Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2009 - 4 StR 245/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Zur Kompensation einer während des Revisionsverfahrens eingetretenen , der Justiz anzulastenden Verfahrensverzögerung ist ein angemessener Teil der gegen den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt anzuordnen (vgl. BGHSt - GS - 52, 124). Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 18. Juli 2008 ist seitens der Justizbehörden das Gebot zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt worden, weil die Akten erst am 16. Juni 2009 beim Generalbundesanwalt eingegangen sind. Mit der Übersendung der Akten wurde gewartet, bis das dieselbe Tat betreffende Verfahren bezüglich weiterer sieben der ursprünglich zehn früheren Mitangeklagten abgeschlossen war. Zwar mag ein kurzes Abwarten sachgerecht sein, um denselben Sachverhalt betreffende Urteile dem Revisionsgericht vorzulegen. Hier war aber bei Ablauf der Revisionsbegründungsfrist im vorliegenden Verfahren noch keines der sieben weiteren Urteile ergangen und es war auch nicht abzusehen, dass dies zeitnah geschehen würde.
- 3
- Durch diese Sachbehandlung ist eine unangemessene Verfahrensverzögerung von etwa neun Monaten eingetreten. Um dies auszugleichen, stellt der Senat fest, dass zwei Monate der erkannten Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Einer höheren Kompensation bedarf es nicht, weil eine besondere Belastung des nicht inhaftierten Angeklagten nicht ersichtlich ist.
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.