Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 18/03

bei uns veröffentlicht am02.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 18/03
vom
2. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Wert des Beschwerdegegenstandes kann bei der Verurteilung zur Bestellung
einer Dienstbarkeit nicht nach dem fiktiven Erbbauzins für die Ausübungsfläche
bemessen werden.

b) Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemißt sich auch dann nach der vollen
Wertminderung des dienenden Grundstücks, wenn die Verurteilung zur Bestellung
einer Dienstbarkeit auf § 116 SachenRBerG beruht.
BGH, Beschl. v. 2. Oktober 2003 - V ZB 18/03 - LG Stralsund
AG Bergen/Rügen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Oktober 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 4. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 1.533,88

Gründe:

I.


Die Beklagte ist vom Amtsgericht verurteilt worden, zum Zwecke des Befahrens und Belieferns durch den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks der Kläger eine Grunddienstbarkeit zu bestellen. Das Landgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.


Das Berufungsgericht bewertet den Beschwerdegegenstand mit 44,80 womit den Anforderungen des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dem Überschreiten der ! " $# &%' () # * Grenze von 600 eschwerdegegenstandes trotz Aufforderung nicht glaubhaft gemacht. Er sei daher nach freiem Ermessen zu schätzen. Das Interesse der Beklagten an der Abänderung der Entscheidung entspreche der Beschwer, die durch die Verurteilung zur Bestellung eines inhaltgleichen Notwegerechts begründet werde. Die maßgebliche Notwegrente bemesse sich nach den Vorschriften über die Überbaurente, ein angemessener Maßstab hierfür sei der Erbbauzins. Er belaufe sich für den von der Dienstbarkeit betroffenen Grundstücksteil von #1 2 2 65;: 5 128 qm bei einem Bodenwert von 2,50 +-, .0/ .43 / 718 9 8 =<> / (@%' () A#B 1 DCE (F# B D ) # G" 5F H G 5I# jährlich 12,80 ? / / Dreieinhalbfache.
Dies hält der Rechtsbeschwerde nicht stand.

III.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO unbeschadet des Umstandes, daß der Wert der geltend zu ma- J " (F D ) K chenden Beschwer 20.000 8 ML 26 Nr. 8 EGZPO; BGH, Beschl. v. 4. September 2002, VIII ZB 23/02, NJW 2002, 3783; Senat, Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, BGH-Report 2002, 1112), statthaft. Sie ist auch sonst zulässig, denn die Beklagte legt dar (nachstehend zu 2), daß das
Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat und was sie bei Gewährung des Gehörs vorgetragen hätte (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO; st. Rechtspr. des Senats, zuletzt Beschl. v. 27. März 2003, V ZR 291/02, für BGHZ bestimmt).
2. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Die Verwerfung der Berufung wegen fehlender Glaubhaftmachung, daß der Wert des Beschwerdegegen- " (F D ) (N =O P# RQI P# (S T ) U WVX() standes 600 18 / 103 Abs. 1 GG.

a) Das Berufungsgericht hat die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung mit der Begründung verfügt, daß Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden. Zugleich hat es der Beklagten aufgegeben, binnen zwei Wochen den Wert des Beschwerdegegenstandes glaubhaft zu machen ; eine Bezugnahme auf die Streitwertangabe (Kläger: 10.000 DM) bzw. die Streitwertfestsetzung genüge nicht, vielmehr sei die Beschwer aus der Sicht des dienenden Grundstücks zu beziffern. Die Verfügung hat das Berufungsgericht der Beklagten nur insoweit bekannt gegeben, als sie die Terminsaufhebung und den Hinweis auf Zulässigkeitsbedenken zum Inhalt hat. Die an die Beklagte gerichtete Auflage wurde nicht dieser, sondern den Klägern mitgeteilt. Das Berufungsgericht durfte danach nicht davon ausgehen, die Beklagte habe die Auflage nicht erfüllt. Die der Beklagten bruchstückhaft zugegangene Mitteilung , die lediglich nicht näher bezeichnete Bedenken zum Inhalt hatte, gab hierfür keine Grundlage.

b) Die Beklagte legt dar, bei Kenntnis der Auflage hätte sie vorgetragen, die Ausübungsfläche der Dienstbarkeit betrage mindestens 500 qm. Über die
eigentliche Wegefläche, von der das Berufungsgericht ausgehe, hinaus werde die Fläche zwischen Garagen und Lagerhalle und der Wegespur sowie eine weitere, zum Wenden von Lkw erforderliche Fläche in Anspruch genommen. Die Ausübungsfläche werde jeder weiteren Nutzung entzogen. Ihr Wert liege # (Y Z [ $%' ( \ ] B 4# (^ " ( als Gartenland bereits bei 1.533,88 denn sie sei in den Entwurf eines Bebauungsplanes einbezogen.

c) Die Darlegungen der Beklagten, von denen für die Rechtsbeschwerde auszugehen ist, sind entscheidungserheblich. Maßgeblich für den Wert des Beschwerdegegenstandes ist für die beklagte Seite, die sich gegen die Verurteilung zur Bestellung einer Dienstbarkeit wehrt, die Wertminderung, die ihr Grundstück durch die Belastung erleidet (§ 7, 2. Alt. ZPO; Senat BGHZ 23, 205; Urt. v. 18. Mai 1990, V ZR 291/89; BGH, Beschl. v. 11. Juli 1994, II ZB 13/93). Die Beklagte braucht sich, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , nicht auf eine fiktive Gegenleistung in Rentenform verweisen lassen, deren Kapitalisierung die Obergrenze des § 9 Satz 1 ZPO, der dreieinhalbfache Jahresbetrag, entgegensteht. Das Berufungsgericht wird im Verfahren der Glaubhaftmachung (§ 511 Abs. 3 ZPO) zu klären haben, ob es die Angaben der Beklagten rechtfertigen, von einer Wertminderung ihres Grundstücks aus- B" (F D _ zugehen, die 600.
Hierbei wird das Berufungsgericht, entgegen der Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts (OLG - NL 2001, 263) die Wertminderung nicht im Hinblick auf den Umstand begrenzen können, daß dem Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG, der Grundlage der Verurteilung durch das Amtsgericht ist, Verhältnisse zugrunde liegen, die nach der Rechtswirklichkeit in der DDR schon bestanden haben. Beim Streit zwischen
Nutzer und Eigentümer um die Bestellung einer Dienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG geht es gerade darum, ob ein aus der Zeit der DDR überkommenes Nutzungsverhältnis besteht, das in eine Dienstbarkeit übergeleitet werden kann. Der Wert der Dienstbarkeit für das herrschende Grundstück, bzw. die Wertminderung des dienenden Grundstücks nach § 7 ZPO ist in solchen Fällen ungekürzt anzusetzen. Entsprechend hat der Senat auch bei der Bewertung des Bereinigungsanspruchs auf Ankauf eines Grundstücks dessen Verkehrswert, nicht den geringeren Ankaufspreis, dem die Rechtsverhältnisse aus der Zeit der DDR (mit) zugrunde liegen, als maßgeblich angesehen (Beschl. v. 15. April 1999, V ZR 391/98, WM 1999, 1734; vgl. auch Beschl. v. 7. Dezember 2000, V ZR 335/99, WM 2001, 479).
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 18/03

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 18/03

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 18/03 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

Gesetz zur Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet


Sachenrechtsbereinigungsgesetz - SachenRBerG

Sachenrechtsbereinigungsgesetz - SachenRBerG | § 116 Bestellung einer Dienstbarkeit


(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlan

Zivilprozessordnung - ZPO | § 7 Grunddienstbarkeit


Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 18/03 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 18/03 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2002 - V ZB 31/02

bei uns veröffentlicht am 19.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 31/02 vom 19. September 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja EGZPO § 26 Nr. 8 Die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO gilt nicht für die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2003 - V ZR 291/02

bei uns veröffentlicht am 27.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 291/02 vom 27. März 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO (2002) § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 a) Zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2000 - V ZR 335/99

bei uns veröffentlicht am 07.12.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 335/99 vom 7. Dezember 2000 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ----------------------------------- SachenRBerG § 108 Abs. 1 Der Wert des Gebäudes, aus dessen Errichtung die Fes
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 18/03.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2007 - V ZR 69/07

bei uns veröffentlicht am 29.11.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 69/07 vom 29. November 2007 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Rän

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2009 - V ZR 46/09

bei uns veröffentlicht am 15.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 46/09 vom 15. Oktober 2009 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsc

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2009 - V ZR 209/08

bei uns veröffentlicht am 26.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 209/08 vom 26. März 2009 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2007 - V ZR 150/06

bei uns veröffentlicht am 14.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 150/06 vom 14. Juni 2007 in dem Rechtsstreit Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch , die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub beschlossen: Der Streitwert

Referenzen

Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 31/02
vom
19. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8
Die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO gilt nicht für die Rechtsbeschwerde gegen
einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Berufung unzulässig ist, weil es an
einer ordnungsgemäßen Bezeichnung des Berufungsführers in der Berufungsschrift
fehlt, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt. Eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht im Hinblick auf die durch das Grundgesetz
gewährleisteten Verfassungsgarantien zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
BGH, Beschl. v. 19. September 2002 - V ZB 31/02 - LG Potsdam
LG Brandenburg a.d. Havel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. September 2002 durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 17. April 2002 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 1.025

Gründe:

I.


Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hat die auf Grundbuchberichtigung gerichtete Klage der Klägerin durch Urteil vom 21. Dezember 2001 abgewiesen. Gegen dieses der Klägerin am 11. Januar 2001 zugestellte Urteil haben ihre Prozeßbevollmächtigten mit einem am 11. Februar 2001 beim Landgericht Potsdam eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Der Schriftsatz enthält lediglich die Nachnamen der Parteien ohne Parteibezeichnungen und ohne Beifügung des angefochtenen Urteils sowie die Erklärung, für die Klägerin Berufung einzulegen.
Das Landgericht Potsdam hat mit Beschluß vom 17. April 2002 die Berufung mit der Begründung als unzulässig verworfen, weder aus den Angaben in der Berufungsschrift noch aus den bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zugänglichen Unterlagen lasse sich ersehen, wer Rechtsmittelkläger und wer Rechtsmittelbeklagter sein solle. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses erstrebt.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, daß der Wert der !#"%$& ' '(*),+.-/( geltend gemachten Beschwer 20.000 3. Aufl., § 522 Rdn. 18). Diese Wertgrenze gilt nach § 26 Nr. 8 EGZPO nur für die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO und kann auf die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß nicht entsprechend angewendet werden. Zwar gibt es Anhaltspunkte dafür, daß es der Gesetzgeber übersehen hat, daß durch die Einführung der Wertgrenze für Nichtzulassungsbeschwerden gegen Urteile erhebliche Unterschiede im Hinblick auf den Zugang zur Revisionsinstanz die Folge sind (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 13). Wird eine Revision durch Urteil verworfen, gilt für das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde diese für eine Übergangszeit vorgesehene Wertgrenze, wird sie durch Beschluß verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO), findet die Rechtsbeschwerde ohne diese Einschränkung statt. Obwohl der Gesetzgeber an sich einen weitgehenden Gleichlauf der Rechtsmittel bei Verwerfung durch Beschluß oder durch Urteil im Sinn hatte (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 96), läßt sich daraus jedoch
nicht auf eine planwidrige Regelungslücke schließen, die nur durch eine entsprechende Anwendung des § 26 Nr. 8 EGZPO geschlossen werden könnte. Zum einen gibt es – auch unabhängig von einer Wertgrenze – keinen völligen Gleichklang, was den Zugang zur Revisionsinstanz bei der Anfechtung von Beschlüssen und Urteilen anbelangt. Bei Urteilen ist die Revision stets statthaft , wenn sie das Berufungsgericht zugelassen hat. Auf weiteres kommt es dann nicht an; nur wenn sie nicht zugelassen wurde, erhalten die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) Bedeutung. Bei Beschlüssen ist die Rechtsbeschwerde zwar grundsätzlich statthaft; zulässig ist sie aber nur, wenn die besonderen Zulassungsgründe des § 574 Abs. 2 ZPO vorliegen. Zum anderen ist es durchaus fraglich, ob eine Annäherung der Voraussetzungen durch eine Einführung der Wertgrenze auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren herbeigeführt werden sollte. Wenigstens ebenso erwägenswert, wenn nicht sogar näherliegend, erscheint es, die Wertgrenze in Fällen der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Berufung verwerfende Urteile nicht anzuwenden (vgl. Meyer-Seitz, in: Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 522 ZPO Rdn. 16). Auch so könnte weitgehend ein Gleichlauf der Rechtsmittel erzielt und zudem erreicht werden, daß der Rechtsschutz gegen Entscheidungen, durch die die Berufung als unzulässig verworfen wurde, nicht deutlich hinter dem bisherigen Recht (§ 547 ZPO a.F.) zurück bleibt (vgl. Meyer-Seitz aaO Rdn. 15, 16). Angesichts dieser Umstände könnte eine Angleichung der Rechtsmittel dahingehend, daß die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO auch für die Rechtsbeschwerde gelten soll, nur von dem Gesetzgeber vorgenommen werden.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.


a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Berufung unzulässig ist, weil es an einer ordnungsgemäßen Bezeichnung des Berufungsführers in der Berufungsschrift fehlt, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt. Auch die Rechtsbeschwerde verkennt nicht, daß es hierzu eine ständige Rechtsprechung gibt (s. nur BGH, Urt. v. 19. Februar 2002, VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430; Beschl. v. 15. Juli 1999, IX ZB 45/99, NJW 1999, 3124; BGHZ 65, 114; 21, 168, jew. m.w.N.) und daß sich die angefochtene Entscheidung im Rahmen dieser Rechtsprechung hält. Es fehlt daher an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage.

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Dieser Zulässigkeitsgrund ist gegeben, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, zur Veröffentl. in BGHZ bestimmt). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Wenn die Rechtsbeschwerde meint, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes müsse im Hinblick auf das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verfahrensgrundrecht auf ein objektiv willkürfreies Verfahren und das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) korrigiert werden, verkennt sie, daß die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei der Prüfung der formellen Voraussetzungen einer Berufungsschrift gerade im Hinblick auf die durch das Grundgesetz gewähr-
leisteten Verfassungsgarantien verlangt, daß der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen nicht in einer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden darf (BGH, Urt. v. 19. Februar 2002, VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430, 1431, unter Hinweis auf BVerfG, NJW 1991, 3140). Vielmehr muß die Frage, ob eine Berufung wegen unvollständiger oder fehlender Parteibezeichnung als unzulässig verworfen werden darf, vor dem Hintergrund des prozessualen Zwecks dieses Erfordernisses geprüft werden. Danach sind solche Mängel unbeachtlich, die in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keinen vernünftigen Zweifel an der Person des Rechtsmittelführers aufkommen lassen (BGH, Beschl. v. 7. November 1995, VI ZB 12/95; vgl. auch BVerfGE 71, 202, 204 f). Diese Rechtsprechungsgrundsätze, die die gerade auch von Verfassungs wegen zu beachtenden Leitlinien hinreichend deutlich festlegen, bedürfen weder der Ergänzung noch der Korrektur. Insbesondere stellt es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keine Förmelei dar, daß die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Identifizierung der Parteien eine zeitliche Grenze setzt, indem sie verlangt, daß aus der Berufungsschrift, allein oder mit Hilfe anderer Unterlagen, bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein muß, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll (BGH, Beschl. v. 7. November 1995, VI ZB 12/95, VersR 1996, 251; Beschl. v. 15. Juli 1999, IX ZB 45/99, NJW 1999, 3124; Urt. v. 19. Februar 2002, VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430, 1431). Diese zeitliche Grenze beruht darauf, daß Mängel, die die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels begründen, stets nur bis zum Ende der Rechtsmittelfrist behoben werden können. Hinsichtlich der Parteibezeichnung gelten hierfür keine Besonderheiten. Es handelt sich dabei auch nicht um "rein formalistische Anforderungen", wie die Rechtsbeschwerde meint, sondern um Angaben, die den schutzwürdigen Belangen des Rechtsmittelbeklagten und
einem geregelten Ablauf des Verfahrens dienen (BGH, Beschl. v. 15. Juli 1999, aaO m.w.N.). Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels wird dabei – entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde – nicht von dem "zufälligen und kaum zuverlässig zu kontrollierenden Umstand abhängig gemacht, zu welchem Zeitpunkt das Berufungsgericht Kenntnis von der Person des Rechtsmittelführers erhält", sondern die Zulässigkeit des Rechtsmittels hängt – wie stets – von dem sachgerechten Kriterium ab, daß der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist alle Zulässigkeitsvoraussetzungen schafft, sei es, daß er sie unmittelbar vorträgt oder beibringt, sei es, daß sie sich aus den Umständen ergeben. Darin liegt folglich keine sachlich nicht zu rechtfertigende Erschwerung des Zugangs zu den grundgesetzlich garantierten Instanzen. Vielmehr ist dies die Folge einer nicht den notwendigen Anforderungen genügenden Rechtsmittelschrift.

c) Schließlich ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Zwar können auch – worum es hier allein gehen kann – Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unter diesem Gesichtspunkt begründen. Erforderlich ist aber, daß der Rechtsanwendungsfehler die Gefährdung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung besorgen läßt, sei es, daß aufgrund konkreter Anhaltspunkte die Gefahr einer Wiederholung desselben Fehlers besteht, sei es, daß aufgrund der Publizitätswirkung das Vertrauen in die Rechtsprechung als Ganzes erschüttert ist oder daß ein Nachahmungseffekt gegeben ist (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, vorgesehen für BGHZ; Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, Umdr. S. 5 f, zur Veröffentl. vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Soweit die Rechtsbeschwerde die Verletzung von Verfahrensgrund- rechten geltend macht (s.o.), ist ihr zwar zuzugeben, daß hierdurch allgemeine Interessen berührt sein können, da die Mißachtung solcher Grundsätze, insbesondere des Gebots des willkürfreien Verfahrens, das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt erschüttern kann (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, Umdr. S. 7, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen). Ein solcher Verstoß liegt hier indes – wie dargelegt – nicht vor. Die angefochtene Entscheidung berücksichtigt, was die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels anbelangt, alle vorgetragenen Umstände und ist in einem dem Prozeßrecht entsprechenden , insbesondere das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs beruhenden Verfahren ergangen.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 291/02
vom
27. März 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2

a) Zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO genügt
nicht die bloße Behauptung einer grundsätzlichen Bedeutung. Die Beschwerdebegründung
muß vielmehr insbesondere auf die Klärungsbedürftigkeit einer bestimmten
Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
eingehen.

b) Betrifft eine Rechtsfrage, wegen der grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO) geltend gemacht wird, auslaufendes Recht, so muß in der Begründung
der Nichtzulassungsbeschwerde auch dargelegt werden, daß eine
höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungsweisend sein
kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem
Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung
ist.

c) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Alt. 2 ZPO) ist die Revision auch dann zuzulassen, wenn das Berufungsurteil auf
einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung
zu beschädigen. Dies ist namentlich der Fall, wenn das Berufungsurteil auf einer
Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot
(Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte
des Beschwerdeführers beruht (Fortführung der Senatsrechtspr., Beschl. v. 4. Juli
2002, V ZR 16/02, NJW 2002, 3029 u. V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; Abgrenzung
zu BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, XI ZR 71/02, NJW 2003, 65).

d) Auch für eine Zulassung der Revision zur Wahrung des Vertrauens in die Recht-
sprechung kommt es auf die Offensichtlichkeit des Rechtsfehlers nicht an. Soweit
in den Gesetzesmaterialien eine Ergebniskorrektur wegen "offensichtlicher Unrichtigkeit"
des Berufungsurteils gefordert wird, sind damit Fälle der Willkür angesprochen
, bei denen sich die Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung durch das
Berufungsgericht so weit von den gesetzlichen Grundlagen entfernt, daß sie unter
keinem denkbaren Aspekt mehr vertretbar und in diesem Sinne evident fehlerhaft
ist.
BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. März 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 37.234,67

Gründe:


I.


Mit notariellem Vertrag vom 7. Juli 1998 verkauften die Beklagte zu 1 und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann, der vom Beklagten zu 2 beerbt worden ist, ein 877 m² großes Hausgrundstück unter Ausschluß jeder Gewährleistung zum Preis von 430.000 DM an die Kläger. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude, eine Doppelhaushälfte, war in der Zeit zwischen 1920 und 1930 errichtet und nach 1945 um einen Anbau erweitert worden. Die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann hatten vor dem Verkauf an die Kläger selbst mehr als zwanzig Jahre lang in dem Haus gewohnt. Nach Übergabe des
Grundstücks am 4. Januar 1999 begannen die Kläger damit, das Haus zu entkernen. Im Zuge der Renovierungsarbeiten zeigten sich nach Entfernung angebrachter Eternitschiefer- und Rigipsplatten sowie auf dem Boden verlegter Teppiche zahlreiche Risse in Decken und Wänden. Außerdem stellten die Kläger fest, daß im Garten des steil abfallenden Grundstücks etwa 90 m³ gemischte Bau- und Abbruchabfälle abgelagert worden waren. Wegen der festgestellten Bauwerksschäden ließen die Kläger das Haus abreißen.
Sie verlangen von den Beklagten den Ersatz der Kosten für die Mängelbeseitigung in Höhe von 37.671,78 DM und die Abfallentsorgung in Höhe von 31.679,60 DM sowie weitere 13.500 DM als Entschädigung für die fehlende Nutzbarkeit des Objekts während der für die Sanierung erforderlichen neun Monate. Nach vollständiger Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht die Beklagten wegen der zum Nachbarhaus hin gekippten Gebäudetrennwand gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. zu Schadensersatz "! # $ %& ' in Höhe von 5.126,57 Berufung der Kläger zurückgewiesen, weil sich nicht feststellen lasse, daß die Beklagten von den weiteren Gebäudemängeln und von der stofflichen Zusammensetzung der als solcher offensichtlichen Anschüttung im Garten Kenntnis gehabt hätten. Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung hätten die Kläger nicht vorgetragen, inwieweit die ohnehin geplanten und bereits begonnenen Entkernungsarbeiten durch die Beseitigung der gerügten Mängel - soweit die Beklagten für diese überhaupt verantwortlich seien - verzögert worden wären. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) ist zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg, weil die Kläger einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht dargetan haben.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) nicht gegeben.

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, XI ZR 71/02, NJW 2003, 65, 68 zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831; Beschl. v. 7. Januar 2003, X ZR 82/02, WM 2003, 403, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; zu § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, NJW 2002, 3029, zur Veröffentlichung in BGHZ 151, 221 vorgesehen, jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Hierfür genügt die bloße Behauptung , die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret auf die Rechtsfrage, ihre Entscheidungserheblichkeit , Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Insbesondere sind
Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die betreffende Rechtsfrage umstritten ist (BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; ebenso zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO: BFHE 196, 30, 35; BFH/NV 2001, 1033; 2002, 51, 52; 213, 214; 352, 353). Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht gerecht.

b) Im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Anspruch auf Ersatz entgangener Nutzung des Wohnhauses - den das Berufungsgericht zwar grundsätzlich für möglich gehalten (zu den Voraussetzungen der Nutzungsentschädigung bei gekauften Wohnungen vgl. Senat, BGHZ 117, 260, 261 f), im Ergebnis aber wegen unzureichender Darlegungen zur Dauer der Verzögerung durch erforderliche Mängelbeseitigungsarbeiten verneint hat - wollen die Kläger der Frage rechtsgrundsätzliche Bedeutung beilegen, ob das Gericht zur Ermittlung der Höhe eines Nutzungsausfallschadens die Dauer einer erforderlichen Reparatur anhand vorliegender einfacher Baubeschreibungen gemäß § 287 ZPO schätzen müsse. Der Beschwerdebegründung läßt sich indessen nicht entnehmen, in welcher Hinsicht diese Frage klärungsbedürftig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes setzt eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen voraus (BGH, Urt. v. 15. März 1988, VI ZR 81/87, NJW 1988, 3016, 3017). Hierfür dürfen zwar keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. 27. September 2001, IX ZR 281/00, NJW 2002, 825, 826). Solange greifbare Anhaltspunkte für die Darstellung des Klägers vorliegen, ist es nicht möglich, eine Schadensersatzklage wegen eines lückenhaften Vortrags abzuweisen (BGH, Urt. v. 2. Juli 1996, X ZR 64/94, NJW 1996, 2924, 2925). Unzulässig ist eine Schadensschätzung jedoch, wenn sie mangels
greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge (BGHZ 91, 243, 256 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 1993, X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 665). Daß - und ggf. von wem und mit welchen Gründen - diese Grundsätze in Zweifel gezogen werden, mithin Klärungsbedarf bestehen könnte, haben die Kläger nicht dargelegt. Der Sache nach rügen sie lediglich, daß das Berufungsgericht eine Schadensschätzung trotz hinreichender Anknüpfungstatsachen unterlassen hat. Ob die von den Klägern, ggf. unter Bezugnahme auf den Inhalt der eingeholten Sachverständigengutachten, vorgetragenen Tatsachen eine ausreichende Schätzungsgrundlage, sei es auch nur für die Feststellung eines Mindestschadens, abgegeben hätten, ist indes eine Frage der zutreffenden Rechtsanwendung im Einzelfall und einer Verallgemeinerung nicht zugänglich.

c) Ebensowenig kommt der vorliegenden Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage zu, ob nach § 463 Satz 2 BGB a.F. auch solche Schadenspositionen zu ersetzen sind, die zwar durch den arglistig verschwiegenen Umstand verursacht sind, dem Verkäufer jedoch nicht bekannt waren. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage scheitert an der fehlenden Entscheidungserheblichkeit. In ihrer Beschwerdebegründung weisen die Kläger selbst darauf hin, daß das Berufungsgericht ihrem Vorbringen, sämtliche Gebäudeschäden seien auf eine einzige Ursache - nämlich auf das den Verkäufern bekannte Kippen der Gebäudetrennwand - zurückzuführen, nicht gefolgt ist. Das Berufungsgericht ist vielmehr von dem Vorliegen mehrerer verschiedener Fehler des verkauften Hauses ausgegangen. Danach scheidet wegen derjenigen Fehler, die der Beklagten zu 1 und ihrem Ehemann nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bekannt waren, ein Schadensersatzanspruch gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. schon mangels Arglist aus, ohne
daß es auf die Beantwortung der von den Beklagten angesprochenen Frage ankäme, ob sich die Kenntnis des Verkäufers auch auf die Folgen eines arglistig verschwiegenen Fehlers erstrecken muß. Darüber hinaus enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage. Die Kläger verweisen lediglich darauf, daß sich das Arglisterfordernis nach der Rechtsprechung des Senats nur auf den Fehler der Kaufsache als solchen, nicht jedoch auf die daraus resultierenden weiteren Schadensfolgen bezieht (Senat, Urt. v. 12. Juli 1991, V ZR 121/90, NJW 1991, 2900, 2901; vgl. auch Senat, Urt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550). Daß und von wem dies bestritten würde, haben die Kläger hingegen wiederum nicht dargelegt. Da die Rechtsfrage auslaufendes Recht betrifft, hätten die Kläger zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit überdies aufzeigen müssen, daß eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungweisend sein kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (vgl. zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO: BFH/NV 1997, 347, 348; 2000, 1080; 2003, 186, 187; zu § 132 Abs. 1 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 129; NVwZ-RR 1996, 712 m.w.N.; zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG: BSG SozR 1500 § 160a SGG Nr. 19). Auch daran läßt es die Beschwerde fehlen.

d) Geht es nicht um die Klärung einer für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Rechtsfrage, so kommt einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zu, wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits, insbesondere dessen tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht, nicht nur für die Vermögensinteressen der Parteien, sondern auch für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes
zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 105; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungs- band, § 543 Rdn. 11; Hannich in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 19). Für eine Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt ist der Beschwerdebegründung jedoch kein Hinweis zu entnehmen.
2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Zulassung der Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, daß der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Ein solcher Anlaß besteht für die Entwicklung höchstrichterlicher Leitsätze nur dann, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, m.w.N.; Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, NJW-RR 2003, 132; zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO: BFHE 196, 30, 35; BFH/NV 2002, 51, 52; 682, 683). Dies ist nach dem Inhalt der Beschwerdebegründung nicht der Fall, wie bereits die von den Klägern in Bezug genommene Rechtsprechung des Senats belegt.
3. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist ferner nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in den Fällen einer Divergenz gegeben, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung
eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180; Beschl. v. 31. Oktober 2002, V ZR 100/02, WM 2003, 259; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO, 66; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, NJW 2002, 2473 f; Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO; zu § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG: Senat, BGHZ 89, 149, 151). Diese Voraussetzung zeigen die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung nicht auf. Zwar rügen sie, das Berufungsgericht sei entgegen der bereits genannten Entscheidung des Senats vom 12. Juli 1991 fehlerhaft davon ausgegangen, der Verkäufer habe nach § 463 Satz 2 BGB a.F. nur solche Schadenspositionen zu ersetzen, hinsichtlich derer ihm Vorsatz nachgewiesen werden könne. Damit hat das Berufungsgericht jedoch keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von der Rechtsprechung des Senats abweicht. Es kann sich allenfalls um eine fehlerhafte, die Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beachtende Rechtsanwendung handeln, wodurch jedoch eine Divergenz nicht begründet wird (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 543 Rdn. 16; vgl. auch Senat, Beschl. v. 1. Juli 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 387, 388, std. Rspr. zu § 24 LwVG; zu § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG: BAG, AP Nr. 33 zu § 72a ArbGG 1979).

b) Obgleich der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht auf die geschilderten Fälle der Divergenz beschränkt ist, sind seine Voraussetzungen nicht
schon dann erfüllt, wenn - was zu Gunsten der Kläger unterstellt werden mag - die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Senats, fehlerhaft ergangen wäre. Mit der Einführung dieses Zulassungsgrundes wollte der Gesetzgeber dem Bundesgerichtshof nicht die Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung in dem Sinne auferlegen, daß Entscheidungen der Instanzgerichte in jedem Fall auf ihre Richtigkeit revisionsrechtlich zu überprüfen und ggf. zu korrigieren sind. Erforderlich ist vielmehr, daß über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts besteht (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BTDrucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO, 260; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO, 2474; Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030 m.w.N.). Nur eine solche restriktive Auslegung entspricht dem mit der Neuregelung des Zugangs zur Revisionsinstanz - ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 14/4722, S. 66) - verfolgten Zweck, im Interesse der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Bundesgerichtshofes (vgl. hierzu Rimmelspacher in Festschrift für Schumann, 2001, S. 327, 331 f; Wenzel, NJW 2002, 3353) das Rechtsmittel nur für solche Sachen zu eröffnen, deren Entscheidung Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt, weil hierbei Fragen auch mit Blick auf die Wiederholung ähnlicher Fälle zu beantworten sind oder sonstige Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berührt werden.
aa) Im danach maßgeblichen Interesse der Allgemeinheit liegt die Korrektur eines fehlerhaften Berufungsurteils zum einen dann, wenn vermieden werden soll, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, die nicht den Charakter einer Divergenz im her-
kömmlichen Sinn haben. Die hierdurch bestimmte Notwendigkeit einer höchstrichterlichen Leitentscheidung muß sich aus konkreten Anhaltspunkten ergeben , wie etwa aus einer ständigen Fehlerpraxis, die eine Wiederholung des Rechtsfehlers durch das Gericht besorgen läßt, oder aus der ernsthaften Gefahr einer Nachahmung durch andere Gerichte (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO, 2474; Beschl. v. 19. September 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 4. September 2002, VIII ZB 23/02, NJW 2002, 3783, 3784; Beschl. v. 27. November 2002, VIII ZB 33/02, NJWRR 2002, 229; zu § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG: BGHSt 24, 15, 22). Die Evidenz oder das Gewicht eines Rechtsfehlers kann in diesem Zusammenhang keine Bedeutung erlangen; denn diese Umstände sprechen eher gegen als für die Gefahr einer Wiederholung oder Nachahmung (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO, 67). Daß dem ihrer Ansicht nach vorliegenden Rechtsfehler des Berufungsgerichts eine symptomatische Bedeutung oder Signalwirkung zukäme, haben die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt.
bb) Darüber hinaus besteht ein maßgebliches Allgemeininteresse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts auch dann, wenn das Berufungsurteil auf einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 66, 104).
(1) Für eine Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt kommt es wiederum nicht darauf an, ob der Rechtsfehler in dem Sinne offensichtlich ist, daß er von jedermann oder zumindest von einem Fachkundigen ohne weiteres erkannt werden kann (vgl. Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO; zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: BGHSt 24, 15, 21; Göhler/Seitz, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdn. 5 m.w.N.). Angesichts der individuell unterschiedlichen Erkenntnismöglichkeiten , für die auch der Grad der Komplexität und Spezialität des jeweiligen Einzelfalls in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht von maßgebender Bedeutung ist, ließe sich eine so verstandene Evidenz rational schwerlich begründen (vgl. Krugmann, JuS 1998, 7, 10). Vor allem aber wird das Vertrauen in die Rechtsprechung nicht allein dadurch gefährdet, daß ein Rechtsfehler leicht erkennbar ist. Ein solcher Fall wird eher als gelegentliche, nicht zu vermeidende Fehlleistung hingenommen. Dementsprechend stellt die Einzelbegründung des Regierungsentwurfes zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (BT-Drucks. 14/4722, S. 104) ausdrücklich klar, daß für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht der formale Aspekt der Offensichtlichkeit eines Rechtsfehlers entscheidend ist. Maßgeblich soll vielmehr sein, ob eine fehlerhafte Entscheidung erhebliches Gewicht dadurch erlangt, daß im konkreten Fall Verfahrensgrundrechte verletzt sind oder ein Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt. Soweit in allgemeinen Ausführungen der Entwurfsbegründung zur Neufassung der Zulassungsgründe davon die Rede ist, eine Ergebniskorrektur sei nicht nur wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts , sondern auch wegen "offensichtlicher Unrichtigkeit" des Berufungsurteils geboten (BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104), können mithin nur die Fälle der Willkür angesprochen sein, in denen sich die Rechtsauslegung
oder Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht so weit von den gesetzli- chen Grundlagen entfernt, daß sie unter keinem denkbaren Aspekt mehr vertretbar und in diesem Sinne evident fehlerhaft ist.
(2) Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt nach alledem vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deshalb von Verfassungs wegen einer Korrektur bedarf (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3356). Unter diesem Gesichtspunkt ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung namentlich zuzulassen , wenn die anzufechtende Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht, so daß nicht zweifelhaft ist, daß sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin der Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen würde (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO, 3181; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030; zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: BVerfG, NJW 1992, 2811, 2812; Göhler/Seitz, OWiG, aaO, § 80 Rdn. 16a; zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO: BFH/NV 2002, 798, 799; 1474, 1475; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819 f). Der Revision kommt auf diese Weise auch die Funktion zu, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen (vgl. Begrün-
dung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3356). Für ihre Zulassung wegen eines Rechtsfehlers des Berufungsgerichts sind deshalb die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil führen würden. Die Orientierung an der Rechtsprechungspraxis des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht den Parteien eine ausreichend sichere Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision, womit dem rechtsstaatlichen Gebot einer möglichst klaren und bestimmten Regelung des Zugangs zu den Rechtsmittelgerichten (BVerfGE 54, 277, 292 f; 74, 228, 234; 87, 48, 65; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4. September 2002, aaO, 3783) Genüge getan ist. Für die in der Literatur verschiedentlich geäußerten Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO geregelten Zulassungsgrundes (Rimmelspacher in Festschrift für Schumann, 2001, S. 327, 347; ders., LMK 2003, 11, 12; Büttner, MDR 2001, 1201, 1203 f; Piekenbrock/Schulze, JZ 2002, 911, 918; vgl. auch Schultz, BGH-Report 2002, 1110, 1111) fehlt es daher an einer Grundlage. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen gefordert hat, der Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte müsse "offenkundig" sein (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030, 3031; Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO; krit. deshalb Scheuch/Lindner, NJW 2003, 728, 730; Rimmelspacher, LMK 2003, 11, 12), war damit kein zusätzliches Erfordernis geschaffen, sondern nur an die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Begründung eines Verfassungsverstoßes geforderte Qualität der Rechtsverletzung (vgl. etwa BVerfGE 42, 237, 241; 67, 90, 95; 73, 339, 366; 86, 133, 143; 87, 282, 286; BVerfG, NJW 1988, 1456; 2001, 3533) angeknüpft worden.
Hiervon - zwar nicht im Ergebnis, wohl aber in der Begründung - abwei- chend vertritt der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluß vom 1. Oktober 2002 (XI ZR 71/02, NJW 2003, 65, 67) die Auffassung, in den Fällen einer offensichtlichen Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder eines offensichtlichen Verstoßes gegen das Willkürverbot komme - falls nicht die Voraussetzungen einer Divergenz bzw. einer Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr erfüllt sind - nur die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Betracht. Seinem Wortlaut nach stelle § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung, sondern allein auf die davon zu unterscheidende Einheitlichkeit der Rechtsprechung ab. Hierbei wird nicht ausreichend berücksichtigt, daß bereits jede fehlerhafte Gerichtsentscheidung unabhängig vom Vorliegen einer Divergenz oder einer Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stört, weil sie auf einer Rechtsanwendung beruht, die von derjenigen aller übrigen, das Recht richtig anwendenden Gerichte abweicht (Büttner, MDR 2001, 1201, 1203; vgl. auch Baukelmann in Festschrift für Erdmann, 2002, S. 767, 770). Bei weitem Verständnis bedürfte es daher zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung der Korrektur einer jeden fehlerhaften Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht (Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, 3. Aufl., Stand: März 1998, § 80 Rdn. 4). Da dies jedoch - wie bereits ausgeführt (oben 3 b) - die Funktionsfähigkeit des Bundesgerichtshofes in Frage stellen würde, hat der Gesetzgeber bei § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO den Zugang zur Revisionsinstanz auf Rechtssachen beschränkt, die die Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berühren und deshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Es geht also entgegen der Auffassung des XI. Zivilsenats nicht darum, einen Zulassungsgrund zu schaffen, der in dem
Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden hat, sondern um eine an dem Gesetzeszweck orientierte Auslegung einer Vorschrift, deren Wortsinn mehre- re Deutungen zuläßt. Zur Feststellung des Allgemeininteresses, dessen Notwendigkeit der XI. Zivilsenat ebenfalls bejaht, ist es aber auch von Bedeutung, ob der jeweilige, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung störende Rechtsfehler geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beeinträchtigen. Ist dies der Fall, dann soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Korrektur grob fehlerhafter Berufungsurteile durch das Revisionsgericht ermöglichen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BTDrucks. 14/4722, S. 104; ebenso BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, aaO; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor § 542 Rdn. 5, § 543 Rdn. 8, 13; Hannich in Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23). Demgemäß ergibt sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs, daß der Zulassungsgrund der Grundsätzlichkeit durch § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO mit seinem herkömmlichen Begriffsinhalt in das neue Recht übernommen werden soll. Dem Anliegen , die Revision darüber hinaus namentlich auch in Fällen der Verletzung von Verfahrensgrundrechten zu eröffnen, tragen erst die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO Rechnung (BT-Drucks. 14/4722, S. 104).
Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlaß, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzurücken, die im übrigen auch der ganz überwiegenden Ansicht zur gleichlautenden Vorschrift des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO entspricht (BFH/NV 2002, 51, 52; 213, 214; 682, 683; 798, 799; 802; 1474, 1475; 1488; Gräber/Ruban, FGO, 5. Aufl., § 115 Rdn. 68; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819; Spindler, DB 2001, 61, 62; Lange, DStZ 2002, 782, 784; offen gelassen von BFHE 196, 30, 34, 37; BFH/NV 2002, 666, 667). Anlaß für eine Vorlage an
den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 GVG besteht nicht, weil die Frage, ob die Rüge eines Rechtsfehlers mit verfassungsrechtlicher Relevanz unter § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO oder unter § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zu subsumieren ist, lediglich die Begründung der Entscheidung betrifft, deren Ergebnis jedoch nicht berührt. Bei fehlender Entscheidungserheblichkeit ist eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen nicht zulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 m.w.N.).
(3) In der Begründung ihrer Beschwerde legen die Kläger nicht dar, daß das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil verfassungsrechtliche Gewährleistungen verletzt hätte.

a) Das Berufungsgericht hat das Willkürverbot nicht mißachtet. Ist die richterliche Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts willkürlich, so stellt dies einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Hierfür reicht eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Rechtsanwendung nicht aus; selbst ein offensichtlicher Rechtsfehler genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, daß die fehlerhafte Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht; die Rechtslage muß mithin in krasser Weise verkannt worden sein (BVerfGE 42, 64, 74; 67, 90, 94; 80, 48, 51; 87, 273, 278 f; 89, 1, 14; BVerfG, NJW 1988, 1456, 1458; 1994, 1210, 1211; 1994, 2279; 1996, 1336; 1996, 1531; 1997, 311; 1997, 649; 1998, 2583, 2584; 1999, 207, 208; 2001, 1125 f; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, NJW 2000, 590). Damit sind insbesondere - aber nicht nur - die Fälle erfaßt, in denen der Bundesgerichtshof bislang eine greifbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung angenommen hat (vgl. BGHZ 28, 349, 350; 109,
41, 43 f; 119, 372, 374; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 1985, VI ZB 13/85, NJWRR 1986, 738; Urt. v. 24. Juni 1987, IVb ZR 5/86, NJW 1988, 49, 51; Beschl. v. 14. Dezember 1989, IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795; Beschl. v. 14. November 1991, I ZB 15/91, NJW 1992, 983, 984; vgl. auch Lange, DStZ 2002, 782, 785, 786).
Die Kläger meinen, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, daß der Verkäufer nach § 463 Satz 2 BGB a.F. nur solche Schadenspositionen zu ersetzen habe, die ihm bekannt gewesen seien. Es bedarf keiner Entscheidung , ob sich eine derartige Rechtsauffassung unter keinem Aspekt vertretbarer begründen ließe, mithin als willkürlich anzusehen wäre. Sie liegt nämlich der anzufechtenden Entscheidung tatsächlich nicht zugrunde. Das Berufungsgericht hat - abweichend vom Vorbringen der Kläger in der Berufungsinstanz - angenommen, das Wohnhaus weise nicht nur einen, sondern mehrere unterschiedliche Fehler auf. Da es ein arglistiges Verhalten der Beklagten zu 1 und ihres Ehemannes nur hinsichtlich der gekippten Gebäudetrennwand festzustellen vermochte, hat es einen Schadensersatzanspruch der Kläger wegen der sonstigen Fehler verneint. Damit hat das Berufungsgericht das Vorsatzerfordernis nur auf die Fehler als solche, nicht jedoch auf die daraus resultierenden Schadensfolgen bezogen.

b) Das Berufungsgericht hat auch nicht den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Zwar verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hierzu gehört auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar
ergibt, daß das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist dabei nicht verpflichtet , sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen läßt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, daß tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 25, 137, 140; 47, 182, 187 f; 54, 86, 92; 65, 293, 295 f; 69, 233, 246; 70, 288, 293; 85, 386, 404; 88, 366, 375 f; BVerfG, NJW 1994, 2279; NVwZ 1995, 1096; NJW 1998, 2583, 2584; NJWRR 2002, 68, 69). Solche Umstände haben die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dargetan.
Die Kläger rügen, daß das Berufungsgericht trotz ihres Antrags kein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt hat, ob sämtliche Gebäudemängel ursächlich zusammenhängen und auf die - den Verkäufern bekannte - Kippung der Gebäudetrennwand zurückzuführen sind. Zwar hat sich das Berufungsgericht in den Gründen der anzufechtenden Entscheidung mit diesem Beweisantrag der Kläger nicht ausdrücklich befaßt. Dies allein läßt jedoch nicht darauf schließen, es habe den Beweisantrag nicht zur Kenntnis genommen oder erwogen. Denkbar ist vielmehr, daß das Berufungsgericht bereits aufgrund der im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachten die Überzeugung gewonnen hat, das Haus weise mehrere, auf unterschiedlichen Ursachen beruhende Fehler auf. In diesem Fall bestand kein Anlaß zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
Weiterhin meinen die Kläger, das Berufungsgericht habe eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der aus Bauschutt bestehenden Anschüttung im Garten des Hausgrundstücks mit der Begründung verneint, die Schuttablagerung sei offensichtlich und deshalb nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Dabei habe das Berufungsgericht den unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Kläger übergangen, der Schutthügel sei wegen des Überwuchses als solcher nicht erkennbar gewesen. Tatsächlich läßt sich den Gründen der anzufechtenden Entscheidung jedoch allenfalls entnehmen, daß das Berufungsgericht den Umstand einer nicht aus gewachsenem Boden bestehenden Anschüttung für offensichtlich gehalten hat. Daß es diesen Umstand als Fehler qualifiziert hätte, lassen seine Ausführungen dagegen nicht erkennen. Einen Fehler des Grundstücks hat das Berufungsgericht vielmehr darin gesehen , daß sich die Anschüttung aus beseitigungspflichtigen Abfallmaterialien zusammensetzte. Hiermit hätten die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann allerdings nicht rechnen müssen, so daß ihnen ein Arglistvorwurf nicht gemacht werden könne. Damit hat das Berufungsgericht seine Entscheidung gerade nicht darauf gestützt, daß die Zusammensetzung der Anschüttung aus Bauschutt ohne weiteres erkennbar, die Schuttablagerung also offensichtlich gewesen sei. Dementsprechend bedurfte es auch keiner Vernehmung des von den Klägern für die mangelnde Erkennbarkeit der Schuttablagerung angebotenen Zeugen.
Schließlich rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe den gebotenen Hinweis unterlassen, daß es den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nur für die Zeit der Ausbesserung der Gebäudetrennwand dem Grunde nach für gegeben halte. Da sie ohne einen solchen Hinweis nicht hätten wissen können, wegen welcher Mängel das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch bejahe, sei ihnen die vom Berufungsgericht vermißte Präzisierung
des auf die betreffenden Mängel entfallenden Teils des Nutzungsausfallschadens nicht möglich gewesen. Richtig ist zwar, daß sich aus Art. 103 Abs. 1 GG Hinweispflichten des Gerichts ergeben können, wenn der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ansonsten leerlaufen würde. Die Verfahrensbeteiligten müssen bei Anwendung der von ihnen zu fordernden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Stellt das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag , mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf nicht zu rechnen brauchte, dann kommt dies im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich und stellt eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar (BVerfGE 84, 188, 190; BVerfG, NJW 2000, 275). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Ein Schadensersatzanspruch kam nach § 463 Satz 2 BGB a.F. ohne jeden Zweifel nur wegen derjenigen Fehler des Hauses in Betracht, die die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann bei Vertragsschluß arglistig verschwiegen hatten. Dies mußte den anwaltlich beratenen Klägern ebenso bewußt sein wie der Umstand, daß der von ihnen zu erbringende Arglistnachweis möglicherweise nur hinsichtlich einzelner Fehler zu führen sein würde. Damit hätte der von den Klägern lediglich pauschal geltend gemachte Nutzungsausfallschaden bei sorgfältiger Prozeßführung auch ohne einen entsprechenden Hinweis des Gerichts den einzelnen, sich aus dem Beweissicherungsgutachten ergebenden Fehlern anteilig zugeordnet und in diesem Sinne konkretisiert werden müssen.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 335/99
vom
7. Dezember 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Der Wert des Gebäudes, aus dessen Errichtung die Feststellung der Anspruchsberechtigung
nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz abgeleitet wird, bleibt bei der
Festsetzung des Streitwerts außer Ansatz, sofern das Gebäude nicht wesentlicher
Bestandteil des Grundstücks ist.
BGH, Beschl. v. 7. Dezember 2000 - V ZR 335/99 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Dezember 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

beschlossen:
Der Streitwert des Verfahrens wird für alle Instanzen in Abänderung des Beschlusses vom 27. Juli 2000 auf 69.760 DM festgesetzt.

Gründe:

I.


Der Kläger pachtete 1975/1985 vom VEB Gebäudewirtschaft K. -M. - S. zu Erholungszwecken eine Teilfläche eines Grundstücks. Zwischen 1977 und 1985 errichtete er darauf ein Gebäude. Er hat die Feststellung seiner Berechtigung nach § 61 SachenRBerG beantragt. Durch Beschluß vom 27. Juli 2000 hat der Senat den Streitwert des Verfahrens für alle Instanzen auf der Grundlage des Grundstückswertes einschließlich der Bebauung auf 213.760 DM festgesetzt.

II.


Die Gegenvorstellung des Klägers hat Erfolg.
1. Der Streitwert des Verfahrens wird durch den Verkehrswert (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 3 Rdn. 3; Musielak/ Smid, ZPO, 2. Aufl. § 3 Rdn. 5; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl. § 3 Rdn. 6 f; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 2 Rdn. 18) der Teilfläche des Grundstücks bestimmt, hinsichtlich deren der Kläger die Feststellung seiner Berechtigung nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz beantragt. Der Gebäudewert hat dabei im vorliegenden Falle außer Betracht zu bleiben. Gemäß § 296 Abs. 1 ZGB ist das Gebäude nämlich nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks der Beklagten geworden, sondern steht im Eigentum des Klägers. Der Wert des Grundstücks ist durch seine Erstellung nicht erhöht. Insoweit liegt der Fall anders, als wenn vom Eigentum am Grundstück unabhängiges Eigentum an dem Gebäude nicht entstanden wäre.
Daß ein Erfolg der Klage letztlich dazu führen würde, daß dem Kläger der Wert des Gebäudes auch über eine Beendigung des Pachtverhältnisses hinaus erhalten bliebe, ist für die Festsetzung des Streitwerts ohne Bedeutung. Das insoweit mit der Klage verfolgte Ziel bildet ein mittelbares wirtschaftliches Ziel. Ein solches Ziel ist für die Bemessung des Streitwerts ohne Bedeutung (KG JurBüro 1970, 1088, 1089; OLG Köln JurBüro 1971, 718, 719; Gerold, Streitwert, I Rdn. 1; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen, 9. Aufl., § 5 A; ferner BGHZ 128, 85, 89). Soweit in dem Beschluß des Senats vom 15. April 1999, V ZR 391/98, WM 1999, 1734, etwas anderes entnommen werden kann, hält der Senat hieran nicht fest.

2. Der Wert der vom Kläger in Anspruch genommenen Teilfläche des Grundstücks beträgt 87.200 DM. Da mit der Klage keine Verfügung über das Grundstück verlangt wird, sondern nur die Feststellung der Berechtigung nach § 61 SachenRBerG, ist hiervon ein Abschlag von 20 % zu machen (vgl. BGH, Urt. v. 27. September 1961, IV ZR 38/61, VersR 1961, 1094, 1095 und Beschl. v. 29. September 1975, III ZR 94/75, JurBüro 1975, 1598). Der Höhe der Gegenleistungsverpflichtung für den Fall des Ankaufs des Grundstücks oder der Höhe des Erbbauzinses für den Fall der Bestellung eines Erbbaurechts an dem Grundstück kommt für die Bemessung des Streitwerts keine Bedeutung zu (vgl. RGZ 140, 358, 359).
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier