Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 38/09
vom
22. September 2009
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen des Verdachts der Unterstützung terroristischer Vereinigungen im Ausland
u. a.
hier: Beschwerde des Drittbetroffenen gegen die Anordnung
und Durchführung von Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. September 2009 gemäß § 101
Abs. 7 Satz 2 und 3, § 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Drittbetroffenen wird der Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 2009 - 2 BGs 138/09 - aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschuldigten T. und andere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung der ausländischen terroristischen Vereinigungen Al Qaeda, Al Qaeda im Zweistromland und Ansar al Islam sowie weiterer Straftaten. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in der Zeit vom 25. November 2007 bis zum 5. Januar 2008 in fünf Fällen auf den Internetseiten der "Globalen Islamischen Medienfront" (GIMF) Propagandamaterial der Al Qaeda, das auf die Werbung neuer Mitglieder und Unterstützer abgezielt haben soll (§ 129 a Abs. 1 und Abs. 5 Satz 2, § 129 b Abs. 1 StGB), weiterverbreitet zu haben. Außerdem soll er die ausländischen terroristischen Vereinigungen Al Qaeda im Zweistromland sowie Ansar al Islam dadurch unterstützt haben, dass er deren auf Einschüchterung und Demoralisierung ihrer Gegner ausgerichtetes Propagandamaterial (Enthauptungsszenen) in das Forum der Globalen Islamischen Medienfront einstellte.
2
Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs durch mehrere Beschlüsse die Überwachung und Aufzeichnung der vom Beschuldigten T. über einen von ihm genutzten Telefonanschluss geführten Telekommunikation angeordnet. Die Maßnahme ist vom Bundeskriminalamt vollzogen worden. Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 hat der Generalbundesanwalt den Beschwerdeführer davon unterrichtet, dass er zweimal an der Telekommunikation des im Zeitraum vom 6. Dezember 2007 bis zum 14. August 2008 überwachten Telefonanschlusses beteiligt war.
3
Die Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers hat mit Schriftsatz vom 17. Februar 2009 die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragt. Gleichzeitig hat sie den Antrag gestellt, ihr Akteneinsicht zu gewähren. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat daraufhin der Verfahrensbevollmächtigten die Beschlüsse des Ermittlungsrichters, mit denen die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation angeordnet worden war, in abgekürzter Form - ohne Teil II. der Begründung -, Vermerke über den Beginn und die Beendigung der Überwachungsmaßnahme sowie eine Ereignisliste (Teilauswahl) zum Zweck der Einsichtnahme übersandt.
4
Mit Beschluss vom 19. Juni 2009 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Antrag des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen. Hiergegen richtet sich dessen sofortige Beschwerde.

II.

5
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
6
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs hat über den Antrag des Beschwerdeführers entschieden, die Rechtmäßigkeit der Anordnung und des Vollzugs der Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme zu überprüfen, ohne dass diesem zuvor von dem zur Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch berufenen Generalbundesanwalt (§ 478 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142 a Abs. 1 Satz 1 GVG) Akteneinsicht im erforderlichen Umfang gewährt worden war. Damit hat er den Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an den Ermittlungsrichter. Im Einzelnen:
7
1. Die an einer überwachten Telekommunikation beteiligten Personen können auch nach Beendigung der Maßnahme bis zu zwei Wochen nach der Benachrichtigung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragen (§ 101 Abs. 7 Satz 2 StPO). Da ihnen das Gesetz in diesem Verfahren die Stellung eines Verfahrensbeteiligten einräumt, haben sie einen Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser Anspruch, der in einem funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes steht und grundsätzlich unabdingbar ist, sichert jedem Verfahrensbeteiligtem das Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung seines Vorbringens bei einer gerichtlichen Entscheidung. Zum rechtlichen Gehör vor Gericht gehört insbesondere die Möglichkeit, sich auf Antrag über alle entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismittel durch Einsicht in die Akten zu informieren (vgl. BVerfG NStZ 2007, 274; BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17; BGH, Beschl. vom 22. September 2009 - StB 28/09).
8
Im Rechtsbehelfsverfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO richtet sich der Umfang des Akteneinsichtsrechts einer Person, die nicht am Ermittlungsbzw. Strafverfahren im engeren Sinn beteiligt, sondern zufällig als Gesprächspartner von der heimlichen Überwachung der Telekommunikation betroffen ist, im Grundsatz nach §§ 475 ff. StPO mit der Einschränkung, dass bei Anwendung dieser Vorschriften in geeigneter Weise dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Rechnung zu tragen ist. Deshalb hat sie das Recht, bevor eine Entscheidung in diesem Verfahren ergeht, Auskunft aus den Ermittlungsakten zu erhalten bzw. diese einzusehen, soweit dies für die konkrete Rechtsverfolgung unerlässlich ist. Ihrem Rechtsanwalt sind deshalb auf Antrag neben den vollständigen, ungekürzten Anordnungsbeschlüssen des Richters diejenigen Aktenteile und Beweismittel zur Verfügung zu stellen, auf die sich die zu überprüfende Entscheidung stützt und die die Anordnungsvoraussetzungen belegen, insbesondere den Anfangsverdacht einer Straftat aus dem Katalog des § 100 a StPO begründen. Des Weiteren müssen ihr, soweit sich der Antrag auch gegen die Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Maßnahmen richtet, die Aktenbestandteile zur Verfügung gestellt werden, aus denen sich Art und Weise ihrer Durchführung ersehen lassen. Außerdem müssen ihr die sie betreffenden Erkenntnisse aus der heimlichen Ermittlungsmaßnahme und etwaige Verschriftungen von Tonaufnahmen oder Zusammenfassungen dieser Erkenntnisse zugänglich gemacht werden (vgl. BGH, Beschl. vom 22. September 2009 - StB 28/09).
9
Ein Anspruch des Drittbetroffenen auf weitergehende Einsicht in die Verfahrensakten besteht schon deshalb nicht, weil insoweit das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Beschuldigten und der von der Akteneinsicht betroffenen anderen Personen Vorrang hat (vgl. BGH, Beschl. vom 22. September 2009 - StB 28/09; Singelnstein NStZ 2009, 481, 486).
10
Soweit im Einzelfall das öffentliche Interesse, die bisherigen Ermittlungsergebnisse ganz oder zum Teil geheim zu halten, um die Aufklärung von Straftaten nicht zu gefährden, einer Akteneinsicht im dargestellten Umfang entgegensteht , ist die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der heimlichen Ermittlungsmaßnahme solange zurückzustellen, bis das Geheimhaltungsinteresse entfallen ist und deshalb Akteneinsicht gewährt werden kann (BGH, Beschl. vom 22. September 2009 - StB 28/09; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 101 Rdn. 25 a). Ein "in camera"-Verfahren, in dem das zur Entscheidung berufene Gericht von entscheidungserheblichen Tatsachen oder Beweismitteln Kenntnis erlangen würde, zu denen sich der Antragsteller nicht äußern konnte, ist im Strafprozess mit Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbar (vgl. BVerfGE 109, 279, 371; BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17).
11
2. Nach diesen Maßstäben verletzt der angegriffene Beschluss das grundrechtsgleiche Recht des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Generalbundesanwalt hat dem Beschwerdeführer auf seinen Antrag hin nicht im erforderlichen Umfang Akteneinsicht gewährt. Ihm wurden vor der angefochtenen Entscheidung weder die vollständigen Beschlüsse des Ermittlungsrichters, durch die die Überwachung der Telekommunikation angeordnet worden sind, zugänglich gemacht noch konnte er anhand der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 100 a StPO vorlagen, insbesondere die Beweismittel den Verdacht einer Anlasstat gemäß §§ 129 a, 129 b StGB begründeten. Daher war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, sich zur Rechtmäßigkeit der angeordneten Überwachung der Telekommunikation substantiiert zu äußern. Hinzu kommt, dass der Ermittlungsrichter in der angefochtenen Entscheidung unter II. 2. b) Aktenteile verwertet hat, die dem Beschwerdeführer zuvor nicht zugänglich gemacht worden waren. Soweit er ausführt, die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers und dieser selbst hätten sich auf die Antragstellung be- schränkt und - wider den Zweck des nachträglichen rechtlichen Gehörs - jegliche Ausführungen zu dessen Begründung vermissen lassen, ist dies widersprüchlich , weil wegen der unvollständig gewährten Akteneinsicht eine weitergehende Begründung überhaupt nicht möglich war.
12
Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Ermittlungsrichter führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an den Ermittlungsrichter zur erneuten Entscheidung. Diese darf jedoch zurückgestellt werden, bis dem Antragsteller ohne Gefährdung der weiteren Ermittlungen Einsicht in die für sein Rechtsschutzbegehren relevanten Aktenteile gewährt werden konnte (vgl. BGH, Beschl. vom 22. September 2009 - StB 28/09). Becker von Lienen Schäfer

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafprozeßordnung - StPO | § 101 Verfahrensregelungen bei verdeckten Maßnahmen


(1) Für Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 100a bis 100f, 100h, 100i, 110a, 163d bis 163g gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die nachstehenden Regelungen. (2) Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen nach den §§ 100b, 100c, 100f

Strafprozeßordnung - StPO | § 478 Form der Datenübermittlung


Auskünfte nach den §§ 474 bis 476 und Datenübermittlungen von Amts wegen nach § 477 können auch durch Überlassung von Kopien aus den Akten erfolgen.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2009 - StB 28/09

bei uns veröffentlicht am 22.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 28/09 vom 22. September 2009 in dem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt, wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a. - "militante gruppe (mg)" - hier: Antrag des Drittbetroffenen auf

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Auskünfte nach den §§ 474 bis 476 und Datenübermittlungen von Amts wegen nach § 477 können auch durch Überlassung von Kopien aus den Akten erfolgen.

(1) Für Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 100a bis 100f, 100h, 100i, 110a, 163d bis 163g gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die nachstehenden Regelungen.

(2) Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen nach den §§ 100b, 100c, 100f, 100h Abs. 1 Nr. 2 und § 110a werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung nach Absatz 5 erfüllt sind.

(3) Personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Absatz 1 erhoben wurden, sind entsprechend zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung an eine andere Stelle ist die Kennzeichnung durch diese aufrechtzuerhalten.

(4) Von den in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind im Falle

1.
des § 98a die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden,
2.
des § 99 der Absender und der Adressat der Postsendung,
3.
des § 100a die Beteiligten der überwachten Telekommunikation,
4.
des § 100b die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
5.
des § 100c
a)
der Beschuldigte, gegen den sich die Maßnahme richtete,
b)
sonstige überwachte Personen,
c)
Personen, die die überwachte Wohnung zur Zeit der Durchführung der Maßnahme innehatten oder bewohnten,
6.
des § 100f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
7.
des § 100h Abs. 1 die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
8.
des § 100i die Zielperson,
9.
des § 110a
a)
die Zielperson,
b)
die erheblich mitbetroffenen Personen,
c)
die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat,
10.
des § 163d die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden,
11.
des § 163e die Zielperson und die Person, deren personenbezogene Daten gemeldet worden sind,
12.
des § 163f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
13.
des § 163g die Zielperson
zu benachrichtigen. Dabei ist auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes nach Absatz 7 und die dafür vorgesehene Frist hinzuweisen. Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen. Zudem kann die Benachrichtigung einer in Satz 1 Nummer 2 und 3 bezeichneten Person, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, unterbleiben, wenn diese von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurde und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung hat. Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.

(5) Die Benachrichtigung erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der persönlichen Freiheit einer Person und von bedeutenden Vermögenswerten, im Fall des § 110a auch der Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers möglich ist. Wird die Benachrichtigung nach Satz 1 zurückgestellt, sind die Gründe aktenkundig zu machen.

(6) Erfolgt die nach Absatz 5 zurückgestellte Benachrichtigung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedürfen weitere Zurückstellungen der gerichtlichen Zustimmung. Das Gericht bestimmt die Dauer weiterer Zurückstellungen. Es kann dem endgültigen Absehen von der Benachrichtigung zustimmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden. Sind mehrere Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden, so beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der Beendigung der letzten Maßnahme. Bei Maßnahmen nach den §§ 100b und 100c beträgt die in Satz 1 genannte Frist sechs Monate.

(7) Gerichtliche Entscheidungen nach Absatz 6 trifft das für die Anordnung der Maßnahme zuständige Gericht, im Übrigen das Gericht am Sitz der zuständigen Staatsanwaltschaft. Die in Absatz 4 Satz 1 genannten Personen können bei dem nach Satz 1 zuständigen Gericht auch nach Beendigung der Maßnahme bis zu zwei Wochen nach ihrer Benachrichtigung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragen. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft. Ist die öffentliche Klage erhoben und der Angeklagte benachrichtigt worden, entscheidet über den Antrag das mit der Sache befasste Gericht in der das Verfahren abschließenden Entscheidung.

(8) Sind die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten zur Strafverfolgung und für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist aktenkundig zu machen. Soweit die Löschung lediglich für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zurückgestellt ist, dürfen die Daten ohne Einwilligung der betroffenen Personen nur zu diesem Zweck verwendet werden; ihre Verarbeitung ist entsprechend einzuschränken.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 28/09
vom
22. September 2009
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
Unbekannt,
wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a.
- "militante gruppe (mg)" -
hier: Antrag des Drittbetroffenen auf Einsicht in die
Ermittlungsakten im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Antragstellers am 22. September 2009 gemäß § 478
Abs. 3 Satz 1, § 475, § 161 a Abs. 3 StPO beschlossen:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Versagung weiterer Akteneinsicht durch den Generalbundesanwalt wird als derzeit unbegründet zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller begehrt als sog. Drittbetroffener im Rahmen eines von ihm betriebenen Verfahrens auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Einsicht in Ermittlungsakten des Generalbundesanwalts. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
2
Der Generalbundesanwalt führt wegen Brandanschlägen vom 22./ 23. September 2004 auf das Bezirksamt Reinickendorf und das Sozialamt Tempelhof-Schöneberg in Berlin ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Beschuldigte u. a. wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung - der "militante(n) gruppe (mg)" -, die sich zu den Taten bekannt hatte. Mit Beschluss vom 24. November 2005 ordnete der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Überwachung der Telekommunikation eines mutmaßlichen Nachrichtenmittlers der Mitglieder der "militanten gruppe" gemäß § 100 a Satz 2 StPO aF für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 6. Januar 2006 an. Diese Maßnahme wurde vollzogen. Von ihr war u. a. der Antragsteller betroffen, der am 1. Dezember 2005 über eine Dauer von einer Minute und 16 Sekunden ein Gespräch mit dem Inhaber des überwachten Telefonanschlusses führte. Nachdem der Antragsteller am 4. Februar 2009 vom Generalbundesanwalt gemäß § 101 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2, Abs. 5 StPO über die Abhörmaßnahme benachrichtigt worden war, beantragte er gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO fristgerecht beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Rechtswidrigkeit der Anordnung vom 24. November 2005 und der Art und Weise ihres Vollzugs festzustellen. Gleichzeitig stellte er den Antrag, Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren, soweit dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme erforderlich ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erhielt daraufhin vom Generalbundesanwalt Ablichtungen des angefochtenen Beschlusses sowie einer Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom 3. Februar 2009 zu einem Antrag nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO des von der Anordnung unmittelbar betroffenen Anschlussinhabers zur Kenntnisnahme übersandt. Ferner wurde dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet, beim Bundeskriminalamt in Meckenheim die ihn betreffende Aufzeichnung aus der Telekommunikationsüberwachung anzuhören. Eine darüber hinausgehende Einsicht in die Ermittlungsakten lehnte der Generalbundesanwalt gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2, § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO unter Hinweis auf schutzwürdige Interessen anderer Betroffener und auf entgegenstehende Zwecke des noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens ab. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er Akteneinsicht begehrt, soweit dies zur Prüfung der im Wege des nachträglichen Rechtsschutzes nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO angefochtenen Maßnahme erforderlich ist. Im Hinblick auf diesen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Entscheidung über den Antrag nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zurückgestellt.

II.


3
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die auf § 475 Abs. 1 Satz 2 und § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO gestützte Versagung der Akteneinsicht durch den Generalbundesanwalt ist gemäß § 478 Abs. 3 Satz 1, § 475 StPO zulässig. Über diesen Antrag hat nach der derzeit noch geltenden Gesetzeslage gemäß § 478 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 161 a Abs. 3 Satz 2 StPO, § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 2 GVG der Senat zu entscheiden (zur Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs ab 1. Oktober 2009 vgl. § 478 Abs. 3 Satz 1, § 162, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO in der Fassung des 2. Opferrechtsreformgesetzes vom 29. Juli 2009, BGBl I 2280, 2284).
4
2. Dem Antrag bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Erfolg versagt. Der Generalbundesanwalt hat mit Blick auf den derzeitigen Stand des Ermittlungsverfahrens zu Recht die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten verweigert. Im Einzelnen gilt Folgendes:
5
Die Frage, ob und in welchem Umfang einem von einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme im Sinne des § 101 Abs. 3 Satz 1 StPO Betroffenen Akteneinsicht zur Vorbereitung und Begründung seines Antrags auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu gewähren ist, richtet sich, sofern der Betroffene nicht zugleich eine Stellung als Verfahrensbeteiligter im Ermittlungs- bzw. Strafverfahren hat und sich aufgrund dieser Funktion auf ein spezielles Akteneinsichtsrecht berufen kann, nach den Grundsätzen der §§ 475 ff. StPO.
6
Zwar hat der Gesetzgeber - Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgend (BVerfGE 100, 313 ff.; 109, 279 ff.; 113, 348 ff.) - mit § 101 StPO zusammenfassende allgemeine Verfahrensvorschriften für die in § 101 Abs. 1 StPO bezeichneten heimlichen Ermittlungsmaßnahmen geschaffen (BRDrucks. 275/07 S. 129). Er hat es jedoch unterlassen, das Auskunfts- und Aktenein- sichtsrecht für Beteiligte im Verfahren auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO spezifisch zu regeln. Insbesondere fehlen Bestimmungen dazu, in wie weit zum einen den in weitem Umfang rechtsmittelbefugten sog. Drittbetroffenen, gegen die sich weder das Ermittlungsverfahren noch die Anordnung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme richtete, zur effektiven Wahrnehmung ihrer Rechtsschutzmöglichkeit Einblick in die Ermittlungsakten zu gewähren ist, ohne zum anderen die schutzwürdigen Belange sonstiger von dem Ermittlungsverfahren betroffener Personen, aber auch dessen Zweck, die gegebenenfalls noch mögliche Tataufklärung, in unvertretbarer Weise zu beeinträchtigen. Zur Ausgestaltung des Akteneinsichtsrechts im Verfahren auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO ist daher auf das bestehende Regelungsgefüge der Strafprozessordnung zurückzugreifen. Soweit dieses den Interessen der Rechtsschutz Suchenden nicht in ausreichendem Maße gerecht wird, sind diese Vorschriften mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG verfassungskonform anzupassen. Danach gilt:
7
Unproblematisch sind nur diejenigen Fälle, in denen eine von einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme betroffene Person zugleich am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren, in dem die angefochtene Maßnahme angeordnet wurde, beteiligt und aufgrund dieser Verfahrensstellung zur umfassenden Akteneinsicht berechtigt ist (§ 147, § 385 Abs. 3, § 397 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 Satz 2, § 442 Abs. 1, § 444 Abs. 2 Satz 2 StPO). Auf diese Vorschriften können sich Verfahrensbeteiligte auch dann berufen, wenn sie die Akten (nur) zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO einsehen möchten. An ihrer Stellung im Ermittlungs- bzw. Strafverfahren ändert sich durch die Inanspruchnahme der Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO nichts. Dies gilt insbesondere für den Beschuldigten, der in dem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren von heimlichen Ermittlungsmaßnahmen als Zielperson aber auch als Dritter betroffen sein kann, wenn sich die Maßnahme etwa gegen einen Nachrichtenmittler oder einen Mitbeschuldigten richtete. Macht der Beschuldigte als (Dritt-)Betroffener Akteneinsicht im nachträglichen Rechtsschutzverfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO geltend, so sind ihm daher die Akten nach Maßgabe des § 147 StPO zur Verfügung zu stellen. Auch anderen Verfahrensbeteiligten - etwa Privatklägern, Nebenklägern, Einziehungs- und Verfallsbeteiligten, aber auch Verletzten - steht, wenngleich dies eher selten vorkommen wird, im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO das ihnen von Gesetzes wegen speziell eingeräumte Akteneinsichtsrecht zu.
8
Schwierigkeiten bereiten indes die zahlreichen Fälle, in denen - wie hier - der Antragsteller nicht mit spezifisch geregeltem Akteneinsichtsrecht am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren im engeren Sinne beteiligt ist. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass sich Art und Umfang der Akteneinsicht und Auskunftserteilung in derartigen Fällen nach §§ 475 ff. StPO beurteilen (Bär in KMR § 101 Rdn. 37; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 475 Rdn. 1). Nach einer anderen Meinung ist ein Rückgriff auf diese Vorschriften unzulässig, da der Antragsteller nicht Privatperson im Sinne des § 475 StPO sei, sondern hinsichtlich seines Antrags nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Verfahrensbeteiligter. Sein Recht auf Einsicht in die für das Antragsverfahren gesondert anzulegende Akte folge vielmehr direkt aus Art. 103 Abs. 1 GG (Singelnstein NStZ 2009, 481, 485 f.). Der Senat hält die erstgenannte Auffassung im Grundsatz für zutreffend , jedoch mit der Einschränkung, dass bei Anwendung des § 475 StPO in geeigneter Weise dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) des im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO auf Rechtsschutz Nachsuchenden Rechnung zu tragen ist.
9
a) Das Gesetz stellt mit § 475 StPO eine abschließende Regelung zur Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht an (Privat-)Personen zur Verfügung , die weder als Beschuldigte noch in anderer Weise, namentlich als Nebenkläger , Privatkläger, Einziehungs- oder Verfallsbeteiligte mit eigenen Verfahrens - und Akteneinsichtsrechten am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren beteiligt sind (Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 475 Rdn. 1 und 3; Gieg in KK 6. Aufl. § 475 Rdn. 1 m. w. N.; Meyer-Goßner aaO). Die Vorschrift ist daher im Grundsatz auch auf Akteneinsichtsgesuche im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO anzuwenden, wenn die Antragsteller darüber hinausgehende Verfahrensrechte nicht innehaben. Sie gilt mithin insbesondere für die große Anzahl der Personen, die lediglich Drittbetroffene, etwa Gesprächspartner, einer gegen eine andere Person gerichteten heimlichen Ermittlungsmaßnahme sind.
10
b) Werden diese Personen gemäß § 101 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO von der Durchführung einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme benachrichtigt und über ihre Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO belehrt, so sind sie im Sinne des § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO berechtigt, auf einen entsprechenden Antrag Auskunft zu erhalten oder Einsicht in die Ermittlungsakten zu nehmen, soweit sie von der Rechtsschutzmöglichkeit Gebrauch machen und die Aktenkenntnis für eine effektive Durchführung des Verfahrens erforderlich ist. Eine dauerhafte gänzliche oder teilweise Versagung der Einsicht in die insoweit relevanten Aktenteile kommt nicht in Betracht, da dies den Antragsteller im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzten würde. Deshalb sind die Versagungsgründe der § 475 Abs. 1 Satz 2, § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO, die nicht auf das hier in Rede stehende Akteneinsichtsrecht zur Durchsetzung prozessualer Rechte in einem Rechtsbehelfsverfahren zugeschnitten sind, sondern datenschutzrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen (BVerfGE 65, 1; Gemählich in KMR vor § 474 Rdn. 1 und 4), im Lichte des Art. 103 Abs. 1 GG verfassungskonform auszulegen.
11
Nach der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG hat der Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich vor dem Erlass einer Entscheidung , die seine Rechte betrifft, zu dem Sachverhalt zu äußern, welcher der Entscheidung zugrunde gelegt wird. Das rechtliche Gehör ist für ein rechtsstaatliches Verfahren konstitutiv und grundsätzlich unabdingbar. Es sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge , dass sie ihr Rechtsschutzbegehren selbstbestimmt und situationsspezifisch gestalten können. Dies setzt nicht nur voraus, dass sie von dem Verfahren - hier der Maßnahme - und dem zu Grunde liegenden Sachverhalt benachrichtigt werden (BVerfGE 81, 123, 126; BVerfG NStZ 2007, 274). Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört vielmehr auch die gegebenenfalls im Wege der Auskunft oder der Akteneinsicht zu vermittelnde Information über die entscheidungserheblichen Beweismittel (BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17; NJW 2006, 1048 f.).
12
Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht auch dem Antragsteller im Rechtsbehelfsverfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO uneingeschränkt zu. Nach den vorgenannten Grundsätzen hat er daher das Recht, bevor eine Entscheidung in diesem Verfahren ergeht, Auskunft aus den Ermittlungsakten zu erhalten bzw. diese einzusehen, soweit dies für die konkrete Rechtsverfolgung unerlässlich ist. Seinem Rechtsanwalt sind deshalb nicht nur die angefochtene Entscheidung, sondern auch die Aktenteile und Beweismittel zur Verfügung zu stellen, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt, namentlich also diejenigen , aus denen die Anordnungsvoraussetzungen - insbesondere der erforderliche Verdacht, dass jemand eine bestimmte Straftat begangen hat - hergeleitet worden sind. Wird die Art und Weise der Durchführung der Maßnahme beanstandet, so ist Einsicht in die Unterlagen zu gewähren, aus denen sich die Ausgestaltung der Durchführung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme ergibt.
Des Weiteren müssen dem Antragsteller die ihn betreffenden Erkenntnisse aus der heimlichen Ermittlungsmaßnahme - erforderlichenfalls nach Maßgabe des § 478 Abs. 3 Satz 1 StPO - sowie etwaige Verschriftungen von Ton- oder Bildaufnahmen oder Zusammenfassungen dieser Erkenntnisse (BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09, Rdn. 20 ff.) zugänglich gemacht werden. Ein Anspruch auf umfassende Einsicht in die Verfahrensakten steht dem Drittbetroffenen mit Blick auf die insoweit stets vorrangigen Interessen der von der Akteneinsicht betroffenen Personen hingegen nicht zu (vgl. Singelnstein aaO).
13
Der Senat verkennt nicht, dass angesichts der Streubreite mancher heimlichen Ermittlungsmaßnahmen ein derart ausgestaltetes Akteneinsichtsrecht für Drittbetroffene die Interessen der von der Akteneinsicht betroffenen sonstigen Personen - mit Blick auf die Unschuldsvermutung insbesondere die Belange des Beschuldigten - unter Umständen nicht unerheblich berührt. In besonderer Weise augenfällig wird dies, wenn, was der vorliegende Fall zeigt, zudem die Grundrechtsbeeinträchtigung des Drittbetroffenen vergleichsweise gering ist. Diese fraglos unbefriedigende Rechtslage ist jedoch der gesetzlichen Regelung des § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO geschuldet. Die Belange anderer Personen sind zwar gemäß § 101 Abs. 4 Satz 3 StPO zwingend bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob überhaupt eine Benachrichtigung eines Betroffenen von der Durchführung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme vorzunehmen ist. Liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung aber nicht vor, weil die rein formalen Informationen über Zeitraum und Umfang der Maßnahme und zum Verfahren, in dem sie erhoben wurden (BVerfG NJW 2007, 2753, 2757; Bär aaO Rdn. 22), die Belange anderer Personen nicht beeinträchtigen, und ist auch sonst kein Grund für das Absehen (§ 101 Abs. 4 Satz 4 StPO) oder die Zurückstellung der Kenntnisgabe - etwa wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks (§ 101 Abs. 5 Satz 1 StPO) - gegeben, so wird mit der dann zwingenden Benachrichtigung des Betroffenen (BVerfGE 113, 349, 384, 390) ohne jede weitere Einschränkung die Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO eröffnet. Diesem Rechtsbehelf würde jede Bedeutung genommen , wenn den Betroffenen wegen entgegenstehender Interessen Anderer das zur Durchsetzung ihres Rechtsschutzes unerlässliche Akteinsichtsrecht nicht zur Verfügung stünde. Eine andere Handhabung des Akteneinsichtsrechts liefe zudem auf ein der Strafprozessordnung fremdes "in-camera"-Verfahren hinaus, in dem das zuständige Gericht von entscheidungserheblichen Tatsachen Kenntnis erhielte, zu denen der Antragsteller sich nicht äußern könnte (BVerfGE 109, 279, 371; BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17).
14
Deshalb kann auch das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an einer effektiven Führung des Ermittlungsverfahrens aus den vorgenannten Gründen nicht dazu führen, einem Antragsteller vor der im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu treffenden Entscheidung die Einsichtnahme in die für ihn wesentlichen Aktenteile zu verweigern. Jedoch ist insoweit in der Rechtsprechung anerkannt, dass das öffentliche Interesse, weiter effektiv und gegebenenfalls im Verborgenen zu ermitteln, mit dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen dadurch zum Ausgleich gebracht werden kann, dass Akteneinsicht zunächst versagt und die Entscheidung in dem Rechtsbehelfsverfahren zurückgestellt wird, bis die zunächst verwehrte Akteneinsicht ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks gewährt werden und der Antragsteller sich umfassend äußern konnte. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) wird dadurch nicht verletzt. Zwar hat auch der Antragsteller im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Anspruch auf eine angemessen zügige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des beendeten Grundrechtseingriffs. Diesem Feststellungsinteresse muss aber nicht mit gleicher Eilbedürftigkeit nachgekommen werden wie einem Anfechtungsbegehren, das sich gegen einen fortdauernden Eingriff richtet. Das Geheimhaltungsinteresse der Strafverfolgungsbehörden kann deshalb ein sachgerechter Verzögerungsgrund sein, der zwar keine gänzliche Verweige- rung aber eine Zurückstellung des Akteneinsichtsgesuchs rechtfertigen kann (vgl. BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17).
15
c) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
16
aa) Für die Bescheidung des Akteneinsichtsgesuchs war der Generalbundesanwalt zuständig und nicht der zur Entscheidung im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO berufene Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs. Gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO entscheidet während des Ermittlungsverfahrens allein die Staatsanwaltschaft über Anträge auf Akteneinsicht. Dass im Verlauf dieses Verfahrens durch einen Antrag auf Gewährung nachträglichen Rechtsschutzes gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO der Ermittlungsrichter für die Entscheidung über diesen gesonderten Rechtsbehelf zuständig wird, ändert hieran nichts, stellt diesen insbesondere nicht dem Vorsitzenden des mit der Sache befassten Gerichts im Sinne des § 478 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. StPO gleich; denn hiermit ist nach dem Regelungszusammenhang des § 478 StPO ausschließlich die Zuständigkeit des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts gemeint (vgl. Gieg aaO § 478 Rdn. 2; für das Akteneinsichtsrecht nach § 147 StPO: Lüderssen/Jahn in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 147 Rdn. 148). Ein Zuständigkeitswechsel tritt erst nach Anklageerhebung ein. So wie der Vorsitzende des erkennenden Gerichts nach diesem Zeitpunkt über die Gewährung der Akteneinsicht an den Verteidiger zu entscheiden hat, ist er aufgrund der nach § 101 Abs. 7 Satz 4 StPO durch die Anklageerhebung begründeten Zuständigkeit des erkennenden Gerichts für den nachträglichen Rechtsschutz auch dazu berufen, gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. StPO über Akteneinsichtsgesuche Drittbetroffener im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu befinden.
17
bb) Dem Antragsteller steht für das von ihm betriebene Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO grundsätzlich ein Recht auf Auskunft bzw. auf Einsicht in die Ermittlungsakten des Generalbundesanwalts in dem oben beschriebenen Umfang zu. Er hat deshalb einen Anspruch darauf, über die bisher ausgehändigten Unterlagen hinaus vor allem in diejenigen Aktenteile und Beweismittel Einblick zu nehmen, auf die sich im angefochten Beschluss die Annahme des für die Telekommunikationsüberwachung vorausgesetzten Verdachts der Straftat nach § 129 StGB sowie die Annahme gründete, derjenige, gegen den sich die Anordnung der Maßnahme richtete, sei Nachrichtenmittler für Mitglieder der kriminellen Vereinigung. Die ihn betreffenden Erkenntnisse aus der Ermittlungsmaßnahme sind dem Antragsteller nicht nur in der Form des § 475 Abs. 3 Satz 1 StPO zur Kenntnis zu bringen, sondern ihm sind ebenso hiervon gefertigte (zusammenfassende) Verschriftungen zur Einsicht zu überlassen. Solche brauchen jedoch nicht eigens zur Vereinfachung der Information des Antragstellers erstellt zu werden.
18
cc) Die Einsicht in diese Aktenteile durfte dem Antragsteller, entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts, zwar nicht unter Hinweis auf entgegenstehende Belange des Beschuldigten, des (vermeintlichen) Nachrichtenmittlers sowie anderer Betroffenen versagt werden, da diese Interessen, wie dargelegt, hinter dem Recht des Antragstellers auf rechtliches Gehör zurückzutreten haben.
19
Die weitere Akteneinsicht wurde aber derzeit gleichwohl zu Recht gemäß § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO mit Blick auf das öffentliche Interesse an einer effektiven Tataufklärung verweigert. Die Ermittlungen im vorliegenden Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Der Generalbundesanwalt führt überdies weitere Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der "militanten gruppe", die ebenfalls noch offen sind. Die Einsichtnahme des Antragstellers in die Akten würde deshalb zur Offenlegung maßgeblicher Erkenntnisse führen, die die weiteren Ermittlungen zu den den Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhalten zumindest wesentlich erschweren, wenn nicht unmöglich machen würde. In Anbetracht dieser Umstände ist die Versagung der Akteneinsicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu beanstanden. Dem Begehren des Antragstellers auf (weitere) Akteneinsicht wird jedoch spätestens mit Abschluss der Ermittlungen oder mit Einstellung der Verfahren nachzukommen sein. Dies hat zur Folge, dass über den Antrag im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO wegen des bisher nicht hinreichend gewährten rechtlichen Gehörs derzeit nicht entschieden werden kann. Das Verfahren wird vielmehr bis zur Gewährung der Akteneinsicht auszusetzen sein.
20
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 a Abs. 3 Satz 3, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Sost-Scheible Becker

(1) Für Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 100a bis 100f, 100h, 100i, 110a, 163d bis 163g gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die nachstehenden Regelungen.

(2) Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen nach den §§ 100b, 100c, 100f, 100h Abs. 1 Nr. 2 und § 110a werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung nach Absatz 5 erfüllt sind.

(3) Personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Absatz 1 erhoben wurden, sind entsprechend zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung an eine andere Stelle ist die Kennzeichnung durch diese aufrechtzuerhalten.

(4) Von den in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind im Falle

1.
des § 98a die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden,
2.
des § 99 der Absender und der Adressat der Postsendung,
3.
des § 100a die Beteiligten der überwachten Telekommunikation,
4.
des § 100b die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
5.
des § 100c
a)
der Beschuldigte, gegen den sich die Maßnahme richtete,
b)
sonstige überwachte Personen,
c)
Personen, die die überwachte Wohnung zur Zeit der Durchführung der Maßnahme innehatten oder bewohnten,
6.
des § 100f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
7.
des § 100h Abs. 1 die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
8.
des § 100i die Zielperson,
9.
des § 110a
a)
die Zielperson,
b)
die erheblich mitbetroffenen Personen,
c)
die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat,
10.
des § 163d die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden,
11.
des § 163e die Zielperson und die Person, deren personenbezogene Daten gemeldet worden sind,
12.
des § 163f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
13.
des § 163g die Zielperson
zu benachrichtigen. Dabei ist auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes nach Absatz 7 und die dafür vorgesehene Frist hinzuweisen. Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen. Zudem kann die Benachrichtigung einer in Satz 1 Nummer 2 und 3 bezeichneten Person, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, unterbleiben, wenn diese von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurde und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung hat. Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.

(5) Die Benachrichtigung erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der persönlichen Freiheit einer Person und von bedeutenden Vermögenswerten, im Fall des § 110a auch der Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers möglich ist. Wird die Benachrichtigung nach Satz 1 zurückgestellt, sind die Gründe aktenkundig zu machen.

(6) Erfolgt die nach Absatz 5 zurückgestellte Benachrichtigung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedürfen weitere Zurückstellungen der gerichtlichen Zustimmung. Das Gericht bestimmt die Dauer weiterer Zurückstellungen. Es kann dem endgültigen Absehen von der Benachrichtigung zustimmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden. Sind mehrere Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden, so beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der Beendigung der letzten Maßnahme. Bei Maßnahmen nach den §§ 100b und 100c beträgt die in Satz 1 genannte Frist sechs Monate.

(7) Gerichtliche Entscheidungen nach Absatz 6 trifft das für die Anordnung der Maßnahme zuständige Gericht, im Übrigen das Gericht am Sitz der zuständigen Staatsanwaltschaft. Die in Absatz 4 Satz 1 genannten Personen können bei dem nach Satz 1 zuständigen Gericht auch nach Beendigung der Maßnahme bis zu zwei Wochen nach ihrer Benachrichtigung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragen. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft. Ist die öffentliche Klage erhoben und der Angeklagte benachrichtigt worden, entscheidet über den Antrag das mit der Sache befasste Gericht in der das Verfahren abschließenden Entscheidung.

(8) Sind die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten zur Strafverfolgung und für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist aktenkundig zu machen. Soweit die Löschung lediglich für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zurückgestellt ist, dürfen die Daten ohne Einwilligung der betroffenen Personen nur zu diesem Zweck verwendet werden; ihre Verarbeitung ist entsprechend einzuschränken.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 28/09
vom
22. September 2009
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
Unbekannt,
wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a.
- "militante gruppe (mg)" -
hier: Antrag des Drittbetroffenen auf Einsicht in die
Ermittlungsakten im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Antragstellers am 22. September 2009 gemäß § 478
Abs. 3 Satz 1, § 475, § 161 a Abs. 3 StPO beschlossen:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Versagung weiterer Akteneinsicht durch den Generalbundesanwalt wird als derzeit unbegründet zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller begehrt als sog. Drittbetroffener im Rahmen eines von ihm betriebenen Verfahrens auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Einsicht in Ermittlungsakten des Generalbundesanwalts. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
2
Der Generalbundesanwalt führt wegen Brandanschlägen vom 22./ 23. September 2004 auf das Bezirksamt Reinickendorf und das Sozialamt Tempelhof-Schöneberg in Berlin ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Beschuldigte u. a. wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung - der "militante(n) gruppe (mg)" -, die sich zu den Taten bekannt hatte. Mit Beschluss vom 24. November 2005 ordnete der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Überwachung der Telekommunikation eines mutmaßlichen Nachrichtenmittlers der Mitglieder der "militanten gruppe" gemäß § 100 a Satz 2 StPO aF für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 6. Januar 2006 an. Diese Maßnahme wurde vollzogen. Von ihr war u. a. der Antragsteller betroffen, der am 1. Dezember 2005 über eine Dauer von einer Minute und 16 Sekunden ein Gespräch mit dem Inhaber des überwachten Telefonanschlusses führte. Nachdem der Antragsteller am 4. Februar 2009 vom Generalbundesanwalt gemäß § 101 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2, Abs. 5 StPO über die Abhörmaßnahme benachrichtigt worden war, beantragte er gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO fristgerecht beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Rechtswidrigkeit der Anordnung vom 24. November 2005 und der Art und Weise ihres Vollzugs festzustellen. Gleichzeitig stellte er den Antrag, Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren, soweit dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme erforderlich ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erhielt daraufhin vom Generalbundesanwalt Ablichtungen des angefochtenen Beschlusses sowie einer Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom 3. Februar 2009 zu einem Antrag nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO des von der Anordnung unmittelbar betroffenen Anschlussinhabers zur Kenntnisnahme übersandt. Ferner wurde dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet, beim Bundeskriminalamt in Meckenheim die ihn betreffende Aufzeichnung aus der Telekommunikationsüberwachung anzuhören. Eine darüber hinausgehende Einsicht in die Ermittlungsakten lehnte der Generalbundesanwalt gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2, § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO unter Hinweis auf schutzwürdige Interessen anderer Betroffener und auf entgegenstehende Zwecke des noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens ab. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er Akteneinsicht begehrt, soweit dies zur Prüfung der im Wege des nachträglichen Rechtsschutzes nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO angefochtenen Maßnahme erforderlich ist. Im Hinblick auf diesen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Entscheidung über den Antrag nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zurückgestellt.

II.


3
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die auf § 475 Abs. 1 Satz 2 und § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO gestützte Versagung der Akteneinsicht durch den Generalbundesanwalt ist gemäß § 478 Abs. 3 Satz 1, § 475 StPO zulässig. Über diesen Antrag hat nach der derzeit noch geltenden Gesetzeslage gemäß § 478 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 161 a Abs. 3 Satz 2 StPO, § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 2 GVG der Senat zu entscheiden (zur Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs ab 1. Oktober 2009 vgl. § 478 Abs. 3 Satz 1, § 162, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO in der Fassung des 2. Opferrechtsreformgesetzes vom 29. Juli 2009, BGBl I 2280, 2284).
4
2. Dem Antrag bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Erfolg versagt. Der Generalbundesanwalt hat mit Blick auf den derzeitigen Stand des Ermittlungsverfahrens zu Recht die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten verweigert. Im Einzelnen gilt Folgendes:
5
Die Frage, ob und in welchem Umfang einem von einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme im Sinne des § 101 Abs. 3 Satz 1 StPO Betroffenen Akteneinsicht zur Vorbereitung und Begründung seines Antrags auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu gewähren ist, richtet sich, sofern der Betroffene nicht zugleich eine Stellung als Verfahrensbeteiligter im Ermittlungs- bzw. Strafverfahren hat und sich aufgrund dieser Funktion auf ein spezielles Akteneinsichtsrecht berufen kann, nach den Grundsätzen der §§ 475 ff. StPO.
6
Zwar hat der Gesetzgeber - Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgend (BVerfGE 100, 313 ff.; 109, 279 ff.; 113, 348 ff.) - mit § 101 StPO zusammenfassende allgemeine Verfahrensvorschriften für die in § 101 Abs. 1 StPO bezeichneten heimlichen Ermittlungsmaßnahmen geschaffen (BRDrucks. 275/07 S. 129). Er hat es jedoch unterlassen, das Auskunfts- und Aktenein- sichtsrecht für Beteiligte im Verfahren auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO spezifisch zu regeln. Insbesondere fehlen Bestimmungen dazu, in wie weit zum einen den in weitem Umfang rechtsmittelbefugten sog. Drittbetroffenen, gegen die sich weder das Ermittlungsverfahren noch die Anordnung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme richtete, zur effektiven Wahrnehmung ihrer Rechtsschutzmöglichkeit Einblick in die Ermittlungsakten zu gewähren ist, ohne zum anderen die schutzwürdigen Belange sonstiger von dem Ermittlungsverfahren betroffener Personen, aber auch dessen Zweck, die gegebenenfalls noch mögliche Tataufklärung, in unvertretbarer Weise zu beeinträchtigen. Zur Ausgestaltung des Akteneinsichtsrechts im Verfahren auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO ist daher auf das bestehende Regelungsgefüge der Strafprozessordnung zurückzugreifen. Soweit dieses den Interessen der Rechtsschutz Suchenden nicht in ausreichendem Maße gerecht wird, sind diese Vorschriften mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG verfassungskonform anzupassen. Danach gilt:
7
Unproblematisch sind nur diejenigen Fälle, in denen eine von einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme betroffene Person zugleich am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren, in dem die angefochtene Maßnahme angeordnet wurde, beteiligt und aufgrund dieser Verfahrensstellung zur umfassenden Akteneinsicht berechtigt ist (§ 147, § 385 Abs. 3, § 397 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 Satz 2, § 442 Abs. 1, § 444 Abs. 2 Satz 2 StPO). Auf diese Vorschriften können sich Verfahrensbeteiligte auch dann berufen, wenn sie die Akten (nur) zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO einsehen möchten. An ihrer Stellung im Ermittlungs- bzw. Strafverfahren ändert sich durch die Inanspruchnahme der Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO nichts. Dies gilt insbesondere für den Beschuldigten, der in dem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren von heimlichen Ermittlungsmaßnahmen als Zielperson aber auch als Dritter betroffen sein kann, wenn sich die Maßnahme etwa gegen einen Nachrichtenmittler oder einen Mitbeschuldigten richtete. Macht der Beschuldigte als (Dritt-)Betroffener Akteneinsicht im nachträglichen Rechtsschutzverfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO geltend, so sind ihm daher die Akten nach Maßgabe des § 147 StPO zur Verfügung zu stellen. Auch anderen Verfahrensbeteiligten - etwa Privatklägern, Nebenklägern, Einziehungs- und Verfallsbeteiligten, aber auch Verletzten - steht, wenngleich dies eher selten vorkommen wird, im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO das ihnen von Gesetzes wegen speziell eingeräumte Akteneinsichtsrecht zu.
8
Schwierigkeiten bereiten indes die zahlreichen Fälle, in denen - wie hier - der Antragsteller nicht mit spezifisch geregeltem Akteneinsichtsrecht am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren im engeren Sinne beteiligt ist. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass sich Art und Umfang der Akteneinsicht und Auskunftserteilung in derartigen Fällen nach §§ 475 ff. StPO beurteilen (Bär in KMR § 101 Rdn. 37; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 475 Rdn. 1). Nach einer anderen Meinung ist ein Rückgriff auf diese Vorschriften unzulässig, da der Antragsteller nicht Privatperson im Sinne des § 475 StPO sei, sondern hinsichtlich seines Antrags nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Verfahrensbeteiligter. Sein Recht auf Einsicht in die für das Antragsverfahren gesondert anzulegende Akte folge vielmehr direkt aus Art. 103 Abs. 1 GG (Singelnstein NStZ 2009, 481, 485 f.). Der Senat hält die erstgenannte Auffassung im Grundsatz für zutreffend , jedoch mit der Einschränkung, dass bei Anwendung des § 475 StPO in geeigneter Weise dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) des im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO auf Rechtsschutz Nachsuchenden Rechnung zu tragen ist.
9
a) Das Gesetz stellt mit § 475 StPO eine abschließende Regelung zur Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht an (Privat-)Personen zur Verfügung , die weder als Beschuldigte noch in anderer Weise, namentlich als Nebenkläger , Privatkläger, Einziehungs- oder Verfallsbeteiligte mit eigenen Verfahrens - und Akteneinsichtsrechten am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren beteiligt sind (Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 475 Rdn. 1 und 3; Gieg in KK 6. Aufl. § 475 Rdn. 1 m. w. N.; Meyer-Goßner aaO). Die Vorschrift ist daher im Grundsatz auch auf Akteneinsichtsgesuche im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO anzuwenden, wenn die Antragsteller darüber hinausgehende Verfahrensrechte nicht innehaben. Sie gilt mithin insbesondere für die große Anzahl der Personen, die lediglich Drittbetroffene, etwa Gesprächspartner, einer gegen eine andere Person gerichteten heimlichen Ermittlungsmaßnahme sind.
10
b) Werden diese Personen gemäß § 101 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO von der Durchführung einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme benachrichtigt und über ihre Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO belehrt, so sind sie im Sinne des § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO berechtigt, auf einen entsprechenden Antrag Auskunft zu erhalten oder Einsicht in die Ermittlungsakten zu nehmen, soweit sie von der Rechtsschutzmöglichkeit Gebrauch machen und die Aktenkenntnis für eine effektive Durchführung des Verfahrens erforderlich ist. Eine dauerhafte gänzliche oder teilweise Versagung der Einsicht in die insoweit relevanten Aktenteile kommt nicht in Betracht, da dies den Antragsteller im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzten würde. Deshalb sind die Versagungsgründe der § 475 Abs. 1 Satz 2, § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO, die nicht auf das hier in Rede stehende Akteneinsichtsrecht zur Durchsetzung prozessualer Rechte in einem Rechtsbehelfsverfahren zugeschnitten sind, sondern datenschutzrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen (BVerfGE 65, 1; Gemählich in KMR vor § 474 Rdn. 1 und 4), im Lichte des Art. 103 Abs. 1 GG verfassungskonform auszulegen.
11
Nach der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG hat der Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich vor dem Erlass einer Entscheidung , die seine Rechte betrifft, zu dem Sachverhalt zu äußern, welcher der Entscheidung zugrunde gelegt wird. Das rechtliche Gehör ist für ein rechtsstaatliches Verfahren konstitutiv und grundsätzlich unabdingbar. Es sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge , dass sie ihr Rechtsschutzbegehren selbstbestimmt und situationsspezifisch gestalten können. Dies setzt nicht nur voraus, dass sie von dem Verfahren - hier der Maßnahme - und dem zu Grunde liegenden Sachverhalt benachrichtigt werden (BVerfGE 81, 123, 126; BVerfG NStZ 2007, 274). Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört vielmehr auch die gegebenenfalls im Wege der Auskunft oder der Akteneinsicht zu vermittelnde Information über die entscheidungserheblichen Beweismittel (BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17; NJW 2006, 1048 f.).
12
Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht auch dem Antragsteller im Rechtsbehelfsverfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO uneingeschränkt zu. Nach den vorgenannten Grundsätzen hat er daher das Recht, bevor eine Entscheidung in diesem Verfahren ergeht, Auskunft aus den Ermittlungsakten zu erhalten bzw. diese einzusehen, soweit dies für die konkrete Rechtsverfolgung unerlässlich ist. Seinem Rechtsanwalt sind deshalb nicht nur die angefochtene Entscheidung, sondern auch die Aktenteile und Beweismittel zur Verfügung zu stellen, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt, namentlich also diejenigen , aus denen die Anordnungsvoraussetzungen - insbesondere der erforderliche Verdacht, dass jemand eine bestimmte Straftat begangen hat - hergeleitet worden sind. Wird die Art und Weise der Durchführung der Maßnahme beanstandet, so ist Einsicht in die Unterlagen zu gewähren, aus denen sich die Ausgestaltung der Durchführung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme ergibt.
Des Weiteren müssen dem Antragsteller die ihn betreffenden Erkenntnisse aus der heimlichen Ermittlungsmaßnahme - erforderlichenfalls nach Maßgabe des § 478 Abs. 3 Satz 1 StPO - sowie etwaige Verschriftungen von Ton- oder Bildaufnahmen oder Zusammenfassungen dieser Erkenntnisse (BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09, Rdn. 20 ff.) zugänglich gemacht werden. Ein Anspruch auf umfassende Einsicht in die Verfahrensakten steht dem Drittbetroffenen mit Blick auf die insoweit stets vorrangigen Interessen der von der Akteneinsicht betroffenen Personen hingegen nicht zu (vgl. Singelnstein aaO).
13
Der Senat verkennt nicht, dass angesichts der Streubreite mancher heimlichen Ermittlungsmaßnahmen ein derart ausgestaltetes Akteneinsichtsrecht für Drittbetroffene die Interessen der von der Akteneinsicht betroffenen sonstigen Personen - mit Blick auf die Unschuldsvermutung insbesondere die Belange des Beschuldigten - unter Umständen nicht unerheblich berührt. In besonderer Weise augenfällig wird dies, wenn, was der vorliegende Fall zeigt, zudem die Grundrechtsbeeinträchtigung des Drittbetroffenen vergleichsweise gering ist. Diese fraglos unbefriedigende Rechtslage ist jedoch der gesetzlichen Regelung des § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO geschuldet. Die Belange anderer Personen sind zwar gemäß § 101 Abs. 4 Satz 3 StPO zwingend bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob überhaupt eine Benachrichtigung eines Betroffenen von der Durchführung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme vorzunehmen ist. Liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung aber nicht vor, weil die rein formalen Informationen über Zeitraum und Umfang der Maßnahme und zum Verfahren, in dem sie erhoben wurden (BVerfG NJW 2007, 2753, 2757; Bär aaO Rdn. 22), die Belange anderer Personen nicht beeinträchtigen, und ist auch sonst kein Grund für das Absehen (§ 101 Abs. 4 Satz 4 StPO) oder die Zurückstellung der Kenntnisgabe - etwa wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks (§ 101 Abs. 5 Satz 1 StPO) - gegeben, so wird mit der dann zwingenden Benachrichtigung des Betroffenen (BVerfGE 113, 349, 384, 390) ohne jede weitere Einschränkung die Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO eröffnet. Diesem Rechtsbehelf würde jede Bedeutung genommen , wenn den Betroffenen wegen entgegenstehender Interessen Anderer das zur Durchsetzung ihres Rechtsschutzes unerlässliche Akteinsichtsrecht nicht zur Verfügung stünde. Eine andere Handhabung des Akteneinsichtsrechts liefe zudem auf ein der Strafprozessordnung fremdes "in-camera"-Verfahren hinaus, in dem das zuständige Gericht von entscheidungserheblichen Tatsachen Kenntnis erhielte, zu denen der Antragsteller sich nicht äußern könnte (BVerfGE 109, 279, 371; BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17).
14
Deshalb kann auch das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an einer effektiven Führung des Ermittlungsverfahrens aus den vorgenannten Gründen nicht dazu führen, einem Antragsteller vor der im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu treffenden Entscheidung die Einsichtnahme in die für ihn wesentlichen Aktenteile zu verweigern. Jedoch ist insoweit in der Rechtsprechung anerkannt, dass das öffentliche Interesse, weiter effektiv und gegebenenfalls im Verborgenen zu ermitteln, mit dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen dadurch zum Ausgleich gebracht werden kann, dass Akteneinsicht zunächst versagt und die Entscheidung in dem Rechtsbehelfsverfahren zurückgestellt wird, bis die zunächst verwehrte Akteneinsicht ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks gewährt werden und der Antragsteller sich umfassend äußern konnte. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) wird dadurch nicht verletzt. Zwar hat auch der Antragsteller im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Anspruch auf eine angemessen zügige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des beendeten Grundrechtseingriffs. Diesem Feststellungsinteresse muss aber nicht mit gleicher Eilbedürftigkeit nachgekommen werden wie einem Anfechtungsbegehren, das sich gegen einen fortdauernden Eingriff richtet. Das Geheimhaltungsinteresse der Strafverfolgungsbehörden kann deshalb ein sachgerechter Verzögerungsgrund sein, der zwar keine gänzliche Verweige- rung aber eine Zurückstellung des Akteneinsichtsgesuchs rechtfertigen kann (vgl. BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17).
15
c) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
16
aa) Für die Bescheidung des Akteneinsichtsgesuchs war der Generalbundesanwalt zuständig und nicht der zur Entscheidung im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO berufene Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs. Gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO entscheidet während des Ermittlungsverfahrens allein die Staatsanwaltschaft über Anträge auf Akteneinsicht. Dass im Verlauf dieses Verfahrens durch einen Antrag auf Gewährung nachträglichen Rechtsschutzes gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO der Ermittlungsrichter für die Entscheidung über diesen gesonderten Rechtsbehelf zuständig wird, ändert hieran nichts, stellt diesen insbesondere nicht dem Vorsitzenden des mit der Sache befassten Gerichts im Sinne des § 478 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. StPO gleich; denn hiermit ist nach dem Regelungszusammenhang des § 478 StPO ausschließlich die Zuständigkeit des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts gemeint (vgl. Gieg aaO § 478 Rdn. 2; für das Akteneinsichtsrecht nach § 147 StPO: Lüderssen/Jahn in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 147 Rdn. 148). Ein Zuständigkeitswechsel tritt erst nach Anklageerhebung ein. So wie der Vorsitzende des erkennenden Gerichts nach diesem Zeitpunkt über die Gewährung der Akteneinsicht an den Verteidiger zu entscheiden hat, ist er aufgrund der nach § 101 Abs. 7 Satz 4 StPO durch die Anklageerhebung begründeten Zuständigkeit des erkennenden Gerichts für den nachträglichen Rechtsschutz auch dazu berufen, gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. StPO über Akteneinsichtsgesuche Drittbetroffener im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu befinden.
17
bb) Dem Antragsteller steht für das von ihm betriebene Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO grundsätzlich ein Recht auf Auskunft bzw. auf Einsicht in die Ermittlungsakten des Generalbundesanwalts in dem oben beschriebenen Umfang zu. Er hat deshalb einen Anspruch darauf, über die bisher ausgehändigten Unterlagen hinaus vor allem in diejenigen Aktenteile und Beweismittel Einblick zu nehmen, auf die sich im angefochten Beschluss die Annahme des für die Telekommunikationsüberwachung vorausgesetzten Verdachts der Straftat nach § 129 StGB sowie die Annahme gründete, derjenige, gegen den sich die Anordnung der Maßnahme richtete, sei Nachrichtenmittler für Mitglieder der kriminellen Vereinigung. Die ihn betreffenden Erkenntnisse aus der Ermittlungsmaßnahme sind dem Antragsteller nicht nur in der Form des § 475 Abs. 3 Satz 1 StPO zur Kenntnis zu bringen, sondern ihm sind ebenso hiervon gefertigte (zusammenfassende) Verschriftungen zur Einsicht zu überlassen. Solche brauchen jedoch nicht eigens zur Vereinfachung der Information des Antragstellers erstellt zu werden.
18
cc) Die Einsicht in diese Aktenteile durfte dem Antragsteller, entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts, zwar nicht unter Hinweis auf entgegenstehende Belange des Beschuldigten, des (vermeintlichen) Nachrichtenmittlers sowie anderer Betroffenen versagt werden, da diese Interessen, wie dargelegt, hinter dem Recht des Antragstellers auf rechtliches Gehör zurückzutreten haben.
19
Die weitere Akteneinsicht wurde aber derzeit gleichwohl zu Recht gemäß § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO mit Blick auf das öffentliche Interesse an einer effektiven Tataufklärung verweigert. Die Ermittlungen im vorliegenden Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Der Generalbundesanwalt führt überdies weitere Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der "militanten gruppe", die ebenfalls noch offen sind. Die Einsichtnahme des Antragstellers in die Akten würde deshalb zur Offenlegung maßgeblicher Erkenntnisse führen, die die weiteren Ermittlungen zu den den Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhalten zumindest wesentlich erschweren, wenn nicht unmöglich machen würde. In Anbetracht dieser Umstände ist die Versagung der Akteneinsicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu beanstanden. Dem Begehren des Antragstellers auf (weitere) Akteneinsicht wird jedoch spätestens mit Abschluss der Ermittlungen oder mit Einstellung der Verfahren nachzukommen sein. Dies hat zur Folge, dass über den Antrag im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO wegen des bisher nicht hinreichend gewährten rechtlichen Gehörs derzeit nicht entschieden werden kann. Das Verfahren wird vielmehr bis zur Gewährung der Akteneinsicht auszusetzen sein.
20
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 a Abs. 3 Satz 3, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Sost-Scheible Becker

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 28/09
vom
22. September 2009
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
Unbekannt,
wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a.
- "militante gruppe (mg)" -
hier: Antrag des Drittbetroffenen auf Einsicht in die
Ermittlungsakten im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Antragstellers am 22. September 2009 gemäß § 478
Abs. 3 Satz 1, § 475, § 161 a Abs. 3 StPO beschlossen:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Versagung weiterer Akteneinsicht durch den Generalbundesanwalt wird als derzeit unbegründet zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller begehrt als sog. Drittbetroffener im Rahmen eines von ihm betriebenen Verfahrens auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Einsicht in Ermittlungsakten des Generalbundesanwalts. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
2
Der Generalbundesanwalt führt wegen Brandanschlägen vom 22./ 23. September 2004 auf das Bezirksamt Reinickendorf und das Sozialamt Tempelhof-Schöneberg in Berlin ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Beschuldigte u. a. wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung - der "militante(n) gruppe (mg)" -, die sich zu den Taten bekannt hatte. Mit Beschluss vom 24. November 2005 ordnete der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Überwachung der Telekommunikation eines mutmaßlichen Nachrichtenmittlers der Mitglieder der "militanten gruppe" gemäß § 100 a Satz 2 StPO aF für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 6. Januar 2006 an. Diese Maßnahme wurde vollzogen. Von ihr war u. a. der Antragsteller betroffen, der am 1. Dezember 2005 über eine Dauer von einer Minute und 16 Sekunden ein Gespräch mit dem Inhaber des überwachten Telefonanschlusses führte. Nachdem der Antragsteller am 4. Februar 2009 vom Generalbundesanwalt gemäß § 101 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2, Abs. 5 StPO über die Abhörmaßnahme benachrichtigt worden war, beantragte er gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO fristgerecht beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Rechtswidrigkeit der Anordnung vom 24. November 2005 und der Art und Weise ihres Vollzugs festzustellen. Gleichzeitig stellte er den Antrag, Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren, soweit dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme erforderlich ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erhielt daraufhin vom Generalbundesanwalt Ablichtungen des angefochtenen Beschlusses sowie einer Stellungnahme des Generalbundesanwalts vom 3. Februar 2009 zu einem Antrag nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO des von der Anordnung unmittelbar betroffenen Anschlussinhabers zur Kenntnisnahme übersandt. Ferner wurde dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet, beim Bundeskriminalamt in Meckenheim die ihn betreffende Aufzeichnung aus der Telekommunikationsüberwachung anzuhören. Eine darüber hinausgehende Einsicht in die Ermittlungsakten lehnte der Generalbundesanwalt gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2, § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO unter Hinweis auf schutzwürdige Interessen anderer Betroffener und auf entgegenstehende Zwecke des noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens ab. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er Akteneinsicht begehrt, soweit dies zur Prüfung der im Wege des nachträglichen Rechtsschutzes nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO angefochtenen Maßnahme erforderlich ist. Im Hinblick auf diesen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Entscheidung über den Antrag nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zurückgestellt.

II.


3
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die auf § 475 Abs. 1 Satz 2 und § 477 Abs. 2 Satz 2 StPO gestützte Versagung der Akteneinsicht durch den Generalbundesanwalt ist gemäß § 478 Abs. 3 Satz 1, § 475 StPO zulässig. Über diesen Antrag hat nach der derzeit noch geltenden Gesetzeslage gemäß § 478 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 161 a Abs. 3 Satz 2 StPO, § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 2 GVG der Senat zu entscheiden (zur Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs ab 1. Oktober 2009 vgl. § 478 Abs. 3 Satz 1, § 162, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO in der Fassung des 2. Opferrechtsreformgesetzes vom 29. Juli 2009, BGBl I 2280, 2284).
4
2. Dem Antrag bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Erfolg versagt. Der Generalbundesanwalt hat mit Blick auf den derzeitigen Stand des Ermittlungsverfahrens zu Recht die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten verweigert. Im Einzelnen gilt Folgendes:
5
Die Frage, ob und in welchem Umfang einem von einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme im Sinne des § 101 Abs. 3 Satz 1 StPO Betroffenen Akteneinsicht zur Vorbereitung und Begründung seines Antrags auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu gewähren ist, richtet sich, sofern der Betroffene nicht zugleich eine Stellung als Verfahrensbeteiligter im Ermittlungs- bzw. Strafverfahren hat und sich aufgrund dieser Funktion auf ein spezielles Akteneinsichtsrecht berufen kann, nach den Grundsätzen der §§ 475 ff. StPO.
6
Zwar hat der Gesetzgeber - Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts folgend (BVerfGE 100, 313 ff.; 109, 279 ff.; 113, 348 ff.) - mit § 101 StPO zusammenfassende allgemeine Verfahrensvorschriften für die in § 101 Abs. 1 StPO bezeichneten heimlichen Ermittlungsmaßnahmen geschaffen (BRDrucks. 275/07 S. 129). Er hat es jedoch unterlassen, das Auskunfts- und Aktenein- sichtsrecht für Beteiligte im Verfahren auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO spezifisch zu regeln. Insbesondere fehlen Bestimmungen dazu, in wie weit zum einen den in weitem Umfang rechtsmittelbefugten sog. Drittbetroffenen, gegen die sich weder das Ermittlungsverfahren noch die Anordnung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme richtete, zur effektiven Wahrnehmung ihrer Rechtsschutzmöglichkeit Einblick in die Ermittlungsakten zu gewähren ist, ohne zum anderen die schutzwürdigen Belange sonstiger von dem Ermittlungsverfahren betroffener Personen, aber auch dessen Zweck, die gegebenenfalls noch mögliche Tataufklärung, in unvertretbarer Weise zu beeinträchtigen. Zur Ausgestaltung des Akteneinsichtsrechts im Verfahren auf nachträglichen Rechtsschutz nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO ist daher auf das bestehende Regelungsgefüge der Strafprozessordnung zurückzugreifen. Soweit dieses den Interessen der Rechtsschutz Suchenden nicht in ausreichendem Maße gerecht wird, sind diese Vorschriften mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG verfassungskonform anzupassen. Danach gilt:
7
Unproblematisch sind nur diejenigen Fälle, in denen eine von einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme betroffene Person zugleich am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren, in dem die angefochtene Maßnahme angeordnet wurde, beteiligt und aufgrund dieser Verfahrensstellung zur umfassenden Akteneinsicht berechtigt ist (§ 147, § 385 Abs. 3, § 397 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 Satz 2, § 442 Abs. 1, § 444 Abs. 2 Satz 2 StPO). Auf diese Vorschriften können sich Verfahrensbeteiligte auch dann berufen, wenn sie die Akten (nur) zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO einsehen möchten. An ihrer Stellung im Ermittlungs- bzw. Strafverfahren ändert sich durch die Inanspruchnahme der Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO nichts. Dies gilt insbesondere für den Beschuldigten, der in dem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren von heimlichen Ermittlungsmaßnahmen als Zielperson aber auch als Dritter betroffen sein kann, wenn sich die Maßnahme etwa gegen einen Nachrichtenmittler oder einen Mitbeschuldigten richtete. Macht der Beschuldigte als (Dritt-)Betroffener Akteneinsicht im nachträglichen Rechtsschutzverfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO geltend, so sind ihm daher die Akten nach Maßgabe des § 147 StPO zur Verfügung zu stellen. Auch anderen Verfahrensbeteiligten - etwa Privatklägern, Nebenklägern, Einziehungs- und Verfallsbeteiligten, aber auch Verletzten - steht, wenngleich dies eher selten vorkommen wird, im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO das ihnen von Gesetzes wegen speziell eingeräumte Akteneinsichtsrecht zu.
8
Schwierigkeiten bereiten indes die zahlreichen Fälle, in denen - wie hier - der Antragsteller nicht mit spezifisch geregeltem Akteneinsichtsrecht am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren im engeren Sinne beteiligt ist. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass sich Art und Umfang der Akteneinsicht und Auskunftserteilung in derartigen Fällen nach §§ 475 ff. StPO beurteilen (Bär in KMR § 101 Rdn. 37; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 475 Rdn. 1). Nach einer anderen Meinung ist ein Rückgriff auf diese Vorschriften unzulässig, da der Antragsteller nicht Privatperson im Sinne des § 475 StPO sei, sondern hinsichtlich seines Antrags nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Verfahrensbeteiligter. Sein Recht auf Einsicht in die für das Antragsverfahren gesondert anzulegende Akte folge vielmehr direkt aus Art. 103 Abs. 1 GG (Singelnstein NStZ 2009, 481, 485 f.). Der Senat hält die erstgenannte Auffassung im Grundsatz für zutreffend , jedoch mit der Einschränkung, dass bei Anwendung des § 475 StPO in geeigneter Weise dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) des im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO auf Rechtsschutz Nachsuchenden Rechnung zu tragen ist.
9
a) Das Gesetz stellt mit § 475 StPO eine abschließende Regelung zur Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht an (Privat-)Personen zur Verfügung , die weder als Beschuldigte noch in anderer Weise, namentlich als Nebenkläger , Privatkläger, Einziehungs- oder Verfallsbeteiligte mit eigenen Verfahrens - und Akteneinsichtsrechten am Ermittlungs- bzw. Strafverfahren beteiligt sind (Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 475 Rdn. 1 und 3; Gieg in KK 6. Aufl. § 475 Rdn. 1 m. w. N.; Meyer-Goßner aaO). Die Vorschrift ist daher im Grundsatz auch auf Akteneinsichtsgesuche im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO anzuwenden, wenn die Antragsteller darüber hinausgehende Verfahrensrechte nicht innehaben. Sie gilt mithin insbesondere für die große Anzahl der Personen, die lediglich Drittbetroffene, etwa Gesprächspartner, einer gegen eine andere Person gerichteten heimlichen Ermittlungsmaßnahme sind.
10
b) Werden diese Personen gemäß § 101 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO von der Durchführung einer heimlichen Ermittlungsmaßnahme benachrichtigt und über ihre Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO belehrt, so sind sie im Sinne des § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO berechtigt, auf einen entsprechenden Antrag Auskunft zu erhalten oder Einsicht in die Ermittlungsakten zu nehmen, soweit sie von der Rechtsschutzmöglichkeit Gebrauch machen und die Aktenkenntnis für eine effektive Durchführung des Verfahrens erforderlich ist. Eine dauerhafte gänzliche oder teilweise Versagung der Einsicht in die insoweit relevanten Aktenteile kommt nicht in Betracht, da dies den Antragsteller im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzten würde. Deshalb sind die Versagungsgründe der § 475 Abs. 1 Satz 2, § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO, die nicht auf das hier in Rede stehende Akteneinsichtsrecht zur Durchsetzung prozessualer Rechte in einem Rechtsbehelfsverfahren zugeschnitten sind, sondern datenschutzrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen (BVerfGE 65, 1; Gemählich in KMR vor § 474 Rdn. 1 und 4), im Lichte des Art. 103 Abs. 1 GG verfassungskonform auszulegen.
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Nach der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG hat der Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich vor dem Erlass einer Entscheidung , die seine Rechte betrifft, zu dem Sachverhalt zu äußern, welcher der Entscheidung zugrunde gelegt wird. Das rechtliche Gehör ist für ein rechtsstaatliches Verfahren konstitutiv und grundsätzlich unabdingbar. Es sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge , dass sie ihr Rechtsschutzbegehren selbstbestimmt und situationsspezifisch gestalten können. Dies setzt nicht nur voraus, dass sie von dem Verfahren - hier der Maßnahme - und dem zu Grunde liegenden Sachverhalt benachrichtigt werden (BVerfGE 81, 123, 126; BVerfG NStZ 2007, 274). Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört vielmehr auch die gegebenenfalls im Wege der Auskunft oder der Akteneinsicht zu vermittelnde Information über die entscheidungserheblichen Beweismittel (BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17; NJW 2006, 1048 f.).
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht auch dem Antragsteller im Rechtsbehelfsverfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO uneingeschränkt zu. Nach den vorgenannten Grundsätzen hat er daher das Recht, bevor eine Entscheidung in diesem Verfahren ergeht, Auskunft aus den Ermittlungsakten zu erhalten bzw. diese einzusehen, soweit dies für die konkrete Rechtsverfolgung unerlässlich ist. Seinem Rechtsanwalt sind deshalb nicht nur die angefochtene Entscheidung, sondern auch die Aktenteile und Beweismittel zur Verfügung zu stellen, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt, namentlich also diejenigen , aus denen die Anordnungsvoraussetzungen - insbesondere der erforderliche Verdacht, dass jemand eine bestimmte Straftat begangen hat - hergeleitet worden sind. Wird die Art und Weise der Durchführung der Maßnahme beanstandet, so ist Einsicht in die Unterlagen zu gewähren, aus denen sich die Ausgestaltung der Durchführung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme ergibt.
Des Weiteren müssen dem Antragsteller die ihn betreffenden Erkenntnisse aus der heimlichen Ermittlungsmaßnahme - erforderlichenfalls nach Maßgabe des § 478 Abs. 3 Satz 1 StPO - sowie etwaige Verschriftungen von Ton- oder Bildaufnahmen oder Zusammenfassungen dieser Erkenntnisse (BGH, Urt. vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09, Rdn. 20 ff.) zugänglich gemacht werden. Ein Anspruch auf umfassende Einsicht in die Verfahrensakten steht dem Drittbetroffenen mit Blick auf die insoweit stets vorrangigen Interessen der von der Akteneinsicht betroffenen Personen hingegen nicht zu (vgl. Singelnstein aaO).
13
Der Senat verkennt nicht, dass angesichts der Streubreite mancher heimlichen Ermittlungsmaßnahmen ein derart ausgestaltetes Akteneinsichtsrecht für Drittbetroffene die Interessen der von der Akteneinsicht betroffenen sonstigen Personen - mit Blick auf die Unschuldsvermutung insbesondere die Belange des Beschuldigten - unter Umständen nicht unerheblich berührt. In besonderer Weise augenfällig wird dies, wenn, was der vorliegende Fall zeigt, zudem die Grundrechtsbeeinträchtigung des Drittbetroffenen vergleichsweise gering ist. Diese fraglos unbefriedigende Rechtslage ist jedoch der gesetzlichen Regelung des § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO geschuldet. Die Belange anderer Personen sind zwar gemäß § 101 Abs. 4 Satz 3 StPO zwingend bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob überhaupt eine Benachrichtigung eines Betroffenen von der Durchführung der heimlichen Ermittlungsmaßnahme vorzunehmen ist. Liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung aber nicht vor, weil die rein formalen Informationen über Zeitraum und Umfang der Maßnahme und zum Verfahren, in dem sie erhoben wurden (BVerfG NJW 2007, 2753, 2757; Bär aaO Rdn. 22), die Belange anderer Personen nicht beeinträchtigen, und ist auch sonst kein Grund für das Absehen (§ 101 Abs. 4 Satz 4 StPO) oder die Zurückstellung der Kenntnisgabe - etwa wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks (§ 101 Abs. 5 Satz 1 StPO) - gegeben, so wird mit der dann zwingenden Benachrichtigung des Betroffenen (BVerfGE 113, 349, 384, 390) ohne jede weitere Einschränkung die Rechtsschutzmöglichkeit nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO eröffnet. Diesem Rechtsbehelf würde jede Bedeutung genommen , wenn den Betroffenen wegen entgegenstehender Interessen Anderer das zur Durchsetzung ihres Rechtsschutzes unerlässliche Akteinsichtsrecht nicht zur Verfügung stünde. Eine andere Handhabung des Akteneinsichtsrechts liefe zudem auf ein der Strafprozessordnung fremdes "in-camera"-Verfahren hinaus, in dem das zuständige Gericht von entscheidungserheblichen Tatsachen Kenntnis erhielte, zu denen der Antragsteller sich nicht äußern könnte (BVerfGE 109, 279, 371; BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17).
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Deshalb kann auch das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an einer effektiven Führung des Ermittlungsverfahrens aus den vorgenannten Gründen nicht dazu führen, einem Antragsteller vor der im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu treffenden Entscheidung die Einsichtnahme in die für ihn wesentlichen Aktenteile zu verweigern. Jedoch ist insoweit in der Rechtsprechung anerkannt, dass das öffentliche Interesse, weiter effektiv und gegebenenfalls im Verborgenen zu ermitteln, mit dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen dadurch zum Ausgleich gebracht werden kann, dass Akteneinsicht zunächst versagt und die Entscheidung in dem Rechtsbehelfsverfahren zurückgestellt wird, bis die zunächst verwehrte Akteneinsicht ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks gewährt werden und der Antragsteller sich umfassend äußern konnte. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) wird dadurch nicht verletzt. Zwar hat auch der Antragsteller im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO Anspruch auf eine angemessen zügige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des beendeten Grundrechtseingriffs. Diesem Feststellungsinteresse muss aber nicht mit gleicher Eilbedürftigkeit nachgekommen werden wie einem Anfechtungsbegehren, das sich gegen einen fortdauernden Eingriff richtet. Das Geheimhaltungsinteresse der Strafverfolgungsbehörden kann deshalb ein sachgerechter Verzögerungsgrund sein, der zwar keine gänzliche Verweige- rung aber eine Zurückstellung des Akteneinsichtsgesuchs rechtfertigen kann (vgl. BVerfG NStZ-RR 2008, 16, 17).
15
c) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
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aa) Für die Bescheidung des Akteneinsichtsgesuchs war der Generalbundesanwalt zuständig und nicht der zur Entscheidung im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO berufene Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs. Gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO entscheidet während des Ermittlungsverfahrens allein die Staatsanwaltschaft über Anträge auf Akteneinsicht. Dass im Verlauf dieses Verfahrens durch einen Antrag auf Gewährung nachträglichen Rechtsschutzes gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO der Ermittlungsrichter für die Entscheidung über diesen gesonderten Rechtsbehelf zuständig wird, ändert hieran nichts, stellt diesen insbesondere nicht dem Vorsitzenden des mit der Sache befassten Gerichts im Sinne des § 478 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. StPO gleich; denn hiermit ist nach dem Regelungszusammenhang des § 478 StPO ausschließlich die Zuständigkeit des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts gemeint (vgl. Gieg aaO § 478 Rdn. 2; für das Akteneinsichtsrecht nach § 147 StPO: Lüderssen/Jahn in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 147 Rdn. 148). Ein Zuständigkeitswechsel tritt erst nach Anklageerhebung ein. So wie der Vorsitzende des erkennenden Gerichts nach diesem Zeitpunkt über die Gewährung der Akteneinsicht an den Verteidiger zu entscheiden hat, ist er aufgrund der nach § 101 Abs. 7 Satz 4 StPO durch die Anklageerhebung begründeten Zuständigkeit des erkennenden Gerichts für den nachträglichen Rechtsschutz auch dazu berufen, gemäß § 478 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. StPO über Akteneinsichtsgesuche Drittbetroffener im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu befinden.
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bb) Dem Antragsteller steht für das von ihm betriebene Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO grundsätzlich ein Recht auf Auskunft bzw. auf Einsicht in die Ermittlungsakten des Generalbundesanwalts in dem oben beschriebenen Umfang zu. Er hat deshalb einen Anspruch darauf, über die bisher ausgehändigten Unterlagen hinaus vor allem in diejenigen Aktenteile und Beweismittel Einblick zu nehmen, auf die sich im angefochten Beschluss die Annahme des für die Telekommunikationsüberwachung vorausgesetzten Verdachts der Straftat nach § 129 StGB sowie die Annahme gründete, derjenige, gegen den sich die Anordnung der Maßnahme richtete, sei Nachrichtenmittler für Mitglieder der kriminellen Vereinigung. Die ihn betreffenden Erkenntnisse aus der Ermittlungsmaßnahme sind dem Antragsteller nicht nur in der Form des § 475 Abs. 3 Satz 1 StPO zur Kenntnis zu bringen, sondern ihm sind ebenso hiervon gefertigte (zusammenfassende) Verschriftungen zur Einsicht zu überlassen. Solche brauchen jedoch nicht eigens zur Vereinfachung der Information des Antragstellers erstellt zu werden.
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cc) Die Einsicht in diese Aktenteile durfte dem Antragsteller, entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts, zwar nicht unter Hinweis auf entgegenstehende Belange des Beschuldigten, des (vermeintlichen) Nachrichtenmittlers sowie anderer Betroffenen versagt werden, da diese Interessen, wie dargelegt, hinter dem Recht des Antragstellers auf rechtliches Gehör zurückzutreten haben.
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Die weitere Akteneinsicht wurde aber derzeit gleichwohl zu Recht gemäß § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO mit Blick auf das öffentliche Interesse an einer effektiven Tataufklärung verweigert. Die Ermittlungen im vorliegenden Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Der Generalbundesanwalt führt überdies weitere Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der "militanten gruppe", die ebenfalls noch offen sind. Die Einsichtnahme des Antragstellers in die Akten würde deshalb zur Offenlegung maßgeblicher Erkenntnisse führen, die die weiteren Ermittlungen zu den den Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhalten zumindest wesentlich erschweren, wenn nicht unmöglich machen würde. In Anbetracht dieser Umstände ist die Versagung der Akteneinsicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu beanstanden. Dem Begehren des Antragstellers auf (weitere) Akteneinsicht wird jedoch spätestens mit Abschluss der Ermittlungen oder mit Einstellung der Verfahren nachzukommen sein. Dies hat zur Folge, dass über den Antrag im Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO wegen des bisher nicht hinreichend gewährten rechtlichen Gehörs derzeit nicht entschieden werden kann. Das Verfahren wird vielmehr bis zur Gewährung der Akteneinsicht auszusetzen sein.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 a Abs. 3 Satz 3, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Sost-Scheible Becker