Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2002 - I ZR 135/02

bei uns veröffentlicht am22.07.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 135/02
vom
22. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 22. Juli 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Starck, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Auf Antrag der Beklagten wird der Wert ihrer Beschwer auf einen 60.000 DM übersteigenden Betrag heraufgesetzt.
Der Streitwert des landgerichtlichen und des Berufungsverfahrens wird in Abänderung der Beschlüsse des Landgerichts vom 14. Juni 2000 und des Berufungsgerichts vom 11. Dezember 2001 auf 100.000 DM, der Streitwert des Revisionsverfahrens auf 51.129,18 ? (= 100.000 DM) festgesetzt (§ 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).
Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung der Kläger aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Juni 2000 und dem Urteil des Kammergerichts vom 11. Dezember 2001 einstweilen einzustellen , wird abgelehnt.

Gründe:


Eine Einstellung der Vollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Schuldner es in der Berufungsinstanz versäumt hat, von der Möglichkeit eines Antrags nach § 712 ZPO Gebrauch zu
machen, obwohl der unersetzliche Nachteil bereits zu diesem Zeitpunkt erkennund nachweisbar war (BGH, Beschl. v. 27.8.1998 – XII ZR 167/98, NJW-RR 1998, 1603 f. m.w.N.; Musielak/Lackmann, ZPO, 3. Aufl., § 719 Rdn. 5). Einen solchen Antrag, der nach § 714 ZPO vor Schluß der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, hätte eingereicht werden müssen, hat die Beklagte ausweislich des Protokolls über die Berufungsverhandlung und des Tatbestandes des Berufungsurteils nicht gestellt. Dafür, daß ihr dies nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre, hat sie nichts dargetan. Der Antrag war im Streitfall auch nicht deswegen entbehrlich, weil ihm das Berufungsgericht, das sogar die Voraussetzungen für die Anordnung der Abwendungsbefugnis nach §§ 711, 713 ZPO – zu Unrecht – verneint hat, vermutlich ohnehin nicht entsprochen hätte.
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2002 - I ZR 135/02 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen


Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 719 Einstweilige Einstellung bei Rechtsmittel und Einspruch


(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung einges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 712 Schutzantrag des Schuldners


(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläub

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 25 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 714 Anträge zur vorläufigen Vollstreckbarkeit


(1) Anträge nach den §§ 710, 711 Satz 3, § 712 sind vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. (2) Die tatsächlichen Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2000 - XII ZR 167/98

bei uns veröffentlicht am 06.12.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 167/98 vom 6. Dezember 2000 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne , Gerber und Spr

Referenzen

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.

(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 167/98
vom
6. Dezember 2000
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2000 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne
, Gerber und Sprick

beschlossen:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 1998 wird nicht angenommen. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Streitwert: 24.672 DM.

Gründe:

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (vgl. § 554 b ZPO in der Auslegung des Beschlusses des BVerfG vom 11. Juni 1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277). Die Parteien hatten den Mietvertrag bis zum 30. Juni 1995 befristet. Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich dem Vertragstext keine - unabhängig von der Option getroffene - selbständige Vereinbarung über eine automatische Vertragsverlängerung bis zum 30. Juni 2000 entnehmen. Dem Mieter war lediglich eine Verlängerungsoption bis 2010 eingeräumt worden, für deren Ausübung jedoch keine bestimmte Frist vorgesehen war. Aus dem Umstand , daß die Parteien auch die Höhe des Mietzinses für die Zeit bis 30. Juni 2000 geregelt und für die anschließende Zeit bis 2010 einer neuen Vereinba-
rung überlassen haben, kann noch nicht auf eine Verlängerung des Mietvertrages geschlossen werden, da diese Regelung ihren Sinn auch dann behält, wenn sie nur vorsorglich für den Fall des § 568 BGB oder die rechtzeitige Optionsausübung getroffen wurde. Nach Fristablauf hatte sich das Mietverhältnis zunächst gemäß § 568 BGB auf unbestimmte Zeit fortgesetzt und war sodann vom Vermieter unter Einhaltung der normalen Kündigungsfristen gekündigt worden. Die vom Mieter erst nach regulärem Fristablauf ausgeübte Option war verspätet und konnte keine Wirkungen mehr entfalten. Haben die Mietvertragsparteien - wie hier - eine feste Laufzeit des Vertrages vereinbart und dem Mieter eine Verlängerungsoption eingeräumt, ohne hierfür eine Frist zur Geltendmachung vorzusehen, so ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, daß die Option bis zum Ablauf des befristeten Mietvertrages ausgeübt werden muß. Denn es liegt im schützenswerten Interesse des Vermieters, der dem Mieter die Verlängerungsoption eingeräumt hat, bis zum Ablauf des Mietvertrages zu wissen, ob er sich auf eine Fortsetzung des Vertrages mit dem Mieter einstellen muß. Dies hat der Bundesgerichtshof - in Modifizierung des Urteils vom 4. Dezember 1974 (VIII ZR 160/73 MDR 1975, 397) - bereits ausgeführt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1982 - VIII ZR 196/81 - NJW 1982, 2770, 2771; und vom 20. März 1985 - VIII ZR 64/84 - ZMR 1985, 260, 261; vgl. ferner bereits die ältere Rechtsprechung RGZ 99, 154, 155 ff.; BGH, Urteil vom 17. Mai 1967 - V ZR 96/64 - WM 1967, 935, 936; OLG Düsseldorf MDR 1981, 847; OLG Düsseldorf ZMR 1991, 378; OLG Köln ZMR 1996, 433; Erman/Jendrek BGB 10. Aufl. vor § 535 Rdn. 69; Staudinger/Emmerich [13. Bearb. 1995] BGB Vorbem. zu §§ 535, 536 Rdn. 223, 225; Soergel/Kummer BGB 12. Aufl. vor § 535 Rdn. 33;
Emmerich/ Sonnenschein Miete 7. Aufl. vor §§ 535, 536 BGB Rdn. 77, 78; Reinstorf in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 215, 216; a.A. wohl MünchKomm/Voelskow BGB 3. Aufl. §§ 535, 536 Rdn. 34, 35; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 8. Aufl. Rdn. 833). Aus § 568 BGB folgt nichts anderes. Der Umstand, daß sich das Mietverhältnis gemäß § 568 BGB mangels eines rechtzeitigen Widerspruchs des Vermieters auf unbestimmte Zeit fortsetzt, führt nicht dazu, daß die Option nunmehr auch nach dem regulären Fristablauf ausgeübt werden könnte. § 568 BGB will durch seine Fiktion lediglich den Eintritt eines vertragslosen Zustandes verhindern. Er bewirkt ein Fortbestehen des Mietvertrages mit dem vereinbarten Inhalt, allerdings mit Ausnahme der Regelungen, die sich auf den Zeitablauf beziehen und der Fortsetzung auf unbestimmte Zeit entgegenstehen würden. Daher kann auch die mit Fristablauf erloschene Option nicht wieder aufleben (vgl. Palandt/Putzo BGB 59. Aufl. § 568 Rdn. 10 m.w.N.). Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Sprick

(1) Anträge nach den §§ 710, 711 Satz 3, § 712 sind vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht.

(2) Die tatsächlichen Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.