Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2011 - 5 StR 24/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten erzielt mit der allgemeinen Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Der Rechtsfolgenausspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen hat. Das gilt schon im Hinblick darauf, dass sich das Urteil auf eine Mitteilung einer Tatzeit-Blutalkoholkonzentration von 2,1 ‰ beschränkt, die zur revisionsgerichtlichen Prüfung erforderlichen Anknüpfungstatsachen für deren Berechnung aber nicht mitteilt (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16. Ju- li 2003 – 2 StR 209/03, NStZ-RR 2003, 325 mwN). Hinzu kommt, dass die Strafkammer keinen Sachverständigen hinzugezogen hat. Sie hat dabei verkannt , dass die richterliche Sachkunde für die Beurteilung der Schuldfähigkeit jedenfalls bei Auftreten von Besonderheiten in der Regel nicht ausreicht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2004 – 1 StR 317/04, BGHR StGB § 21 Sachverständiger 12; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 20 Rn. 16, 32 mwN). Solche Besonderheiten waren hier angesichts der nicht geringen Alkoholisierung des unbestraften und bislang auch sonst nicht durch Gewaltakte aufgefallenen 57-jährigen Angeklagten in Verbindung mit der Impulsivität seiner an dem ihm zuvor unbekannten Tatopfer verübten Tat gegeben. Bereits angesichts dessen, dass das Landgericht die Strafe dem Regelstrafrahmen der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 StGB entnommen hat, kann der Angeklagte durch den Rechtsfehler beschwert sein.
- 3
- Das Vorliegen einer Schuldunfähigkeit des Angeklagten schließt der Senat aus. Er hebt den gesamten Rechtsfolgenausspruch auf. Das neu entscheidende Tatgericht wird mit Hilfe des Sachverständigen auch die Frage einer – sich hier allerdings nicht aufdrängenden – Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) sorgfältiger zu prüfen haben, als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist.
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.