Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2002 - I ZB 14/00

15.08.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 14/00
vom
15. August 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 2 056 627
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. August 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 28. Senats (Marken -Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 10. November 1999 wird auf Kosten der Widersprechenden zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 festgesetzt.

Gründe:


I. Die Widersprechende hat aus ihrer für Dienstleistungen der Klasse 42 eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 2 034 039 "TACO BELL" Widerspruch gegen die gemäß § 6a WZG für Waren und Dienstleistungen verschiedener Klassen, u.a. der Klasse 42 eingetragenen Wortmarke Nr. 2 056 627 "TACO BELL" Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle hat dem Widerspruch teilweise entsprochen und die teilweise Löschung der jüngeren Marke angeordnet.
Die hiergegen erhobene Beschwerde der Markeninhaberin hatte Erfolg und führte zur Aufhebung der Entscheidung der Markenstelle, soweit die Löschung der Marke angeordnet worden ist, sowie zur Zurückweisung des Widerspruchs und der Beschwerde der Widersprechenden.
Mit ihrer (nicht zugelassenen) Rechtsbeschwerde begehrt die Widersprechende die Aufhebung des Beschlusses des Bundespatentgerichts.
II. Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde der Markeninhaberin für begründet gehalten, weil der Widerspruch unzulässig sei. Dazu hat es ausgeführt :
Die Widersprechende habe sich in einem zwischen den Beteiligten anhängigen Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Wege eines Vergleichs verpflichtet, sämtliche von ihr angemeldeten oder bereits eingetragenen Marken und Geschäftskennzeichen von Gesellschaften, an denen sie beteiligt sei oder die sie vertrete, die die Bezeichnung "TACO BELL" in Wort-/Bildzeichen enthalten, im In- und Ausland aufzugeben; sie werde sämtliche Angriffe auf "TACO BELL"-Marken der Markeninhaberin einstellen.
Wegen des Vergleichs hätte es der Widersprechenden obgelegen, den Widerspruch umgehend zurückzunehmen. Eine entsprechende Erklärung sei jedoch nicht zu den Akten gelangt. Die unanfechtbare Verpflichtung aus dem Vergleich stehe der Geltendmachung von Rechten aus der Widerspruchsmarke gegen die jüngere Marke entgegen. Auf die damit bestehende prozeßhindernde Einrede habe sich die Markeninhaberin auch berufen. Der Widerspruch sei deshalb als unzulässig anzusehen.
III. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie nach § 83 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 6 MarkenG statthaft. Die Widersprechende rügt hierzu mit näheren Ausführungen, ihr sei im Beschwerdeverfahren das rechtliche Gehör versagt worden und der angefochtene Beschluß sei nicht mit Gründen versehen. Das reicht für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde aus; ob die Rügen durchgreifen ist eine Frage der Begründetheit (BGH, Beschl. v. 3.12.1998 - I ZB 14/98, GRUR 1999, 500, 501 = WRP 1999, 435 - DILZEM).
2. Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache aber erfolglos.

a) Die Rüge der fehlenden Begründung greift nicht durch, weil das Bundespatentgericht eine Begründung gegeben hat, die nach der Auffassung der Rechtsbeschwerde lediglich unrichtig ist. Da die Vorschrift des § 83 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG den Begründungszwang sichern soll, reicht aber die Angabe jedes Grundes, mag er vorliegen oder nicht, mag er rechtsfehlerhaft beurteilt worden sein oder nicht, aus, um dem Erfordernis einer Begründung zu genügen (BGH, Beschl. v. 24.4.1997 - I ZB 1/96, GRUR 1997, 636, 637 = WRP 1997, 761 - Makol).

b) Es kann offenbleiben, ob das Bundespatentgericht gegen seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen hat. Die Widersprechende war vom Bundespatentgericht darauf hingewiesen worden, daß es dem Abschluß des vorgelegten und der Widersprechenden zur Kenntnis gegebenen Prozeßvergleichs verfahrensrechtliche Bedeutung beimessen werde. Dabei war den Verfahrensbeteiligten bekannt, daß die Widersprechende mit einem Protokollberichtigungsantrag in dem Zivilprozeß Bedenken gegen die Wirk-
samkeit des Vergleichs vorgebracht hatte. Diese wurden mit Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main verworfen. Dieser Beschluß, über den die Markeninhaberin das Bundespatentgericht schriftsätzlich informiert hatte, war Grundlage der angefochtenen Entscheidung. Das Bundespatentgericht, das den letztgenannten Schriftsatz der Widersprechenden nicht mitgeteilt hat, hat damit an sich gegen den Grundsatz verstoßen, daß es seine Entscheidung nur auf Tatsachen stützen darf, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (§ 78 Abs. 2 MarkenG). Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, daß die möglicherweise darin liegende Verletzung des rechtlichen Gehörs für die Entscheidung kausal war. Dem Inhalt der Akten ist nämlich zu entnehmen, daß die Widersprechende lange Zeit vor der Entscheidung des Bundespatentgerichts Kenntnis von dem den Protokollberichtigungsantrag ablehnenden Beschluß hatte.

c) Die Rechtsbeschwerde bleibt erfolglos, weil der Streit um die Wirksamkeit des Prozeßvergleichs, in dem die Widersprechende sich verpflichtet hatte, sämtliche Angriffe gegen die "TACO BELL"-Marken der Markeninhaberin einzustellen und unverzüglich alle hierzu erforderlichen Verfahrenserklärungen abzugeben, durch das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2000 und den hierzu ergangenen Nichtannahmebeschluß des Bundesgerichtshofes vom 28. Februar 2002 - I ZR 175/01 endgültig erledigt ist. Die Aufrechterhaltung des Widerspruchs erweist sich demnach, wie das Bundespatentgericht zutreffend entschieden hat, als unzulässig.
Ein etwaiger Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs hätte sich demnach nicht auf die zutreffende Sachentscheidung ausgewirkt (vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637, 638 = WRP 1997, 762 - Top Selection), so daß die Rechtsbeschwerde erfolglos bleibt.
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Widersprechen- den (§ 90 Abs. 2 MarkenG) zurückzuweisen.
Ullmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

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Markengesetz - MarkenG | § 83 Zugelassene und zulassungsfreie Rechtsbeschwerde


(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschl

Markengesetz - MarkenG | § 90 Kostenentscheidung


(1) Sind an dem Verfahren mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte no

Markengesetz - MarkenG | § 78 Beweiswürdigung, rechtliches Gehör


(1) Das Bundespatentgericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In der Entscheidung sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Die Entscheidung

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 66 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, wenn gerügt wird,

1.
daß das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
daß bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
daß einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
daß der Beschluß aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
daß der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Bundespatentgericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In der Entscheidung sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Die Entscheidung darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(3) Ist eine mündliche Verhandlung vorhergegangen, so kann ein Richter, der bei der letzten mündlichen Verhandlung nicht zugegen war, bei der Beschlußfassung nur mitwirken, wenn die Beteiligten zustimmen.

(1) Sind an dem Verfahren mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren, einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Bestimmung kann auch getroffen werden, wenn der Beteiligte die Rechtsbeschwerde, die Anmeldung der Marke, den Widerspruch oder den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit ganz oder teilweise zurücknimmt oder wenn die Eintragung der Marke wegen Verzichts oder wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer ganz oder teilweise im Register gelöscht wird. Soweit eine Bestimmung über die Kosten nicht getroffen wird, trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst.

(2) Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(3) Dem Präsidenten oder der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er oder sie die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(4) Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) entsprechend.