Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - V ZB 40/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Betroffene, bei der es sich um eine syrische Staatsangehörige handeln soll, reiste im September 2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte unter den im Rubrum genannten Aliaspersonalien die Anerkennung als Asylberechtigte. Der ablehnende Bescheid ist seit 2003 bestandskräftig und die Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig.
- 2
- Eine Abschiebung konnte erst nach Inkrafttreten des Deutsch-Syrischen Rückübernahmeabkommens eingeleitet werden. Nachdem die syrische Botschaft im November 2010 Passersatzpapiere ausgestellt hatte, wurde die Betroffene am 5. Januar 2011 von der Ausländerbehörde zum Flughafen Frankfurt am Main gebracht, von wo aus sie am selben Tag nach Damaskus abgeschoben werden sollte. Sie erklärte in diesem Zusammenhang, keinesfalls nach Syrien fliegen und sich notfalls wehren zu wollen. Vor dem Abflug wurde bekannt, dass die Abschiebung wegen eines bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anhängig gewordenen Asylfolgeantrags ausgesetzt worden war. Der Flug wurde daraufhin storniert und die Betroffene in Polizeigewahrsam genommen.
- 3
- Auf Antrag der Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht am folgenden Tag die Haft zur Sicherung der Abschiebung der Betroffenen bis zum 17. Februar 2011 angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Zur Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragt die am 2. Februar 2011 infolge einer Eingabe an die Härtefallkommission aus der Haft entlassene Betroffene die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
II.
- 4
- Das Beschwerdegericht meint, der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG sei gegeben. Zwar verfüge die Betroffene über familiäre Bindungen im Bundesgebiet und sei trotz des erfolglosen Asylverfahrens nicht untergetaucht. Aus der Ankündigung, sich gegen die Abschiebung zur Wehr zu setzen, der Erklärung, in jedem Fall in Deutschland bleiben zu wollen, aus der jahrelangen Verwendung von Aliaspersonalien und aus den widersprüchlichen Angaben zur Staatsangehörigkeit ergebe sich aber in der Gesamtschau, dass die Betroffene sich einer Abschiebung nicht freiwillig stellen werde. Die Abschiebungshaft sei verhältnismäßig. Die für den 4. Februar 2011 vorgesehene Abschiebung erscheine durchführbar. Der Asylfolgeantrag sei zwischenzeitlich abgelehnt worden; über die für die Betroffene bei dem Hessischen Landtag eingereichte Petition werde voraussichtlich in der Sitzung des Petitionsausschusses vom 27. Januar 2011 entschieden.
III.
- 5
- Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe liegen nicht vor, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Es ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder die Haftanordnung des Amtsgerichts die Rechte der Betroffenen verletzt haben.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht nimmt ohne Rechtsfehler an, dass der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG, wonach ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer zur Sicherung der Abschiebung in Haft zu nehmen ist, wenn der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will, gegeben war. Die Annahme einer Entziehungsabsicht setzt konkrete Umstände, insbesondere Äußerungen oder Verhaltensweisen des Ausländers voraus, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten oder es nahe legen, dass der Ausländer beabsichtigt, unterzutauchen oder die Abschiebung in einer Weise zu behindern, die nicht durch einfachen, keine Freiheitsentziehung bildenden Zwang überwunden werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 202/09, Rn. 12, juris; Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, 28). Bei den von dem Beschwerdegericht für maßgeblich erachteten Erklärungen der Betroffenen, sich gegen die Abschiebung zur Wehr setzen und auf jeden Fall in Deutschland bleiben zu wollen sowie der jahrelangen Verwendung von Aliaspersonalien und den widersprüchlichen Angaben zu ihrer Staatsangehörigkeit kann es sich um solche Umstände handeln.
- 7
- Die tatrichterliche Schlussfolgerung auf die Entziehungsabsicht unterliegt einer Rechtskontrolle nur dahin, ob die verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen eine solche Folgerung als möglich erscheinen lassen (Senat, Beschluss vom 10. Februar 2000 - V ZB 5/00, FGPrax 2000, 130; Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, 28). Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die Folgerungen des Tatrichters nicht zwingend seien oder eine andere Schlussfolgerung ebenso naheliege (Senat, Beschluss vom 10. Februar 2000 - V ZB 5/00, aaO). Hieran gemessen ist die Würdigung des Beschwerdegerichts nicht fehlerhaft. Es hat auch die gegen die Entziehungsabsicht sprechenden Umstände berücksichtigt und ist - unter Berücksichtigung des Einwands der Beschwerde, die Betroffene habe erst zu einem Zeitpunkt, als der Asylfolgeantrag bereits gestellt gewesen sei, angekündigt , sich gegen die Abschiebung zu wehren - mit vertretbarer Argumentation zu einer für die Betroffene negativen Einschätzung gelangt. Der von der Beschwerde für maßgeblich erachteten Frage, ob die Betroffene syrische Staatsangehörige oder staatenlos ist und ob ihr in diesem Zusammenhang widersprüchliche Erklärungen anzulasten sind, hat das Gericht dabei keine entscheidende Bedeutung zugemessen.
- 8
- 2. Dass das Beschwerdegericht von der persönlichen Anhörung der Betroffenen abgesehen hat, ist hier nicht zu beanstanden. Zwar ist eine Anhörung in aller Regel unverzichtbar, wenn es auf die Glaubwürdigkeit des Ausländers ankommt (vgl. Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 153). Das war hier aber nicht der Fall. Die Betroffene hat im Beschwerdeverfahren auch keine neuen entscheidungserheblichen Umstände vorgetragen, zu denen sie von dem Amtsgericht nicht angehört worden war.
- 9
- 3. Anordnung und Aufrechterhaltung der Abschiebungshaft waren nicht unverhältnismäßig. Die dazu notwendige Prognose, ob die Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf zu überprüfen, ob das Beschwerdegericht die der Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG zugrunde liegenden Wertungs- maßstäbe zutreffend erkannt und alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und vollständig gewürdigt hat (Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 202/09, Rn. 15, juris; Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, aaO).
- 10
- Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeentscheidung gerecht; ein etwaiger Rechtsfehler des Amtsgerichts bei der Anwendung der genannten Vorschrift wäre dadurch geheilt (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172, 1174). Die Abschiebung war für den 4. Februar 2011 und damit keine zwei Wochen nach der Beschwerdeentscheidung vorgesehen; die von der syrischen Botschaft ausgestellten Passersatzpapiere waren noch gültig. Die Abschiebungshaft durfte trotz des am 5. Januar 2011 gestellten Asylfolgeantrags angeordnet und aufrechterhalten werden (vgl. § 71 Abs. 8 AsylVfG; vgl. Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, 28). Das aufgrund des Asylfolgeantrags nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG bestehende Abschiebungshindernis muss zwar bei der Prognose berücksichtigt werden. Eine solche Prüfung war hier aber entbehrlich, nachdem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens von dem Bundesamt bereits am 11. Januar 2011 und damit vor Erlass der Beschwerdeentscheidung abgelehnt worden war. Rechtsfehler sind auch im Zusammenhang mit der Annahme des Beschwerdegerichts nicht erkennbar, die zugunsten der Betroffenen eingereichte Petition schließe eine Abschiebung innerhalb der Drei-Monats-Frist nach § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG voraussichtlich nicht aus, da mit einer Entscheidung des Petitionsausschusses am 27. Januar 2011 zu rechnen sei.
- 11
- 4. Ob mit der Beschwerde gegen die Haftanordnung geltend gemacht werden konnte, dass die Unterbringung der Betroffenen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach, bedarf keiner Entscheidung. Der in der Beschwerdeinstanz zur Begründung eines Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG vorgebrachte Sachverhalt war trotz anwaltlicher Vertretung der Betroffenen so ungenau geschildert, dass das Beschwerdegericht dies nicht zum Anlass von Sachverhaltsermittlungen nach § 26 FamFG nehmen musste, sondern sich auf den Hinweis beschränken konnte, dass die Richtlinie die Unterbringung von Abschiebehäftlingen und Strafgefangenen in derselben Anstalt nicht generell ausschließt (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 RL 2008/115/EG). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 06.01.2011 - 934 XIV 6/11 B -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 26.01.2011 - 2-28 T 3/11 -
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(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.