Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2019 - 4 StR 22/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Februar 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bandenmäßigen unerlaub- ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in weiteren fünf Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es den „Verfall des Wertes von Taterträgen“ in Höhe von 4.540 EUR angeordnet.
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- Die auf die unausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg. Die Annahme (mit-)täterschaftlichen Handelns hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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- 1. a) Die Frage, ob die Beteiligung an einer Bandentat als Mittäterschaft oder als Beihilfe einzuordnen ist, ist auch beim bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts zu beantworten (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 StR 128/17; Urteile vom 14. Dezember 2006 – 4 StR 421/06, NStZ 2007, 288; vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 221). Wesentliche Anhaltspunkte sind dabei der Grad des Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung , die Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006, aaO mwN). Beschränkt sich die Beteiligung auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 7. Juni 2017 – 4 StR 128/17 und vom 22. August 2012 – 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375 mwN; BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 222). Diese Umstände sind in die erforderliche wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 3 StR 195/16, NStZ-RR 2017, 84, 85).
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- b) Gemessen daran ist die Annahme täterschaftlichen Handelns nicht tragfähig belegt. An der erforderlichen wertenden Gesamtbetrachtung aller für und gegen die Annahme von Täterschaft sprechenden Umstände fehlt es. Die Annahme täterschaftlichen Handelns lag auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht auf der Hand.
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- Nach den Feststellungen versorgte der Angeklagte auf Weisung überge- ordneter Bandenmitglieder sogenannte „Läufer“, denen die Aufgabe zukam, Kokain in Portionen von jeweils 0,2 Gramm für jeweils 20 EUR im Straßenverkauf abzusetzen, mit dem portionsfertig verpackten Kokain; darüber hinaus sammelte er die Rauschgifterlöse ein und lieferte sie an seine Hintermänner ab, ohne dass hierzu im Einzelnen Feststellungen getroffen worden wären. Er wurde von einem Taxifahrer unterstützt, der ihn zugleich überwachte.
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- Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten eigene Entscheidungsspielräume eingeräumt waren und er – bezogen auf das jeweilige Umsatzgeschäft – Tatherrschaft oder jedenfalls den Willen zur Tatherrschaft hatte, fehlen. Darüber hinaus hätte der Umstand, dass der Angeklagte an den Betäubungsmittelerlösen nicht unmittelbar partizipierte, sondern für sein Tätigwerden neben freier Kost und Logis einen Geldbetrag in Höhe von rund 20 EUR täglich erhielt und dies gegen ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des Angeklagten an den einzelnen Umsatzgeschäften sprechen konnte, in die dem Tatgericht obliegende Würdigung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände eingestellt werden müssen.
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- Die Feststellungen belegen damit zwar eine Gehilfentätigkeit des Angeklagten , nicht jedoch mittäterschaftliches Handeln. Dies gilt auch mit Blick auf die Tat II.4 der Urteilsgründe; zwar veräußerte der Angeklagte in diesem Fall eigenhändig fünf Gramm Kokain an einen unbekannt gebliebenen Abnehmer zum Preis von 400 EUR. Der Verkauf erfolgte jedoch erst nach telefonischer Rücksprache mit dem gesondert verfolgten R. ,so dass auch in diesem Fall offen bleibt, ob der Angeklagte als (Mit-)Täter oder als Gehilfe handelte.
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- Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme (mit-)täterschaftlichen Handelns des Angeklagten tragen.
Quentin Bartel
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.