Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 4 StR 6/14

bei uns veröffentlicht am11.03.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 6 / 1 4
vom
11. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 11. März 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 14. Februar 2013 im Ausspruch über die Einziehung des unter 1.12 asservierten Messers aufgehoben ; der Ausspruch entfällt. 2. Die weiter gehende Revision der Angeklagten wird verworfen. 3. Die Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und acht Monaten verurteilt und die Einziehung eines Messers und eines "Elektroschockgerätes" angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten. Diese hat lediglich hinsichtlich der Einziehungsanordnung teilweise Erfolg.
2
1. Soweit sich das Rechtsmittel gegen den Schuld- und den Strafausspruch sowie die Einziehung des "Elektroschockgerätes" richtet, ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
2. Zur Einziehung des Messers hat der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 20. Januar 2014 ausgeführt: "Die Anordnung der Einziehung des im PKW der Angeklagten sichergestellten Messers (UA Bl. 64) gemäß § 74 Abs. 1 und 2 StGB hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Feststellungen lassen offen, ob es sich bei dem asservierten Messer um die Tatwaffe handelt oder ob die Angeklagte es mit dieser Bestimmung mitgeführt hat (§ 74 Abs. 1 2. Alt. StGB; UA Bl. 64, 67, 169, 170). Weiterhin bleibt ungeklärt, ob das sichergestellte Messer im Eigentum der Angeklagten steht (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Denn davon, ob die Angeklagte ein von ihr mitgeführtes Messer einsetzte oder ein im Rahmen der Auseinandersetzung im Stallgebäude liegendes (fremdes) Messer ergriff, konnte sich die Kammer keine sichere Überzeugung bilden (UA Bl. 67). Der Senat wird jedoch ausschließen können, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Umstände festgestellt werden können, welche die Einziehung rechtfertigen würden, so dass er aus Gründen der Prozessökonomie von einer Zurückverweisung der Sache wird absehen und den Ausspruch insoweit entfallen lassen können (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 4 StR 493/11)."
4
Dem tritt der Senat bei.
5
3. Der nur geringfügige Erfolg des Rechtsmittels rechtfertigt keine Kostenteilung.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak Bender Quentin

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 4 StR 6/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 4 StR 6/14

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 4 StR 6/14 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 4 StR 6/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 4 StR 6/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2012 - 4 StR 493/11

bei uns veröffentlicht am 24.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 493/11 vom 24. Januar 2012 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesan

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 493/11
vom
24. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 24. Januar 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 8. April 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die angeordnete Einziehung der Plastikdose mit blauem Deckel, des Küchenmessers und der Schachtel mit Röhrchen D + G aufgehoben wird; diese Einziehungsanordnung entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Die Rüge, das Landgericht habe die §§ 250, 251 StPO durch die Verlesung des Protokolls der polizeilichen Vernehmung des Zeugen Ba. vom 8. April 2010 verletzt, greift nicht durch. Die Angaben des Zeugen, der in der Hauptverhandlung gemäß § 55 StPO die Auskunft verweigert hat, sind durch Vernehmung der Zeugen KHK S. und KHK B. in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Das Vernehmungsprotokoll vom 8. April 2010 ist ausweislich der Urteilsgründe zum Zwecke der Feststellung der inhaltlichen Übereinstimmung der Angaben der Zeugen KHK S. und KHK B. mit diesem Protokoll verlesen worden, nachdem sich in der Hauptverhandlung Zweifel an der Zuverlässigkeit des Zeugen KHK S. ergeben hatten. Da somit das Landgericht die Aussage des Zeugen Ba. rechtsfehlerfrei durch die Verneh- mung der Vernehmungsbeamten und nicht durch die Verlesung des Protokolls „ersetzt“ und die Verlesung lediglich der Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen KHK S. gedient hat, ist der in § 250 StPO niedergelegte Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht verletzt.
2. Die Verfahrensrüge, mit der ein Verstoß gegen § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO und ein Verwertungsverbot für die im Zuge der Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel geltend gemacht wird, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision teilt den Inhalt des polizeilichen Vermerks vom 26. Januar 2010 nicht mit, auf den in den Gründen des Durchsuchungsbeschlusses ergänzend Bezug genommen wird. Jedenfalls für die Frage, ob eine Rechtswidrigkeit des Beschlusses ein Verwertungsverbot für die bei der Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel nach sich zöge, käme es auf den Inhalt dieses Vermerks an (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 289 f.).
3. Die Anordnung der Einziehung der Plastikdose mit blauem Deckel, des Küchenmessers und der Schachtel mit Röhrchen D + G hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Aus dem Urteil ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Gegenstände durch eine vorsätzliche Straftat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. Soweit das Landgericht die Gegenstände als „Konsumutensilien“ bezeichnet hat (UA S. 44), fehlt es an einer Begründung hierfür. Bei den in Rede stehenden Gegenständen erschließt sich eine solche Zweckbestimmung auch nicht ohne Weiteres. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Umstände festgestellt werden könnten, welche die Einziehung rechtfertigen würden. Er sieht deshalb von einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht ab und lässt die Einziehung entfallen.
Ernemann Roggenbuck Franke Mutzbauer Bender