Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2006 - KVZ 44/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 800.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Die Beteiligte zu 1, die zur Rethmann-Gruppe gehörende R. GmbH, plant gemeinsam mit der Beteiligten zu 3, einem Tochterunternehmen der T.-Gruppe, den Erwerb der Beteiligten zu 4, eines bislang von der öffentlichen Hand betriebenen Entsorgungsunternehmens, das im Bereich K. die Abfallsammlung und -entsorgung wahrnimmt. Die Beteiligte zu 2, die gemeinsam von den Beteiligten zu 1 und 3, zwei großen deutschen Entsorgungsunternehmen , beherrscht werden soll, sollte die Anteile der Beteiligten zu 4 übernehmen. Dem geplanten Verkauf der Anteile ist eine europaweite Ausschreibung vorausgegangen. Die Beteiligten zu 1 und 3 bildeten eine Bietergemeinschaft , die den Zuschlag erhielt.
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- Das Bundeskartellamt hat den Erwerb untersagt, weil der Zusammenschluss zu einer Verstärkung eines marktbeherrschenden Oligopols führe, das in dem räumlich relevanten Markt schon Marktanteile in Höhe von ca. 75 % erreicht habe. Durch die Bietergemeinschaft ebenso wie durch die Gründung des kooperativen Gemeinschaftsunternehmens werde zudem eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des § 1 GWB bewirkt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 1625). Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.
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- II. Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Mit Recht hat das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 GWB liegen im Streitfall nicht vor. Die Rechtsbeschwerde nötigt weder zur Entscheidung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
- 4
- 1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dadurch aufgeworfen, dass Oligopolmitglieder , welche die nach § 35 Abs. 1 GWB maßgeblichen Schwellenwerte nicht erreichen, das kommunale Entsorgungsunternehmen hätten erwerben können, ohne dass die kartellrechtliche Fusionskontrolle nach §§ 35 ff. GWB eröffnet wäre. Selbst wenn diese Ausgangsüberlegung der Beschwerdeführerinnen zuträfe, ist ein Bezug zu der hier entschiedenen Fallkonstellation nicht zu erkennen. Da im Streitfall die Schwellenwerte des § 35 Abs. 1 GWB zweifelsfrei vorliegen, ist die von den Beschwerdeführerinnen aufgeworfene Frage hypothetisch. Ein Rückschluss auf die zu beurteilende Fallkonstellation scheidet schon deshalb aus, weil es in der Natur von Schwellenwerten liegt, dass ein Verhalten nach dem Willen des Gesetzgebers dann anders zu behandeln ist, wenn die Schwellenwerte nicht erreicht werden.
- 5
- 2. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zur Unzulässigkeit der Bietergemeinschaft nach § 1 GWB erfordern gleichfalls keine Zulassung der Rechtsbeschwerde. Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob es einer Entscheidung dieser Frage noch bedarf, weil die Untersagung des Zusammenschlusses nach § 36 Abs. 1 GWB nicht zu beanstanden ist. Das Oberlandesgericht hat die Bietergemeinschaft ersichtlich in den Gesamtzusammenhang des aus seiner Sicht gegen § 1 GWB verstoßenden Gemeinschaftsunternehmens gestellt. Daraus ergibt sich nämlich zugleich, dass schon der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft mit der Zielrichtung erfolgte, den Wettbewerb zu beschränken, indem die Beteiligte zu 3 in das Oligopol eingebunden werden sollte. Die vom Beschwerdegericht gegebene Begründung entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die subjektive Entscheidung des Unternehmens allein nicht ausreichen lässt, sondern vielmehr im Blick auf die wettbewerblichen Auswirkungen eine Bewertung durch den Tatrichter verlangt (BGH, Urt. v. 13.12.1983 - KRB 3/83, WuW/E 2050, 2051 - Bauvorhaben Schramberg; Urt. v. 7.7.1992 - KZR 2/91, WuW/E 2777, 2779 - Freistellungsende bei Wegenutzungsrecht; Urt. v. 5.2.2002 - KZR 3/01, WuW/E DE-R 876, 878 - Jugend- und Frauennachtfahrten). Von diesen Grundsätzen weicht die Entscheidung des Beschwerdegerichts ebenso wenig ab wie von den durch die Beschwerdeführerinnen in Bezug genommenen Ent- scheidungen anderer Oberlandesgerichte (OLG Frankfurt NZBau 2004, 60 ff.; OLG Naumburg WuW/E Verg 493, 496).
Raum Strohn
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.11.2005 - VI-Kart 30/04 (V) -
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Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1 Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 42 gestellt, so beginnt die Frist für die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamts mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Es genügt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.
(2) Ergeht entsprechend § 73 Absatz 3 Satz 2 auf einen Antrag keine Verfügung, so ist die Beschwerde an keine Frist gebunden.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Verfügung zu begründen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 beginnt die Frist mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wird diese Verfügung angefochten, beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Untersagung unanfechtbar wird. Im Fall des Absatzes 2 beträgt die Frist einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Beschwerde. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden.
(4) Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Verfügung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, - 2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
(5) Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Beschwerden der Kartellbehörden.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Ein Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die beteiligten Unternehmen nachweisen, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und diese Verbesserungen die Behinderung des Wettbewerbs überwiegen, oder - 2.
die Untersagungsvoraussetzungen ausschließlich auf Märkten vorliegen, auf denen seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf denen im letzten Kalenderjahr im Inland insgesamt weniger als 20 Millionen Euro umgesetzt wurden, es sei denn, es handelt sich um Märkte im Sinne des § 18 Absatz 2a oder einen Fall des § 35 Absatz 1a, oder - 3.
die marktbeherrschende Stellung eines Zeitungs- oder Zeitschriftenverlags verstärkt wird, der einen kleinen oder mittleren Zeitungs- oder Zeitschriftenverlag übernimmt, falls nachgewiesen wird, dass der übernommene Verlag in den letzten drei Jahren jeweils in der Gewinn- und Verlustrechnung nach § 275 des Handelsgesetzbuchs einen erheblichen Jahresfehlbetrag auszuweisen hatte und er ohne den Zusammenschluss in seiner Existenz gefährdet wäre. Ferner muss nachgewiesen werden, dass vor dem Zusammenschluss kein anderer Erwerber gefunden wurde, der eine wettbewerbskonformere Lösung sichergestellt hätte.
(2) Ist ein beteiligtes Unternehmen ein abhängiges oder herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 des Aktiengesetzes oder ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, sind die so verbundenen Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen. Wirken mehrere Unternehmen derart zusammen, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können, gilt jedes von ihnen als herrschendes.
(3) Steht einer Person oder Personenvereinigung, die nicht Unternehmen ist, die Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen zu, gilt sie als Unternehmen.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.