Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2019 - 5 StR 594/18

bei uns veröffentlicht am23.01.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 594/18
vom
23. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:230119B5STR594.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Januar 2019 gemäß §§ 46, 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 25. Juni 2018 und die Revision gegen dieses Urteil werden als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten mit dem in seiner Anwesenheit verkündeten Urteil vom 25. Juni 2018 wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
2
1. Die vom Angeklagten selbst unterzeichnete Revisionseinlegung mit Datum vom 1. Juli 2018 ging per Fax am 3. Juli 2018 bei Gericht ein. Anschließend wurde die Revision von seinem Verteidiger mit der Sachrüge frist- und formgerecht begründet.
3
Der Antrag des Generalbundesanwalts, die Revision gemäß § 349 Abs. 1 StPO mangels Einhaltung der Revisionseinlegungsfrist als unzulässig zu verwerfen, wurde am 14. November 2018 an den Verteidiger abgesandt. Mit seinem am selben Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 29. November 2018 beantragt er nunmehr, dem Angeklagten insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hierzu trägt er vor, der in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte sei der deutschen Sprache kaum mächtig und habe mit Hilfe eines anderen Gefangenen am Sonntag, den 1. Juli 2018, ein Schreiben zur Revisionseinlegung abgefasst. Noch am selben Tag habe er nach seinen Angaben dem Gruppenbetreuer einen Antrag eingereicht, sein Schreiben zu faxen. Erst am Montag sei dieses Anliegen an den zuständigen Bearbeiter weitergeleitet worden, der es am 3. Juli 2018 abschließend bearbeitet habe.
4
Aus einem Schreiben der JVA Neuruppin-Wulkow ergibt sich, dass bei Übergabe des Antrags am 1. Juli 2018 auf Versendung eines Faxes das zu faxende Schreiben nicht beigefügt und auch sonst nicht ersichtlich gewesen war, was der Inhalt dieses Schreibens sei. Eine Eilbedürftigkeit wurde ebenfalls nicht angezeigt.
5
2. Der Wiedereinsetzungsantrag bleibt ohne Erfolg.
6
a) Er ist angesichts der üblichen Postlaufzeiten nicht innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt worden und damit unzulässig. Der Beschwerdeführer trägt zudem nicht vor, wann er vom Wegfall des Hindernisses Kenntnis erlangt hat.
7
b) Der Antrag hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg, weil der Angeklagte nach dem Verfahrensgang nicht ohne eigenes Verschulden an der Rechtsmitteleinlegung gehindert war. Er hätte seinem Antrag auf Faxübersendung mindestens die Revisionseinlegungsschrift beilegen oder in sonstiger Weise auf die Eilbedürftigkeit seines Anliegens hinweisen müssen, damit sein Antrag sofort und nicht erst im üblichen Geschäftsgang behandelt worden wäre.
8
3. Mangels Einhaltung der mit Ablauf des 2. Juli 2018 endenden Revisionseinlegungsfrist (§ 341 Abs. 1 StPO) ist die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2019 - 5 StR 594/18 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 45 Anforderungen an einen Wiedereinsetzungsantrag


(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

Strafprozeßordnung - StPO | § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

Strafprozeßordnung - StPO | § 341 Form und Frist


(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des A

Referenzen

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.