Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2011 - 3 StR 49/11

published on 08/06/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2011 - 3 StR 49/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 49/11
vom
8. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Juni 2011 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 29. September 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Zu der Verfahrensrüge, das Landgericht habe einen Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen L. rechtsfehlerhaft abgelehnt, bemerkt der Senat ergänzend: Die auf die Annahme der Prozessverschleppungsabsicht nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO gestützte Zurückweisung des Antrags ist jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nicht zu beanstanden. Hierzu gilt: Ein Beweisantrag kann dann wegen Verschleppungsabsicht nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden, wenn die begehrte Beweiserhebung nach der Überzeugung des Gerichts objektiv nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers zu erbringen vermag, dieser sich dessen bewusst ist und mit seinem Antrag daher keine legitimen, auf die Aufklärung des wahren Sachver- halts gerichtete Anliegen, sondern eine Verzögerung des Verfahrens und gegebenenfalls weitere rechtsmissbräuchliche Zwecke verfolgt (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 270); nach bisheriger Rechtsprechung muss die Erhebung des Beweises außerdem geeignet sein, das Verfahren wesentlich zu verzögern. Nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO darf die Ladung eines Zeugen im Ausland zurückgewiesen werden, wenn das Gericht aufgrund hinreichender Anhaltspunkte die sichere Überzeugung erlangt, dass durch die beantragte Einvernahme eine weiterführende und bessere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist. Daher umfasst die Annahme der Prozessverschleppung im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO die Ablehnung eines Antrags auf Vernehmung eines Auslandszeugen nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO (BGH, Beschluss vom 22. März 1994 - 5 StR 8/94, StV 1994, 635), ohne dass es insoweit entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Antragsteller subjektiv das Verfahren ausschließlich bewusst verzögern wollte und die begehrte Beweiserhebung zu einer wesentlichen Verfahrensverzögerung führen konnte.
Die Strafkammer hat hier unter Würdigung des bisherigen Beweisergebnisses rechtsfehlerfrei dargetan, dass die beantragte Beweiserhebung nach ihrer Überzeugung unter keinem Gesichtspunkt tatsächlich etwas Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen konnte. Sie hat damit ohne Rechtsfehler eine objektive Voraussetzung der Verschleppungsabsicht und zugleich dargelegt, dass die begehrte Beweiserhebung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO unterbleiben durfte.
Es kann deshalb insbesondere dahin stehen, ob im Rahmen der Verschleppungsabsicht an dem Erfordernis der wesentlichen Verfahrensverzögerung festzuhalten ist (vgl. schon BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2007 - 1 StR 32/07, BGHSt 51, 333, 338 f.; vom 19. September 2007 - 3 StR 354/07, StV 2008, 9, 10) und ob das Landgericht dieses gegebenenfalls mit ausreichender Begründung bejaht hat.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
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published on 09/05/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 32/07 vom 9. Mai 2007 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja (nur I 1 c) Veröffentlichung: ja _____________________________ StPO § 244 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 Var. 6, § 245 Abs. 2 Satz 3 Var. 5, § 246 Abs. 1 1. Bei der Ab
published on 19/09/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 354/07 vom 19. September 2007 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anh
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.