Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZR 96/08
published on 19/03/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZR 96/08
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 96/08
vom
19. März 2009
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 19. März 2009
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 22. Mai 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 103.522,79 € festgesetzt.
Der Streitwert wird auf 103.522,79 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die statthafte Nichtzulassungsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Die auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG gestützten Rügen greifen jedoch nicht durch.
- 2
- 1. Zu Unrecht beanstandet die Klägerin einen aus einer verfahrensfehlerhaften Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO beruhenden Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
- 3
- Das a) Oberlandesgericht war entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gehalten, ihr zweitinstanzliches Vorbringen, durch das sie im Blick auf die Höhe der Verbindlichkeiten und deren ernsthafte Einforderung sowie einen durch einen Unternehmensplan ausgewiesenen positiven Cash-Flow eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bestritten hat, zu berücksichtigen. Für die Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genügt es nicht, dass das Gericht des ersten Rechtszuges in seinem Urteil zu erkennen gibt, es habe einen Gesichtspunkt für unerheblich gehalten. Vielmehr ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift die Zulassung des neuen Vorbringens nur dann geboten, wenn die Rechtsansicht des Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Parteien auch beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, (mit-)ursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert hat (BGH, Urt. v. 19. Februar 2004 - III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927 f; Urt. v. 23. September 2004 - VII ZR 173/03, NJW-RR 2005, 167, 168). Im Streitfall ist das Vorbringen der Klägerin in allen Punkten nicht durch Hinweise des Erstgerichts beeinflusst worden.
- 4
- 2. Das Berufungsgericht durfte davon ausgehen, dass die Verbindlichkeiten der Schuldnerin bis zur Verfahrenseröffnung nicht zurückgeführt wurden, weil es insoweit an einem substantiierten Bestreiten der Klägerin fehlt.
- 5
- 3. Verfahrensfehlerfrei und ohne Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte.
- 6
- Die Klägerin hat nicht bestritten, dass einer ihrer Mitarbeiter regelmäßig im Betrieb der Schuldnerin deren Liquidität anhand der Geschäftsunterlagen einer Prüfung unterzogen hat. Bei dieser Sachlage muss sich die Klägerin dessen Wissen zurechnen lassen (BGHZ 41, 17, 22). Das Berufungsgericht konnte deshalb davon ausgehen, dass die Beklagte denselben Kenntnisstand hatte wie die Schuldnerin. Wenn sie gleichwohl "bis zuletzt von der Sanierungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin" ausging - hierauf bezieht sich der Beweisantritt, dessen Nichtberücksichtigung die Beschwerde rügt -, berührt dies nicht die Kenntnis von den Tatsachen, aus deren Vorliegen zwingend auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit zu schließen war (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, Rn. 14 z.V.b. in BGHZ).
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 10.05.2007 - 4 O 517/06 -
OLG Celle, Entscheidung vom 22.05.2008 - 13 U 117/07 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}
2 Referenzen - Gesetze
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).
published on 19/02/2009 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 62/08 Verkündet am: 19. Februar 2009 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: j
published on 19/02/2004 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 147/03 Verkündet am: 19. Februar 2004 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 662, 6
published on 23/09/2004 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 173/03 Verkündet am: 23. September 2004 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
Annotations
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.