Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2003 - III ZB 46/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gründe:
I.
Die Klägerin, eine GmbH mit Sitz in Worms, erwirkte im November 2000 durch einen in Düsseldorf ansässigen Rechtsanwalt (im folgenden: Hauptbevollmächtigter ), beim Amtsgericht Mayen einen Mahnbescheid gegen den Beklagten , auf dessen Widerspruch der Rechtsstreit an das Amtsgericht Potsdam abgegeben wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht ließ
sich der Hauptbevollmächtigte der Klägerin durch einen in Potsdam ansässigen Rechtsanwalt als Unterbevollmächtigten vertreten. Dem im Berufungsverfahren unterlegenen Beklagten wurden durch Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. Januar 2002 die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat das Amtsgericht von der Berech- ! !" #$#&%(' )+* , -. nung der Klägerin 92,60 tfallen , mit der Begründung abgesetzt, die Klägerin wäre gehalten gewesen, sogleich einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts zu beauftragen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Landgericht (Einzelrichter) zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Mit dieser macht die Klägerin unter anderem geltend, das Landgericht habe ihr Vorbringen übersehen, wonach die Bearbeitung der Rechtsangelegenheit in der Niederlassung Mülheim an der Ruhr erfolgt sei, es sich insoweit also um die Zuziehung eines "am Ort der Niederlassung" ansässigen Rechtsanwalts gehandelt habe.
II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (Einzelrichter).
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat. Die an-
gefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt jedoch der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entschei- den, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hat der Senat von Amts wegen zu beachten (BGH, Beschlüsse vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - NJW 2003, 1254, vorgesehen zum Abdruck in BGHZ; vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02 - BB 2003, 1200; vom 28. Mai 2003 - V ZB 47/02 - Umdruck S. 4); überdies hat die Rechtsbeschwerde den Verstoß gerügt.
III.
Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluß erlassen hat. Eine Zurückverweisung an die Kammer kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluß vom 10. April 2003 aaO).
Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.
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Annotations
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn
- 1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder - 2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn
- 1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder - 2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.