Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2011 - 3 StR 134/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
2010
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen sowie der Körperverletzung schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einheitsjugendstrafe aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten "der sexuellen Nötigung im besonders schweren Fall (Vergewaltigung) in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Körperverletzung, sowie der Körperverletzung" schuldig gesprochen und ihn deswegen "unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Moers vom 03.11.2008" zu der Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren.
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- 1. Das Rechtsmittel ist bezüglich des Schuldspruchs unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Jedoch fasst der Senat ihn zur Klarstellung neu. Verwirklicht der Täter einer sexuellen Nötigung - wie hier - das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB, so ist die Tat in der Urteilsformel als Vergewaltigung zu bezeichnen, denn sowohl der Gesetzestext als auch die Überschrift heben mit diesem Begriff die mit einem Eindringen in den Körper verbundene Begehungsweise besonders hervor (BGH, Beschluss vom 30. März 2000 - 4 StR 94/00, NStZ-RR 2000, 357; Beschluss vom 27. Mai 1998 - 3 StR 204/98, NJW 1998, 2987).
- 3
- 2. Der Ausspruch über die Einheitsjugendstrafe hat dagegen keinen Bestand.
- 4
- Nach den Feststellungen hatte das Urteil des Amtsgerichts Moers vom 3. November 2008 seinerseits Verurteilungen des Angeklagten zu Jugendstrafe durch dasselbe Gericht vom 5. April 2005 und vom 15. Januar 2007 einbezogen. Die diesen beiden Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalte teilt das Landgericht indes nicht mit, obwohl es hierzu gehalten war, um die revisionsrechtliche Nachprüfung der Strafzumessung zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 22. September 1999 - 3 StR 358/99, StV 1999, 661; Eisenberg, JGG, 14. Aufl., § 31 Rn. 62 f.).
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- Hierzu wird der neue Tatrichter die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu treffen haben; die bisherigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können aufrechterhalten bleiben.
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- Der neue Tatrichter wird auch zu beachten haben, dass weitere frühere Entscheidungen, die ihrerseits in ein einzubeziehendes Urteil einbezogen waren , in der Urteilsformel zu bezeichnen sind (Eisenberg aaO § 54 Rn. 20 mwN).
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.