Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2010 - IX ZB 105/09

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die Schuldnerin beantragte, ein Verbraucherinsolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen; zugleich stellte sie einen Antrag auf Restschuldbefreiung. Der Treuhänder wies in seinem Schlussbericht darauf hin, dass keine Masse vorhanden sei; den Antrag auf Restschuldbefreiung befürwortete er. Nach Durchführung des Schlusstermins hob das Amtsgericht das Insolvenzverfahren auf.
- 2
- Am 17. November 2008 hat der Beteiligte, der Forderungen eines Gläubigers der Schuldnerin erworben hat, die Anordnung einer Nachtragsverteilung beantragt. Er beruft sich darauf, dass die Schuldnerin am 9. April 2002 ein Grundstück in anfechtbarer Weise unentgeltlich auf ihre Kinder übertragen ha- be. Wie von ihm angekündigt, hat der Beteiligte zwischenzeitlich gemäß § 313 Abs. 2 InsO Anfechtungsklage gegen die Zuwendungsempfänger erhoben.
- 3
- Durch Beschluss vom 28. November 2008 hat das Amtsgericht die Nachtragsverteilung hinsichtlich des Anfechtungsanspruchs der unentgeltlichen Übertragung des Grundstücks angeordnet. Die dagegen von der Schuldnerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren weiter.
II.
- 4
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 204 Abs. 2 Satz 2 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die von ihr zur Prüfung unterbreitete Rechtsfrage, ob im Rahmen des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO "abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs zu befinden ist", ist zu verneinen.
- 5
- Sind 1. die maßgeblichen Tatsachen unstreitig, hat eine umfassende rechtliche Prüfung zu erfolgen, ob nachträglich ermittelte Gegenstände die Anordnung einer Nachtragsverteilung rechtfertigen (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Anders verhält es sich hingegen, wenn die für eine Nachtragsverteilung in Betracht kommenden Gegenstände erst nach Durchführung eines Rechtsstreits - etwa wie im Streitfall auf der Grundlage einer Anfechtungsklage (BGHZ 83, 102, 103) - zur Masse gezogen werden können. In einer solchen Konstellation kann es nicht Aufgabe des Insolvenzgerichts sein, bei der Anordnung der Nachtragsverteilung abschließend über die dem Prozessgericht vorbehaltene Prüfung der Begründetheit der Klage zu befinden, zumal der Beklagte des Streitverfahrens häufig an der Entscheidung über die Nachtragsverteilung gar nicht beteiligt ist.
- 6
- 2. Die Schuldnerin bestreitet nicht, das fragliche Grundstück im Jahre 2002 unentgeltlich auf ihre Kinder übertragen zu haben. Mithin kommt hier eine Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht. Die von der Rechtsbeschwerde in den Mittelpunkt gerückte Frage, ob den Anfechtungsgegnern auf der Grundlage einer im Jahre 1995 erfolgten Abtretung eines Auflassungsanspruchs ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO) zusteht, ist nicht entscheidungserheblich, weil ein solcher Rechtserwerb nach dem Inhalt der mit dem Antrag auf Nachtragsverteilung vorgelegten Klageschrift von dem weiteren Beteiligten gerade bestritten wird. Ganter Gehrlein Vill Fischer Grupp
AG Potsdam, Entscheidung vom 28.11.2008 - 35 IK 153/05 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 20.04.2009 - 5 T 166/09 -

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(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Der Beschluß, durch den der Antrag auf Nachtragsverteilung abgelehnt wird, ist dem Antragsteller zuzustellen. Gegen den Beschluß steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
(2) Der Beschluß, durch den eine Nachtragsverteilung angeordnet wird, ist dem Insolvenzverwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubiger die Verteilung beantragt hatte, diesem Gläubiger zuzustellen. Gegen den Beschluß steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
Wer auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, daß ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.