Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2020 - II ZB 13/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Januar 2020 durch den Richter Dr. von Selle als Einzelrichter
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Das Landgericht hat der Beklagten Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung im ersten Rechtszug unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt. Es hat die Bewilligung jedoch mit Rücksicht darauf, dass ihr nicht bedürftiger Streitgenosse von demselben Prozessbevollmächtigten vertreten wird, hinsichtlich der Anwaltsgebühren auf die Gebühr nach Nr. 1008 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (sog. Mehrvertretungsgebühr) beschränkt. Die Beschwerde der Beklagten hat das Beschwerdegericht, die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde hat der Senat zurückgewiesen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, den Wert seiner anwaltlichen Tätigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren festzusetzen.
II.
- 2
- Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 33 Abs. 1 RVG.
- 3
- Nach dieser Vorschrift setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, wenn sich Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt. So liegt es hier. Die Festsetzung des Werts für die zu erhebenden Gebühren im Rechtsbeschwerdeverfahren ist unterblieben, weil sie sich nicht nach dem Wert richten (Nr. 1826 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG; vgl. BeckOK KostR/Dörndorfer, 28. Edition, GKG KV 1826 Rn. 2 mwN).
- 4
- Das mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Interesse beläuft sich bei einem erstinstanzlichen Streitwert von 33.390 € gemäß Nrn. 3100, 3104, 7002 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG zzgl. Umsatzsteuer auf bis 3.000 € (§ 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1, § 23a Abs. 1 RVG). Das Interesse an der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entspricht hier nicht - wie sonst regelmäßig (BGH, Beschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 82/10, MDR 2010, 1350 Rn. 7; Beschluss vom 28. April 2011 - IX ZB 145/09, juris Rn. 1) - dem Wert der Hauptsache. Denn die anwaltliche Vertretung des bedürftigen Streitgenossen und damit die Prozessführung wird bereits durch die Zubilligung der Erhöhungsbeträge gewährleistet, sofern der Prozessbevollmächtigte - wie hier - seine Vergütung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 RVG von einem finanziell leistungsfähigen Streitgenossen beanspruchen kann (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2019 - II ZB 13/18, juris Rn. 12 ff.). Der Grund für die Gleichsetzung von Bewilligungs- und Hauptsacheinteresse auch im Beschwerdeverfahren liegt demgegenüber darin, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus Sicht des Antragsstellers notwendig ist, um den Prozess überhaupt führen zu können (BGH, Beschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 82/10, MDR 2010, 1350 Rn. 7).
- 5
- Über den Antrag entscheidet gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 1 RVG der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter.
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 26.10.2017 - 10 O 1203/17 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 11.04.2018 - 2 W 2113/17 -
BGH, Entscheidung vom 05.02.2019 - II ZB 13/18 -
BGH, Entscheidung vom 07.05.2019 - II ZB 13/18 -
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(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.
(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 23a Gegenstandswert im Verfahren über die Prozesskostenhilfe
(1) Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert; im Übrigen ist er nach dem Kosteninteresse nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Der Wert nach Absatz 1 und der Wert für das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, werden nicht zusammengerechnet.