Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2003 - I ZB 42/02

bei uns veröffentlicht am10.04.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 42/02
vom
10. April 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. April 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof.
Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Oktober 2002 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 45.786,29 festgesetzt.

Gründe:


I. Gegen das am 25. Juli 2002 zugestellte Urteil des Landgerichts vom 19. Juli 2002 legte die Klägerin am Montag, dem 26. August 2002, Berufung ein, die sie am 26. September 2002 begründete.
Wegen Versäumung der Frist für die Berufungsbegründung beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags trug die Klägerin vor:
Ihr Prozeßbevollmächtigter habe seine ansonsten zuverlässige Büroleiterin sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten des neuen Zivilprozeßrechts am 1. Januar 2002 auf die Rechtsänderungen bei der Frist zur Begründung der Berufung hingewiesen. Nach der Zustellung des Urteils des Landgerichts habe ihr Prozeßbevollmächtigter seiner Büroleiterin wie üblich die Anweisung erteilt, die Fristen für die Berufung und die Berufungsbegründung im Fristenkalender zu notieren. Entgegen dieser Weisung habe die Büroleiterin die Frist für die Berufungsbegründung zunächst nicht notiert, sondern dies erst unmittelbar vor Einlegung der Berufung nachgeholt. Dabei sei die Berufungsbegründungsfrist unzutreffenderweise vom Zeitpunkt der Einlegung der Berufung an berechnet worden, wie dies früherem Recht entsprochen habe. Eine vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist notierte Vorfrist sei vom Personal des Prozeßbevollmächtigten ebenfalls übersehen worden.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Es hat angenommen, der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hätte sich nach Vorlage der Berufungsschrift und nach Vorlage der Gerichtsakten davon überzeugen müssen, daß seiner Anweisung, die Frist zur Begründung der Berufung zu notieren, ordnungsgemäß nachgekommen worden sei.
II. Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
1. Der Rechtsbeschwerde kommt entgegen der Meinung der Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, Beschl. v. 4.7.2002 - V ZB 16/02, NJW 2002, 3029).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil die im Streitfall maßgeblichen Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geklärt sind und die Annahme des Berufungsgerichts, der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hätte bei Vorlage der Berufungsschrift und der Gerichtsakten die ordnungsgemäße Notierung der Berufungsbegründungsfrist selbst überwachen müssen, eine nach den Gesamtumständen auf den konkreten Einzelfall bezogene Feststellung ist.
Ein Rechtsanwalt darf ein Empfangsbekenntnis über die Zustellung eines Urteils erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in der maßgeblichen Handakte der Ablauf der Rechtsmittelfrist vermerkt und die Frist notiert ist (vgl. BGH, Beschl. v. 26.3.1996 - VI ZB 1 und 2/96, NJW 1996, 1900, 1901; Urt. v. 16.7.1998 - VII ZR 409/97, NJW 1998, 3125; Urt. v. 22.4.1999 - IX ZR 364/98, NJW 1999, 2120, 2121). Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß diese Verpflichtung den Rechtsanwalt nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung auch hinsichtlich der Begründungsfrist für das Rechtsmittel trifft, nachdem die zweimonatige Begründungsfrist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu laufen beginnt.
Allerdings kann der Prozeßbevollmächtigte, sofern er die erforderlichen Eintragungen in der Handakte und dem Fristenkalender nicht selbst vornimmt,
diese durch eine besondere Einzelanweisung an sein Büropersonal veranlassen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.1995 - XI ZB 13/95, NJW 1996, 130; Beschl. v. 31.10.2002 - III ZB 23/02, NJW-RR 2003, 276 f.). Ob die Anweisung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin die Voraussetzungen erfüllte, die an eine Einzelanweisung zu stellen sind, erscheint vorliegend zweifelhaft, weil die Anweisung , die maßgeblichen Fristen zu notieren, der üblichen Verfahrensweise in der Praxis des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin entsprach. Dann ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß die Eintragung der Fristen in einem Einzelfall unterbleibt. Die Frage kann aber auf sich beruhen.
Jedenfalls konnte das Berufungsgericht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes davon ausgehen, bei Vorlage der Berufungsschrift und bei Vorlage der Gerichtsakten sei der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin verpflichtet gewesen, die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die von ihm erteilte Anweisung zur Eintragung der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist enthielt nicht die Angabe des konkreten Zeitpunktes, zu dem der Lauf der Frist endete. Sah der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin aber davon ab, vor Unterzeichnung und Rückgabe des Empfangsbekenntnisses die maßgeblichen Fristen selbst zu vermerken und erteilte er nur eine der üblichen Verfahrensweise entsprechende allgemeine Anweisung zur Notierung der Frist, so kam bei Vorlage der Berufungsschrift und der Gerichtsakten eine entsprechende Verpflichtung des Prozeßbevollmächtigten in Betracht, sich von dem ordnungsgemäßen Eintrag der Berufungsbegründungsfrist zu überzeugen. Die Berechnung des Endes einer Rechtsmittel- und einer Rechtsmittelbegründungsfrist ist eine besonders wichtige Aufgabe. Sie kann, wenn es sich um eine routinemäßige Fristberechnung handelt, vom Rechtsanwalt seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen werden. Der Rechtsanwalt muß durch geeignete
allgemeine Anweisungen auf einen verläßlichen, Fristversäumnisse möglichst vermeidenden Geschäftsgang hinwirken (vgl. BGH, Beschl. v. 13.6.1996 - VII ZB 7/96, NJW 1996, 2514; Beschl. v. 21.11.2000 - VIII ZB 11/00, BGH-Rep 2001, 141). In zweifelhaften oder risikoträchtigen Fällen muß der Rechtsanwalt die Berechnung der Frist allerdings kontrollieren (vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.1982 - V ZB 10/82, VersR 1982, 974; vgl. auch BGH, Beschl. v. 11.3.1980 - X ZB 4/80, NJW 1980, 1846).
Es handelt sich vorliegend um die Entscheidung eines Einzelfalls. Er ist nach der Beurteilung des Berufungsgerichts durch ein Nebeneinander der Berechnung von Rechtsmittelbegründungsfristen nach § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. und § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. sowie dadurch gekennzeichnet, daß anders als bei der Berufungsfrist, die an einem Montag ablief (§ 222 Abs. 2 ZPO), eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht eintrat.
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Altern. 2 ZPO). Die angefochtene Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung, die mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Einklang steht.
III. Die Rechtsbeschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Ullmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2002 - V ZB 16/02

bei uns veröffentlicht am 04.07.2002

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bei uns veröffentlicht am 31.10.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 23/02 vom 31. Oktober 2002 in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Dörr besch

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 23/02
vom
31. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und
Dörr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2002 - 16 U 16/02 - aufgehoben.
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Gründe


I.


Das Landgericht hat die Feststellungsklage des Klägers aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2001 mit Urteil vom 14. Dezember 2001 abgewiesen. Gegen dieses seiner Prozeßbevollmächtigten am 15. Januar 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2002 Berufung eingelegt , die er mit einem am 13. März 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Am 22. März 2002 beantragte der Kläger wegen Versäumung der Beru-
fungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte zur Begründung aus: Rechtsanwältin St. , seine erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte , habe mit ihm vereinbart, daß gegen das Urteil des Landgerichts unter Ausschöpfung der Berufungsfrist am 15. Februar 2002 Berufung eingelegt werden solle. Da Rechtsanwältin St. beabsichtigt habe, im Februar 2002 Urlaub zu machen, dessen genaues Datum noch nicht festgestanden habe , habe sie am 28. Januar 2002 die Berufungsschrift diktiert und durch den am Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt Sch. unterzeichnen lassen. Der Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten G. habe sie die Anweisung erteilt, die Berufungsschrift genau am 15. Februar 2002 bei Gericht einzureichen. Zugleich habe sie verfügt, die Berufungsbegründungsfrist unter Zugrundelegung der angeordneten Einlegung der Berufung vorsorglich auf den 15. März 2002 mit einer Vorfrist zum 8. März 2002 zu notieren. Entgegen der ausdrücklichen Anweisung habe Frau G. die Berufungsschrift schon am 28. Januar 2002 zur Gerichtspost gegeben. Als Rechtsanwältin St. die Kopie der Berufungsschrift mit Eingangsquittung zum 30. Januar 2002 vorgelegt worden sei, habe sie sowohl schriftlich auf der Berufungsschrift als auch mündlich gegenüber Frau G. bei Übergabe der Akte verfügt, die Berufungsbegründungsfrist mit Vorfrist umzunotieren. Frau G. sei jedoch der Ansicht gewesen, eine Umnotierung sei nicht erforderlich, weil die Frist 15. März 2002 nach neuem Recht richtig notiert sei. Sie habe deshalb bei der Verfügung "nicht notwendig" vermerkt, wegen hohen Arbeitsanfalls aber vergessen, Rechtsanwältin St. noch einmal auf die Fristnotierung anzusprechen. Die eingetragene Wiedervorlagefrist 14. Februar 2002 habe sie in der Annahme gestrichen, die Wiedervorlage habe sich durch Einreichung der Berufungsschrift erledigt, weshalb die Akte an diesem Tag nicht vorgelegt worden sei. Dies sei vielmehr erst zur vorsorglich notierten Vorfrist am 8. März
2002 geschehen. Als Rechtsanwältin St. am 11. März 2002 die Akten für die Berufungsbegründung in Arbeit genommen habe, habe sie die falsche Berechnung der Berufungsbegründungsfrist bemerkt.
Das Berufungsgericht hat die Erteilung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Zwar hat der Kläger die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Auf seinen rechtzeitigen Antrag ist ihm jedoch gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Damit wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des Berufungsgerichts gegenstandslos.

a) Nach dem durch anwaltliche Versicherung des Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz und durch eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsund Notariatsfachangestellten G. glaubhaft gemachten Vorbringen des Klägers war dieser ohne ein ihm zuzurechnendes Verschulden seiner Prozeßbevollmächtigten gehindert, die Berufungsbegründungsfrist zu wahren. Hier-
nach beruhte die Versäumung der Frist auf drei Fehlern der Angestellten G. . Entgegen einer erteilten Weisung reichte sie die bereits am 28. Januar 2002 erstellte Berufungsschrift sofort und nicht erst unter Ausschöpfung der Frist am 15. Februar 2002 bei Gericht ein. War dies für sich genommen noch kein Fehler, der unmittelbar zu Rechtsverlusten des Klägers führte, unterließ sie nach Zugang einer Kopie der Berufungsschrift mit Eingangsquittung die ihr mündlich und schriftlich angewiesene Umnotierung der Berufungsbegründungsfrist vom 15. März 2002 auf den 28. Februar 2002, weil sie der irrigen Auffassung war, die Frist laufe nach neuem Recht am 15. März 2002 aus. Sie war jedoch nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen darüber unterrichtet worden, daß nach der Übergangsregelung das alte Recht in Fällen anzuwenden ist, in denen die mündliche Verhandlung, auf welche das Urteil ergeht, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist. Schließlich legte sie die Handakten am 14. Februar 2002 nicht vor, weil sie den Zusammenhang dieser Frist mit der bereits eingereichten Berufung sah.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Rechtsanwalt die Berechnung üblicher und in seiner Praxis häufig vorkommender Fristen sowie die Führung des Fristenkalenders seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen. Er muß aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür sorgen, daß Fristversäumnisse möglichst vermieden werden (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Juli 1994 - VIII ZB 26/94 - NJW 1994, 2551; Senatsbeschluß vom 31. Januar 2002 - III ZB 69/01 - NJW 2002, 1130). Darüber hinaus darf ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Ihn trifft unter solchen Umständen nicht die Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung
zu vergewissern (vgl. BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930).
aa) Nach diesen Grundsätzen ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers ein Verschulden nicht vorzuwerfen. Die Weisung an die Büroangestellte, die am 28. Januar 2002 bereits unterzeichnete Berufungsschrift erst am 15. Februar 2002 bei Gericht einzureichen, betraf eine einfach wahrzunehmende Handlung, die keine besonderen Kenntnisse voraussetzte und mit Hilfe des Fristenkalenders verläßlich hätte ausgeführt werden können. Auch die möglicherweise vorzunehmende Korrektur einer vorsorglich eingetragenen Berufungsbegründungsfrist nach Eingang der Mitteilung über den genauen Eingang der Berufungsschrift bei Gericht war ein nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht immer wieder vorkommender Routinevorgang, den der Anwalt seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen durfte. Es kommt hier hinzu, daß sich Rechtsanwältin St. auf eine selbständige Bearbeitung durch die Büroangestellte nicht beschränkt, sondern ihr eine mündliche und schriftliche Weisung zur Umnotierung der Berufungsbegründungsfrist erteilt hat. Angesichts dieser Weisung kommt dem Umstand, daß die Büroangestellte möglicherweise die Unterrichtung über das neue Rechtsmittelrecht und die Übergangsregelung noch nicht richtig aufgenommen hatte, keine entscheidende Bedeutung zu, weil die Weisung in jedem Fall zu befolgen war und die Büroangestellte nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen gleichfalls angewiesen war, Rücksprache mit dem Prozeßbevollmächtigten zu halten, wenn sie eine Verfügung anders als angeordnet ausführen wollte. Da ihr nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen bei der Fristberechnung und -notierung seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses in der Kanzlei (Oktober 1997) noch keine Fehler unterlaufen waren, durften sich die Prozeßbevollmächtigten
darauf verlassen, daß auch in dieser Sache die angewiesene Frist eingetragen würde.
bb) Der Senat folgt der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht, Rechtsanwältin St. hätte die Eintragung der Frist in den Kalender selbst vornehmen, jedenfalls prüfen müssen, ob die Büroangestellte die Frist richtig eingetragen hatte, nachdem sie bemerkt hatte, daß die Angestellte die Berufungsschrift weisungswidrig zu früh eingereicht hatte. Nicht jeder Fehler rechtfertigt den vom Berufungsgericht gezogenen Schluß, daß man sich auf einen Mitarbeiter nicht mehr verlassen könne. Der Fehler hatte hier nicht entscheidendes Gewicht, weil er als solcher noch nicht mit Rechtsnachteilen für den Kläger verbunden war und eine ordnungsmäßige Abwicklung des Berufungsverfahrens nicht behinderte. Er betraf auch nicht im Kern die Führung des Fristenkalenders , so daß er das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Angestellten in dieser Beziehung nicht berührte. Daß Rechtsanwältin St. unter diesen Umständen durch eine eigene - mündliche und schriftliche - Weisung zur Umnotierung der Berufungsbegründungsfrist dem eingetretenen Fehler Rechnung trug und die weitere fristgemäße Bearbeitung sicherstellen wollte, entsprach einer verantwortungsbewußten und die Interessen des Mandanten wahrnehmenden Verfahrensweise. Zu mehr war sie auch im Hinblick auf den der Angestellten unterlaufenen Fehler bei der Einreichung der Berufungsschrift nicht verpflichtet. Soweit das Berufungsgericht den Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom 3. November 1997 (VI ZB 47/97 - NJW 1998, 460) und vom 10. Juli 1980 (VII ZB 7/80 - VersR 1980, 1047) weitergehende Anforderungen an die vom Rechtsanwalt selbst wahrzunehmenden Pflichten entnehmen will, verkennt es, daß diesen Entscheidungen keine vergleichbaren Fallgestaltungen zugrunde lagen. Es kommt auch nicht auf die Bedenken an, die das Beru-
fungsgericht mit Rücksicht auf das Verhalten des beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts Sch. äußert. Denn dem Wiedereinsetzungsantrag ist seinem gesamten Inhalt nach zu entnehmen, daß Rechtsanwältin St. mit der Bearbeitung betraut war. Daß ihr im Februar 2002 geplanter Urlaub einer Überwachung der Sache entgegenstand, ist nicht erkennbar. Vielmehr belegt ihre Bearbeitung, daß sie das Erforderliche veranlaßt hatte, um die Berufungsbegründung rechtzeitig vorzubereiten. Daß hierzu möglicherweise vor dem 28. Februar 2002 ein Verlängerungsantrag hätte gestellt werden müssen, stellt die ordnungsmäßige Handhabung durch sie nicht in Frage.
Rinne Streck Schlick
Kapsa Dörr

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)