Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 4 StR 354/12

bei uns veröffentlicht am25.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 354/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. September 2012 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Dessau-Roßlau vom 11. April 2012 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit
durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und
die der Neben- und Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 21. August
2012 bemerkt der Senat:
Dass für den Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen seit dem
27. August 2010 eine Betreuung eingerichtet ist, die auch den Aufgabenkreis
„Abwehr und Geltendmachung von Ansprüchen“ umfasst,
stand der vom Landgericht ohne Beteiligung oder Anhörung des Betreuers
getroffenen Adhäsionsentscheidung nicht entgegen. Insoweit
unterscheidet sich das Strafverfahrensrecht von der im sachlichen Geltungsbereich
i.V.m. §§ 1902, 1903 BGB geltenden Rechtslage, wonach der Betreuer
in seinem gerichtlich festgelegten Aufgabenkreis der gesetzliche Vertreter
des Betreuten auch vor Gericht ist (BGH, Beschluss vom 7. Mai
1996 – 5 StR 169/96, NStZ 1996, 610). Die Wahrnehmung der Interessen
des Angeklagten im Strafverfahren liegt allein in den Händen des
(notwendigen) Verteidigers (BGH aaO). Auch eine entsprechende Anwendung
von § 149 Abs. 2 StPO auf den Betreuer scheidet aus (BGH,
Beschluss vom 23. April 2008 – 1 StR 165/08, NStZ 2008, 524; A. Roth
in Erman, BGB, 13. Aufl., § 1896 Rn. 72; a. A. Schwab in Münchener
Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 1896 Rn. 94).
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 51 Prozessfähigkeit; gesetzliche Vertretung; Prozessführung


(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschrift

Strafprozeßordnung - StPO | § 149 Zulassung von Beiständen


(1) Der Ehegatte oder Lebenspartner eines Angeklagten ist in der Hauptverhandlung als Beistand zuzulassen und auf sein Verlangen zu hören. Zeit und Ort der Hauptverhandlung sollen ihm rechtzeitig mitgeteilt werden. (2) Dasselbe gilt von dem geset

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bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 354/12 vom 25. September 2012 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. September 20

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2008 - 1 StR 165/08

bei uns veröffentlicht am 23.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 165/08 vom 23. April 2008 in der Strafsache gegen wegen räuberischen Diebstahls u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2008 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
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Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 4 StR 354/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 354/12 vom 25. September 2012 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. September 20

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(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(2) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden der Partei gleich.

(3) Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.

(1) Der Ehegatte oder Lebenspartner eines Angeklagten ist in der Hauptverhandlung als Beistand zuzulassen und auf sein Verlangen zu hören. Zeit und Ort der Hauptverhandlung sollen ihm rechtzeitig mitgeteilt werden.

(2) Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten.

(3) Im Vorverfahren unterliegt die Zulassung solcher Beistände dem richterlichen Ermessen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 165/08
vom
23. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischen Diebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2008 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 7. Dezember 2007 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 27. März 2008 merkt der Senat an: Hinsichtlich der Rüge der Revision einer Verletzung des § 149 Abs. 2 StPO, weil der Betreuer des Angeklagten keine Mitteilung über den Termin der Hauptverhandlung erhalten habe, ist die Beanstandung - unabhängig von deren Zulässigkeit - jedenfalls unbegründet. Eine Anwendung von § 149 Abs. 2 StPO scheidet bereits deswegen aus, weil eine Betreuung - erst Recht wenn sie wie vorliegend ohne Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) eingerichtet ist - nicht zu einer Geschäftsunfähigkeit des Betreuten führt (vgl. hierzu Schwab in MünchKomm-BGB 4. Aufl. vor § 1896 Rdn. 4) und der Betreuer daher auch kein gesetzlicher Vertreter ist. Auch eine entsprechende Anwendung von § 149 Abs. 2 StPO ist nicht geboten; denn das Strafverfahrensrecht legt die Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten im Strafverfahren, gerade auch wenn eine Unterbringung in Betracht kommt, in die Hände des (notwendigen) Verteidigers (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 2 GVG i.V.m. § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO). Auch die Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO gebot vorliegend nicht die Anhörung des Betreuers; denn dieser hat nach den Feststellungen der Strafkammer nur insoweit Kontakt mit dem Betreuten , als er ihm zweiwöchentlich eine bestimmte Geldsumme zu dessen eigener Verwendung auszahlt (anders im Sachverhalt BGH NStZ 1996, 610).
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