Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 77/19
vom
3. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:030419B5STR77.19.1

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten K. gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Dezember 2018 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch lässt sich der Revisionsbegründung nicht entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 1996 – 4 StR 360/96, NStZ-RR 1997, 35).
Die Ausführungen der Strafkammer zum minder schweren Fall der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung (§ 250 Abs. 3 StGB) in Fall 1 der Urteilsgründe sind insgesamt noch tragfähig. Es wird jedoch darauf hingewiesen , dass in Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat einen minder schweren Fall vorsieht und ein gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 Abs. 1 StGB gegeben ist, bei der Strafrahmenwahl vorrangig zu prüfen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt (BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 – 1 StR 78/18; Beschlüsse vom 16. November 2018 – 2 StR 404/17, und vom 17. März 2016 – 1 StR 47/16).
Mutzbauer Sander RiBGH Prof. Dr. König ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehindert.
Mutzbauer Berger Mosbacher

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2018 - 1 StR 78/18

bei uns veröffentlicht am 28.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 78/18 vom 28. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2018:280618U1STR78.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesge

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2016 - 1 StR 47/16

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 47/16 vom 17. März 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:170316B1STR47.16.1 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs h

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 78/18
vom
28. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:280618U1STR78.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Juni 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Bellay, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
die Angeklagte persönlich,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. Oktober 2017, soweit es sie betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
2
Die Angeklagte rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


3
Nach den Feststellungen des Landgerichts buchte die Angeklagte per Internet am 10. Januar 2017 für ihren Ehemann ein Hotelzimmer in Barcelona, weil er nicht über eine Kreditkarte verfügte und daher keine Internetbuchung vornehmen konnte. Sie hatte in den Monaten zuvor mit ihm regelmäßig Kokain konsumiert und wusste spätestens seit Ende des Jahres 2016, dass die Fahrten ihres Ehemanns nach Spanien jeweils der Beschaffung erheblicher Mengen von Kokain für den gewinnbringenden Weiterverkauf in Deutschland und dem gemeinsamen Konsum dienten und auch die anstehende Reise denselben Zweck verfolgte. Tatsächlich war mit dem spanischen Lieferanten der Erwerb von einem Kilogramm Kokain für 41.000 € vereinbart worden. Am 13. Januar 2017 führte ihr Ehemann in seinem PKW 482,42 g Kokain (Kokainhydrochlorid 448,5 g) nach Deutschland ein.
4
Im Rahmen einer in der Hauptverhandlung getroffenen Verständigung räumten sämtliche Angeklagte die Tatvorwürfe aus der Anklageschrift in vollem Umfang ein, wenngleich die Angeklagte stets betonen ließ, von einem nicht strafbaren Verhalten ihrerseits ausgegangen zu sein (UA S. 4). Sie gab hierbei an, sie habe bei Buchung des Hotelzimmers billigend in Kauf genommen, dass der Aufenthalt ihres Ehemanns in Barcelona der Beschaffung von Betäubungsmitteln dienen könnte, da sie zu jener Zeit gemeinsam mit ihm Kokain konsumiert habe und somit jeder Aufenthalt ihres Ehemanns außerhalb des gemeinsamen ehelichen Haushalts aus ihrer Sicht der Beschaffung von Betäubungsmitteln habe dienen können. Positive Kenntnis vom Zweck der Fahrt nach Barcelona habe sie jedoch erst wenige Stunden nach der Hotelbuchung erlangt (UA S. 15).
5
Die Strafkammer hat einen minder schweren Fall des § 30 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BtMG verneint. Bei dessen Prüfung hat sie zu Gunsten der Angeklagten – neben anderen Aspekten – gewertet, dass sie ein Geständnis, „in subjektiver Hinsicht aber nur ein Teilgeständnis“, abgelegt hat, dass ihr Tatbeitrag nur ge- ringe kriminelle Energie erfordert habe und am unteren Rand des strafwürdigen Verhaltens anzusiedeln sei, und die Haupttat mit großer Wahrscheinlichkeit auch ohne ihren Tatbeitrag mit gleichem Erfolg begangen worden wäre (UA S. 24). Die Beihilfe als vertypten Strafmilderungsgrund hat sie nicht erwähnt.
6
Bei der Festsetzung der Einzelstrafe hat die Strafkammer die bei der Strafrahmenwahl genannten Strafzumessungsgesichtspunkte erneut abgewogen und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

II.


7
Die Nachprüfung des Urteils auf die Revision der Angeklagten hat lediglich im Strafausspruch einen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben. Hinsichtlich der Verfahrensrügen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 8. Februar 2018 Bezug genommen.
8
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Strafkammer ist aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, dass die Angeklagte bei der Buchung des Hotelzimmers billigend in Kauf genommen hat, dass die Fahrt ihres Ehemanns nach Barcelona der Beschaffung einer nicht unerheblichen Menge Kokain diente, sie deshalb mit der tatsächlich eingeführten Menge rechnete und diese Menge billigend in Kauf nahm. Die Wertung dieses Tatbeitrags als Beihilfe (§ 27 StGB), also einer Hilfeleistung , die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert, ohne dass sie für den Eintritt des Erfolges in irgendeiner Weise kausal werden muss (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. März 2001 – 4 StR 453/00, NJW 2001, 2409, 2410 mwN), ist ohne Rechtsfehler.
9
2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Die Strafkammer hat nicht bedacht, dass nach ständiger Rechtsprechung in den Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat einen minder schweren Fall vorsieht und im Einzelfall ein gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 Abs. 1 StGB gegeben ist, bei der Strafrahmenwahl vorrangig zu prüfen ist, ob ein minder schwerer Fall vorliegt (BGH, Beschlüsse vom 16. November 2017 – 2 StR 404/17 mwN und vom 17. März 2016 – 1 StR 47/16). Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zu Grunde legen (BGH aaO). Das Landgericht hat diese Prüfungsreihenfolge nicht beachtet und nicht erkennbar erwogen, ob das Vorliegen des vertypten Milderungsgrunds der Beihilfe allein oder in Verbindung mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen die Annahme eines minder schweren Falls des § 30 Abs. 2 BtMG rechtfertigen kann.
11
Da die Strafkammer ihrer Strafzumessung den nach §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (sechs Monate bis elf Jahre und drei Monate) zugrunde gelegt, sich bei der Festsetzung der Freiheitsstrafe an dem unteren Bereich des eröffneten Strafrahmens orien- tiert und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt hat, die Strafrahmenuntergrenze des § 30 Abs. 2 BtMG demgegenüber aber bei drei Monaten liegt, kann der Senat – anders als der Antrag des Generalbundesanwalts – nicht ausschließen, dass der Tatrichter bei zutreffender Prüfungsreihenfolge zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.
12
Der Senat kann offenlassen, ob die im Vorspann des Urteils getroffene Feststellung, die Angeklagte habe die Tatvorwürfe aus der Anklageschrift „vollumfänglich“ eingeräumt, wenngleichsie stets habe betonen lassen, von einem nicht strafbaren Verhalten ihrerseits ausgegangen zu sein (UA S. 4), in einem unauflösbaren Widerspruch mit der Feststellung in der Strafzumessung steht, die Angeklagte habe „in subjektiver Hinsicht nur ein Teilgeständnis“(UA S. 24) abgelegt, die Strafzumessung also darüber hinausgehend auch deshalb fehlerhaft ist, weil die Strafkammer das Geständnis der Angeklagten nicht uneingeschränkt als Strafmilderungsgrund eingestellt hat. Der Senat hat aber deshalb die dem Strafausspruch zugehörigen Feststellungen insgesamt aufgehoben, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
Raum Jäger Bellay
Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 47/16
vom
17. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:170316B1STR47.16.1

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. September 2015, soweit es ihn betrifft , im Ausspruch über die Einzelstrafe in Fall B II 3b der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B II 3a) sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall B II 3b) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt.
2
Sein auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestütztes Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Während die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.
4
Die Strafrahmenwahl ist nicht frei von Rechtsfehlern.
5
a) Das Landgericht hat die Strafe in Fall B II 3b der Urteilsgründe dem nach § 27 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen und die Annahme eines minder schweren Falls im Sinne des § 30 Abs. 2 BtMG abgelehnt.
6
Dabei hat die Strafkammer nicht erkennbar bedacht, dass das Vorliegen eines gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrunds allein oder in Verbindung mit den sonstigen Strafmilderungsgründen die Annahme eines minder schweren Falls nahelegen kann (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 50 Rn. 3 f., mwN).
7
Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte das Vorliegen eines minder schweren Falls abzulehnen, sind bei der weiteren Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe zusätzlich heranzuziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrunds gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen. Diese Prüfungsreihenfolge hat das Landgericht nicht beachtet und nicht erkennbar erwogen, ob das Vorliegen des vertypten Milderungs- grunds der Beihilfe allein oder in Verbindung mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen die Annahme eines minder schweren Falls rechtfertigen kann.
8
Zwar hat die Strafkammer ihrer Strafzumessung den nach §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG (sechs Monate bis elf Jahre und drei Monate) zugrunde gelegt und eine Einzelstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Der Senat vermag jedoch in Ansehung des Umstands, dass der Sonderstrafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG von drei Monaten bis zu fünf Jahren reicht, nicht sicher auszuschließen, dass der Tatrichter bei rechtsfehlerfreier Strafrahmenwahl gegebenenfalls zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.
9
b) Die Strafzumessungserwägungen in Fall B II 3a der Urteilsgründe enthalten hinsichtlich des Einfuhrdelikts denselben Rechtsfehler. Dieser wirkt sich jedoch nicht aus, da dem Angeklagten hier tateinheitlich auch täterschaftliches Handeltreiben in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zur Last liegt, der gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB als das schwerere Delikt den Strafrahmen bestimmt.
10
2. Durch die Aufhebung der Einzelstrafe in Fall B II 3b hat der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe seine Grundlage verloren. Eine Aufhebung der zugehörigen Feststellungen war nicht angezeigt, weil es sich um einen reinen Wertungsfehler handelt (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Weitergehende Feststellungen , die zu den bislang getroffenen nicht in Widerspruch stehen, sind möglich.
11
3. Die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe gibt dem Landgericht Gelegenheit , die in den Urteilsgründen erörterte Anrechnung der in Frankreich erlittenen Haft im Maßstab von 1:1 auch im Tenor auszusprechen. Dies war bei der Tenorierung versehentlich unterblieben.
Graf Jäger Radtke
Fischer Bär