Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Dez. 2011 - IX ZB 265/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 81.861,10 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Gründe für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Ihr Vorliegen beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde (BGH, Beschluss vom 23. September 2003 - VI ZA 16/03, NJW 2003, 3781 f; st. Rspr.).
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- 1. Die vordem grundsätzliche Frage, ob die Fünfmonatsfrist des § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf die Insolvenzbeschwerde eines Gläubigers nach unterbliebener öffentlicher Bekanntmachung einer Vergütungsfestsetzung anzuwenden ist, hat der Senat durch Beschluss vom 10. November 2011 (IX ZB 165/10, Rn. 11 ff z.V.b.) verneint. Inhaltsgleich hat das Beschwerdegericht entschieden.
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- 2. Zu dem Gesichtspunkt der Rechtsmittelverwirkung, auf den sich die Rechtsbeschwerde gegenüber der Erstbeschwerde der Gläubigerin beruft, legt sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dar. Ein entsprechender Obersatz der Beschwerdeentscheidung ist von der Rechtsbeschwerde nicht, wie es erforderlich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 50/09, WM 2010, 237 Rn. 4; vom 23. März 2011 - IX ZR 212/08, WM 2011, 1196 Rn. 3 ff), bezeichnet worden. Zu einer Grundsatzklärung gibt der Fall im Blick auf die Rechtsmittelverwirkung auch keinen Anlass. Eine Insolvenzbeschwerde ist nicht schon deshalb verwirkt, weil der Beschwerdegegner nach dem Zeitpunkt, in dem die angefochtene Entscheidung ihm gemäß § 64 Abs. 2 InsO zugestellt worden ist, mit einem Rechtsmittel nicht mehr gerechnet hat. Ob die angefochtene Entscheidung öffentlich bekannt gemacht ist und danach rechtskräftig werden kann, vermag der Beschwerdegegner selbst festzustellen. Ein Verhalten der hier beschwerdeführenden Gläubigerin, nach welchem der Rechtsbeschwerdeführer darauf vertrauen durfte, ein Rechtsmittel gegen die Festsetzung seiner Vergütung werde von ihr nicht eingelegt werden, ist zudem von der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt worden. Sie hat nicht einmal behauptet, dass die Gläubigerin vor der öffentlichen Bekanntmachung der Entscheidung überhaupt Kenntnis davon hatte, dass die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters festgesetzt worden war.
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- Eine Verpflichtung der Gläubigerin schon vor der öffentlichen Bekanntmachung der Entscheidung, bei dem Insolvenzgericht nachzufragen, ob eine Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters festgesetzt worden sei, welche die Rechtsbeschwerde annehmen möchte, fände keinerlei Stütze im Gesetz. Sie hätte auch nach der Verfahrenspraxis keine Grundlage; denn es kommt nicht selten vor, dass der vorläufige Verwalter, welcher mit der Verfahrenseröff- nung auch zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, die Festsetzung seiner Vergütung erst im Laufe des Insolvenzverfahrens beantragt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2010 - IX ZB 195/09, ZIP 2010, 2160 Rn. 31).
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- 3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts steht zur Berechnung der Vergütungshöhe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Vertrauensschutz in den Fortbestand der nach dem Beschluss vom 14. Dezember 2000 (IX ZB 105/00, BGHZ 146, 165) vorübergehend vertretenen Auslegung von § 11 Abs. 1 InsVV aF hat der Senat in ständiger Praxis versagt und wäre nach der bis zum Bekanntwerden des Beschlusses vom 14. Dezember 2005 (IX ZB 256/04, BGHZ 165, 266) noch ungefestigten Rechtsprechung auf einem für den Bundesgerichtshof neuen Gebiet nicht gerechtfertigt. Die Einbeziehung vom Schuldner nur angemieteten oder angepachteten Grundeigentums - wie hier - mit dem Sachwert in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters hatte der Senat überdies auch vor dem Beschluss vom 14. Dezember 2005 nicht anerkannt.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 09.02.2006 - 35 IN 1026/03 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 10.11.2009 - 5 T 182/06 u. 5 T 183/06 -
Annotations
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.
(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, werden dem Vermögen nach Satz 1 hinzugerechnet, sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst. Sie bleiben unberücksichtigt, sofern der Schuldner die Gegenstände lediglich auf Grund eines Besitzüberlassungsvertrages in Besitz hat.
(2) Wird die Festsetzung der Vergütung beantragt, bevor die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Gegenstände veräußert wurden, ist das Insolvenzgericht spätestens mit Vorlage der Schlussrechnung auf eine Abweichung des tatsächlichen Werts von dem der Vergütung zugrunde liegenden Wert hinzuweisen, sofern die Wertdifferenz 20 vom Hundert bezogen auf die Gesamtheit dieser Gegenstände übersteigt.
(3) Art, Dauer und der Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters sind bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.
(4) Hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen beauftragt zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, so erhält er gesondert eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.