Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2009 - V ZB 30/09

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Magistrat von Groß-Berlin erklärte am 23. März 1961, 16. März 1962, 27. Mai 1964 und 5. Oktober 1965 durch verschiedene Mitarbeiter in beurkundeter Form, er habe gemäß § 9 der Verordnung zur Förderung der Instandsetzung beschädigter und des Wiederaufbaus zerstörter Wohn- und Arbeitsstätten vom 28. Oktober 1949 (VOBl. von Groß-Berlin I S. 385) die Instandsetzung bzw. den Wiederaufbau des auf dem im Eingang des Beschlusses bezeichneten Grundstücks errichteten Gebäudes angeordnet. Gemäß §§ 3, 9, 11 der Verordnung bestelle er an dem Grundstück für die Sparkasse der Stadt Berlin vollstreckbare Aufbaugrundschulden im Gesamtbetrag von 102.500 DM zuzüglich Zinsen.
- 2
- Die Gläubigerin macht geltend, das Grundstück sei im Hinblick auf die Erklärungen des Magistrats mit einer vollstreckbaren Grundschuld im Betrag von 102.500 MDN/26.203,71 € zuzüglich 5,5% Zinsen belastet. Sie sei Inhaberin der Grundschuld, der Schuldner sei Eigentümer des Grundstücks. Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg habe ihr am 12. Dezember 2007 bzw. 18. Juni 2008 vollstreckbare Ausfertigungen der Bestellungsurkunden erteilt. Diese habe sie dem Schuldner als Eigentümer des Grundstücks zustellen lassen.
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- Die Gläubigerin hat beantragt, wegen des Grundschuldkapitals zuzüglich 5,5% Zinsen seit dem 1. Januar 2005 die Zwangsversteigerung des Grundstücks anzuordnen.
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- Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks weiter.
II.
- 5
- Das Beschwerdegericht meint, die zur Belastung des Grundstücks errichteten Urkunden ermöglichten die Zwangsversteigerung in das Grundstück nicht. Voraussetzung der Zwangsvollstreckung aus einer Urkunde in ein Grundstück sei, dass dessen Eigentümer sich der Zwangsvollstreckung in dieses unterworfen habe. Daran fehle es. Statt des Eigentümers habe der Mitarbeiter einer Behörde die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erklärt. Die ohne sein Zutun erklärte Belastung des Grundstücks und die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung aus der Bestellungsurkunde habe der Eigentümer nicht verhindern können. Die Zwangsvollstreckung aus einer derart zustande gekommenen Belastung sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar und unzulässig.
III.
- 6
- Die Beschwerde hat schon deshalb keinen Erfolg, weil die formellen Voraussetzungen der Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks nicht gegeben sind.
- 7
- Die in den Urkunden vom 23. März 1961, 16. März 1962, 27. Mai 1964 und 5. Oktober 1965 abgegebenen Erklärungen sind ausweislich der Urkunden nicht von einem Organ des Magistrats von Groß-Berlin, sondern von einem rechtsgeschäftlichen Vertreter des Magistrats für diesen abgegeben worden. Damit darf die Vollstreckung wegen der Forderung aus dem nach Behauptung der Gläubigerin im Vollzug der Urkunden eingetragenen Grundpfandrecht gemäß § 750 ZPO grundsätzlich nur beginnen, wenn spätestens mit dem Beginn der Vollstreckung die Genehmigung der Erklärung des Vertreters durch den Magistrat oder die Vollmacht dessen Vertreters in öffentlich beglaubigter oder öffentlich beurkundeter Form zugestellt wird (Senat, Beschl. v. 21. September 2006, NJW-RR 2007, 358, 359).
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- Daran fehlt es, wie das Vollstreckungsgericht zur weiteren Begründung seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt hat. Nach dem Wortlaut der Bestellungsurkunde haben die Vertreter des Magistrats in den Urkundsverhandlungen zwar jeweils eine Vollmacht des Leiters der Abteilung Wohnungswesen des Magistrats vorgelegt, nach der sie berechtigt waren, diesen als Organ des Magistrats zu vertreten. Da die Vollmachten den Niederschriften der Urkunden jedoch nicht beigefügt worden sind, vgl. § 12 BeurkG, und die Bestellungsurkun- den auch nicht erkennen lassen, dass die vorgelegten Vollmachten öffentlich beglaubigt, beurkundet oder gesiegelt waren, folgt aus der Beweiskraft der Bestellungsurkunden , § 418 ZPO, nicht, dass der jeweilige Vertreter des Magistrats in dieser Form bevollmächtigt war. Damit aber kommt die Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks auf der Grundlage des Antrags der Gläubigerin und der diesem beigefügten Anlagen nicht in Betracht.
IV.
- 9
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens entspricht für die Bestimmung der Gebühren des Bevollmächtigten der Gläubigerin der geltend gemachten Belastung des Grundstücks, wegen derer dessen Zwangsversteigerung angeordnet werden soll, § 26 Nr. 1 RVG. Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 10.10.2008 - 70 K 134/08 -
LG Berlin, Entscheidung vom 05.01.2009 - 82 T 923/08 -

Annotations
(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.
(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.
(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.
(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.
(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.
(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
In der Zwangsversteigerung bestimmt sich der Gegenstandswert
- 1.
bei der Vertretung des Gläubigers oder eines anderen nach § 9 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Beteiligten nach dem Wert des dem Gläubiger oder dem Beteiligten zustehenden Rechts; wird das Verfahren wegen einer Teilforderung betrieben, ist der Teilbetrag nur maßgebend, wenn es sich um einen nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zu befriedigenden Anspruch handelt; Nebenforderungen sind mitzurechnen; der Wert des Gegenstands der Zwangsversteigerung (§ 66 Absatz 1, § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung), im Verteilungsverfahren der zur Verteilung kommende Erlös, sind maßgebend, wenn sie geringer sind; - 2.
bei der Vertretung eines anderen Beteiligten, insbesondere des Schuldners, nach dem Wert des Gegenstands der Zwangsversteigerung, im Verteilungsverfahren nach dem zur Verteilung kommenden Erlös; bei Miteigentümern oder sonstigen Mitberechtigten ist der Anteil maßgebend; - 3.
bei der Vertretung eines Bieters, der nicht Beteiligter ist, nach dem Betrag des höchsten für den Auftraggeber abgegebenen Gebots, wenn ein solches Gebot nicht abgegeben ist, nach dem Wert des Gegenstands der Zwangsversteigerung.