Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2000 - 4 StR 89/00

published on 16/05/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2000 - 4 StR 89/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 89/00
vom
16. Mai 2000
in der Strafsache
gegen
wegen schweren räuberischen Diebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. Mai 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 3. Dezember 1999 im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte wegen schweren räuberischen Diebstahls verurteilt wird. II. Die weiter gehende Revision wird verworfen. III. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs dahin, daß er eines (vollendeten) schweren räuberischen Diebstahls statt eines versuchten schweren Raubes schuldig ist; im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Tatbestand des Raubes setzt voraus, daß die Gewaltanwendung oder die Drohung als Mittel eingesetzt werden, um die Wegnahme der Sache zu ermöglichen (vgl. BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 5 und 7 jeweils m.w.N.). An dieser finalen Verknüpfung zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme fehlt es, wenn die Gewalt oder Drohung der bereits vollendeten Wegnahme nach-
folgt. So verhält es sich hier: Der Angeklagte hatte bereits eigenen Gewahrsam an den Geldscheinen begründet, als es zu der körperlichen Auseinandersetzung mit K. und dessen Bedrohung mit dem Teppichmesser kam. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt das an sich genommene Geld noch in den Händen hielt oder dieses schon in seine Hosentasche gesteckt hatte. Denn bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie Geldscheinen und Geldstücken, genügt für die Vollendung der Wegnahme bereits ein Ergreifen und Festhalten der Sache (vgl. BGHSt 23, 254, 255; BGH NStZ 1987, 71), und zwar auch dann, wenn der erbeutete Gegenstand sich noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet und der Täter bei der Tatausführung beobachtet wird (vgl. BGH a.a.O.).
Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch – wie der Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend dargelegt hat – den Tatbestand des schweren räuberischen Diebstahls gemäß §§ 252, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, da der Angeklagte nach vollendeter Wegnahme K. mit dem Teppichmesser, einem gefährlichen Werkzeug, bedrohte, damit dieser ”von ihm abließ und er so mit dem Geld entkommen konnte” (UA 8). Hierbei steht einer Anwendung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht entgegen, daß nach den Urteilsfeststellungen die Klinge des Teppichmessers noch nicht ausgefahren war. Denn ein Tatmittel ist auch dann gefährlich im Sinne dieser Vorschrift, wenn es nur eines kurzen Handgriffs – hier: Hinausschieben der Klinge – bedarf, um seine Eignung, erhebliche Verletzungen zuzufügen, herbeizuführen. Dies hat der Bundesgerichtshof für den Fall der kurzfristig schußbereiten Waffe, die lediglich noch durchgeladen oder entsichert werden muß, bereits entschieden (vgl. Urteil vom 20. Oktober 1999 – 1 StR 429/99 -, zum Abdruck in BGHSt bestimmt; Beschluß
vom 9. November 1999 – 1 StR 501/99 -). Der vorliegende Sachverhalt rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, daß der Angeklagte sich gegen den Schuldvorwurf des schweren räuberischen Diebstahls anders als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Trotz der nicht unbedenklichen Strafzumessungserwägungen zur Frage der Bestimmung der Ehefrau des Angeklagten zu einer Falschaussage kann der Senat hier ausschließen, daß das Landgericht bei unveränderter Strafandrohung und Verurteilung wegen einer vollendeten statt nur versuchten Tat auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
Maatz Richter am Bundesgerichtshof Athing Dr. Kuckein ist infolge Urlaubs verhindert zu unterschreiben. Maatz Ernemann
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider
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published on 30/11/2000 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 493/00 vom 30. November 2000 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. November 2000 ge
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.