Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2007 - II ZR 304/06

published on 03/12/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2007 - II ZR 304/06
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Previous court decisions
Landgericht Berlin, 8 O 273/05, 23/11/2005
Kammergericht, 14 U 232/05, 08/12/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 304/06
vom
3. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Den Anforderungen an die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit weiterer neben die
Einlagepflicht tretender Beitragslasten (sog. "gespaltene Beitragspflicht") trägt eine
Vertragsgestaltung Rechnung, nach der sich aus dem Gesellschaftsvertrag i.V.m. der
zugehörigen Beitrittserklärung die maximale Höhe (hier: durch Angabe eines "NettoGesamtaufwands"
) der den Gesellschafter treffenden Beitragspflicht ergibt (Bestätigung
Sen.Urt. v. 5. November 2007 - II ZR 230/06, ZIP 2007, 2413 ff.).
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2007 - II ZR 304/06 - LG Berlin
KG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. Dezember 2007
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer,
Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 8. Dezember 2006 durch Beschluss nach § 552 a ZPO zurückzuweisen. Streitwert: 14.234,67 €

Gründe:

1
Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
1. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht - mehr - vor, nachdem der Senat mit Urteil vom 5. November 2007 (II ZR 230/06, z.V.b.) die sich bei dem - auch - dieser Sache zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrag stellenden Rechtsfragen geklärt hat.
3
2. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
4
a) Unzutreffend ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, wie die Revision zu Recht rügt, dass sich bereits aus dem Gesellschaftsvertrag die wirksame Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der von der Klägerin geforderten Beiträge ergibt.
5
aa) Nach § 707 BGB besteht vor Auflösung der Gesellschaft eine Nachschusspflicht über die vereinbarte Einlage hinaus grundsätzlich nicht. § 707 BGB ist jedoch u.a. dann nicht berührt, wenn sich die Gesellschafter zum einen eine betragsmäßig festgelegte Einlage, zum anderen laufende Beiträge versprochen haben (sog. gespaltene Beitragspflicht; Sen.Urt. v. 5. November 2007, Umdr. S. 7 f. m.w.Nachw.). Allerdings ist auch in diesem Fall das mitgliedschaftliche Grundrecht jedes Gesellschafters zu wahren, nicht ohne seine Zustimmung mit zusätzlichen Beitragspflichten belastet zu werden. Sollen über die eigentliche Beitragsschuld hinausgehende Beitragspflichten begründet werden, muss dies deswegen aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig hervorgehen (Sen.Urt. v. 5. November 2007, Umdr. S. 8 m.w.Nachw.). Zudem muss auch im Falle einer derartigen Aufspaltung der Beitragspflicht die Höhe der laufenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag zumindest in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet sein (Sen.Urt. v. 5. November 2007 aaO m.w.Nachw.; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 707 Rdn. 2 f.).
6
bb) Diesen Anforderungen genügt der Gesellschaftsvertrag, wie der Senat bereits im Urteil vom 5. November 2007 (Umdr. S. 8 f.) entschieden hat, nicht. Die Gesamthöhe der Einlagen der Gesellschafter ist im Gesellschaftsvertrag zwar betragsmäßig festgelegt. Ebenso steht durch die Anlage 2 zum Gesellschaftsvertrag der Gesamtbetrag der aufzunehmenden Fremdmittel fest, hinsichtlich derer § 9 Abs. 3 GV bestimmt, dass diese anteilig von den Gesellschaftern zu tragen sind. Der Annahme, schon der Gesellschaftsvertrag begründe eine über den bezifferten Einlageanteil hinausgehende Beitragspflicht, steht aber entgegen, dass weder in § 4 Abs. 1 und Abs. 6 GV noch in § 9 Abs. 3 GV die Höhe der anteilig aufzubringenden Zins- und Tilgungsleistungen in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet ist. Dort wird die Verpflichtung der Gesellschafter, weitere Einzahlungen zu leisten, auf den Fall beschränkt, dass der erwirtschaftete Überschuss nicht für die Bedienung des Zins- und Tilgungsdienstes der Grundschulddarlehen ausreicht. Das danach für die Entstehung der Beitragspflicht maßgebliche Kriterium des ausreichenden erwirtschafteten Überschusses wird jedoch im Gesellschaftsvertrag in keiner Weise der Höhe nach ausreichend konkretisiert. Keine der einzelnen in die Überschussrechnung einfließenden Positionen ist der Höhe nach ziffernmäßig bestimmt oder auch nur objektiv bestimmbar.
7
b) Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend dar (§ 561 ZPO). Die Revision verkennt, dass sich im Zusammenhang mit den Angaben in der privatschriftlichen Beitrittserklärung der Beklagten aus dem Gesellschaftsvertrag mit ausreichender Klarheit ergibt, dass und in welcher maximalen Höhe die Beklagten über die betragsmäßig festgelegte Einlageschuld hinausgehende laufende Beitragspflichten treffen. Dem steht nicht entgegen, dass Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften objektiv auszulegen sind (siehe hierzu Sen.Urt. v. 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812, 813 m.w.Nachw.). Dem - später - beitretenden Gesellschafter erschließt sich der objektive Sinn des Gesellschaftsvertrages aus dem Inhalt der von ihm unterzeichneten Beitrittserklärung (Sen.Urt. v. 5. November 2007, Umdr. S. 9).
8
aa) Aus der Beitrittserklärung vom 3. November 1993 ergibt sich, dass die Beklagten sich an dem Nettogesamtaufwand der Gesellschaft in einer Höhe von 775.000,00 DM beteiligt haben, wovon sie einen Teil als feststehende Einlage in Raten unmittelbar einzuzahlen hatten, und im Übrigen - neben einer Vorsteuererstattung - an den nach § 4 Abs. 6 Satz 1 GV von der Gesellschaft durch sämtliche Mitgesellschafter aufzunehmenden Darlehen I und II in einer jeweils ebenfalls betragsmäßig genau bezifferten Höhe beteiligt waren, wobei nach § 9 Abs. 3 Satz 1 GV der Zins- und Tilgungsdienst der Darlehen "über die Gesellschaft abgewickelt" wird. Darlehensnehmerin im Außenverhältnis sollte danach die Klägerin sein, wirtschaftliche Darlehensnehmer, d.h. im Innenverhältnis zur Tragung der Zins- und Tilgungsleistungen der beiden betragsmäßig in der Beitrittserklärung abschließend festgelegten anteiligen Darlehensbeträge verpflichtet, waren nach dem Inhalt der Beitrittserklärung jedoch die beklagten Gesellschafter.
9
bb) Bei der gebotenen Gesamtschau von Beitrittserklärung und Gesellschaftsvertrag folgt hieraus nicht nur die Vereinbarung einer gespaltenen Beitragspflicht , sondern auch die nach der Senatsrechtsprechung erforderliche (siehe Sen.Urt. v. 19. März 2007 aaO m.w.Nachw.) objektive Bestimmbarkeit der Höhe der laufenden Beiträge, d.h. der Gesamtbelastung.
10
Wirtschaftlich haben sich die Beklagten zu Zins- und Tilgungsleistungen eines Darlehens in Höhe von 539.691,00 DM verpflichtet. Ihre daraus resultierende , grundsätzlich bestehende Belastung stand damit im Sinn einer Obergrenze fest. Sie konnte sich nach dem Gesellschaftsvertrag nicht erhöhen, sondern durch die von der Gesellschaft erwirtschafteten Überschüsse lediglich reduzieren. Damit war ihre Verpflichtung zur laufenden Beitragsleistung zwar nicht ziffernmäßig festgelegt. Diese ergab sich vielmehr Jahr für Jahr erst aus dem Wirtschaftsplan, nämlich aus dem Verhältnis von Überschuss und Jahresannuität der Fremdmittel. Die damit verbundene finanzielle Unsicherheit für die Beklagten bestand aber nicht in einer möglichen, im Beitrittszeitpunkt unüberschaubaren Erhöhung der von ihnen geschuldeten Beiträge, sondern in der Reduzierung ihrer an sich in voller Höhe bestehenden Zahlungspflicht durch die erwirtschafteten Überschüsse.
11
cc) Die durch den Gesellschaftsvertrag in bestimmbarer Weise festgelegte Höhe der laufenden Beiträge der Gesellschafter konnte ohne deren Zustimmung auch nicht nachträglich - durch die Aufnahme neuer Kreditmittel, weil durch Baukostenüberschreitungen Finanzierungslücken entstanden waren - erhöht werden. Die zur Deckung der Baukosten aufgenommenen Fremdmittel waren nach dem Gesellschaftsvertrag auf einen "ca." Prozentanteil der Gesamtkosten und außerdem im Investitions- und Finanzierungsplan ausdrücklich der Höhe nach festgeschrieben. Hätte eine Überschreitung der Herstellungskosten zu einem höheren Finanzierungsbedarf geführt, hätte deshalb das Eigenkapital der Gesellschaft entsprechend erhöht werden müssen, was nach § 4 Abs. 1 GV jedoch nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig gewesen wäre. Die Aufnahme weiterer Fremdmittel durch die Gesellschaft und damit das Risiko der Erhöhung der auf den Anteil der Beklagten entfallenden Zins- und Tilgungsleistungen waren danach ausgeschlossen.
12
c) Die weiteren Verfahrensrügen der Beklagten hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Entsprechendes gilt für die geltend gemachten materiellen Rügen. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 23.11.2005 - 8 O 273/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 08.12.2006 - 14 U 232/05 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
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published on 05/11/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 230/06 Verkündet am: 5. November 2007 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 19/03/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 73/06 Verkündet am: 19. März 2007 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.