 Der Zulässigkeit eines Rechtsmittels (hier: Beschwerde gegen die

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 398/04 Verkündet am:
11. Oktober 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers in der Berufungsschrift
ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung (im Anschluss an
BGHZ 102, 332).

b) Die Postulationsfähigkeit eines Rechtsanwalts bei einem Gericht ist Prozesshandlungsvoraussetzung
und muss im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung
gegeben sein.

c) Anders als im Fall des Fehlens einer Unterschrift des Prozessbevollmächtigten
unter einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsschrift und der Prüfung, ob
Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung dieses Schriftsatzes eine
der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten
sowie seinen Willen ergeben, für den Inhalt die Verantwortung
zu übernehmen und ihn bei Gericht einzureichen, müssen die Rechtsmittelvoraussetzungen
, wenn das Berufungsgericht die Berufung nicht durch Beschluss
gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig verwirft, sondern aufgrund
mündlicher Verhandlung entscheidet, - erst - nach dem Erkenntnisstand am
Schluss dieser mündlichen Verhandlung gegeben sein.
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04 - OLG München
LG München II
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Be rufung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Durch Urteil vom 26. Mai 2004 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 86.528,46 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufungsschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dem das Urteil zugestellt worden ist, enthält keine Anschrift der Beklagten. Am Ende ist links neben der mit der Bezeichnung "Rechtsanwalt" versehenen maschinenschriftlichen Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozessbevollmächtigten handschriftlich das Wort "Für" angebracht. Rechts neben diesem Namen ist die Berufungsschrift mit der handschriftlichen Bezeichnung "RA" sowie mit dem Namenszug "S. " versehen. Darunter ist in Klammern handschriftlich "zugelassen am OLG B. " vermerkt. In entsprechender Weise ist auch die Berufungsbegründung unterzeichnet.
3
Nachdem der Vorsitzende des Berufungsgerichts auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte, weil ein "RA S. " im Briefkopf des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht genannt sei und sich auch nicht anhand des Anwaltsverzeichnisses der RechtsanwaltskammerB. individualisieren lasse, erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 25. Oktober 2004, die Berufungsschrift und die weiteren Schriftsätze seien von Rechtsanwalt M. S. unterzeichnet worden. Zugleich teilte er als letzte bekannte Adresse der Beklagten eine Anschrift in der Schweiz mit.
4
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagt en als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich ihre - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Der Berufung der Beklagten fehle das Rechtsschutzb edürfnis, weil sie durch Nichtangabe ihrer ladungsfähigen Anschrift zu erkennen gegeben habe, an dem Berufungsverfahren kein Interesse zu haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten sei, auf die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift in der Klageschrift nicht verzichtet werden. Sonst fehle es an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung. Nichts anderes könne für einen Berufungskläger gelten. Mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Beklagten sei ihr Rechtsschutzbegehren unzulässig.
8
Überdies fehle es, ohne dass es darauf noch ankomm e, an einer formwirksamen Unterzeichnung der Berufungsschrift. Bereits die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung sei nicht hinreichend erkennbar, da zumindest die ernsthafte Möglichkeit bestehe, dass es sich nur um eine - noch zu unterzeichnende - Namensnennung handele. Außerdem sei eine Individualisierung des die Berufungsschrift unterzeichnenden Rechtsanwalts erforderlich. Wenn dieser - wie hier - nicht im Briefkopf genannt sei, habe er seinen vollständigen Namen und seine Kanzleianschrift anzugeben.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung der Beklagten unzulässig sei, weil ihre ladungsfähige Anschrift in der Berufungsschrift nicht angegeben und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mitgeteilt worden sei (1.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann auch keine Rede davon sein, die Berufungsund die Berufungsbegründungsschrift seien nicht ordnungsgemäß unterzeichnet (2.).
10
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 65, 114, 117) und des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1987, 1356 f.) ist eine Rechtsmittelschrift auch dann ordnungsgemäß, wenn sie die ladungsfähige Anschrift des Rechtsmittelbeklagten oder seines Prozessbevollmächtigten nicht enthält, obgleich dadurch die alsbaldige Zustellung nach § 521 Abs. 1 ZPO erschwert wird. Entsprechendes gilt nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung, wenn in der Rechtsmittelschrift die ladungsfähige Anschrift des Berufungsklägers fehlt (BGHZ 102, 332, 333 f.; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 25. Aufl. § 519 Rdn. 30a; Musielak/ Ball, ZPO 4. Aufl. § 519 Rdn. 6; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl. Aktualisierungsband § 519 Rdn. 15; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 519 Rdn. 25; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 518 Rdn. 18; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht 15. Aufl. S. 821). Der in § 519 Abs. 4 ZPO enthaltene Verweis auf - unter anderem - die Sollvorschrift des § 130 Nr. 1 ZPO ändert nichts.
11
a) Der Hinweis des Berufungsgerichts, ohne Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers liege grundsätzlich keine ordnungsgemäße Klageerhebung im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V. mit § 130 Nr. 1 ZPO vor (BGHZ 102, 332, 336; BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02, WM 2004, 2325, 2326), entsprechendes müsse für eine Berufung ohne Angabe der Anschrift des Berufungsklägers gelten, geht fehl. Bei einer Klage gibt der Kläger, wenn er nicht triftige Gründe für die Vorenthaltung seiner Adresse anführen kann, zu erkennen, dass er den Prozess aus dem Verborgenen führen will, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen; dies wäre rechtsmissbräuchlich (BGHZ 102, 332, 336). Diese Grundsätze lassen sich auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragen. Die Einlegung der Berufung ohne Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der Beklagten als Berufungsklägerin rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, sie wolle fortan das Verfahren aus dem Verborgenen führen, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen.
12
Für ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten d er Beklagten bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 8. September 2004 erklärt, dass mit dieser noch nicht habe Rücksprache gehalten werden können, weil sie umgezogen sei. Am 25. Oktober 2004 hat er die letzte bekannte Anschrift der Beklagten in der Schweiz mitgeteilt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass ein Nachforschungsantrag noch nicht abschließend beantwortet worden sei. Daraus ergibt sich lediglich, dass der Prozessbevollmächtigte seit Einlegung der Berufung keinen Kontakt zur Beklagten hatte. Dies rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Beklagte das Verfahren fortan aus dem Verborgenen führen wolle, um sich einer etwaigen Kostenpflicht zu entziehen. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass sich die Beklagte - wie in dem der Entscheidung BGHZ 102, 332 zugrunde liegenden Sachverhalt - bewusst geweigert hätte, ihre ladungsfähige Anschrift anzugeben.
13
b) Auch die Erwägung des Berufungsgerichts, die An gabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers sei im Hinblick auf eine mögliche Anordnung seines persönlichen Erscheinens erforderlich, rechtfertigt nicht die Verwerfung der Berufung als unzulässig. Das Ausbleiben einer Partei, deren persönliches Erscheinen mangels ladungsfähiger Anschrift nicht angeordnet (§ 141 Abs. 2 ZPO) werden kann, steht einer Fortführung des Verfahrens nicht entgegen. Für den Gegner ergeben sich daraus keine nachteiligen Folgen. Bei einer angeordneten Parteivernehmung nach §§ 445 ff. ZPO bleibt es dem Gericht, auch wenn die Sanktionen der §§ 446, 454 ZPO mangels ordnungsgemäßer Ladung (§ 450 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO) nicht eingreifen können, unbenommen, aus der Vorenthaltung einer ladungsfähigen Anschrift unter Heranziehung des allgemeinen Gesichtspunktes einer Beweisvereitelung Schlüsse zum Nachteil der Partei zu ziehen (BGH, Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02, WM 2004, 2325, 2326). Selbst wenn die Partei erschienen wäre, ließe sich ohnehin weder eine persönliche Erklärung nach § 141 ZPO noch eine Aussage im Rahmen einer vom Gericht angeordneten Parteivernehmung erzwingen.
14
c) Rechtsirrig ist auch die Auffassung des Berufun gsgerichts, der Berufung der Beklagten fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie durch Nichtangabe ihrer ladungsfähigen Anschrift zu erkennen gegeben habe, an dem Berufungsverfahren kein Interesse zu haben. Regelmäßig ergibt bereits die Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der höheren Instanz (BGHZ 50, 261, 263; BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 220/96, NJW 1997, 1445). Nur ausnahmsweise kann es daran fehlen, wenn eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges anzunehmen ist (BGHZ 57, 224, 225). Davon kann, wenn es die Rechtsmittelklägerin - wie hier - lediglich versäumt hat, nach einem Umzug ihrem Prozessbevollmächtigten die neue Anschrift mitzuteilen, keine Rede sein.
15
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts f ehlt es bei der Berufungs- und bei der Berufungsbegründungsschrift auch nicht an dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Unterschrift eines beim Berufungsgericht postulationsfähigen Rechtsanwalts (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2087; BGH, Beschluss vom 23. Juni 2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 jeweils m.w.Nachw.).
16
a) Was unter einer "Unterschrift" zu verstehen ist , ergibt sich aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift. Eine Unterschrift setzt danach einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug voraus, der sich - ohne lesbar sein zu müssen - als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1993 - V ZR 112/92, NJW 1994, 55 und vom 18. Januar 1996 - III ZR 73/95, NJW 1996, 997; Beschluss vom 29. Januar 1997 - XII ZB 11/97, aaO; Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 24/97, NJW 1997, 3380, 3381).
17
Diesen Anforderungen genügen die Unterschriften de s Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf der Berufungs- und der Berufungsbegründungsschrift. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die der uneingeschränkten Überprüfung durch den Bundesgerichtshof unterliegt (BGH, Urteil vom 24. Juli 2001 - VIII ZR 58/01, NJW 2001, 2888), handelt es sich hierbei nicht um eine bloße - noch zu unterschreibende - Namensnennung. Soweit die Wiedergabe des Namens eines Prozessbevollmächtigten unter einem Anwaltsschriftsatz nicht maschinenschriftlich erfolgt, wird sie üblicherweise handschriftlich in Druckbuchstaben oder mit einer gut lesbaren Handschrift vorgenommen. Beides trifft auf den hier in Rede stehenden Namenszug nicht zu. Zwar sind die handschriftlich ausgeführten Buchstaben "Sch" am Anfang und die Buchstaben "dt" am Schluss lesbar. Dazwischen befindet sich jedoch lediglich ein im Wesentlichen waagerecht verlaufender Strich, über dessen Ende ein Punkt angebracht ist. Diese charakteristischen Merkmale verleihen dem Namenszug "S. " den Charakter eines individuellen Schriftzuges und damit einer "Unterschrift" im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO.
18
b) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht auch der Au ffassung, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt - wie hier - nicht im Briefkopf der Berufungsschrift genannt sei, habe er seinen vollständigen Namen und seine Kanzleiadresse anzugeben. Ebenso wenig wie die Einlegung einer Berufung nicht deswegen unwirksam ist, weil die Berufungsschrift nicht die ladungsfähige Anschrift des Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten enthält (BGHZ 65, 114, 116), hängt die Wirksamkeit der Berufungsschrift von der Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers ab (Musielak/Ball, aaO, § 519 Rdn. 6). Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts, nur so sei sichergestellt, dass der Rechtsanwalt für das Gericht auch jederzeit erreichbar sei, ist für einen Fall wie hier nicht nachvollziehbar. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hatte sowohl die Berufungsschrift als auch die Berufungsbegründungsschrift "für" Rechtsanwalt F. , dessen Kanzleiadresse jeweils im Briefkopf angegeben war, unterzeichnet. Damit handelte er erkennbar als dessen Unterbevollmächtigter (vgl. BAG NJW 1990, 2706). Das ist, jedenfalls wenn - wie hier - auch der Unterbevollmächtigte bei einem Oberlandesgericht zugelassen und deshalb vor dem Berufungsgericht postulationsfähig ist (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO), unbedenklich.
19
c) Die Auffassung des Berufungsgerichts, da nach d em Anwaltsverzeichnis der Rechtsanwaltskammer B. beim dortigen Oberlandesgericht zwei Rechtsanwälte mit dem Namen "S. " zugelassen seien, sei eine Individualisierung des die Berufungsschrift unterzeichnenden Rechtsanwalts vor Ablauf der Berufungsfrist objektiv nicht möglich gewesen, überspannt die formalen Anforderungen an die Einlegung eines Rechtsmittels. Ein Rechtsanwalt hat die seine Postulationsfähigkeit begründende Zulassung bei einem Gericht weder bei der Einlegung noch bei der Begründung einer Berufung nachzuweisen oder auch nur glaubhaft zu machen. Die Postulationsfähigkeit eines Rechtsanwalts bei einem Gericht ist Prozesshandlungsvoraussetzung (Zöller/Vollkommer , ZPO 25. Aufl. § 78 Rdn. 3) und muss im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung gegeben sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1989 - IVa ZB 15/89, NJW 1990, 1305 und vom 30. Juni 1992 - VI ZB 15/92, NJW 1992, 2706). Wenn sich bei Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO Zweifel an der Postulationsfähigkeit des Rechtsanwalts ergeben, hat das Berufungsgericht von Amts wegen entsprechende Feststellungen zu treffen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 1992 - VI ZB 15/92, NJW 1992, 2706). Anders als im Fall des Fehlens einer Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unter einer Berufungs - oder Berufungsbegründungsschrift und der Prüfung, ob Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung dieses Schriftsatzes eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten sowie seinen Willen ergeben, für den Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und ihn bei Gericht einzureichen (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2088), müssen die Rechtsmittelvoraussetzungen, wenn das Berufungsgericht - wie hier - die Berufung nicht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig verwirft, sondern aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, - erst - nach dem Erkenntnisstand am Schluss dieser mündlichen Verhandlung gegeben sein (BGHZ 91, 105, 115; MünchKommZPO/Rimmelspacher, aaO § 522 Rdn. 4; Stein/Jonas/ Grunsky, aaO Allgemeine Einleitung vor § 511 Rdn. 16).
20
Hier waren Zweifel an der Postulationsfähigkeit de s Prozessbevollmächtigten der Beklagten jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 28. Oktober 2004 nicht mehr begründet. Der Unterbevollmächtigte der Beklagten hatte bereits am 25. Oktober 2004 seinen vollständigen Namen mit "M. S. " mitgeteilt. Aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Anwaltsverzeichnis ergibt sich, dass ein Rechtsanwalt dieses Namens beim Ober- landesgericht B. zugelassen ist. Damit war er auch beim Berufungsgericht postulationsfähig (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

III.


21
Nach alledem waren das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Nobbe Müller Joeres Wassermann Mayen

Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 26.05.2004 - 4 O 5117/01 -
OLG München, Entscheidung vom 28.10.2004 - 19 U 3717/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 50/07
vom
28. November 2007
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2007 durch die
Richter Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann, Wöstmann und die Richterin HarsdorfGebhardt

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Juli 2007 - 1 U 189/05 - wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 248.470,18 € festgesetzt.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
2
a) Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers für die Berufungsinstanz ist nach Auffassung des Berufungsgerichtes gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen , da der Kläger die ihm nach § 117 Abs. 2 ZPO obliegenden Angaben zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nicht innerhalb der ihm gesetzten Fristen in genügender Form dargetan und glaubhaft gemacht habe. Schon der Name des Klägers sei zum Nachweis seiner Identität nicht ausreichend. Ausweislich seiner Angaben in seiner verantwortlichen Vernehmung vom 28. September 2001 beim Landeskriminalamt habe er erklärt, dieser Name sei frei erfunden. Nicht erläutert werde auch, dass der Sohn des Klägers in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung den Namen N. K. trage. Auch die Vornamen differierten von den Angaben des Sohnes. Die Angaben des Klägers zu seinen finanziellen Verhältnissen genügten ebenfalls nicht. Die Angaben des Sohnes, dass er mindestens monatlich 250 US-Dollar zahle, reichten nicht aus, da es sich nur um eine Mindestzahlung handele und nicht erklärt werde, wie viel auf den Vater entfalle. Darüber hinaus habe der Kläger vor dem Landgericht auch nicht angegeben, dass er über Grundvermögen verfüge. In seiner verantwortlichen Vernehmung habe er aber erklärt, dass er in Afghanistan Grundstücke besitze. In seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor dem Landgericht habe er auch angegeben , dass er keine weiteren Einnahmen als Sozialhilfe habe. In der eidesstattlichen Versicherung seines Sohnes heiße es jedoch, dass dieser die Familie seit 2000 finanziell unterstütze.
3
Im Übrigen sei die Rechtsverfolgung durch den Kläger ohne Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift rechtsmissbräuchlich. Er weigere sich trotz Nachfrage , seine ladungsfähige Anschrift dem Gericht mitzuteilen, nachdem er aus Deutschland abgeschoben worden sei. Die schlichte Behauptung, er könne seine Adresse gegenüber anderen Personen als seinem Prozessbevollmächtigten aus Sicherheitsgründen nicht offen legen, sei keine ausreichende Entschuldigung. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass der Kläger sich seiner Kostentragungspflicht entziehen wolle. Durch die Nichtangabe seiner Anschrift werde die Möglichkeit genommen, bisher nicht erstattete Kosten der ersten Instanz durch Vollstreckung beizutreiben. Im Übrigen habe die Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen habe.
4
b) Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren liegen nicht vor.
5
aa) Gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug gesondert. Der Kläger hat deshalb eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen.
6
Es ist im vorliegenden Fall nicht hinreichend vom Kläger dargetan, dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung zu tragen. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Angaben des Klägers zu seinem Grundvermögen unzureichend sind. In seiner Erklärung vor dem Landgericht hat er dieses noch gänzlich verschwiegen. Die Grundstücke sind auch nach den Angaben des Klägers in der Rechtsbeschwerde nach wie vor vorhanden. Soweit sich der Kläger im Rahmen der Rechtsbeschwerde nunmehr darauf beruft , dass das Grundeigentum in Süd-Afghanistan belegen und derzeit von anderen Volksgruppen besetzt und deswegen nicht verwertbar sei, ist diese Angabe über das Grundeigentum nach wie vor nicht hinreichend. Zum einen ist nicht konkret angegeben, welche Größe das Grundeigentum hat, wie es bewirtschaftet wird und wo es genau liegt. Eine Überprüfung, ob die Angaben des Klägers zutreffend sind, ist wegen deren Ungenauigkeit nicht möglich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in seiner persönlichen Vernehmung am 28. September 2001 noch angegeben hat, dass er seinen Lebensunterhalt in Afghanistan auch aus seinen Grundstücken bestritten habe.
7
bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Rechtsverfolgung des Klägers in der Berufungsinstanz und damit auch im Rahmen des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtsmissbräuchlich ist.
8
Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers in der Berufungsschrift ist nicht Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04 - NJW 2005, 3773). Es stellt sich jedoch als ein der Zulässigkeit entgegenstehendes rechtsmissbräuchliches Verhalten dar, wenn ein Kläger den Prozess aus dem Verborgenen führen will, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 aaO; Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02 - NJW-RR 2004, 1503; BGHZ 102, 332, 336).
9
Der Schluss, eine solche rechtsmissbräuchliche Absicht zur Führung des Prozesses aus dem Verborgenen zur Vereitelung der Inanspruchnahme wegen der entstandenen Kosten liege vor, ist gerechtfertigt, wenn trotz gerichtlicher Nachfrage nach der Anschrift des Berufungsklägers deren Mitteilung ohne hinreichende Angabe von Gründen verweigert wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 aaO). Der Angabe der ladungsfähigen Anschrift eines Klägers können im Einzelfall unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierig- keiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. Solchen Schwierigkeiten muss das Verfahrensrecht Rechnung tragen. In derartigen Fällen ist aber wenigstens zu fordern, dass dem Gericht die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet werden, damit es prüfen kann, ob ausnahmsweise auf die Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift verzichtet werden kann (vgl. BGHZ aaO).
10
Nach diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung des Klägers vorliegt. Er hat keine hinreichenden Gründe dafür angegeben, dass er seinen Aufenthaltsort bzw. seine ladungsfähige Anschrift nicht mitteilt. Soweit er sich mit der Rechtsbeschwerde darauf beruft, dass er aus Sicherheitsgründen dem Gericht die ladungsfähige Anschrift nicht mitteilen könne, sondern nur sein Prozessbevollmächtigter diese habe, ist dies als Erklärung unzureichend. Es ist nicht ersichtlich, warum er durch die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift in der Bundesrepublik im hiesigen Zivilverfahren seine Sicherheit in Pakistan gefährden könnte. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass seine Anschrift nicht in öffentlicher Sitzung mitgeteilt würde, sondern allein den Prozessbeteiligten zur Kenntnis gelangen würde.
11
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich jedenfalls nicht massiv verfolgt fühlt. Durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger gegenüber dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass seine Abschiebung rechtswidrig gewesen sei, da er freiwillig zur Ausreise bereit gewesen sei. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn ihm nach seiner Einschätzung keine wesentlichen Gefahren an seinem neuen Aufenthaltsort drohen.
12
Des weiteren ist einzubeziehen, dass der Kläger nicht nur mit der mangelnden Angabe im Berufungsverfahren dem Prozessgegner eine mögliche Durchsetzung von Kostenerstattungsansprüchen unmöglich macht. Auch für die Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Abschluss des Klageverfahrens zwecks Kontrolle, ob eine Änderung der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO erforderlich ist, wird dadurch verhindert. Insbesondere im Falle des Erfolgs der Klage wäre ein Anhaltspunkt für eine solche Überprüfung gegeben, da es aufgrund der Höhe der geltend gemachten Forderung auf der Hand liegt, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dann nicht mehr vorliegen dürften. Auch die aus dem Prozess erlangten Vermögensvorteile sind bei einer Änderungsentscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2006 - IX ZB 305/05 - NJW-RR 2007, 628; MünchKommZPO/Wachs, 2. Aufl., § 120 Rn. 18; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 120 Rn. 24).
13
Da bereits die beiden vorgenannten Gesichtspunkte jeder für sich die Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Berufungsinstanz tragen, kommt es auf die weiter geltend gemachten Einwände gegen den mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts nicht mehr an.
14
2. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bleibt aus den oben genannten Gründen gleichfalls ohne Erfolg.
Wurm Dörr Herrmann
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2005 - 303 O 508/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.07.2007 - 1 U 189/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 46/08
vom
1. April 2009
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 130 Nr. 1, 621 e Abs. 1 und 3; FGG § 21 Abs. 2
Der Zulässigkeit eines Rechtsmittels (hier: Beschwerde gegen die Entscheidung über
den Versorgungsausgleich) steht nicht entgegen, dass der Rechtsmittelführer seine
Anschrift bewusst geheim hält, wenn dadurch weder der geordnete Ablauf des
Rechtsmittelverfahrens noch mögliche Kostenerstattungsansprüche des Rechtsmittelgegners
gefährdet werden.
BGH, Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08 - OLG Karlsruhe
AG Heidelberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. April 2009 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. Januar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe:


I.

1
Die Antragsgegnerin begehrt die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Scheidungsverbund.
2
Die Parteien haben am 28. Dezember 1992 die Ehe geschlossen, aus der das am 13. Januar 2000 geborene Kind T. hervorgegangen ist. Bereits kurze Zeit nach der Heirat bezogen die Ehegatten verschiedene Wohnungen in München; seit dem 1. April 2005 leben sie getrennt. Die Antragsgegnerin verzog mit dem Kind nach Heidelberg.
3
Im Dezember 2004 beantragte der Antragsteller, das Umgangsrecht mit T. zu regeln; im April 2006 begehrte er die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind. Zur Begründung trug er vor, die Antragsgegnerin sei aufgrund ihrer psychischen Disposition nicht in der Lage, ihr Verhalten am Wohl des Kindes zu orientieren und beeinflusse dieses negativ. Sie behindere einen regelmäßigen Umgang von Vater und Sohn. Das Amtsgericht ordnete nach Anhörung der Parteien und Einholung eines Gutachtens eine Verfahrenspflegschaft an und übertrug im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Antragsteller. In der Folgezeit lebte T. beim Vater in München. Dort wurde das Kind am 16. September 2006 von der Antragsgegnerin entführt, als es sich in Begleitung der damaligen Partnerin des Antragstellers auf dem Weg zu dessen Wohnung befand. Seitdem ist der Aufenthalt von Mutter und Sohn unbekannt. Die Antragsgegnerin wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Ihre Mutter wurde wegen Beteiligung an der Tat zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.
4
Durch Verbundurteil vom 3. Mai 2007 wurde die Ehe der Parteien geschieden und - dem Begehren des Antragstellers folgend - der Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB ausgeschlossen. Zur Begründung wurde ausgeführt , durch die Entführung des Kindes habe die Antragsgegnerin dieses dem Vater nicht nur gänzlich entzogen, sondern zugleich eine schwerwiegende Eheverfehlung begangen; der Vater müsse damit rechnen, das Kind nie wieder zu sehen. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin nur geringfügige ehebedingte Nachteile erlitten und infolge der getrennten Haushaltsführung keine Versorgungsleistungen für den Antragsteller erbracht habe.
5
Die gegen das Verbundurteil eingelegte Beschwerde, mit der die Antragsgegnerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs erstrebt, hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist unbeschadet des Umstands zulässig, dass in der Rechtsbeschwerdeschrift wiederum die Anschrift der Antragsgegnerin angegeben worden ist, unter der sie sich nicht aufhält. Der Antragsgegnerin muss es nach den Grundsätzen eines fairen Verfahrens möglich sein, die vom Oberlandesgericht verneinte Frage einer zulässigen Beschwerdeeinlegung auf die zugelassene Rechtsbeschwerde durch den Senat überprüfen zu lassen, ohne durch die Mitteilung ihrer Anschrift in der Rechtsmittelschrift ihren Rechtsstandpunkt von vornherein aufzugeben (vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 332, 334 = FamRZ 1988, 382).

III.

7
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in OLG Karlsruhe OLGR 2008, 615 ff. veröffentlicht ist, hat ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Antragsgegnerin verneint. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Seit dem 19. September 2006 sei der Aufenthalt der Antragsgegnerin allgemein unbekannt , weil sie "untergetaucht" sei. Diese Situation habe auch beim Eingang der Beschwerde vorgelegen, da die Antragsgegnerin nicht mehr unter der angegebenen Adresse gelebt habe. Ohne eine ladungsfähige Anschrift liege grundsätzlich keine ordnungsgemäße Klageerhebung im Sinne der §§ 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO vor. Eine Rechtsmittelschrift sei allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 65, 114, 117) und des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1987, 1356 f.) auch dann ordnungsgemäß, wenn sie die ladungsfähige Anschrift des Rechtsmittelbeklagten oder seines Prozessbevollmächtigten nicht enthalte, obgleich dadurch die alsbaldige Zustellung nach § 521 Abs. 1 ZPO erschwert werde. Entsprechendes gelte nach wohl einhelliger Meinung, wenn in der Rechtsmittelschrift die ladungsfähige Anschrift des Berufungsklägers fehle. Die zitierten Entscheidungen könnten auf den vorliegenden Fall jedoch nicht übertragen werden, denn ihnen habe jeweils ein versehentliches Verhalten der Partei zugrunde gelegen. Etwas anderes müsse bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten gelten, wie es der Antragsgegnerin anzulasten sei. Die zum Verbund gehörenden, inzwischen abgetrennten Folgesachen elterliche Sorge und Umgangsrecht hätten wegen des unbekannten Aufenthalts der Ehefrau nicht zum Abschluss gebracht werden können. Wenn die Antragsgegnerin einerseits für sich in Anspruch nehme, dass alle Beteiligten die Folgen dieses Verhaltens hinnehmen müssten, andererseits aber Rechtsschutz gegen die Versorgungsausgleichsentscheidung begehre, manipuliere sie das Verfahren in ihrem Interesse und stelle sich allgemein gegen die Rechtsordnung. Sie könne deshalb schlechterdings nicht erwarten, dass unter diesen Umständen ein Beschwerdeverfahren durchgeführt werde. Dieser Wertung stehe nicht entgegen, dass Schreiben, die an die angegebene Adresse gerichtet würden, die Antragsgegnerin möglicherweise erreichten. Der Rechtsmissbrauch liege nicht in der völligen Unerreichbarkeit, sondern in dem Umstand, dass die Antragsgegnerin sich im Rahmen des auch von ihr betriebenen Verfahrens nicht vorbehaltlos der Rechtsordnung unterwerfe, sondern für sich in Anspruch nehme zu entscheiden, inwieweit sie ihr Verhalten an der Rechtsordnung ausrichte. Unter derartigen Bedingungen sei weder ein geordneter Ablauf des Verbundverfahrens noch des Beschwerdeverfahrens möglich.
9
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
2. a) Im Ansatz zutreffend ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass die ladungsfähige Anschrift des Beschwerdeführers in der Beschwerdeschrift nicht Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels ist (BGH Urteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04 - FamRZ 2006, 116; Senatsurteil BGHZ 102, 332, 333 f. = FamRZ 1988, 382). Dies geht über das Erfordernis, dass eine Rechtsmittelschrift ergeben muss, für und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird, hinaus, da die Anschrift einer Partei grundsätzlich nicht notwendig ist, um ihre Parteirolle in der Rechtsmittelinstanz zu bestimmen.
11
b) Anders ist die Situation dagegen für die Frage zu beurteilen, ob eine ordnungsgemäße Klageerhebung bei fehlenden Angaben zur ladungsfähigen Anschrift des Klägers vorliegt. Die Klageschrift ist Anlass und Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren und soll für dieses eine möglichst sichere Grundlage schaffen. Die Angabe der Anschrift des Klägers ist im reinen Parteiprozess schon deswegen geboten, weil er sonst nicht zu den Gerichtsterminen geladen werden kann, zu denen er, wie § 330 ZPO zeigt, grundsätzlich erscheinen muss. Aber auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, kann auf die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift nicht verzichtet werden. Da mit dem Betreiben des Prozesses nachteilige Folgen verbunden sein können, wie insbesondere die Kostenpflicht im Falle des Unterliegens, wird dadurch dokumentiert, dass er sich diesen möglichen Folgen stellt. Auch muss er bereit sein, persönlich in Terminen zu erscheinen, falls das Gericht dies an- ordnet (vgl. §§ 141, 279 Abs. 1, 445 ff. ZPO; vgl. Senatsurteil BGHZ 102, 332, 334 f.).
12
c) Wird allerdings - wie im vorliegenden Fall - eine in der Klage- bzw. Scheidungsantragsschrift angegebene ladungsfähige Anschrift erst im Laufe des Prozesses unrichtig und bringt der anwaltlich vertretene Kläger eine neue ladungsfähige Anschrift nicht bei, darf die Klage nicht allein aus diesem Grund als unzulässig abgewiesen werden. Eine gesetzliche Grundlage hierfür besteht nicht. Vielmehr hat der Kläger mit der Angabe der ladungsfähigen Anschrift in der Klageschrift die Anforderungen an die Bezeichnung seiner Person nach §§ 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO erfüllt. Die Prozessvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Klageerhebung, die ihrer Natur nach nur die Einleitung der Klage betrifft, ist damit gegeben. Der Kläger hat zugleich zum Ausdruck gebracht , dass er sich nachteiligen Folgen im Fall des Unterliegens stellt (BGH Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02 - NJW-RR 2004, 1503 f.).
13
d) Ungeachtet dessen kann es sich als ein der Zulässigkeit entgegenstehendes rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellen, wenn ein Kläger den Prozess aus dem Verborgenen führen will, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen. Der Schluss, eine solche rechtsmissbräuchliche Absicht liege vor, kann auch dann gerechtfertigt sein, wenn trotz gerichtlicher Anfrage nach der Anschrift des Berufungsklägers deren Mitteilung ohne hinreichende Angabe von Gründen verweigert wird (BGH Beschluss vom 28. November 2007 - III ZR 50/07 - veröffentlicht bei juris).
14
e) Aus diesem Gesichtspunkt ergeben sich im vorliegenden Fall indes keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde. Die Rechtsbeschwerde hat geltend gemacht, die Antragsgegnerin habe bereits im Beschwerdeverfahren darauf hingewiesen, dass ein möglicher Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers aufgrund ihres unbekannten Aufenthalts nicht berührt werde, weil sie zusammen mit diesem Miteigentümerin einer Eigentumswohnung sei, die - erforderlichenfalls nach öffentlicher Zustellung - verwertet werden könne. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren in zulässiger Weise nachgetragen, ihre Mutter habe sich bereit erklärt, sich für eventuelle Kostenerstattungsansprüche zu verbürgen. Die Annahme rechtsmissbräuchlichen Handelns, um sich durch eine Prozessführung aus dem Verborgenen heraus einer möglichen Kostenerstattungspflicht zu entziehen, scheidet damit jedenfalls aus. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich aus der Entscheidung des XI. Zivilsenats vom 11. Oktober 2005 (XI ZR 398/04 - FamRZ 2006, 116 f.) aber nicht generell herleiten, dass die bewusste Weigerung der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift auch bei anderen Fallgestaltungen zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs führe.
15
3. Das Oberlandesgericht hat dem Kostenargument letztlich selbst keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Es hat vielmehr darauf abgestellt, die Antragsgegnerin handele rechtsmissbräuchlich, weil sie sich einerseits einer Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens entziehe, andererseits aber Rechtsschutz gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich beanspruche und sich damit allgemein gegen die Rechtsordnung stelle. Dieser Beurteilung kann nicht gefolgt werden.
16
a) Das Rechtsschutzinteresse stellt keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels dar. Mit dem Erfordernis der Beschwer ist im Allgemeinen gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht. Allenfalls kann bei ganz besonderer Sachlage eine Prüfung angezeigt sein, ob trotz Vorliegens der Beschwer eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelwegs anzunehmen ist.
In solchen Fällen kann ausnahmsweise die Unzulässigkeit des Rechtsmittels mit dem Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses begründet werden (BGHZ 57, 224, 225).
17
Eine solche besondere Sachlage liegt hier indessen nicht vor. Es ist zwar zutreffend, dass die Antragsgegnerin das Scheidungsverbundverfahren nur selektiv betreibt, während sie es im Übrigen aufgrund des unbekannten Aufenthalts , auch des Sohnes T., torpediert. Das hat aber nicht zur Folge, dass ihr der Zugang zur Rechtsmittelinstanz und damit die Wahrnehmung ihrer Verfahrensgrundrechte , insbesondere desjenigen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) im Rahmen einer statthaften sowie form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde , verweigert werden dürfte. Denn es ist nicht zu verkennen, dass die Erwägungen, die zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs geführt haben, sich mit denjenigen, aus denen das Oberlandesgericht ein rechtsmissbräuchliches Handeln hergeleitet hat, überschneiden. Die Antragsgegnerin muss aber trotz des ihr anzulastenden schwerwiegenden Verhaltens die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes haben, d.h. eine sie beschwerende Entscheidung und damit die Rechtsfolgen ihres Handelns in der Sache überprüfen lassen können. Das setzt voraus, dass ihr Verhalten nicht bereits als der Zulässigkeit der Beschwerde entgegenstehend bewertet wird.
18
b) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts steht das Verhalten der Antragsgegnerin auch einem geordneten Ablauf des Beschwerdeverfahrens nicht entgegen. Für den Gegner ergeben sich aus dem Ausbleiben einer Partei, deren persönliches Erscheinen mangels ladungsfähiger Anschrift nicht angeordnet werden kann, bei einem nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung durchzuführenden Verfahren keine nachteiligen Folgen. Bei einer angeordneten Parteivernehmung nach §§ 445 ff. ZPO bleibt es dem Gericht unbenommen , aus der Vorenthaltung einer ladungsfähigen Anschrift unter Heranzie- hung des allgemeinen Gesichtspunkts einer Beweisvereitelung Schlüsse zum Nachteil der Partei zu ziehen (BGH Urteile vom 17. März 2004 - VIII ZR 107/02 - NJW-RR 2004, 1503 f. und vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04 - FamRZ 2006, 116 f.).
19
Bei dem hier vorliegenden Versorgungsausgleichsverfahren handelt es sich zwar um ein sog. echtes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, an dem die Ehegatten durch Auskunftserteilung über ihre Versorgungsanrechte mitzuwirken haben. Wenn ein solches Verfahren in der Rechtsmittelinstanz anhängig ist und ohne weitere Mitwirkung durchgeführt werden kann, weil etwa - wie hier - die Auskünfte der Versorgungsträger vorliegen, steht der unbekannte Aufenthalt des Rechtsmittelführers der geordneten Abwicklung des Beschwerdeverfahrens aber nicht entgegen. Vielmehr ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen eine Entscheidung in der Sache möglich.
20
4. Der angefochtene Beschluss kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu befinden, da sie nicht entscheidungsreif ist. Der Beschluss ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Die von der Rechtsbeschwerde angeregte Zurückverweisung an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO) hält der Senat unbeschadet der Frage, ob die Vorschrift im vorliegenden Fall anwendbar ist, nicht für gerechtfertigt.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Heidelberg, Entscheidung vom 03.05.2007 - 37 F 97/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.01.2008 - 16 UF 109/07 -