Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2011 - II ZB 7/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Antragsgegnerin war Hauptaktionärin der E. AG, deren Hauptversammlung am 18. Dezember 2002 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin gegen eine Barabfindung von 415 € je Aktie beschloss. Die Antragsteller waren Minderheitsaktionäre und beantragten die gerichtliche Bestimmung der Barabfindung. Das Landgericht hat die Anträge durch Beschluss vom 20. Februar 2006 zurückgewiesen und die gerichtlichen Kosten und Auslagen des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin auferlegt. Dagegen legten die Antragstellerinnen zu 5, 7 und 13 sofortige Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 16. Februar 2007 die Beschwerden dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, weil es von einer Entscheidung des Bundesgerichts- hofs zur Bestimmung des Referenzzeitraums bei der Ermittlung des Börsenwertes von Aktien (BGH, Beschluss vom 12. März 2001 - II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 118) abweichen wollte. Die Beschwerdeführerinnen haben ihre Beschwerden zurückgenommen. Die Beschwerdegegnerin hat beantragt, die Gerichtskosten der II. Instanz und die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen.
II.
- 2
- Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Erstattung ihrer außergerichtlichen Auslagen kann sie nicht verlangen.
- 3
- 1. Der Beschwerdegegnerin sind die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Nach § 15 Abs. 2 SpruchG trägt der Antragsgegner - hier die Beschwerdegegnerin - die Gerichtskosten. Die Kosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Der Billigkeit entspricht es trotz der Beschwerderücknahme hier nicht, von der Regel des § 15 Abs. 2 SpruchG abzuweichen und die Gerichtskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen. Die Beschwerden hatten im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung nach der damaligen Rechtsprechung des Senats Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht ist bei der Zurückweisung des Antrags von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen, nach der der Börsenwert anhand des Durchschnittskurses der letzten drei Monate vor dem Hauptversammlungsbeschluss zu ermitteln war (BGH, Beschluss vom 12. März 2001 - II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 118). Zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinle- gung war keine Rechtsprechung der Oberlandesgerichte veröffentlicht, die davon abwich.
- 4
- § 15 Abs. 2 SpruchG verdrängte - wie schon § 312 Abs. 4 UmwG a.F. (i.d.F. von Art. 1 des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. Oktober 1994, BGBl. I S. 3210) und § 306 Abs. 7 Satz 7 AktG a.F. (i.d.F. von Art. 6 Nr. 9 Buchstabe c des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. Oktober 1994, BGBl. I S. 3210) - die sonst im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbaren §§ 131, 2 Nr. 1 KostO auch im Beschwerdeverfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 - II ZB 39/07, BGHZ 177, 131 Rn. 25; BayObLG, NZG 2004, 1111, 1114). Die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes sind gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG anwendbar , weil die sofortigen Beschwerden nach dem 1. September 2003 eingelegt wurden.
- 5
- 2. Die Antragsgegnerin hat auch ihre außergerichtlichen Kosten zu tragen. Ob durch § 15 Abs. 4 SpruchG § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG verdrängt wurde, so dass außergerichtliche Kosten des Antragsgegners von den Antragstellern nie zu erstatten sind, kann dahinstehen. Selbst wenn § 13a Abs. 1 FGG - entgegen der Absicht des Gesetzgebers, den Antragstellern nur ein begrenztes Risiko aufzuerlegen, ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen (BTDrucks. 15/371 S. 17) - neben § 15 Abs. 4 SpruchG anwendbar geblieben wäre, hätte die Antragsgegnerin ihre eigenen außergerichtlichen Kosten nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu tragen, weil eine andere Entscheidung aus den genannten Gründen nicht der Billigkeit entspricht. Im Fall der Rücknahme der Beschwerde ist über die außergerichtlichen Kosten nicht nach § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG, wonach ein Beteiligter im Fall eines unbegründeten Rechtsmittels die dadurch veranlassten Kosten zu tragen hat, sondern nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu entscheiden (vgl. Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 13a Rn. 42). Danach kann angeordnet werden, dass ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten zu erstatten hat, wenn dies der Billigkeit entspricht. Bei dieser Billigkeitsentscheidung sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde, wie sie hier vorlagen, maßgeblich zu berücksichtigen.
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 20.02.2006 - 34 AktE 10/03 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 16.02.2007 - 20 W 6/06 -
moreResultsText
Annotations
(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.
(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.
(weggefallen)
(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.
(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.
(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.
(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.
(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.