Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2009 - IX ZB 58/08
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 34 Abs. 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
- 2
- Verfahrensgrundrecht Das der Schuldnerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt. Das Beschwerdegericht hat das Vorbringen der Schuldnerin, es fehle an einem berechtigten Interesse der Gläubigerin an der Durchführung des Insolvenzverfahrens, weil Möglichkeiten für deren weitere Befriedigung in einem solchen Verfahren nicht denkbar seien, nicht über- gangen. Indem es ausgeführt hat, das rechtliche Interesse der Gläubigerin hänge nicht von dem Vorhandensein einer die Verfahrenskosten deckenden Masse ab, hat es diesen Vortrag vielmehr für unerheblich erachtet.
- 3
- Die Auffassung des Beschwerdegerichts, es genüge, dass die antragstellende Gläubigerin ihre Forderung glaubhaft gemacht habe, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, insbesondere mit dem Beschluss vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 207/04, WM 2006, 492). Die Beteiligte zu 1 muss das Bestehen ihrer Forderung nicht beweisen, weil sie für einen Teil ihrer Forderung über einen vollstreckbaren Titel verfügt (vgl. BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006 - IX ZB 88/05, ZVI 2006, 565). Gegenrechte gegen eine titulierte Forderung muss die Schuldnerin aber in dem dafür vorgesehenen Verfahren verfolgen. Es ist nicht Sache des Insolvenzgerichts, solche Einwände zu prüfen (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2006 - IX ZB 245/05, WM 2006, 1632, 1633 Rn. 11; v. 29. März 2007 - IX ZB 141/06, WM 2007, 1132 Rn. 7).
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Neumünster, Entscheidung vom 11.12.2007 - 93 IN 57/07 -
LG Kiel, Entscheidung vom 25.02.2008 - 13 T 15/08 -
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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde - an das Landgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde bleiben außer Ansatz.
Der Gegenstandswert wird auf 4.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Nach dem von dem Landgericht in Bezug genommenen Nichtabhilfebeschluss des Insolvenzgerichts wendet sich der Schuldner gegen die am 11. Januar 2005 beschlossene Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermö- gen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen und sich hierbei den Ausführungen des Insolvenzgerichts in der Nichtabhilfeentscheidung, der nichts hinzuzufügen sei, angeschlossen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
- 2
- Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 7 InsO statthaft. Ihre Zulässigkeit folgt aus § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der angefochtene Beschluss kann schon deshalb nicht bestehen bleiben, weil er nicht mit gesetzmäßigen Gründen versehen ist.
- 3
- 1. Beschlüsse, welche der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben, über den entschieden wird; denn die Feststellungen des Beschwerdegerichts sind Grundlage der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 5. Februar 2004 - IX ZB 29/03, WM 2004, 1686 f; v. 7. April 2005 - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246). Fehlen tatsächliche Feststellungen, so kann eine Rechtsprüfung nicht erfolgen. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne. Sie führen von Amts wegen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO.
- 4
- 2. Der Antrag eines Gläubigers ist gemäß § 14 InsO zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Welche Anforderungen an Darlegung und Glaubhaftmachung von Forderung und Eröffnungsgrund zu stellen sind, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles. Eine nicht titulierte Forderung ist nach Grund und Höhe schlüssig darzulegen. Die Glaubhaftmachung hat sich auf die tatsächlichen Voraussetzungen der Forderung zu beziehen. Sie richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 4 InsO, 294 ZPO). Gleiches gilt für den Eröffnungsgrund. Kann der Gläubiger keine aktuelle Unpfändbarkeitsbescheinigung vorlegen, muss er Tatsachen darlegen und glaubhaft machen, die den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit - im Unterschied zur Zahlungsunwilligkeit oder zur bloßen Zahlungsstockung - des Schuldners zulassen. Von Bedeutung kann insbesondere sein, ob der Schuldner die Forderung aus tatsächlichen Gründen oder Rechtsgründen bestreitet und deshalb nicht zahlt oder ob er die Berechtigung der Forderung nicht in Zweifel zieht, aber gleichwohl keine Zahlungen leistet. Wie es sich im vorliegenden Fall verhält, lässt sich weder dem angefochtenen Beschluss des Landgerichts noch dem in Bezug genommenen Nichtabhilfebeschluss des Insolvenzgerichts entnehmen, der auch keine im Rechtsbeschwerdeverfahren verwertbare Sachverhaltsschilderung enthält.
III.
- 5
- Hinsichtlich des weiteren Verfahrens sieht der Senat Anlass zu dem Hinweis, dass die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Grundsatzfrage nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses geklärt ist. Es kommt auf den Zeitpunkt an, zu dem der vollständig unterschriebene Beschluss die Geschäftsstelle des Gerichts mit der unmittelbaren Zweckbestimmung verlassen hat, den Beteiligten bekannt gegeben zu werden (vgl. BGH, Urt. v.
- 6
- Die Entscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde wegen unrichtiger Sachbehandlung beruht auf § 21 GKG.
Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 11.01.2005 - 67 c IN 6/05 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 21.02.2005 - 326 T 17/05 -