Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2017 - 5 StR 450/17

bei uns veröffentlicht am10.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 450/17
vom
10. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:101017B5STR450.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 22. Mai 2017 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II.1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, sowie
b) im Gesamtstrafenausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen „versuchter gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung“ (Fall II.1 der Urteils- gründe) und wegen unerlaubten Waffenbesitzes (Fall II.2 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das im Übri- gen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründete Rechtsmittel (§ 349 Abs. 2 StPO) hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen zum Fall II.1 der Urteilsgründe trat der Angeklagte nach dem Geschädigten M. und traf diesen schmerzhaft am linken Oberschenkel. Sodann warf er einen zwei Meter langen und sieben Zentimeter dicken Ast in Kopfhöhe in M. s Richtung, um diesen zu verletzen. Dabei nahm er zudem billigend in Kauf, die unmittelbar neben diesem stehende G. zu treffen. Der Ast verfehlte beide. Anschließend verließ der Angeklagte den Tatort.
3
2. Die erfolgte Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung (in zwei tateinheitlichen Fällen) kann keinen Bestand haben. Denn das Landgericht hat einen möglichen strafbefreienden Rücktritt nicht in den Blick genommen. Feststellungen zum sogenannten Rücktrittshorizont (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227 f.) hat es nicht getroffen, obwohl dies geboten war. Infolgedessen kann insbesondere nicht beurteilt werden, ob der Angeklagte eine Tatvollendung für möglich hielt, etwa durch erneutes Ergreifen des Astes, hiervon jedoch aus freien Stücken Abstand nahm (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB).
4
Die Aufhebung erfasst auch auf die für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichter vorsätzlicher Körperverletzung. Die Feststellungen können hingegen bestehen bleiben, da sie rechtsfehlerfrei zustande gekommen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie können durch neue ergänzt werden, sofern diese den bisherigen nicht widersprechen.
5
3. Da mithin die für diese Tat verhängte achtmonatige Einsatzstrafe entfällt , ist auch der Gesamtstrafe die Grundlage entzogen. Hingegen schließt der Senat aus, dass die für das Waffendelikt (Fall II.2 der Urteilsgründe) festgesetzte sechsmonatige Freiheitsstrafe hierdurch beeinflusst worden ist.
Mutzbauer Sander Schneider
König Mosbacher

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2017 - 5 StR 450/17 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.