Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2018 - 4 StR 155/18

bei uns veröffentlicht am04.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 155/18
vom
4. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:040718B4STR155.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 8. November 2017 im Adhäsionsausspruch dahin ergänzt, dass die Verpflichtung des Angeklagten zum Ersatz sämtlicher weiterer Schäden, die der Adhäsionsklägerin W. aus der begangenen unerlaubten Handlung in Zukunft entstehen, nur insoweit besteht, als die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Versicherer übergegangen sind; im Übrigen wird von einer Entscheidung abgesehen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Die im angefochtenen Urteil getroffene Adhäsionsentscheidung zu den Zukunftsschäden ist im Hinblick auf § 116 SGB X bzw. § 86 VVG unter den Vorbehalt zu stellen, dass eine Ersatzpflicht nur insoweit besteht, als die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer überge- gangen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2013 – 4 StR 459/12, vom 15. April 2014 – 3 StR 69/14 und vom 13. Januar 2016 – 4 StR 559/15). Im Hinblick auf den vorbehaltlos gestellten Feststellungsantrag war im Übrigen von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abzusehen (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO).
Franke Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2018 - 4 StR 155/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2018 - 4 StR 155/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2018 - 4 StR 155/18 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 116 Ansprüche gegen Schadenersatzpflichtige


(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistung

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 86 Übergang von Ersatzansprüchen


(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werd

Strafprozeßordnung - StPO | § 406 Entscheidung über den Antrag im Strafurteil; Absehen von einer Entscheidung


(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2018 - 4 StR 155/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2018 - 4 StR 155/18 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2016 - 4 StR 559/15

bei uns veröffentlicht am 13.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 559/15 vom 13. Januar 2016 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. ECLI:DE:BGH:2016:130116B4STR559.15.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Gener

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Apr. 2014 - 3 StR 69/14

bei uns veröffentlicht am 15.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 6 9 / 1 4 vom 15. April 2014 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Apri

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2013 - 4 StR 459/12

bei uns veröffentlicht am 17.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 459/12 vom 17. Januar 2013 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwal

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 459/12
vom
17. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts – zu 1 a) und b) auf dessen Antrag –
am 17. Januar 2013 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
Landgerichts Halle vom 23. Mai 2012 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den
Fällen II. 39 – II. 49 der Urteilsgründe wegen sexuellen
Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist;
im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens
und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der
Staatskasse zur Last;

b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert,
dass der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs
eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch
von Schutzbefohlenen in 26 Fällen und wegen
sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 12 Fällen
verurteilt ist;

c) im Ausspruch über den Feststellungsantrag wie folgt geändert
und neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist,
der Nebenklägerin sämtliche materiellen und immateriellen
Schäden zu ersetzen, die dieser aus den in den Fällen
II. 1 – II. 38 der Urteilsgründe festgestellten Missbrauchshandlungen
künftig noch entstehen, soweit die
Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder
sonstige Versicherer übergegangen sind.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 26 Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten verurteilt, an die Nebenklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro nebst Zinsen zu zahlen, und festge- stellt, „dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Nebenklägerin über das zuer- kannte Schmerzensgeld hinaus sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Nebenklägerin durch die streitgegenständlichen Ereignisse erwachsen sind“. Im Übrigen hat das Landgericht von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge abgesehen.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Einstellung des Verfahrens in den Fällen II. 39 – II. 49 der Urteilsgründe und zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Ergänzungen der Adhäsionsentscheidung. Im Übri- gen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 39 – II. 49 der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB) verurteilt worden ist. Die Einstellung erfolgt aus verfahrensökonomischen Gründen, weil die Feststellungen der Strafkammer bislang nicht hinreichend belegen, dass der Angeklagte diese Taten unter Missbrauch einer mit dem Erziehungsverhältnis verbundenen Abhängigkeit begangen hat. Dies hat die Änderung des Schuldspruchs sowie den Wegfall der für die Taten II. 39 – II. 46 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zehn Monaten zur Folge. Für die Taten II. 47 – II. 49 hat das Landgericht die Festsetzung von Einzelstrafen versehentlich unterlassen, so dass sich insoweit die Einstellung nicht auswirkt.
4
Die Teileinstellung des Verfahrens lässt den Ausspruch über die Gesamtstrafe unberührt. Der Senat kann im Hinblick auf die Einsatzstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe (Tat II. 1) und die weiteren verbleibenden Einzelstrafen von fünfundzwanzigmal zwei Jahren und drei Monaten (Taten II. 2 – II. 26) sowie zwölfmal einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe (Taten II. 27 – II. 38) ausschließen, dass das Landgericht ohne die in den eingestellten Fällen verhängten Strafen eine mildere Gesamtstrafe gebildet hätte.
5
2. Der Senat hat auf die Sachrüge den Adhäsionsausspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich aus folgenden Gründen geändert und ergänzt:
6
a) Soweit die Adhäsionsklägerin die Feststellung der Ersatzpflicht des Angeklagten hinsichtlich der künftigen immateriellen und materiellen Schäden beantragt hat, hat das Landgericht dies in der Urteilsformel nur unzureichend zum Ausdruck gebracht. Zudem ist die Adhäsionsentscheidung im Hinblick auf § 116 SGB X bzw. § 86 VVG unter den Vorbehalt zu stellen, dass eine Ersatzpflicht nur insoweit besteht, als die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer übergegangen sind.
7
b) Die Teileinstellung des Verfahrens durch den Senat hat zur Folge, dass der Adhäsionsausspruch zum Feststellungsantrag entsprechend angepasst werden muss. Auf die Höhe des zugesprochenen Schmerzensgeldes hat dies keinen Einfluss.
8
c) Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den nach der Teileinstellung verbleibenden Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Bender Reiter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 6 9 / 1 4
vom
15. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. April 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 28. Oktober 2013 im Adhäsionsausspruch
a) dahin geändert, dass der Schmerzensgeldanspruch erst ab dem 16. Oktober 2013 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu verzinsen ist,
b) dahin ergänzt, dass eine Verpflichtung zum Ersatz sämtlicher materieller und künftiger immaterieller Schäden der Nebenklägerin nur insoweit besteht, als die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Versicherer übergegangen sind. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt, ihn im Wege der Adhäsionsentscheidung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 7.500 € an die Nebenklägerin verurteilt und festgestellt, dass er verpflichtet ist, der Nebenklägerin sämtliche materiellen und künftige immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Vorfall vom 8. Februar 2013 entstanden sind bzw. entstehen werden. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
2
Das Rechtsmittel ist - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Zum Adhäsionsausspruch hat die Revision mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt: "a) Eine Anspruchsgrundlage für eine Verzinsung des Schmerzensgeldanspruchs ab dem Tattag besteht nicht; vielmehr ist der Schmerzensgeldanspruch erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Adhäsionsantrags zu verzinsen. Die Rechtshängigkeit ist mit dem Eingang der Antragsschrift bei Gericht am 16. Oktober 2013 (SA Bd. I Bl. 168) eingetreten. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 404 Abs. 2 StPO hat bereits die Antragstellung dieselben Wirkungen wie die Erhebung einer zivilrechtlichen Klage (BGH StraFo 2004, 144). Der Senat kann die Entscheidung über den Zeitpunkt des Beginns der Verzinsung entsprechend abändern (vgl. BGH bei Cierniak/Zimmermann NStZ-RR 2010, 196).
b) In der Adhäsionsentscheidung ist ferner der Ausspruch der Feststellung einer Verpflichtung des Angeklagten zur Leistung von Ersatz für materielle und weitere (künftige) immaterielle Schäden dem Grunde nach unter den im Hinblick auf § 116 SGB X bzw. § 86 VVG erfor- derlichen Vorbehalt zu stellen, dass eine Ersatzpflicht nur insoweit besteht, als der Anspruch der Nebenklägerin nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer übergegangen ist (BGH StraFo 2010, 117)."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen , den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Schäfer Pfister Hubert Mayer Gericke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 559/15
vom
13. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:130116B4STR559.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Januar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 22. Juni 2015 im Adhäsionsausspruch dahin ergänzt, dass die Verpflichtung des Angeklagten zum Ersatz des weiteren materiellen und immateriellen Schadens der Adhäsionsklägerin S. W. nur insoweit besteht, als die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Versicherer übergegangen sind; im Übrigen wird von einer Entscheidung abgesehen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen sowie die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Adhäsionsklägerin S. W. erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 875 Fällen, davon in 684 Fällen in Tateinheit mit sexuel- lem Missbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in weiteren 84 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Daneben hat es den Angeklagten verurteilt, an die Adhäsionsklägerin 50.000,00 € nebst Zinsen zu zahlen und weiter festgestellt , dass der Angeklagte verpflichtet ist, ihr „den weiteren aus dem sexuellen Missbrauch in dem Zeitraum vom 14.05.1997 bis 13.05.2006 resultierenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen.“
2
Das Rechtsmittel ist – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat – zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Zum Adhäsionsausspruch erzielt die Revision mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Denn die Feststellung der Verpflichtung des Angeklagten zur Leistung von Ersatz für die künftigen materiellen und immateriellen Schäden der Adhäsionsklägerin ist im Hinblick auf § 116 SGB X bzw. § 86 VVG unter den im Tenor ausgesprochenen Vorbehalt zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2014 – 3 StR 69/14 mwN). Im Blick auf den vorbehaltlos gestellten Feststellungs- antrag war im Übrigen von einer Entscheidung abzusehen (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO).
3
Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Die Kostenentscheidung im Adhäsionsverfahren beruht auf § 472a Abs. 2 StPO.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.