Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2012 - BLw 14/11


Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Antragsteller macht geltend, auf Grund eines Testaments seines im Oktober 1940 verstorbenen Urgroßvaters, der darin unter Übergehung seines Sohnes seinen Enkel (den Vater des Antragstellers) zu seinem Erben eingesetzt und weiter verfügt hatte, dass sein Nachlass einem männlichen Nachkommen seines Namens zugewendet werden solle, nach dem Tod seines Vaters im Januar 2009 der Hoferbe geworden zu sein. Dieser hatte den 1953 von Amts wegen in das Grundbuch eingetragenen Hofvermerk im Jahr 2007 löschen lassen und in einem Testament vom Dezember 2007 den Antragsgegner , den Sohn seiner ältesten Tochter, zu seinem Alleinerben bestimmt.
- 2
- Den Antrag, nach § 11 Abs. 1 Buchstabe a HöfeVfO festzustellen, dass es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung vom Jahre 1953 an bis zum heutigen Tag um einen Hof nach der Höfeordnung gehandelt habe, hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde.
II.
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- 1. Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGGRG sind auf das Rechtsmittel die bis zum 1. September 2009 geltenden Vorschriften über die Rechtsbeschwerde in §§ 24 ff. LwVG aF anzuwenden. Danach ist die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof unzulässig, weil das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG), ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht gegeben ist und auch die Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG nicht vorliegen.
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- Eine Divergenz in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seiner Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151). Der Rechtsbeschwerdeführer muss in der Begründung der Rechtsbeschwerde die von der angezogenen und von der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete Rechtsfrage bezeichnen sowie weiter darlegen, inwieweit beide Entscheidungen die gleiche Rechtsfrage verschieden beantworten und dass die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (Senat, Beschlüsse vom 5. Oktober 1954 - V BLw 45/54, BGHZ 15, 5, 9 f. und vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149,
151).
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- 2. Daran fehlt es.
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- a) Die Rechtsbeschwerde zitiert allerdings zwei Entscheidungen des Senats , die sich dazu verhalten, unter welchen Voraussetzungen ein Vorerbe befugt ist, nach § 1 Abs. 4 HöfeO eine Hofaufhebungserklärung abzugeben und den Hofvermerk mit der Folge löschen zu lassen, dass die landwirtschaftliche Besitzung ihre Eigenschaft als Hof verliert und nach dem allgemeinen Recht vererbt wird. In der Entscheidung vom 19. Juli 1991 (BLw 8/90, NJW-RR 1991, 1282) hat der Senat ausgeführt, dass dies möglich ist, wenn dadurch die frühere , bei dem Erbfall geltende Rechtslage wiederhergestellt wird. In dem von der Rechtsbeschwerde ebenfalls zitierten Beschluss vom 16. April 2004 (BLw 27/03, RdL 2004, 193) hat der Senat klargestellt, dass sich aus den Besonderheiten des vorgenannten Falles nicht die generelle Aussage ableiten lässt, der Hoferbe könne stets und ohne Zustimmung der Nacherben die Hofeigenschaft durch eine negative Hoferklärung aufheben. Grundsätzlich sei das nur mit Zustimmung der Nacherben möglich.
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- b) Das Beschwerdegericht ist nicht von der letztgenannten Entscheidung abgewichen, indem es die Wirksamkeit der Löschung des Hofvermerks angenommen hat. Die Rechtsbeschwerde versucht lediglich eine Divergenz dadurch zu begründen, dass sie einen Rechtssatz formuliert, den der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 2004 (BLw 27/03, RdL 2004, 193) nicht aufgestellt hat. Der Senat hat ausgeführt, dass ein Vorerbe die Hofeigenschaft nur mit Zustimmung der Nacherben aufheben kann, wenn die landwirtschaftliche Besitzung im Zeitpunkt des Vorerbfalls ein Hof im Sinne der Höfeordnung war. So verhält es sich hier nicht.
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- Nach den Ausführungen des Beschwerdegerichts war die landwirtschaftliche Besitzung bei Eintritt des Erbfalls im Jahre 1940 kein Erbhof und wurde nach dem allgemeinen Erbrecht vererbt. Unter diesen Voraussetzungen be- stimmen sich auch die Rechte eines Nacherben nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch , selbst wenn der Nacherbfall nach dem Inkrafttreten der Höfeordnung eingetreten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober 1971 - V BLw 20/70, BGHZ 57, 186, 188). Dann aber ist durch die Löschung des Hofvermerks lediglich die bei Anfall der Erbschaft auf den Vater des Antragstellers erbrechtlich gegebene Situation wiederhergestellt worden (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Juli 1991 - BLw 8/90, NJW-RR 1991, 2182, 1283). Für eine Abweichung von der Rechtsprechung des Senats ist danach nichts dargetan.
III.
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- Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG und die Bestimmung des Gegenstandswerts auf § 33 LwVG, § 19 Buchstabe a HöfeVfO i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.
Vorinstanzen:
AG Rheda-Wiedenbrück, Entscheidung vom 14.02.2011 - 13 Lw 111/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.09.2011 - I-10 W 46/11 -


Annotations
(1) Hof im Sinne dieses Gesetzes ist eine im Gebiet der Länder Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein belegene land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten (Ehegattenhof) steht oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört, sofern sie einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000 Euro hat. Wirtschaftswert ist der nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften festgestellte Wirtschaftswert im Sinne des § 46 des Bewertungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 2369), geändert durch Artikel 15 des Zuständigkeitslockerungsgesetzes vom 10. März 1975 (Bundesgesetzbl. I S. 685). Eine Besitzung, die einen Wirtschaftswert von weniger als 10.000 Euro, mindestens jedoch von 5.000 Euro hat, wird Hof, wenn der Eigentümer erklärt, daß sie Hof sein soll, und wenn der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen wird.
(2) Gehört die Besitzung Ehegatten, ohne nach Absatz 1 Ehegattenhof zu sein, so wird sie Ehegattenhof, wenn beide Ehegatten erklären, daß sie Ehegattenhof sein soll, und wenn diese Eigenschaft im Grundbuch eingetragen wird.
(3) Eine Besitzung verliert die Eigenschaft als Hof, wenn keine der in Absatz 1 aufgezählten Eigentumsformen mehr besteht oder eine der übrigen Voraussetzungen auf Dauer wegfällt. Der Verlust der Hofeigenschaft tritt jedoch erst mit der Löschung des Hofvermerks im Grundbuch ein, wenn lediglich der Wirtschaftswert unter 5.000 Euro sinkt oder keine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle mehr besteht.
(4) Eine Besitzung verliert die Eigenschaft als Hof auch, wenn der Eigentümer erklärt, daß sie kein Hof mehr sein soll, und wenn der Hofvermerk im Grundbuch gelöscht wird. Die Besitzung wird, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, wieder Hof, wenn der Eigentümer erklärt, daß sie Hof sein soll, und wenn der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen wird.
(5) Ein Ehegattenhof verliert diese Eigenschaft mit der Rechtskraft der Scheidung, der Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe. Bei bestehender Ehe verliert er die Eigenschaft als Ehegattenhof, wenn beide Ehegatten erklären, daß die Besitzung kein Ehegattenhof mehr sein soll, und wenn der die Eigenschaft als Ehegattenhof ausweisende Vermerk im Grundbuch gelöscht wird.
(6) Erklärungen nach den vorstehenden Absätzen können, wenn der Eigentümer nicht testierfähig ist, von dem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden. Dieser bedarf hierzu der Genehmigung des Gerichts. Das Gericht soll den Eigentümer vor der Entscheidung über die Genehmigung hören. Zuständig ist in Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 4 oder Nr. 5 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit das Familiengericht, in allen anderen Fällen das Betreuungsgericht.
(7) Wird ein Hofvermerk auf Grund einer Erklärung des Eigentümers oder von Ehegatten eingetragen oder gelöscht, so tritt die dadurch bewirkte Rechtsfolge rückwirkend mit dem Eingang der Erklärung beim Landwirtschaftsgericht ein.