Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - I ZR 197/07

published on 03/02/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - I ZR 197/07
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Landgericht München I, 21 O 18448/05, 02/08/2006
Oberlandesgericht München, 6 U 4434/06, 08/11/2007

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 197/07
vom
3. Februar 2011
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 22. April 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
2
1. Die Klägerin rügt ohne Erfolg, das Urteil des Senats vom 22. April 2010 (I ZR 197/07, GRUR 2010, 1093 = WRP 2010, 1253 - Concierto de Aranjuez ) gehe an keiner Stelle auf wesentlichen und von den Instanzgerichten festgestellten Vortrag der Klägerin ein, aus dem sich der dokumentierte Wille der Vertragsparteien ergebe; dieser Vortrag finde noch nicht einmal Erwähnung bei der Wiedergabe der wesentlichen Elemente, auf die das Berufungsgericht sein Auslegungsergebnis gestützt habe. Der Senat hat das als übergangen gerügte Vorbringen der Klägerin zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Dem steht nicht entgegen, dass er dieses Vorbringen in seinem Urteil nur seinem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt hat (vgl. § 313 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
3
2. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Senat nicht übersehen, dass das Berufungsgericht zu seinem Auslegungsergebnis unter Würdigung der gesamten vertraglichen Beziehungen der Parteien und der speziellen Interessenlage gelangt ist. Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in der Randnummer 16 seines Urteils ausgeführt hat, das Berufungsgericht habe seine Annahme , der zwischen den Vertragsparteien geschlossene Generalvertrag sei hinsichtlich der das Concierto de Aranjuez betreffenden Sonderregelung in § 3 des Generalvertrags nicht als Verlagsvertrag, sondern als Dienstvertrag anzusehen , vor allem darauf gestützt, dass der Komponist hinsichtlich dieses Werkes nach § 3 des Generalvertrags "Inhaber der Verlagsrechte" bleibe und dem Verlag nur die "Verwaltung seiner Nutzungsrechte" übertrage, während er dem Verlag an den anderen Werken nach § 2 des Generalvertrags das "ausschließliche Nutzungsrecht" einräume.
4
Soweit die Klägerin die Gründe, die nach Ansicht des Berufungsgerichts und des Landgerichts gegen die Annahme eines Verlagsvertrags sprechen, den Gründen gegenübergestellt hat, die nach Auffassung des Senats für einen Verlagsvertrag sprechen, zeigt sie keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör auf. Die Frage, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag auch hinsichtlich der das Concierto de Aranjuez betreffenden Regelung in § 3 des Generalvertrags als Verlagsvertrag anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage, die der Senat anders als die Instanzgerichte beurteilt hat. Auch mit ihrem - nach Ansicht des Senats unzutreffenden - Einwand, die Betrachtungsweise des Senats habe zur Konsequenz, dass es in Zukunft keine Administrationsverträge mehr geben werde, was Auswirkungen unter anderem auf Bühnenverlagsverträge und Berechtigungsverträge mit Verwertungsgesellschaften habe, wendet sich die Klägerin allein gegen die rechtliche Würdigung des Senats, ohne eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darzulegen.
5
3. Entgegen der Darstellung der Klägerin hat der Senat bei seiner Entscheidung nicht die Feststellung des Berufungsgerichts übersehen, die Be- http://www.juris.de/jportal/portal/t/xhj/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE070203377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xhj/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE069302377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - klagte sei in der praktischen Durchführung des Vertrages auch hinsichtlich des Concierto de Aranjuez jahrzehntelang in typischer Weise verlegerisch tätig geworden. Der Senat hat lediglich die Auffassung vertreten, dass das Berufungsgericht dieses nachträgliche Verhalten bei der Auslegung des Vertrages nicht hinreichend berücksichtigt hat (GRUR 2010, 1093 Rn. 19).
6
4. Entgegen der Annahme der Klägerin finden ihre berechtigten Interessen bei den Ausführungen des Senats zum Auslegungsgrundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung Erwähnung. Insbesondere hat der Senat berücksichtigt, dass das Concierto de Aranjuez bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Generalvertrags weltberühmt war und diesem Werk im Gesamtwerk des Komponisten eine herausragende Bedeutung zukommt. Der Senat hat die Auffassung vertreten, es habe im Interesse beider Vertragsparteien - Komponist und Verlag - gelegen, die große Bekanntheit dieses Werkes für die nach § 1 des Generalvertrags angestrebte optimale Auswertung des gesamten musikalischen Werkes einzusetzen.
7
5. Die Klägerin rügt ferner ohne Erfolg, dass der Senat das Vorbringen der Anschlussrevision (vgl. GRUR 2010, 1093 Rn. 26) nicht berücksichtigt hat, die Beklagte habe ihre aus §§ 675, 666 BGB folgende Pflicht schuldhaft verletzt , den Komponisten bzw. die Klägerin darüber zu unterrichten, dass sie auch bei einer Verwertung des Werkes im Ausland über mit ihr verbundene Unternehmen eigene Vermittlungsgebühren einbehalte und in derartigen Fällen daher zwei Provisionen anfielen. Der Senat konnte dieses Vorbringen nicht berücksichtigen , weil weder aus dem Tatbestand des Berufungsurteils noch aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich war, dass die Beklagte den Komponisten bzw. die Klägerin nicht über den Anfall von zwei Provisionen bei einer Verwertung des Werkes im Ausland über verbundene Unternehmen unterrichtet hat, und die Anschlussrevision auch nicht aufgezeigt hat, dass das Berufungsgericht http://www.juris.de/jportal/portal/t/632t/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=WBRE310643002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - entsprechenden Sachvortrag der Klägerin verfahrensfehlerhaft übergangen hat (GRUR 2010, 1093 Rn. 27). Auch die Anhörungsrüge zeigt nicht auf, dass die Klägerin bereits in den Tatsacheninstanzen behauptet und dargelegt hatte, die Beklagte habe eine solche Benachrichtigungspflicht verletzt.
8
6. Die Rüge der Klägerin, das Urteil vom 22. April 2010 sei erst am 4. November 2010 zugestellt worden, hat keinen Erfolg. Entgegen der Mutmaßung der Klägerin ist die sogenannte Fünfmonatsfrist (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 27. April 1993 - GmS-OGB 1/92, NJW 1993, 2603 ff.) gewahrt. Das bei Verkündung am 22. April 2010 noch nicht vollständig abgefasste Urteil ist der Geschäftsstelle am 20. September 2010 - vollständig schriftlich niedergelegt und von den Richtern unterschrieben - übergeben worden.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.08.2006 - 21 O 18448/05 -
OLG München, Entscheidung vom 08.11.2007 - 6 U 4434/06 -
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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichte

(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.
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published on 22/04/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 197/07 Verkündet am: 22. April 2010 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Annotations

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.